Zum Inhalt:
Unterstützen Sie Manova mit einer Spende
Unterstützen Sie Manova
An der afghanischen Nadel

An der afghanischen Nadel

Im Westen wird das Heroin knapp, nachdem rund 20 Jahre lang afghanisches Opium die Märkte flutete.

Wie die Neue Züricher Zeitung (NZZ) am 16. Juli zu berichten weiß, machen die Taliban erneut ernst mit dem Verbot des Anbaus von Schlafmohn. In einem Bericht heißt es: „In der Provinz Helmand, wo traditionell der Großteil des Opiums in Afghanistan angepflanzt wird, ist kaum noch Mohn zu finden. Fast alle Bauern haben in der neuen Saison unter dem Druck der Taliban auf Weizen umgestellt.

Eine Auswertung von Satellitenfotos durch die britische Firma Alcis zeigt: Statt 52 Prozent der Agrarflächen im Vorjahr war zur Erntezeit im April und Mai 2023 weniger als ein Prozent mit Mohn bestellt. Das bedeutet einen Rückgang um 99 Prozent.“ Und auch der britische Telegraph bezeichnet die Anti-Opium-Kampagne der Taliban als die „erfolgreichste Drogenbekämpfung in der Geschichte der Menschheit“. Ein Grund zum Jubeln?

Laut den westlichen Medien nur bedingt, denn es wird befürchtet, dass beim Ausfall Afghanistans als Opiumproduzent umgehend Länder wie Myanmar und Mexiko die Lücken füllen werden, mit allen möglichen Auswirkungen auf die Handelsrouten, Banden und Lieferketten. Befürchtet wird auch nach dem „Zusammenbruch des weltgrößten Opiummarktes“ ein Ausweichen der Süchtigen auf Fentanyl und andere synthetische Opioide, an denen in den USA mehr Menschen zwischen 18 und 45 Jahren sterben als an Krebs, Herzkrankheiten oder Schusswaffen.

Allerdings besteht noch ein Zeitpuffer, denn bis alle Vorräte an afghanischem Opium aufgebraucht sind, wird es noch etwa eineinhalb Jahre dauern. Bis dahin könnten sich neue asiatische Anbaugebiete und Handelsrouten etabliert haben.

Und bis dahin könnte auch die von unserem Gesundheitsminister Karl Lauterbach propagierte Freigabe von Marihuana und Haschisch durchaus Gesetzeskraft erlangen und die Jugend eventuell vom Griff auf synthetische Drogen abhalten.

Drogen als Waffe

Als 2001 die damaligen Talibanherrscher ein Anbauverbot von Schlafmohn zumindest teilweise durchsetzen konnten und somit weniger Opium auf den Markt kam, löste schon damals Fentanyl als Ersatzdroge das Heroin ab. Besonders davon betroffen waren wegen mangelhafter Gesundheitssysteme und fehlender Suchtprogramme die neu entstandenen Staaten der ehemaligen UdSSR.

Ein RT-Artikel sieht kein großes Geheimnis darin, „dass die USA und Großbritannien afghanische Drogen als Waffe insbesondere gegen das russische Volk eingesetzt haben.

Vom US-Militär unterstützter, sogar organisierter Schmuggel über die mittelasiatischen Basen wurde mehrmals aufgedeckt“. Dies habe das „Leben Zehntausender von jungen Männern gekostet, besonders stark dezimiert wurden die Geburtsjahrgänge zwischen 1980 und 1990. Das Ende dieser nationalen Tragödie ist absehbar und Russland wird alles dafür tun, damit sie sich nie wiederholt.“

Auch aus wirtschaftlichen Gründen haben insbesondere Russland und China, aber auch der Iran ein Interesse daran, die Region zu stabilisieren, denn gefragt sind afghanische Bodenschätze, allen voran die Vorkommen an dem von der Industrie in immer größeren Mengen benötigten Lithium, als auch ein zuverlässiger Nord-Süd-Korridor für russisches Öl und Gas zum Nutzen von Pakistan und Indien.

