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Die Friedenstüchtigen

Die Friedenstüchtigen

Inmitten des Kriegsgeheuls flankierten zwei Friedensmärsche die 60. Münchner „Sicherheitskonferenz“. Ein Vor-Ort-Bericht.

Im direkten Vergleich mit den Protesten rund um die Sicherheitskonferenz (SiKo) 2023 scheint das diesjährige Engagement abgeflaut zu sein. Dabei haben sich die Gründe, um für den Frieden auf die Straße zu gehen, im bellizistischen Überbietungswettbewerb geradezu vervielfacht.

Die diplomatischen Entgleisungen der letzten Wochen — wer kann sie noch zählen? — sollen hier nicht noch einmal aufgelistet werden. Fakt ist, dass sich ein camouflagefarbener Mehltau über die Gesellschaft gelegt hat. Kriegsbegeisterung und Kriegsrhetorik sind so salonfähig wie seit den düstersten Zeiten nicht mehr. Außerdem hat sich seit der SiKo 2023 ein weiterer Konflikt entzündet. Und dennoch ist der Strom der Friedensbewegten abgerissen. Dankenswerterweise war das Demonstrationsgeschehen nicht so fragmentiert wie im letzten Jahr, als zeitgleich mindestens fünf Demonstrationen stattgefunden hatten.

Anti-SiKo-Bündnis

Wie jedes Jahr — außer zu fake-pandemischen Zeiten — versammelte sich das traditionelle Anti-Siko-Bündnis am Münchner Stachus. In der Frage des Nahost-Konfliktes galt die Solidarität der Veranstaltung augenscheinlich den Palästinensern. In diesem Bereich gab es ein großes Zwiespalt-Potenzial, da das Anti-Siko-Bündnis traditionell klar nach „links“ ausgerichtet ist, diese Art von links, bei der eine Solidarität mit Israel unabdingbar ist.

Über den Karlsplatz hinweg wurde ein circa fünfzig Meter langes Banner mit circa 3.000 Namen von getöteten Palästinensern ausgerollt. Das massenhafte Morden in Gaza wurde damit erschreckend sichtbar.

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Die Liste mit den Namen getöteter Palästinenser reichte über den gesamten Karlsplatz Stachus. Fotos: Nicolas Riedl

Abgeriegelt

Das Luxushotel Bayerischer Hof war dieses Jahr noch weitläufiger abgeriegelt als die Jahre zuvor. Üblicherweise war es sonst immer möglich gewesen, als Passant bis zum Promenadeplatz zu gehen, 2024 begann die Polizeiabsperrung schon am Lenbachplatz.

Angerückt waren Polizeieinheiten aus der gesamten Republik, selbst aus dem weit entfernten Hamburg. Die Abriegelung des Bayerischen Hofs mutete zugleich wie eine Machtdemonstration der Staatsmacht an, die ihren neuen Fuhrpark in München ausstellte. Derweil kreisten über der Münchner Innenstadt Polizeihelikopter in bedrohlich tiefer Flughöhe.

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Fotos: Nicolas Riedl

„Macht Frieden“

Das Momentum der Friedensbewegung-Renaissance des letzten Jahres konnte nicht aufrecht erhalten bleiben. Obwohl die Organisatoren nicht minder motiviert waren, die Reden nicht weniger feurig und die Krisen sich sogar verschärft hatten, kamen 2024 deutlich weniger Demoteilnehmer. Rund 3.000 sollen es nach Veranstalterangaben gewesen sein. Das Hundertfache hatte sich am vorherigen Sonntag auf der Theresienwiese beim Lichtermeer gegen Rechts und für Demokratie versammelt. Ohne Correctiv-Märchen, Massenmobilisierung und Belohnungsanreize für Gratismut-Engagement sind wohl die großen Massen nicht auf die Straße zu bewegen.

Als Redner am Königsplatz geladen waren Diether Dehm, Jürgen Todenhöfer, Reiner Braun, die Fachärztin für psychosomatische Medizin und IPPNW-Mitglied Ingrid Pfanzelt, der Major a. D. Florian Pfaff und die Jurastudentin Qamar Hammood, die sich für die Rechte der Palästinenser engagiert.

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Fotos: Nicolas Riedl

Es schien, als wäre das Sichtbar-Machen des palästinensischen Leides eine der wenigen Schnittstellen zwischen beiden Friedensdemonstrationen, denn sowohl beim Anti-SiKo-Bündnis als auch bei „Macht Frieden“ wurden die Kriegsverbrechen in Gaza prominent thematisiert.

Für eine musikalische Auflockerung zwischen den Redebeiträgen sorgten die Corona-Bavarias und der Friedensrapper Kilez More, der extra aus Österreich anreiste.

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Foto: Nicolas Riedl

Der Demozug durch die Stadt verlief entsprechend dem Namen des Programms ... friedlich.

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Fotos: Nicolas Riedl

Bei der überwiegend politischen Herangehensweise an den Frieden praktizierte einer der Demoteilnehmer offenkundig eine innerliche Friedensarbeit. Inmitten der ohrenbetäubend lauten Trommler ging dieser in aller Seelenruhe mit und las mit gesenktem Kopf in einem Spinoza-Buch.

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Foto: Nicolas Riedl


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