Die öffentliche Debatte hat ein neues Schlagwort erobert: Digitalisierung. Es scheint, dass die neoliberale Front hier ihre eigentliche Speerspitze gefunden hat.
Bei der Verleihung des Deutschen Computerspielpreises am 9. April 2019 in Berlin: Staatsministerin Dorothee Bär und Bundesminister Andreas Scheuer (CSU). Bild 11. April 2019 (1)
Ich falle gleich mit der Tür ins Haus: Ursula von der Leyen und Jens Spahn, als „Fremde Federn“ in der FAZ vom 11. Oktober 2019, „verfolgen“ die „Vision“ „für den europäischen Datenraum“:
Die Frage, die sie stellen: „In was für einer digitalen Gesellschaft wollen wir leben?“ Fest steht dabei für Ursula von der Leyen und Jens Spahn: „Wir müssen lernen, das große Potential der Datenschätze besser auszuschöpfen.“ Und dafür, meinen sie, „gibt es auch bereits erste erfolgreiche Beispiele“ und zwar ausgerechnet das „deutsche Gesundheitssystem“! Ausgerechnet dort, so behaupten sie, würden sie „eine staatliche Sammlung von Daten“ „anstreben“, für die „die Bürgerinnen und Bürger ihre anonymisierten Daten freiwillig zur Verfügung stellen können“.
Auf einer Diskussionsveranstaltung der Bundesärztekammer am 17. Oktober 2019 in Berlin verkündete Spahn forsch: „Die Verantwortung für die Daten-Schutzstandards liege zuerst beim Arzt.“ Deshalb sei es die Pflicht der Ärzte, „digitale Kompetenz“ zu erwerben. Und schließlich wachse Vertrauen auch, indem endlich Anwendungen in den Markt kämen. Deshalb brauche es nun Schritt für Schritt schnell die ersten Anwendungen, etwa die elektronische Patientenakte, die ePA. „Die wird, das sage ich Ihnen gleich, noch nicht perfekt sein.“
„Aber wenn wir wieder warten, bis es hundertachzigprozentig perfekt ist, dauert es noch zehn Jahre.“ Online-Sprechstunden und Gesundheitsapps werden die Versorgung der Patienten umkrempeln. Man werde das erste Land sein, in dem Gesundheitsapps durch Krankenkassen regelhaft vergütet würden. „Aber wenn wir das nicht gemeinsam einmal beginnen und ein Stück sich entwickeln lassen, dann wird es wieder von anderen kommen“ (2).
Mit der Digitalisierung ist ein Feld eröffnet, auf dem es forcierter zur Sache geht: Sogar die bisher eher realitätsfernen Psychotherapeut*innen und Psychologen in der Gesundheitsarbeit scheinen aufgewacht(er) — Ja sogar die Ärzte, die Stützen der Gesellschaft, gehen auf die Barrikaden.
Das Stichwort heißt: Telematikinfrastruktur beziehungsweise das Terminservice- und Versorgungsgesetz, das TSVG. Es geht um den direkten Datenaustausch zwischen dem Arzt und den Kassen: die „Partner“ auf dem viel gerühmten neoliberalen Markt. Die Patienten treten hier — auf diesem Markt — nicht auf, allenfalls als „Ware“.
Als Ware haben die Patienten wohl keine Privat-Sphäre, könnten also auch keinen Schutz derselben beanspruchen, im Gegenteil, sie haben „gläsern“ zu sein, damit der Austausch der Daten über die elektronische Patientenakte laufen kann. Die Akteneinsicht durch die Patienten ist „nicht gesichert“.
Andreas Meißner, 53, Psychiater und Psychotherapeut in München,
Sprecher der Ärzteinitiative „Freiheit für 1%“, die sich gegen den Zwang zur Internetvernetzung von Arztpraxen wendet (3):
„Die Digitalisierung ist für Diagnostik und Therapie durchaus hilfreich. Die elektronische Patientenakte aber wird mehr Datensammlern und IT-Konzernen nutzen als Ärzten und Patienten, die um ihre Privatsphäre fürchten müssen.“
Besser kann man nicht klarmachen, dass nicht das Wohl des Patienten im Vordergrund steht, sondern der — ungesicherte und unkontrollierte — Zugriff der „Krankenindustrie“ und Behörden.
