Die Entstehung von immer mehr Großkliniken und explodierende Krankheitskosten zum Ende des 20. Jahrhunderts hätten eine Warnung sein müssen. Hatten doch die französischen Revolutionäre nicht nur Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ausgerufen, sondern auch seinerzeit die Spitäler aufgelöst. Freilich voreilig, wie die weitere Entwicklung zeigte. Aber der Zusammenhang wurde schon damals verstanden. Erst der austroamerikanische Philosoph und Priester Ivan Illich (1926 bis 2002) beschwor in den 1970er-Jahren wieder die Gefahr einer Medizindiktatur durch eine Enteignung der Gesundheit herauf (1).
Mit COVID-19 hat die Medizinindustrie zum Generalangriff auf die offene Gesellschaft geblasen. Wie Ivan Illich vorausgesagt hatte, möchte eine „neue Elite wissenschaftlicher Kontrolleure die ganze Welt wie eine Krankenstation regieren“ (2). Dieser neue „medizinische Klerus“ entscheidet, was Krankheit ist, wer krank ist und was bei welcher Diagnose geschieht. Wenn wir es nicht schaffen, die Medikalisierung des Lebens zu beenden, werden diese „Nebenfolgen angeblich friedlicher Bestrebungen dem Krieg an Zerstörungskraft den Rang ablaufen“ (3).
Illichs Warnung war seiner Zeit zu weit voraus, um wirklich Gehör zu finden. Die Medikalisierung der Gesellschaft ist so weit fortgeschritten, dass medizinfreie Gesundheit für die Mehrheit der Menschen nicht mehr zum Wohlbefinden gehört. Das Recht auf Kranktestung und -schreibung dank Lohnfortzahlungsanspruch und Krankengeld haben die Freiheit durch Gesundheit ersetzt. Die Falle ist zugeschnappt.
So abwegig es vielen erscheinen mag: Einen Ausweg aus der neuen Unfreiheit wird es nur geben, wenn eine Mehrheit die epidemische Übertherapie in allen Bereichen der Medizin aufkündigt.
1975 schrieb Illich prophetisch:
„Ich behaupte, dass der Laie und nicht der Arzt potenziell den Überblick und tatsächlich die Macht besitzt, der heutigen iatrogenen Epidemie ein Ende zu setzen. Eine Welt der optimalen, allgemeinen Gesundheit ist offenbar eine Welt der minimalen und nur gelegentlichen medizinischen Intervention“ (4).
Seit Gründung medizinischer Fakultäten vor etwa 800 Jahren war die akademische Medizin der verlängerte Arm autoritärer Obrigkeiten. Im Gegensatz zu den Gesundheitshandwerkern, die als Barbiere, Bader und Kräuterkundige ihre Dienste anboten, forderte die akademische Medizin immer Gehorsam ein.
Nach jahrhundertelangem Spott über deren gefährliche diagnostische und therapeutische Albernheiten ist der Würgegriff der pharmazeutischen Krankheitsmedizin längst zur Überlebensfrage geworden. Die als „Schutzimpfungen“ getarnten Giftspritzen sollten jede Illusion einer heilsamen Medizin geraubt haben.
Autoritäre Medizin wird gebraucht wie die Pandemieszenarien; denn Angst und Ausnahmezustand sind die obligaten Begleiter für Kontrolle und Überwachung von Menschen. Angst ist die Basis, dass Menschen bereit sind, Geschäfte zu ihren Lasten zu tolerieren. Nur im Panikmodus lassen sich die geblähten Segel einer Wohlstandsgesellschaft einholen, um als vermeintlicher Schutz vor einem herbeifantasierten Sturm die gewünschte Flaute zu erzeugen.
Gerd Reuther, Renate Reuther „Hauptsache Panik“
Quellen und Anmerkungen:
(1) Illich, Ivan: Die Enteignung der Gesundheit. Rowohlt Verlag; Reinbek bei Hamburg 1975
(2) Illich, Ivan: Die Nemesis der Medizin. Von den Grenzen des Gesundheitswesens. Seite 285; Rowohlt Verlag; Reinbek bei Hamburg 1977
(3) Illich, Ivan: Die Nemesis der Medizin. Von den Grenzen des Gesundheitswesens. Seite 297 ; Rowohlt Verlag; Reinbek bei Hamburg 1977
(4) Illich, Ivan: Die Enteignung der Gesundheit. Seite 311; Rowohlt Verlag; Reinbek bei Hamburg 1975
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