Afghanistan, die USA und der Drogenhandel

In seinem Buch „Hybris am Hindukusch. Wie der Westen in Afghanistan scheiterte“ beschreibt Michael Lüders, wie die Taliban schon einmal im Jahr 2000 nach ihrer Machtübernahme den Mohnanbau verboten haben. Damit war es schnell vorbei, als im folgenden Jahr eine von den USA angeführte westliche Invasion den Afghanistankrieg auslöste.

Denn die USA sahen beispielsweise kein Problem darin, 2003 in der Provinz Kandahar Asadullah Khalid als Gouverneur einzusetzen. Khalid, ein berüchtigter Folterer und Vergewaltiger, stand auf der CIA-Gehaltsliste und brachte es später sogar zum Verteidigungsminister. Schon sein Vorgänger in diesem Amt, Gul Agha Sherzai, ebenfalls ein Folter- und Mörderbube mit besten Beziehungen zu den USA, war im Drogenhandel tätig.

Über den Bruder des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai (2001 bis 2014), Ahmed Wali Karzai, der 2005 faktisch neuer Gouverneur von Kandahar wurde und der ebenfalls auf der CIA-Gehaltsliste stand, schreibt Lüders:

„Ahmed Wali Karzai nutzte seine Position, um den Opiumhandel im Südosten Afghanistans unter seine Kontrolle zu bringen. Unter den Taliban war der Opiumanbau in den Paschtunen-Gebieten erfolgreich verboten worden, erlebte nun aber einen erneuten Boom. Um Konkurrenten auszuschalten, nutzte er seine Kontakte zu verschiedenen Milizen und privaten Armeen. Bruder Ahmed gründete eigene Sicherheitsunternehmen, aus denen anschließend bewaffnete Gruppen hervorgingen. Die wiederum sicherten den Nachschub der NATO, der auf dem Landweg entweder über Karachi und Quetta nach Afghanistan gelangte oder über den Khyber-Pass im Norden.

Die zurückfahrenden LKW hat Karzai junior offenbar für seinen millionenschweren Drogenhandel eingesetzt, für den Export seiner Ware via Pakistan. Die US-Drug Enforcement Administration (DEA, Behörde zur Bekämpfung des Anbaus und des Handels mit Drogen) hat wiederholt auf dessen Aktivitäten hingewiesen, doch das Weiße Haus untersagte es ihr, gegen den Drogenbaron, Geldwäscher, Immobilienhai und CIA-Vertrauten vorzugehen. Unterm Strich besehen haben die USA in Afghanistan 20 Jahre lang einen Drogenstaat alimentiert, der vor allem Europa mit Heroin versorgt hat, aber auch die GUS, den Iran und Pakistan.“

Zwar hat Washington auch rund neun Milliarden US-Dollar zur Bekämpfung des Opiumhandels in Afghanistan ausgegeben, allerdings hauptsächlich durch Militäreinsätze, bei denen vorrangig die Konkurrenten von CIA-Freunden wie Ahmed Wali Karzai bekämpft wurden. Lüders:

„Unter den Augen der US-Marionettenregierung deckte Afghanistan 80 Prozent des weltweiten Bedarfs an Heroin. 2020 wurde dort auf 224.000 Hektar Opium angebaut, 2010 waren es 123.000 Hektar gewesen.“

Die Vorgänge in Afghanistan scheinen schier unglaublich. So diente die größte Bank des Landes, die Kabul Bank, die fest ins westlich-globale Finanzsystem eingebunden war, gleichzeitig als Geldwaschanlage, um illegale, auch mit Drogen erworbene Gelder auf Offshore-Konten nach Dubai zu verschieben.

Die Kabul Bank gehörte einem gewissen Sherkhan Farnood, der sich zusätzlich in den Besitz der Pamir Airways brachte, die vor allem die Strecke Kabul – Dubai bediente. „Ganze Heerscharen an Kurieren“ gingen beim Shaheen Money Exchange in Dubai ein und aus, einer Wechselstube, die ebenfalls Farnood gehörte. 2010 ging die Kabul Bank pleite, eine Milliarde US-Dollar waren weg. Auch aus Deutschland wurde daraufhin Bargeld eingeflogen, um den Crash der Bank abzufangen. Als drittgrößter Anteilseigner der Bank war schon wieder ein Bruder des Präsidenten Karsai involviert, diesmal Mahmud Karzai.