„Ankunft im 21. Jahrhundert“ nennt Gesundheitsminister Spahn das Ziel, das damit erreicht werden soll — zu Recht: im Jahrhundert der Überwachung — und zwar mit Zuckerbrot und Peitsche! Das klingt verdammt nach „Chefsache“.
Und Spahn hat die entsprechenden Kräfte hinter sich, beziehungsweise er macht für sie den Napoleon (4): Achim Berg, Bitcom Verbandspräsident, äußerte am 31. Juli 2019 (5): „Jetzt muss es heißen: nicht reden, sondern machen. Und in aller Konsequenz und ohne Wenn und Aber digitalisieren.“
Gottfried Ludewig, Abteilungs-Leiter im Gesundheitsministerium: „Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten. Wir müssen nach vorne gehen, auch wenn sie mit einem Risiko verbunden ist.“ „Wenn wir uns nicht darum kümmern, dann machen das die großen amerikanischen Techkonzerne“ (6).
Die Parole des „Immer weiter so!“, wir müssen immer weiter wachsen. „Ein Ende des Massenkonsums hätte schlimme Folgen“, sagt Mathias Binswanger, Prof. für Volkswirtschaftslehre an der FH Nordwestschweiz in Olten. Wachstum bewahrt das System vor dem Kollaps (7).
Ganz klar: Snowden, Assange, Bradley haben das Ausmaß der bereits statt findenden Überwachung gezeigt — weltweit, sogar das Fernsehen berichtet ständig darüber. Allerdings berichtet es lieber über die Überwachung in China — nicht um uns zu zeigen, wohin die Reise geht, bei der die Regierung den Lokführer stellen will, sondern primär, um uns davon abzulenken, wie weit es bei uns tatsächlich schon gediehen ist, beziehungsweise, um uns daran zu gewöhnen, was „auf uns zukommen“ wird.
Und wer dieser Ablenkung nicht folgt, den lehrt Joachim Gauck den asymmetrischen Blick: „während sich die flächendeckende Datenerhebung über die Bürger in China gegen diese richtet, geschieht sie bei uns im Interesse der Bürger und für sie“ (8).
Die Welt druckt am 19. August 2019 einen Beitrag zu den Protesten in Hongkong mit der Überschrift: „Protest gegen Massenüberwachung“. Eine Überwachungskamera, wie wir sie aus unseren Straßen kennen, wird mit der Erklärung gezeigt: „China setzt zur Gesichtserkennung künstliche Intelligenz ein“ und als eyecatcher: „Mit Laserpointern täuschen Demonstranten die allgegenwärtigen Kameras.“ Die Zeitung räumt zwar ein: „Das Überwachungsnetz ist pro Kopf nicht dichter als in westlichen Städten“, doch dann der Salto rückwärts: „Doch es wird überall enger — dank Amazon und Google.“
In der FAZ vom 11. Juli 2019 berichtet James Griffiths unter der Überschrift: „Eine App, sie alle zu knechten“: „WeChat“. Sie soll nicht nur Inhalte unterdrücken. Sie soll vor allem Solidarität verhindern. Es gehe der Zensur nicht primär darum, Tian’anmen totzuschweigen — denn fast jeder weiß davon — sondern darum, den letzten, viel wichtigeren Schritt zu verhindern: dass Menschen handeln, beziehungsweise zu fördern, dass ihr Handeln sich in die gewünschte Richtung bewegt.
Wenn der FAZ-Autor dabei von „simulierter Partizipation“ spricht, bewegt er sich ganz auf der Gauck‘schen Linie: „Was sich in China gegen die Bürger richtet, geschieht bei uns im Interesse der Bürger und für sie.“
Die Aufgaben des Herrschers von den Beherrschten erledigen lassen
Zygmunt Bauman schreibt 2013 über die „Manipulation, die erwünschtes Verhalten wahrscheinlicher macht und die Gefahr von Abweichungen auf ein Minimum reduziert“:
„Das Genie des Herrschens besteht darin, die Aufgaben des Herrschers von den Beherrschten erledigen zu lassen“ (9).
