„Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet“, schrieb Gustave Le Bon, einer der Begründer der Massenpsychologie. „Von den Tatsachen, die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.“ Dies ist eine bittere, pessimistische Bilanz. Und sie deutet an, dass gerade für die freie Presse, der sich auch Manova zurechnet, die Lage gefährlich werden könnte. Je unsicherer sich nämlich Machthaber fühlen, je mehr ihnen die Kontrolle zu entgleiten droht, desto größer ist die Gefahr, dass sie noch einmal die Folterwerkzeuge der Repression hervorholen — um wenigstens gefürchtet zu werden, wo ihnen die „Liebe“ ihres Volkes nicht ohne Grund versagt bleibt.
Das Jahr 2024 war ein „Annus horribilis“ für die Meinungsfreiheit gewesen. Den Begriff verwendete Queen Elizabeth II. für das Jahr 1992, in dem ihr Palast Windsor Castle abbrannte und sich gleich drei ihrer Kinder, Charles, Anne und Andrew, von ihren Partnerinnen und Partnern trennten — zur Schande für das wohlanständige Image der Royals. Wir müssen den Begriff jetzt auch für das ausklingende Jahr 2024 verwenden: Ein „schreckliches Jahr“ war es gewesen, weil die Mächtigen ständig neue Angriffe auf bewährte Schutzrechte vor staatlichen Übergriffen inszenierten, weil zuvor für unmöglich Gehaltenes in den Bereich des Möglichen gerückt war — Hausdurchsuchung im Morgengrauen wegen einer Nichtigkeit inbegriffen.
Die lästige Meinungsfreiheit
Im Januar 2024 flimmerte in ganz Deutschland auf den Public Screens der öffentlichen und stark frequentierten Orte Werbung für das Forum gegen Fakes. Der aus Worthülsen bestehenden Selbstbeschreibung nach soll es darum gehen, sich gemeinsam für eine starke Demokratie einzusetzen. Der am 16. November 2022 verabschiedete Digital Services Act (DSA) findet seit dem 17. Februar 2024 vollumfänglich Anwendung. Dieser verpflichtet Digitalplattform-Anbieter im EU-Raum unter Androhung einer Strafzahlung von sechs Prozent des Jahresumsatzes dazu, gegen wie auch immer geartete „illegale Inhalte“ vorzugehen, was selbstredend eine vorauseilende Zensur befeuert.
Angriffe gab es auf Elon Musks Plattform X (vormals Twitter), auf das durch Freiklagen der sogenannten RKI-Files bekannt gewordene unabhängige Magazin Multipolar und auf den Telegram-Gründer Pawel Durow, der verhaftet und nur gegen die Auflage freigelassen wurde, bei „Regelverstößen“ Nutzerdaten an Strafverfolgungsbehörden auszuhändigen. Für Aufmerksamkeit sorgte natürlich das Verbot des rechten Magazins Compact, garniert mit einer Hausdurchsuchung bei Herausgeber Jürgen Elsässer im Morgengrauen.
Spitzenpolitiker, speziell auch der Grünen, erstatteten in vielen hundert Fällen Anzeige gegen Bürger wegen harmloser Scherze oder scharf formulierter, jedoch im Kern plausibler politischer Vorwürfe gegen Würdenträger. Die leicht zu Beleidigenden verfolgten damit offenbar eine Einschüchterungsstrategie, um quasi den Spiegel zu zerschlagen, der ein ungünstiges Bild ihres politischen Schaffens zu zeigen drohte. Zum Einsatz kamen auch sogenannte Trusted Flagger, Meldestellen, die die Denunziation unerwünschter Inhalte im Netz sowie deren Löschung erleichtern sollten.
„Nichts anderes als ein Schlachtfeld“
Diese Serie von Angriffen auf die Meinungsfreiheit — und die Liste ist bei Weitem nicht vollständig — hatte offenbar System. Und sie dürfte sich 2025 weiter fortsetzen.
BlackRocker Friedrich Merz wird sich kaum als der Ritter auf dem weißen Pferd erweisen, der dem Treiben während seiner anscheinend als unvermeidliches Schicksal auf uns zurollenden Kanzlerschaft ein Ende bereitet.