Soweit Michael Lüders.

Der lange dunkle Schatten der CIA

Allerdings setzte die CIA in Afghanistan nur eine lange Tradition der Kooperation mit Drogenhändlern fort. Denn genau das, was den Taliban in den Artikeln von NZZ und Telegraph vorgeworfen wird, nämlich bis zu ihrem Sieg über die USA 2021 den Opiumhandel zu Kriegszwecken genutzt zu haben, dessen bezichtigt Alfred W. McCoy, Experte für südostasiatische Geschichte und Politik, in seinem knapp 660 Seiten umfassenden Buch „Die CIA und das Heroin“ die USA.

McCoy gibt einen guten Einblick in die Drogenaktivitäten der CIA, angefangen in den Zeiten des Zweiten Weltkriegs in Europa bis zum Afghanistan-Krieg unserer Tage. Das Buch beschreibt, wie die CIA „taktische antikommunistische Allianzen mit großen Heroinhändlern“ schloss, sowohl in europäischen Ländern als auch in den „Dschungelgebieten der Dritten Welt“, wobei auch Drogentote in den westlichen Ländern billigend und rücksichtslos in Kauf genommen wurden, während man gleichzeitig vorgab, einen „Krieg gegen Drogen“ zu führen.

Kein Pardon wurde Drogenhändlern immer dann gegeben, wenn ihre Dienste nicht mehr benötigt wurden oder sie als Konkurrenten verbündeter Drogensyndikate ausgeschaltet werden sollten.

Drogensyndikate in Italien und Frankreich

Weithin bekannt dürfte sein, dass sich in den 40er Jahren auf Sizilien die Vorgängerorganisation der CIA namens OSS mit der Mafia verbündete, damit deren Bosse die USA 1943 bei der Invasion Siziliens unterstützten. Diese Verbindungen wurden auch nach dem Krieg aufrechterhalten, um gemeinsam gegen die starke Kommunistische Partei Italiens vorzugehen. 1946 wurde in einer Good-Will-Aktion sogar der New Yorker Mafiaboss Lucky Luciano aus dem Gefängnis entlassen und nach Italien abgeschoben, der dort nichts Besseres zu tun hatte, als umgehend Geschäftsbeziehungen in den Libanon aufzubauen. Als wichtigste Durchgangsstation für den Drogenschmuggel in die USA dienten Luciano und seinem Syndikat die den USA vorgelagerte Karibikinsel Kuba.

Hier sei den Ausführungen McCoys hinzugefügt, dass der Libanon bis heute eine führende Rolle bei der Produktion von Rauschgift spielt. Die Syndikate der Bekaa-Ebene könnten sogar bei dem Lockerbie-Attentat des Jahres 1988, bei dem 170 Menschen den Tod fanden und das dem damaligen libyschen Staatsoberhaupt Muammar al-Gaddafi in die Schuhe geschoben wurde, eine bestimmende Rolle gespielt haben. Das Verladen des Bombenkoffers am Flughafen London-Heathrow für den Pan-Am-Flug 103 nach New York dürfte nur deshalb möglich gewesen sein, weil Kurierwege, die auch der CIA bekannt waren, zum Schmuggel von Drogen, die aus dem Libanon stammten, mit dem Ziel USA benutzt wurden.

Doch zurück zu McCoy. Er berichtet, wie sich im südfranzösischen Marseille die CIA mit der korsischen Unterwelt zusammentat, um „die Vorherrschaft der französischen Kommunisten über die Stadtregierung und zwei Hafenarbeiterstreiks zu brechen“, woraufhin ab den 50er Jahren für zwei Jahrzehnte die korsischen Verbrechersyndikate und ihre Drogenlabore unter dem Schutz des französischen Geheimdienstes SDECE standen. Es entwickelte sich eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen der sizilianischen Mafia und den Marseiller Korsen, die ihr Rohopium aus der Türkei bezogen. Ihr Hauptabsatzmarkt waren die USA. Aus der „pragmatischen“ Sicht der Geheimdienste konnte „jeder Feind des Kommunismus, ob Gestapo-Offizier oder korsischer Gangster, Bündnispartner der USA“ werden.