„Wir haben es [heute] offenbar mit einem alle Bereiche umfassenden Trend zu tun, der Herrschaftstechniken, Philosophie und Handlungsgrundlagen des Managements, die Vehikel der sozialen Kontrolle und das Konzept der Macht gleichermaßen betrifft. In allen genannten Bereichen setzt man nunmehr statt auf Zwang auf Verlockung und Verführung, statt auf normative Regulierung auf ‚Öffentlichkeitsarbeit‘, statt auf polizeiliche Maßnahmen auf ‚reizvolle Angebote‘; und jedesmal wird damit die Verantwortung für das Erzielen der erwünschten Resultate von den Bossen auf deren Untergebene übertragen, von den Supervisoren auf ihre ‚Klienten‘, von den Beobachtern auf die Beobachteten; kurz: von den Managern auf die Gemanagten“ (10).
„Wer eine Aufgabe erledigt haben will, setzt heute nicht mehr auf Disziplin, Folgsamkeit, Anpassung, Befehl und Gehorsam, Routine, Uniformität und Einschränkung — versucht also nicht mehr, die Entscheidungen der Subordinierten durch den Appell an ihre Rationalität zu manipulieren, indem er Belohnungen in Aussicht stellt und Strafen androht —, sondern schließt statt dessen eine Wette ab auf ihre ‚irrationalen‘ Fähigkeiten und Eigenschaften, auf ihre Eigeninitiative, Abenteuerlust, Experimentierfreude, ihren Selbstbehauptungswillen, ihre Emotionalität und ihr Verlangen nach Spaß und Entertainment.“
Die bekannten neoliberalen Reiz-Wörter.
Also: Zuckerbrot — und Peitsche? Für wen denn wohl? Es gibt scheinbar noch welche, die nicht freiwillig mitmachen. Das herrische Auftrumpfen gegen sie, die Drohung mit Honorarkürzungen und „Schlimmerem“ (?) zeigt, dass es „Aufgaben des Herrschers“ (Bauman) sind, die mit der Digitalisierung „erledigt“ werden sollen — durch die Beherrschten selbst, so wie es das Heer der Freiwilligen bereits millionenfach praktiziert.
Die Millionen, die bereits Stunden vor Geschäftseröffnung Schlange stehen, um das neue Apple-Produkt zu kaufen, sie braucht man nicht zur Digitalisierung ihrer Daten zwingen: Sie stellen sie tagtäglich „freiwillig“ ins Netz, jedermann zugänglich, beziehungsweise sie kontrollieren nicht, wer alles Zugang dazu hat.
Andreas Meißner vermutet, dass der Zugriff auf die eigenen Daten über Smart-Phone „eher etwas für junge, hippe, im Grunde gesunde Menschen zu sein scheine, die heute schon freiwillig ihren Versicherungen Daten ihres Fitnesstrackers überlassen“ (11).
Das „Zuckerbrot“: die schnelle und bequeme Kommunikation, die ebenso schnelle Information über alle im Alltag, ob im Beruf oder der Freizeit, nötigen Daten, die unüberschaubaren Möglichkeiten empfehlen das Internet oder den wandelnden Computer, das Smart-Phone ohne jede Drohung.
Dass die Benutzung von Smart-Phone und Internet mit der Ausspionierung durch eine ebenso unüberschaubare Schar von Neugierigen verbunden ist, wissen die Nutzer zwar seit den Enthüllungen von Snowden, Assange und anderen, aber sie machen sich nicht klar, was das für sie bedeutet: „Ich habe nichts zu verbergen“ ist die entsprechende Verleugnungsformel des vierten Affen in dem bekannten Motiv.
Wie schnell sich das ändern kann, kann man erahnen an den Bemühungen, non-mainstream-Diskurse im Netz zu kriminalisieren, oder das Netz pauschal für die Zunahme der Kriminalität verantwortlich zu machen, womit die Zustimmung zur Forderung nach Zensur des Netzes erhöht wird.
Auflösung der „Privatsphäre“ von beiden Seiten
Über allen ausufernden staatlichen Kontrollen geschieht die Auflösung der „Privatsphäre“ von zwei Seiten her: von der Spionage der Datenkraken und von der Seite der Ausspionierten, die die Öffentlichkeit ihrer Privatwelt erst herstellen, in der die Kontrolleure sich berufen fühlen, alles einzusammeln, was sie vorfinden.
