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Die Mauer muss her!

Die Mauer muss her!

34 Jahre nach der Wiedervereinigung wird das Land durch eine neue Mauer gespalten: die Brandmauer gegen unliebsame Weltanschauungen.

Verstörendes Unbehagen. — Die Mauer muss weg, die Mauer muss her! Kaum ist der antifaschistische Schutzwall Geschichte, haben nun Brandmauern hohe Konjunktur. Ein Land erkrankt an Schizophrenie. Zwischen links wie rechts wird gezündelt, was das Zeug hält. Die Positionen scheinen unversöhnlich, so scheint der Bedarf und das Bedürfnis nach Brandmauern fast genuin. Die nach 1989 proklamierte „innere Einheit“ der Deutschen West und Ost ist eine Schimäre. Die einstigen Hoffnungen zerstoben, das Grundvertrauen kehrte sich in Sorge. Zuviel an An- und Zumutungen: Migration, Energie, Klima, Gender, Sprache … jüngst dann noch, das alles andere auslöschende Diktat der Gesundheit.

Grundgesetz? Fehlanzeige! Diskussionen? Fehlanzeige! Keine Zeit, akuter Handlungsbedarf! Habt Genügen an der Merkelschen Raute! Sie ist alternativlos! Schließlich war da eine Kanzlerin, die alles auch „vom Ende“ her denkt. Das brachte viel Beifall und Lob, das Räsonieren, wie solches Denken angesichts von Komplexität denn ginge, unterblieb. Parlamentarisches Abnicken im Nachgang dann, bestenfalls. Irgendwie musste es „demokratisch aussehen“, das wusste schließlich der Kommunist Walter Ulbricht schon. Schönwetterdemokratie! Das ostdeutsche Grundvertrauen aber erfuhr Erschütterungen.

Die Mär von links und rechts — oder: Irrungen und Wirrungen

Fortan: Der Bürger fühlt sich links umzingelt und rechts umstellt, wenngleich niemand mehr zu sagen vermag, was es mit links und rechts auf sich hat. Allenfalls schwant es in einem: Rechts, das ist und da steht der Menschenfeind, irgendwie dem Nationalsozialismus zugewandt, verbrecherisch somit, ausländerfeindlich und dumpf völkisch ohnehin, intolerant, sich abschottend, sexistisch, Minderheiten verachtend und ausgrenzend. Böse ist er, der rechte Mensch, dämonisch geradezu.

Links hingegen, da ist der Menschenfreund zu finden — die Opferzahlen des Kommunismus interessieren kaum —, tolerant, weltoffen, sensibel. Keine Hautfarbe, keine Ethnie, kein Geschlecht — obwohl die Zahl derzeit nach oben offen scheint —, keine sexuelle Orientierung irritiert ihn.

Links herrscht Glück und Zufriedenheit, Friede überdies — auch wenn dieser Tage Störfeuer aus den eigenen Reihen vernehmbar ist. Die Lektion muss doch nun endlich gelernt sein: Links ist gut und rechts ist böse. Dem störrischen Osten vor allem ist dies einzubläuen — in dem Fall darf auch etwas schwarze Pädagogik sein —, da kann es keinen Zweifel geben.

Dem Himmel sei deshalb gedankt, denn von der CDU, die nach dem Publizisten Klaus-Rüdiger Mai bedeutet: „Caritas für die Doofen unter uns“, kommt die notwendige Aufklärung. Der ehemals für uns Doofe Beauftragte Marco Wanderwitz konstatierte bereits im Jahre 2021:

„Wir haben es mit Menschen zu tun, die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach 30 Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind.“

In Parenthese sei der Einwurf gestattet: „Diktatursozialisiert“? Lebten also bei Inkrafttreten des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 in der alten Bundesrepublik nur lupenreine Demokraten? Frei nach dem Motto, „weil es ja keine Nazis gegeben hat“ (Schtonk).

Wie dem auch sei, der Osten, der sehenden Auges in die „Diktatur des Proletariats“ stolperte, bedarf der Nachhilfe. Kein Geringerer als der Vorsitzende dieser CDU Friedrich Merz wird sich als Nachhilfslehrer erbarmen, weiß er doch: „Man muss im Osten mehr erklären als im Westen“ und versichert östlicher Rückständigkeit: „Aber … ich tue es gern.“ Bislang konnte der Begriffsstutzige auch nicht einsehen, warum der Bürger der Mitte mit seinen liberalen Überzeugungen nun plötzlich durch Medien und Politik als „rechts“ verortet wird, als Querulant, Schwurbler, Leugner von was auch immer und eben als „Nazi“ diffamiert wird.

Denn was ist urplötzlich falsch daran, sich zur offenen Gesellschaft zu bekennen, Toleranz und Gleichheit des Menschen vor dem Gesetz zu fordern? Was macht den Unterschied zu links, wenn der Mitmensch, der Nachbar damit fremdelt, politisch nach Rasse, Ethnie, Religion oder Geschlecht zu diskriminieren? Was sollte denn falsch daran sein, sich Problemen durch Diskussion zu stellen, statt den Andersdenkenden durch perfide Verhetzung und Einschüchterung mundtot zu machen? Wahrhaftig, hier besteht Erklärungsbedarf, wohl nicht nur im Osten.