Auf einen Aufschrei der Bevölkerungsmehrheit konnten und können sich die Opfer des von Nancy Faeser sogenannten „starken Staates“ in keiner Weise verlassen. Die hatte ja schon zu Coronazeiten ihren Frieden gemacht mit dem Krieg gegen die Freiheit. Die meisten würden nie anecken, weil sie nichtlinientreue Gedanken schon im Stadium ihrer Entstehung im Gehirn zu blockieren gelernt haben.
Roberto De Lapuente machte die Bedrohung der Meinungsfreiheit in einem Deutschland, das schon sehr bald Kriegspartei sein könnte, in großartiger und aufrüttelnder Weise in seinem Artikel „Krieg entwürdigt uns alle“ deutlich.
„Wir müssen uns ein Deutschland im Ernstfall ohnehin als ein Land vorstellen, in dem die letzten demokratischen Standards recht schnell aufgehoben werden. Demonstrationen gegen Krieg: Die wird es nicht geben. Defätismus verhagelt jedem Krieg führenden Land die Kriegslaune — wer sich lauthals gegen den Krieg stellt, wer vielleicht anmerkt, dass der NATO-Kurs ins Verderben geführt hat, der sollte wohl mit Inhaftierung rechnen. Auf dem Schlachtfeld werden Zweifel nicht geduldet. Und Deutschland wäre nichts anderes als ein Schlachtfeld.“
De Lapuente führt seine erschreckenden Gedankengänge im Gespräch mit Tom Wellbrock auf Overton nochmals näher aus. Sein Albtraum ist ein auf Krieg gebürstetes Land mit einer aus Angst verstummten Opposition.
Die Mächtigen könnten den Preis der Überzeugungstreue so weit nach oben treiben, dass nur wenige ihn zu zahlen bereit sind — eine Minderheit, die dann unschwer zu marginalisieren und durch rohe Gewalt in Schach zu halten wäre.
Zur Neige gehendes „Menschenmaterial“
So könnte es kommen — muss es aber nicht. Kaum jemals lagen große Gefahren, aber auch große Chancen an der Schwelle zu einem neuen Jahr so nah beieinander wie im Dezember 2024. Neben einem großen Krieg gehört auch ein von Donald Trump initiierter Friedensschluss zwischen der Ukraine und Russland Anfang 2025 zu den realistischen Szenarien. Wenn es auch nicht unbedingt Edelmut und der Respekt vor Menschenleben sein werden, die die potenziellen Friedenspartner motivieren könnten — vielmehr erschöpfte Ressourcen, zur Neige gehendes „Menschenmaterial“, Machtkalkül und der wiedererwachte Sinn für das Mögliche oder nicht mehr Mögliche.
Es gibt Anzeichen dafür, dass die Kriegsstimmung den Höhepunkt ihrer Macht über die öffentliche Meinung schon überschritten hat. Dies gilt ähnlich auch für das Ansehen des Staates als einer wohlwollenden, im Sinne des Gemeinwohls funktionstüchtigen Institution. Der Staat zeigt Härte in Fällen von Politiker-Beleidigungen, weil diese einer wachsenden Anzahl von Bürgern unter dem Druck unzähliger Enttäuschungen und politischer Tiefschläge, verursacht durch die Matadore der großen Parteien, schlicht auf der Zunge liegen.
Man muss ja nicht verbieten, was ohnehin nicht die Tendenz hat, sich zu manifestieren. Man wird die allgemeine Unzufriedenheit und den Zorn nur durch bessere Politik in den Griff bekommen können und keineswegs, indem man jenen mit Strafen droht, die schlechte Politik als solche benennen.
Ein beschönigender Zerrspiegel
Das Jahr 2024 begann mit einer großen Aufbruchsbewegung, den Bauernprotesten, die durch ein perfides, aber leider gelungenes Manöver der Regierenden wieder gedeckelt werden konnten: den „Kampf gegen rechts“. Ob ein solcher Coup noch einmal gelingen kann, wird die Zukunft zeigen. Sicher ist, dass der Januar 2024 in puncto Bürger-Engagement Vorbild sein könnte für den Januar 2025. Die „Nazikeule“ ist inzwischen abgestumpft, dem Zauber von Robert Habeck erliegen allenfalls noch Medien-Fangirls wie Caren Miosga. Man ist enttäuscht im guten Sinn — sehr viel Täuschungen haben sich in Luft aufgelöst. Abgeschminkt in der Maske und abseits des schmeichelnden Bühnenlichts stehen die Protagonisten da als das, was sie schon immer waren: schlechte und in vielen Fällen nicht einmal redlich bemühte Schauspieler.