Die Verleugnungsformel „ich habe nichts zu verbergen“ ist zugleich ein Ausdruck „falschen Bewusstseins“, so Marcuse. Werner Meixner nennt sie unethisch (12), denn sie kehrt die Verhältnisse um: Tatsächlich ist es der Staat, der „etwas zu verbergen“ hat.
Die anderen, die der Staat unter Verdacht setzt, etwas zu „verbergen“ zu haben, verbergen nicht, was sie vorhaben: die gesellschaftlichen Verhältnisse der Affirmation, Ausbeutung, Vergiftung der Köpfe und der (Um)Welt zu ändern, abzuschaffen — im Gegenteil: zu verbergen haben die Schnüffler, nämlich, dass sie diese Mitmenschen ausschnüffeln, Daten über sie sammeln, um sich vorzubereiten auf die Gelegenheiten sie politisch „auszuschalten“.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) neben Dieter Romann, Chef der Bundespolizei, BKA-Chef Holger Münch, BND-Präsident Bruno Kahl und BfV-Chef Thomas Haldenwang (v. l. n. r.), (Berlin, 10. September 2019); John MacDougall/Pool via Reuters; jW 16. Oktober 2019
Nutznießer des Terrors wollen nach Anschlag in Halle erneut digitale Überwachung ausbauen
„Digitalcourage“ stellt dazu fest: „Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung erfasst alles — auch, wer wann in eine Synagoge, eine Moschee, in ein Gewerkschaftshaus oder auf eine Demonstration geht.“ Der „sogenannte Verfassungsschutz“ betreibe „ein skrupelloses Vertuschungssystem“, hat „wichtige Beweismittel und brisante Akten geschreddert“, und „so jede parlamentarische Kontrolle torpediert.“ „Digitalcourage“ forderte am 17. Oktober 2019 ein Verbot der Vorratsdatenspeicherung und die Abwicklung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (13).
Psychotherapeuten, Psychologen und Ärzte wehren sich
Die Psychotherapeuten, Psychologen und Ärzte wehren sich dagegen, zum Verräter ihrer Patienten gemacht zu werden, durch Zuckerbrot oder Peitsche: Strafgebühren — „oder Schlimmeres“ dazu gezwungen.
Ein Beispiel: Auf ihrer Sitzung vom 30. März 2019 stellt die Außerordentliche Vertreter-Versammlung, VV, Nordrhein fest (14):
„Der Schutz des Arzt-Patientenverhältnisses ist ein auf unbedingter Vertraulichkeit basierender fundamentaler Bestandteil ärztlichen Handelns. Jede Zwangsmaßnahme, die direkt oder indirekt dazu führen könnte, dass diese Vertraulichkeit gefährdet wird oder Informationen an Dritte gelangen könnten, wird von der Ärzteschaft kategorisch abgelehnt.
Eine Verpflichtung der Ärzteschaft oder der Krankenhäuser, sensible Patientendaten einem therapeutisch nicht notwendigen Ausspährisiko auszusetzen, wird von der Ärzteschaft abgelehnt.
Eine elektronische Sammlung von Patientendaten kann nur unter höchstem Datenschutz und ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgen.
Das Selbstbestimmungsrecht der Patienten und der Schutz ihrer Patientendaten darf nicht durch gesetzliche Vorgaben im Rahmen der Digitalisierung ausgehöhlt werden.
(Wir lehnen) in zentralisierten Cloud-Systemen gespeicherte Gesundheitsakten ab.
In den im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) verpflichtend vorgeschriebenen Patientenakten der Krankenkassen sieht die KV Nordrhein VV vom 30. März 2019 erhebliche Datenmissbrauchsrisiken für die Patienten, da Smartphone-Apps keinen Schutz bieten und die Forderungen von Unberechtigten zur Dateneinsicht kaum verhindert werden können.“
Dr. med. Lothar Rudolph, Facharzt für Allgemeinmedizin und Hausarzt in Bochum hat eine Petition an die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Prof. Dr. Claudia Schmidtke, zum Recht auf Geheimhaltung der eigenen Krankengeschichte gerichtet:
Die Psychotherapeuten (und Ärzte) wehren sich zugleich gegen den Verrat/die Deformation ihrer Arbeit, gegen die Verkehrung ihrer Hilfe in Überwachung und Gehirnwäsche/Indoktrination — auch das wäre Verrat am Patienten: denn: Psychotherapie — als das was geschieht, „wenn Zwei miteinander reden“ (Freud) — geschieht nicht mehr, wenn die Zwei das Internet, das Smart-Phone, Skype oder ein ähnliches — digitales und digitalisierendes — Medium zwischen sich schieben.