Es gilt aufzuklären, warum die relativistische Tendenz sogenannter politischer Korrektheit gültig sein soll(t)e, die behauptet und zudem fest glaubt, es gelte der gleiche Respekt gegenüber allen Lebensformen, Standpunkten, Religionen. Freiheit, Kritik und nicht zuletzt die streitend geführte Diskussion sind jedoch die grundlegenden Werte einer offenen Gesellschaft.

Doch irgendwie keimt nun länger schon der Verdacht, dass es mit dem Linkssein nicht weit her ist und ein gewaltiger Etikettenschwindel durch das Land und die Welt wabert, vielmehr das Ressentiment zur Tugend erhoben wird. Kein Schmerz, kein Neid soll mehr sein, so äußert sich der Wille des Wokismus.

Der Unfug solcher Ideologie liegt vor unseren Augen, denn es ist schlechterdings unmöglich, jeden Menschen vor schmerzhaften Gefühlen zu bewahren — nicht nur Fußballer wissen darum. Menschen haben nun einmal unterschiedliche Anlagen und Talente, daraus erwächst Verschiedenheit. Die Aufklärung anerkannte dies und insistierte auf einigen Grundrechten, die dem Menschen qua Geburt zuständen: Menschenwürde, Meinungsfreiheit, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und das Recht auf freie Entfaltung. Nie aber bestand der Anspruch auf vollkommene Gleichheit und nirgends verschrieb sich die Aufklärung der Nivellierung aller Hierarchien und Unterschiede.

Niedergänge

Immer war auch die alte Bundesrepublik eine Leistungsgesellschaft. Talente und Fähigkeiten konnten sich entwickeln, Aufstiegs- und Karriereleitern wurden erklommen. Anpacken war das Motto. Leistung das Prinzip. Eine Entscheidung war vor 75 Jahren zu treffen, es galt zu wählen zwischen Marktwirtschaft und Sozialismus (Kommunismus), auch zwischen Westbindung und deutscher Einheit. Die Politik des westlichen Deutschland entschied sich für weniger Ideologie und gab einem Pragmatismus und einer reichlichen Portion Fortschrittsglauben ihr Placet. Doch ohne Ideologie und Religion kann und will der Mensch offenbar nicht sein und leben. Die alten Werte zählen kaum noch, Utopisten und Träumer erobern zunehmend den öffentlichen Raum, dringen in die Führungsetagen der Parteien, der Glaubensgemeinschaften wie der Sender und Redaktionen.

Eine im Osten sozialisierte Pastorentochter beförderte das Träumen und versetzte die Republik in einen entpolitisierten Dauerschlaf. Zarte Klänge auf der Klaviatur der Angst wurden den Schlafenden in die Gehörgänge geträufelt, sie erreichten sein Hirn. Die Melodie drängte zunehmend ins Apokalyptische. Fortefortissimo — die Anweisung! Da war urplötzlich ein Virus, da war dann aber auch das Klima. Hysterisches Erwachen. Nicht nur die Verhältnisse sollen und müssen geändert werden, auch die gesellschaftlichen Diskurse gehören umgestülpt. Nur eine veränderte Sprache könne auch die Verhältnisse wandeln.

Es scheint, als würde die Entscheidung vor 75 Jahren zur Wiedervorlage gebracht. In das enge Korsett des korrekten Verhaltens und einer reinen Weltanschauung wird die noch immer schläfrige Gesellschaft gepresst. Wohlverhalten, gelegentlich auch Anbiederung genannt, um im Ton nicht derber zu werden, ist eine lohnende Eigenschaft, zumeist jedenfalls. Das lernen Hund wie Kleinkind und auch in den gesellschaftlichen Körperschaften entwickelte sich ein verständiges Wohlverhalten, hier besonders staatlicher Macht gegenüber.

Teufel und Beelzebuben

So sind denn auch die sozialistischen „Kulturschaffenden“ auf die Bühnen und in die Galerien zurückgekehrt, den Erwachten wird kniefällige Dienstbereitschaft signalisiert. Wer also braucht da noch Künstler? Intellektuelle Bescheidenheit plakatiert sogleich in erschreckender Dürftigkeit: „Demokratie wählen. Jetzt!“ Den Regierenden schmeckt der Einheitsbrei köstlich, vor allem endlich auch in diesem — früher einmal — leicht entzündlichen Bereich, ein kollektives Gefühl von Abhängigkeit geschaffen zu haben. Nicht die unabhängige, abweichende Meinung wird alimentiert, sondern die angeglichene, konforme.

Dieser Konformismus lenkt auf die Wurzel des Übels. Respekt und Honorierung gibt es nur bei Anpassung.