1959 gewann in Kuba die Revolution und Fidel Castro machte in Havanna Schluss mit den Drogensyndikaten. 1972 gelang es der Nixon-Regierung, die Türkei zu einem totalen Opiumverbot zu bewegen. Die Drogensyndikate mussten sich neue Anbaugebiete und Vertriebswege suchen. Das Geschäft verlagerte sich nach Südostasien. Saigon, Hongkong und Singapur stiegen zu den wichtigsten Drogenplätzen auf. Die Vorarbeit hierfür hatte der Kolonialismus geleistet. McCoy schreibt:

„Der südostasiatische Opiumhandel war ein Geschöpf des europäischen Kolonialismus. So wie das Zeitalter der Kolonialreiche China Massenabhängigkeit und Indien extensiven Mohnanbau bescherte, brachte es Südostasien die allgegenwärtigen Opiumhöhlen.“

Das Goldene Dreieck

Während China und Iran den Drogenanbau unterbanden, war es in der Zeit des Zweiten Weltkriegs die Entscheidung der französischen Kolonialregierung, die Opiumproduktion in Indochina auszuweiten. Später, in den 50er Jahren, trafen laut McCoy „die Regierungen von Thailand, Laos, Vietnam und den USA wichtige Entscheidungen, die zur Folge hatten, dass sich die Opiumproduktion Südostasiens ausweitete und das Goldene Dreieck zum größten Mohnanbaugebiet weltweit wurde“.

Die USA führten den Kampf gegen den asiatischen Kommunismus nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Drogengeschäften. „Während der 50er Jahre versorgte die CIA die Freischärler der nationalchinesischen Guomindang in Nordbirma mit Waffen und logistischer Unterstützung. Die Guomindang nutzten diese Hilfe, um diese Region in weniger als einem Jahrzehnt in den größten Opiumproduzenten der Welt zu verwandeln.“

Westliche Geheimkrieger schmiedeten Allianzen „mit den Gebirgsstämmen, die im Goldenen Dreieck siedelten, und den Warlords, die es beherrschten“. Die CIA ließ insbesondere in Grenzgebieten die Drogenbarone gewähren und unterstützte sie sogar mit Waffen, Munition und Lufttransporten, dafür stellten die Warlords ihre Ressourcen für Geheimdienstoperationen zur Verfügung.

Daneben dienten die Einnahmen aus Drogengeschäften der CIA zur Finanzierung von verdeckten Operationen, zur Bezahlung von Spitzeln, Spionen und Mördern. Und die USA ersparten sich mit ihren Drogenconnections hohe Kosten, die sie für die Versorgung von einheimischen Stämmen und Kriegsgeschädigten hätten aufbringen müssen.

Der Vietnamkrieg

Einen Höhepunkt bildeten diese Geschäftsbeziehungen während des Vietnamkriegs. Es kamen reguläre Linienmaschinen von Laos nach Saigon zum Einsatz, der Zoll war „hemmungslos korrupt“. Morphinbasen und Rohopium wurden nach Europa verschifft. Die USA sahen zu, ohne Rücksicht auf Kollateralschäden, auch als diese die eigene Armee betrafen.

„Mitte 1971 schätzten Sanitätsoffiziere der US-Armee, dass 10 bis 15 Prozent der 25.000 bis 37.000 der in Vietnam dienenden Unteroffiziere und Mannschaften Heroinkonsumenten waren.“

Groß im Geschäft dabei waren nach wie vor die korsischen Syndikate. Die Rolle, die einst Marseille als Drogenlabor gespielt hatte, übernahm nun Hongkong, während die USA eine „Politik der Komplizenschaft“ betrieben.