Die Psychologen (und Ärzte) treten also in ihrer Doppelfunktion auf: als Bürger im Sinne des Citoyen, der sein politisches Eintreten für die Demokratie verteidigt, wie auch der Bourgeois, der seine Arbeit verteidigt.
Von daher, vom Widerstand her, können wir die Digitalisierung (in ihrer Funktion für die Macht) sehen: sie hat eine doppelte Funktion:
die Zerstörung der Demokratie — oder sollen wir sagen des Schleiers von Demokratie (durch Überwachung der Kommunikation der Bürger — als Citoyen) — selbst um den Preis der Zerstörung der ökonomischen Grundlagen ihres eigenen Reichtums, der Mehrwertproduktion (die Bourgeois treffend) — ihre andere — eher unbeabsichtigte, verleugnete Funktion.
Diese Zerstörung der Demokratie ist durchaus beabsichtigt: Toni Negri stellt die Digitalisierung in den Zusammenhang der kapitalistische(n) Antwort auf die Kämpfe der ArbeiterInnen in den 1960er Jahren. Die Einführung des Toyotismus, mit dem die menschlichen Handgriffe im Produktionsprozess reduziert werden konnten, hatte das Ziel, „die Zentralität der potentiell revolutionären ArbeiterInnen zu minimieren“ (15).
Dasselbe Ziel verfolgte die Neuaufteilung der Fabrik:
„Während bestimmte Sektoren intern blieben, wurden andere Sektoren einzelnen Arbeiter*innen anvertraut und außerhalb des Fabrikgeländes delokalisiert. Das bedeutete eine Art ‚Diffusion‘ der Produktion in die Gesellschaft, ins soziale Gewebe.“
Die notwendige neue Form der sozialen Kontrolle der Arbeiter außerhalb der Fabrik wurde mit der Digitalisierung — damals Informatisierung genannt — möglich, die ab Ende der 1970er Jahre, und im massiven Umfang erst in der Mitte der 1980er Jahre in Gang kam.
Diese „Diffusion“ der Produktion in die Gesellschaft war eine politische Entscheidung, bei der der Einsatz der gesamten Gesellschaft und ihrer Funktionen gefragt war. Sie stand im Zusammenhang mit dem Bericht der Trilateralen Kommission von 1975:
„... Notwendigkeit, die Gesellschaft zu reorganisieren, um ihre Regierbarkeit wiederherzustellen (nach den Bewegungen der Schwarzen, der Frauen, der Studenten, der Arbeiter_innen).“
Gleichzeitig wurden durch die „Diffusion“ der Produktion in die Gesellschaft alle Bereiche und Dimensionen des Lebens Gegenstand von Ausbeutung: Produktion, Reproduktion, Zusammensein, Wissen, Affekte, Erfindungskraft (16) .
Das hat allerdings Konsequenzen, die vor allem die Psychotherapeuten zu Gesicht bekommen: Zunahme der psychischen „Störungen“: Depression, Burn-out, um nur die wichtigsten zu nennen, siehe dazu zynisch: Alain Ehrenberg (17).
„Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter“, formulierte Karl Marx in Kapital I, Seite 530.
Die Zerstörung der ökonomischen Grundlagen ihres eigenen Reichtums, der Mehrwertproduktion ist eher die unbeabsichtigte und verleugnete Konsequenz, aber auch das eher aus der ökonomischen Perspektive betrachtet. Dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, IAB, der Bundesagentur für Arbeit angegliedert, dämmert vermutlich, dass die tendenziell wachsende Arbeitslosigkeit vor allem ein Signal dafür sein könnte, dass der kapitalistische Wachstumszwang an seine Grenzen stößt.
In einem Bericht vom 6. August 2019 warnte das Institut vor sinkenden Löhnen infolge der Digitalisierung. In den USA sei dies bereits der Fall, hieß es. Und: „Zudem sinkt der Beitrag der Arbeit zur Wertschöpfung weltweit bereits seit Jahren“, mahnten die Forscher.