Damals wie heute gilt, nicht individuelle Entscheidungen steigern das Ansehen, sondern die Ausblendung des Individuellen, das Aufgehen im „Wir“ ist das Erfordernis des Wokismus. Der Bürger ist aufgefordert zur inneren Vorzensur. Und stinkt der Fisch auch vom Kopfe her, wer bemerkt das noch?

Da sind die Omas für den Krieg oder waren es die gegen „räääächz“? Da war das Wir schaffen das und der Klimanotstand; da war das #WirBleibenZuhause, das #allesindenArm, das Russland ruinieren, da ist das #gemeinsamgegenrechts und das #WeStandWithIsrael. Konformität und Mitläufertum das sichert Forschungsstipendien und -gelder, das sichert Subventionen und Konjunkturpakete. Nicht zuletzt wissen das die beiden Kirchen, die sich über die Staatsleistungen in Millionenhöhe auch weiterhin freuen. „Die Gesamtsumme der Zahlungen für das Jahr 2022 beläuft sich auf 594 Millionen Euro (594.017.50).

Das ist gegenüber 2021 (581 Millionen Euro) […] ein Anstieg um 2,2 Prozent. Bei Annahme der gleichen Anstiegsrate — die aufgrund der jährlichen Anpassungsklauseln zu erwarten ist — werden die Staatsleistungen 2023 die 600-Millionen-Marke übersteigen und schätzungsweise rund 607 Millionen Euro betragen“, heißt es dazu auf dem Informationsportal Staatsleistungen. So schwurbelte der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder erst in diesen Tagen anläßlich einer Papst-Audienz etwas vom wichtigen Beitrag der Kirche für eine starke Gesellschaft.

Beim Deutschlandfunk weiß man denn auch:

„Deshalb sei man gegen eine komplette Trennung von Staat und Kirche. Man werde den Religionsunterricht beibehalten und sich weiterhin für Kreuze im öffentlichen Raum und den Schutz des Lebens einsetzen. Söder betonte, dass sein Bundesland sich zudem gegen die von der Bundesregierung angestrebte Abschaffung der Staatsleistungen für die Kirchen einsetzt.“

Der bayerische Ministerpräsident, Ludwig Siebert, konnte am 24. April 1933 dem Ministerrat immerhin mitteilen, „Kardinal Faulhaber habe seinen Geistlichen befohlen, das neue Regime, dem er vertraue, zu unterstützen“, so Karlheinz Deschner. Die Zeitgeistlichen halten wie immer in ihrer Geschichte zu Gnaden, auch lange im Voraus und veröffentlichen Hirtenbriefe, Bischofsworte, Akademiebeschlüsse, um zu mahnen. Am 19. März 2024 veröffentlicht die Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) zum Ende ihrer Klausurtagung in Dresden eine Presseerklärung, in der es heißt:

„Wer die AfD wählt, unterstützt eine Partei, die das christliche Menschenbild mit Füßen tritt, programmatisch mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gegen das Gebot der Nächstenliebe verstößt und mit ihren Hetzparolen den Geist der Gemeinschaft vergiftet. Diese Partei will uns die Mitmenschlichkeit, unseren Nächsten die Menschenwürde und Gott die Ehre entreißen.

Starker Tobak, doch wie immer fehlen die Belege, übrigens auch die dazu, was unter dem „christlichen Menschenbild“ überhaupt zu verstehen wäre. Schon vorher brach die katholische Bischofskonferenz das seit drei Jahrzehnte bestehende Tabu, keine Wahlempfehlung zu geben. Während ihrer Tagung in der Woche vom 15. bis 21. Februar 2024 erklärte man, die AfD sei für Christen nicht wählbar. Die Zeitgeistkirchen verlieren derweil kräftig ihre Gläubigen, eine halbe Million Menschen im Jahre 2022 auf katholischer Seite, 380.000 Menschen auf der evangelischen im Jahre 2023. Sind die Gemeinden der politisierenden Kirchen überdrüssig? Von Erbsünde, Gnade, Erlösung und Christus, Grundbestandteile der christlichen Märchenerzählung, wird in den vormaligen Gebetshäusern nur noch geflüstert — pianopianissimo, die Vortragsanweisung.

Jede notwendige Kritik am regulierenden (Parteien-)Staat wird als des Staates Wohl gefährdend, delegitimierend verunglimpft. Seit Karl Popper ist es kein Paradox mehr, dass die „offene Gesellschaft“ „Feinde“ hat, und so betet man diesen Glaubenssatz unentwegt vor sich hin. Das Mantra prägt, vor allem die, die um einträgliche Pfründe sich sorgen. So sind es die Demokraten selbst, welche die Demokratie vergiften und den Demokratiebegriff zur rhetorischen Floskel verkommen lassen. Von Friedrich Nietzsche ließe sich freilich lernen:

„In Gegenwart der Moral soll eben, wie angesichts jeder Autorität, nicht gedacht, noch weniger geredet werden: hier wird — gehorcht!“ (Morgenröte).

— Verstörendes Unbehagen.


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