Von Birma, Laos und Thailand nach Afghanistan und Pakistan

Das Goldene Dreieck erstreckte sich von Birma über Thailand bis Laos. Hier wurde dafür gesorgt, dass die in die USA zurückgekehrten GIs weiterhin mit Heroin versorgt wurden. Die CIA hatte 21 Opiumraffinerien im Dreigrenzland identifiziert, war aber ihrerseits in die verdeckten Operationen in diesem Gebiet involviert. Es waren die „Handlanger der CIA-Geheimoperationen zu führenden Heroindealern in Laos geworden“, so wie in Laos General Phoumi Nosavan, CIA-Protegé und politischer Führer, der einen Großteil des Opiumhandels kontrollierte. Derweil produzierten die Bergstämme nicht nur Opium en gros, sondern sie dienten auch als „Söldnerarmee der CIA“, während Air America mit Abwürfen aus der Luft die Dörfer mit Reis versorgte.

McCoy weiß zu berichten: „US-Botschaften verschleierten die Verstrickungen protegierter Regierungen, CIA-Charterlinien transportierten Opium und einzelne CIA-Agenten übersahen geflissentlich den Opiumhandel.“ Opiumhändler, die eine Allianz mit der CIA geschlossen hatten, bekamen „Zugang zu internationalen Transportmitteln oder Geschäftskontakte, die die Vermarktung der Drogen erleichterte“.

Thailand spielte in den 70er und 80er Jahren „eine Schlüsselrolle beim Aufstieg des Goldenen Dreiecks zum weltgrößten Heroinproduzenten“. Dazu war ein gerüttelt Maß an Zynismus nötig, denn im Jahr 1979 vermehrte sich „aufgrund des vermehrten Heroinzustroms aus Afghanistan und Pakistan die Zahl der Drogentoten in New York um 77 Prozent“.

Die Politik der 60er Jahre wiederholte sich „in den 80er Jahren und in den ersten anderthalb Jahrzehnten des 21. Jahrhundert in Pakistan und in Afghanistan“. Afghanistan wurde „auf diese Weise zur ersten Opiummonokultur der Welt und der Drogenhandel zum bestimmenden ökonomischen Faktor“. Viehhaltung, Obstplantagen und 62 verschiedene Feldfrüchte mussten dem Mohnanbau weichen.

Kokain und Crack aus Südamerika

In den 80er Jahren begann die Reagan-Regierung ihren mit Kugeln geführten Krieg gegen das immer stärker gefragte Kokain in den südamerikanischen Anden mit Schwerpunkt Kolumbien ein erneutes Scheitern mit Ansage. Der unrealistische „Krieg gegen die Drogen“, der von den US-amerikanischen Präsidenten Clinton, Bush und Obama weitergeführt wurde, konnte den Anstieg des Drogenkonsums in westlichen Ländern nicht verhindern. Wie auch, wenn die USA bereit waren, während dieser 40 Jahre des globalen Krieges, „wo immer notwendig, den Drogenkrieg für den Kalten Krieg zu opfern“.

Der Aufstieg des Medellin-Kartells fiel nicht zufällig mit dem Beginn des CIA-Geheimkriegs gegen die sandinistische Regierung Nicaraguas zusammen. Mit Mitteln aus dem Verkauf von US-Waffen an den Iran wurden die Contras mit Waffen versorgt. Der Iran-Contra-Skandal, bei dem Präsident Reagan der CIA freie Hand gelassen hatte, und bei dem die CIA weitreichende Komplizenschaft mit Drogenhändlern im Sinne von „Waffen für Drogen“ eingegangen war, flog 1996 auf. CIA-Operationen trugen in nicht unerheblichem Umfang „im letzten Jahrhundert zum Wachstum des globalen Drogenhandels bei“.

Schwer wog der Vorwurf, dass Contra-Netzwerke Drogenkartellen den Weg in die afroamerikanischen Viertel von Los Angeles geöffnet hätten. „Die Wut der Afroamerikaner schwoll an, die die CIA beschuldigten, ihre Gemeinden bewusst mit Crack zerstört zu haben.“

Eine Ausnahme bei der Art der sogenannten Drogenbekämpfung der US-amerikanischen Präsidenten bildete Jimmy Carter, der der CIA von 1976 bis 1978 größere Geheimdienstoperationen untersagte und somit „den Drogenbaronen den benötigten Schutz entzog“. Außerdem setzte Carter anstatt auf Krieg gegen die Produzenten von Drogen auf Suchtbehandlung und konnte damit den Heroinmarkt nachweislich schwächen.