Ihre letzte Chance, noch „Staat zu machen“, sind Medien, die sie mit der bitteren Wahrheit nicht zu konfrontieren wagen, die ihnen quasi einen beschönigenden Zerrspiegel vorhalten, in welchem graue Mäuse wie betörende Ziervögel dastehen.
Wo der „Schleier der Lüge“ — wie es Václav Havel ausdrückte — allgegenwärtig wird, kann Unwahrheit, weil es an Vergleichsmöglichkeiten fehlt, nur schwer als solche erkannt werden. Die Gefahr einer solchen Vollverschleierung der Wahrheit ist jedoch einstweilen gebannt, da unabhängige Medien derzeit beträchtlich an Kraft und Zulauf gewinnen. Zwar sind die Zugriffszahlen von Manova im vergangenen Jahr nicht durch die Decke gegangen — das Phänomen „Alternativmedien“ als Gesamtheit nichtlinientreuer Informationsforen ist jedoch gewachsen. Die allgemeine Politikverdrossenheit wurde ergänzt durch eine ebenso ausgeprägte Systemmedienverdrossenheit.
2025 — Krieg und Frieden im Angebot
Diese Tendenz dürfte sich 2025 fortsetzen, zumal ein Friedrich Merz als „Hoffnungsträger“ der Garant für eine Epidemie von Verzweiflungsgefühlen ist, die bald um sich greifen wird. Eine Verzweiflung, die aber nicht das letzte Wort haben darf, sondern sich durch gemeinschaftliches Bemühen in neue Hoffnung wandeln kann. Selten zuvor sahen wir einem solchen Jahresanfang entgegen: mit Friedenschancen aufgrund des Amtsantritts Donald Trumps am 20. Januar 2025 und der Bundestagswahl in Deutschland am 23. Februar. Leider aber auch mit „Kriegschancen“, welche vor allem aus der brisanten Lage im Nahen Osten resultieren. Also aus den einander überlagernden gewaltträchtigen Krisen in Israel und Gaza, dem Libanon und Syrien, die von internationalen Akteuren zusätzlich befeuert werden.
Die kommende Bundestagswahl verschafft uns Bürgern realistisch betrachtet nicht so viel Macht, wie das beschönigende Gerede vom „Volk als Souverän“ glauben machen will. Aber in diesem Februar 2025 sind wir vielleicht etwas weniger ohnmächtig als sonst. Es braucht sinnvolle Wahlentscheidungen. Es braucht eine wieder keimende Protestbewegung, die sich gegen oder auch für viele Themen engagieren könnte, die uns auf den Nägeln brennen. Und es braucht — als Ideenlieferantin, als wahrheitsgetreuen Spiegel und geistigen Blasebalg — eine gut sortierte, integre Presselandschaft. Wir von Manova wollen weiter ein Teil davon sein. Und dafür brauchen wir Sie. Wenn alles gut läuft, sehen wir uns im Dezember 2025 in einer vielleicht nicht paradiesischen, aber doch merklich aufgehellten politischen Gesamtlage wieder.
Rote Karte für Kriegstreiber
So mancher Politiker kokettiert mit dem Krieg. Aber nicht jeder liebt ihn so sehr, dass er seinetwegen seine Macht aufzugeben bereit wäre.
Wenn es der veröffentlichten Meinung und einer gefühlten „Volksstimmung“ gelingt, Politikern Angst davor zu machen, bei fortgesetztem Kriegsgeklingel nicht mehr gewählt zu werden, könnte dies den Kriegshoffnungen bestimmter Politiker einen Strich durch die Rechnung machen.
Bei Olaf Scholz hat man schon jetzt den Eindruck, dass er auf die Friedenskarte setzt — als letzte Chance, seine desaströse Kanzlerschaft noch mal über die Runden zu retten. Hier haben freie Medien, die die Meinung Tausender Menschen zu beeinflussen vermögen, eine wichtige Aufgabe, eher diejenigen Kräfte zu stärken, die sich für den Frieden einsetzen.