Wie inzwischen zahlreiche Ökonomen warnt das IAB ebenfalls vor einer Wirtschaftskrise. Auto- und Maschinenhersteller meldeten bereits massive Konjunktureinbrüche. Insgesamt verbuchte das Statistische Bundesamt am 7. August 2019 einen Rückgang um 5,2 Prozent im verarbeitenden Gewerbe. Die Welt sprach am selben Tag von „Schockzahlen aus der Industrie“ (18).
Die „Industrie“ bezeichnet als „Schockzahlen“, was die Aufrechterhaltung ihrer Eigentums-Verhältnisse erschwert beziehungsweise erschweren könnte, wenn sich die Leidtragenden gegen ihre Sündenbockfunktion zur Wehr setzten. Arbeitslosigkeit wächst nicht „von selbst“, sondern ist der Preis für dieses Festhalten an den Eigentums-Verhältnissen, der auf diejenigen abgeschoben wird, die sie „auf die Straße setzen“.
Das Wachsen der Produktivkraft der Arbeit wird ja zur negativen Kraft nur im Rahmen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse (19): in denen dieses Wachsen nicht zur Reduzierung der Arbeitszeit genützt wird, sondern zur Reduzierung der Arbeitskräfte.
Die Abschaffung der mühseligen Arbeit wird nicht zur Verkürzung der täglichen Arbeitszeit verwendet, sondern zur Produktion von Arbeitslosigkeit bei unveränderter „Regel“-Arbeitszeit der immer kleiner werdenden Minderheit von „Arbeitsplatz-Besitzern“.
Für die „überflüssige Bevölkerung“ hat der Erfinder dieses Begriffs die Lösung vorgemacht und damit vorgezeichnet: die faschistische Lösung, das heißt sterben lassen beziehungsweise dem frühzeitigen Sterben nachhelfen, im Mittelmeer zum Beispiel wird das schon geübt, aber auch in anderen terroristischen „Experimenten“.
Aber ebenso ist die Zerstörung der Demokratie nicht automatische Folge der Digitalisierung, sondern ihrer Entwicklung und Anwendung unter kapitalistischen Verhältnissen: die befragten und ausgeforschten Bürger haben keine Kontrolle — weder über ihre Daten noch über deren Verwendung, sie wurden nicht gefragt, noch sind sie beteiligt an der Sammlung der Daten, abgesehen von ihrer passiven Beteiligung durch Smart-Phone und Internet-Kommunikation.
Das bedeutet aber umgekehrt, dass wir uns um die „Verhältnisse“ kümmern müssen, also um deren Veränderung, die die Voraussetzung dafür sind, dass die Produktivkräfte ihre — negative — Wirkung entfalten können — nicht um die „alternative“ Anwendung der Produktivkräfte oder gar die Entwicklung „alternativer“ Produktivkräfte.
Die „Verhältnisse“
Die Rolle der Produktivkräfte — als die Produktionsverhältnisse sprengend (20) — wird immer überschätzt, vor allem die Ironie, die Marx damit verbunden hat, wenn er jubilierend von dem Kapital als Dampfwalze spricht, die die alten Verhältnisse sprengt, die Ironie nämlich, dass die Besitzer der Produktionsmittel, die Kapitalisten selbst, sich das Grab schaufeln, indem sie die Entwicklung der Produktivkräfte „treibhausmäßig“ fördern (21). Den Sturz des Kapital-Verhältnisses vollbringen nicht die Maschinen, sondern das müssen die Menschen schon selber in die Hand nehmen.
Das wird noch unterstützt, wenn man berücksichtigt, dass der Punkt längst erreicht ist, von dem bereits Marx prognostizierte, dass die Produktivkräfte zu Destruktivkräften werden. Marcuse hat diesen Punkt sehr ernst genommen (22).
Es ist also sehr viel eher Ablenkung, wenn wir über alternative Digitalisierung, alternative Verwendung spekulieren — solange wir dabei nicht über die Verhältnisse sprechen, die Verhältnisse berücksichtigen, im Auge haben, die doch die Voraussetzung dafür sind, dass diese Alternativen überhaupt funktionieren, ins Werk gesetzt werden können und die Ergebnisse bringen, die wir ihnen zuschreiben.