Afghanistan — das letzte Gefecht

1979 schließt sich der Kreis in Afghanistan. Gulbuddin Hekmatyar, extrem-islamistisch, brutal und korrupt, erfreute sich als Guerillaführer gegen die Sowjets der Unterstützung der CIA und konnte sich so zum führenden Drogenhändler aufschwingen, der seine Labors in Südwestpakistan betrieb. „Selbst als pakistanisches Heroin Anfang der 80er Jahre Europa und Amerika überflutete, herrschte ein eigenartiges Schweigen über den Ursprung dieses neuen Drogenangebots.“

Nach dem Kalten Krieg wurden die unabhängigen ehemaligen zentralasiatischen Staaten zur Transitzone für afghanische Heroinexporte in Richtung Europa. Binnen zweier Jahre exportierte Kirgisistan mehr Heroin als Birma. Für den Vertrieb in Richtung Westen bildeten sich zwischen ethnischen Minderheiten kriminelle Allianzen: „Kosovaren verbanden Genf mit Mazedonien; Türken Berlin mit Kasachstan.“ Es entstanden neue Mafiabanden und Rebellenarmeen.

Da kriminelle Beziehungen integraler Bestandteil der verdeckten Operationsfähigkeit der CIA sind, schlussfolgert McCoy: „Nationen im Frieden haben nach amerikanischen und auch nach internationalen Gesetzen kein Recht, ihre Außenpolitik mit verdeckten Operationen durchzusetzen, zu denen Mord, Bestechung, Lügenpropaganda, Verbrechen und unerklärte Kriege gehören.“

Wo immer Rauschgift angebaut und Drogengeschäfte getätigt wurden, war und ist die CIA nicht weit, um kriminelle Banden für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren, Gewinne für eigene Zwecke wie Waffenkauf abzugreifen und Kämpfer zu rekrutieren.

Bild

Müssen nach dem Ausfall von Afghanistan jetzt Länder wie Myanmar und Mexiko bangen?



Hier können Sie das Buch bestellen: Die CIA und das Heroin: Weltpolitik durch Drogenhandel



Hier können Sie das Buch bestellen: Hybris am Hindukusch: Wie der Westen in Afghanistan scheiterte


Quellen und Anmerkungen:

https://www.nzz.ch/international/afghanistan-die-taliban-machen-ernst-mit-verbot-des-mohnanbaus-ld.1742957
https://www.telegraph.co.uk/global-health/terror-and-security/taliban-war-on-drugs-poppy-ban-opium-heroin-afghanistan/
https://rtde.team/international/175574-drogenproduktion-in-afghanistan-geht-massiv-zur%C3%BCck/https://test.rtde.life/international/167543-drogenhandel-taliban-verbieten-mohn-anbau/
Donald Goddard with Lester K.Coleman, „Trail of the Octopus. Behind the Lockerbie-Desaster“, London 1993


Wenn Sie für unabhängige Artikel wie diesen etwas übrig haben, können Sie uns zum Beispiel mit einem Dauerauftrag von 2 Euro oder einer Einzelspende unterstützen.

Oder senden Sie einfach eine SMS mit dem Stichwort Manova5 oder Manova10 an die 81190 und mit Ihrer nächsten Handyrechnung werden Ihnen 5, beziehungsweise 10 Euro in Rechnung gestellt, die abzüglich einer Gebühr von 17 Cent unmittelbar unserer Arbeit zugutekommen.

Weiterlesen

Ein ungeliebter Waffenbruder
Thematisch verwandter Artikel

Ein ungeliebter Waffenbruder

Obwohl er harsche Kritik an Israel übte, wird der türkische Präsident Erdoğan vom Westen mit Samthandschuhen angefasst. Der mögliche Grund: Man braucht ihn noch.

Lebensabschnittsgefährten
Aktueller Artikel

Lebensabschnittsgefährten

Durch die politischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre haben wir alte Freunde verloren und dafür neue gewonnen. Anstatt damit zu hadern, können wir den Erneuerungsprozess begrüßen!