Erreicht werden muss ein Meinungsklima, das klar signalisiert: Wer auch nur daran denkt, Menschen in den Tod zu schicken, für den wird dies unweigerlich den politischen Tod bedeuten. Freilich bedeutet der äußere Frieden noch keine intakte Meinungsfreiheit im Inneren. Diese muss im Frieden erkämpft werden. Genauer: Sie kann nur im Frieden mit einiger Aussicht auf Erfolg erkämpft werden. Denn im Krieg — so legte es Roberto De Lapuente überzeugend dar — ist vielleicht die Wahrheit das erste Opfer, die Freiheit aber das zweite.
Debattenraum gegen den Vereinheitlichungsdruck
Freilich ist die Wahrheit ein schwer zu definierendes Gut. Selbst unter ähnlich Gesinnten wird jeder etwas anderes darunter verstehen. Daher braucht es statt eines journalistischen Solisten einen vielstimmigen Chor, statt Meinungsvorgaben einen offenen Debattenraum ohne schon vorher feststehende Denkergebnisse.
Ein zu großer Vereinheitlichungsdruck, wie er in den Mainstreammedien bei Themen wie Corona und Ukrainekrieg inszeniert wurde, tötet die Meinungsfreiheit und am Ende auch die Demokratie, welche von den dominierenden Kräften der Gesellschaft immer noch wie ein Fetisch beschworen wird. Manova widmet sich dem Weg des Zusammentragens und Integrierens verschiedenartiger Perspektiven, welcher auch ein Weg des methodischen Selbstzweifels ist. Wir finden „die eine Wahrheit“ damit nur schwer, aber wir umkreisen sie und kommen ihr näher.
Mit einem Journalismus, wie wir ihn mit Manova anstreben, geben wir der Wahrheit eine Chance. Die Meinungsklimakrise, die unter der Knute von „Spitzenpolitikern“ wie Nancy Faeser, Robert Habeck oder Karl Lauterbach in den letzten Jahren ausgebrochen ist, droht mit Denkverboten, Brandmauern und der Einschüchterung von Andersdenkenden diese Chance zu ersticken.
Damit das nicht geschieht und damit freie, nichtlinientreue Perspektiven noch weitere Kreis ziehen können als im alten Jahr, brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser.
Gegendruck organisieren
Das umfasst die Bereitschaft, uns immer wieder Ihre Aufmerksamkeit zu schenken, das Gelesene weiterzudenken und weiterzuempfehlen. Und, ja, es beinhaltet auch die Notwendigkeit, Geld einzunehmen. Dies ist schon notwendig, um unseren „Normalbetrieb“ aufrechtzuerhalten, Mitarbeitern ein existenzsicherndes Einkommen zu garantieren und die laufenden Kosten zu stemmen. Alles, was über das unbedingt Notwendige hinaus hereinkommt, könnte in die Erweiterung und Verbesserung unseres Programms investiert werden. Es könnte zum Beispiel Autoren zugutekommen, die für ihre großartigen Artikel bis jetzt kein oder nur wenig Geld erhalten. Für das Fortbestehen unserer „Denkrichtung“ ist es wichtig, dass gute, engagierte, sprachmächtige Autoren sich gern und langfristig an Manova binden.
Für diese und andere Zwecke bitten wir zum Jahreswechsel wieder um Ihre Spende. Wir danken auf diesem Weg auch allen bisherigen Spendern, ohne die wir unsere Arbeit in den letzten Jahren nicht hätten schaffen können.
Wir machen ausdrücklich auch noch einmal auf unsere Printpublikation „Gegendruck“ aufmerksam, die wir in diesem Jahr gestartet haben, um „offline“ eine gewisse Absicherung gegen die Gefahr digitaler Zensur zu kreieren. Die ersten beiden Essay-Sammlungen sind bei den Buchkomplizen und in jeder Buchhandlung erhältlich und eignen sich auch als Weihnachtsgeschenke für kritische Köpfe und offene Herzen. Wir können nicht für eine ausschließlich mild-besinnliche Lektüre garantieren, aber leider ist es so: Wer den Frieden will, muss vor dem Krieg warnen. Am 15. Januar bereits erscheint unsere dritte Gegendruckausgabe: „Schlachtfeld Gehirn“.
Hier können Sie das Buch bestellen: Buchkomplizen
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