Die Voraussetzungen — unter denen wir produzieren — sind es, die darüber entscheiden, ob wir menschlich leben und uns als Menschen verwirklichen können. Marx schrieb 1844:
„Gesetzt, wir hätten als Menschen produziert … unter der Voraussetzung des Privateigentums jedoch (…) werden alle Dinge und Prozesse in ihr Gegenteil verkehrt.“
Solange wir nicht darüber sprechen, wie wir zu diesen Voraussetzungen kommen, unter denen wir erst als Menschen leben können und solange wir uns nicht eingestehen, dass wir diese Verhältnisse nicht reformieren, nicht „transformieren“ — wie heute der Euphemismus heute lautet (23) —, sondern „aufheben“ müssen, umstürzen, so Marx, ist der treffende Ausdruck! Denn die „Verhältnisse“ sind die des Privateigentums und das Privateigentum lässt sich nicht „transformieren“ in Eigentum aller, ohne den Widerstand der Privateigentümer.
Wir sind konfrontiert damit, dass die Menschen, die wir als die Subjekte der Geschichte benannt haben und damit als Subjekte jeder Veränderung ihrer Verhältnisse (24) — dass diese nicht die Menschen als Abstraktum sein können, sondern die konkreten lebendigen Menschen und die unterscheiden sich, teilen sich auf, stehen gegeneinander als Herrschende und Beherrschte, durch Privateigentum zu Herrschenden und Beherrschten gemachte.
Die Herrschenden sind die, die die Maschinen gegen uns einsetzen können. Wir machen mit — was bleibt uns anderes übrig. Das ist die Wahrheit der Herrschaft und die Wahrheit, solange wir die Herrschaften nicht verabschiedet haben, den letzten beziehungsweise ersten Fußtritt. Das ist die eigentliche, die entscheidende „Alternative“.
Das „vergessen“ zu haben — was bedeutet das?
Das „Vergessen“
Die Digitalisierung beziehungsweise die dazu nötigen und fähigen Maschinen sind so faszinierend, dass darüber ihre Produktionsbedingungen vergessen werden: die elendeste Ausbeutung, die es mit jeder historisch bekannten Sklavenschinderei aufnehmen kann. Amazon steht inzwischen in der Kritik, aber Apple? Der Apple-Computer ist grundsätzlich entschieden teurer als alle vergleichbaren Geräte. Deshalb ist er ja auch „unvergleichlich“ — hebt den Benutzer in eine andere Klasse. Der Journalist Uli Gellermann äußert sich dazu: „Ich kaufe, also bin ich.“
Die Herstellung geschieht unter unglaublichen Bedingungen, tödlichen, weitab von unseren Sphären: in Indonesien, Indien, im Kongo, auch in China. Für die Gewinnung der notwendigen Materialien werden Wälder gerodet, Meere verseucht, Treibhausgasemissionen in die Atmosphäre entlassen, verheerend nicht nur für die Anwohner und die zu Tode sich schuftenden Arbeiter.
Imperiale Lebensweise nennen Ulrich Brand und Markus Wissen diese Ignoranz unseres Lebens auf Kosten der anderen, die wir „vergessen“ (25). Dieses Vergessen gilt aber zugleich auch den Arbeitssklaven in den Call Centern und anderen „Service“-Einrichtungen, die unter permanenter Überwachung ihre eintönige Arbeit verrichten müssen.
Die Mehrzahl der Nutzer der IT-Geräte dagegen entstammen der Mittel- und Oberschicht. Das Vergessen gilt auch den von den Rationalisierungszielen der Digitalisierung „überflüssig“ gemachten: In den nächsten 10, 15 Jahren sollen 50 Prozent der „Normal-Arbeitsplätze“ wegfallen (26).
Dieses Vergessen ermöglicht uns, unsere „schöne neue Welt“ zu genießen, ganz ohne „schlechtes Gewissen“, ohne uns um die zu kümmern, denen wir diese Privilegierung verdanken. Schmarotzer wäre der weniger noble Ausdruck für unsere Lebensweise.
Diese Lebensweise selbst affirmiert die Bedingungen ihrer Möglichkeit. Zwei Drittel der Bevölkerung nutzen Smartphones, bei den Jungen sind es bereits 90 Prozent.
Digitalisierung ist daran beteiligt, indem sie die faszinierenden „trojanischen Pferde“ produziert, propagiert und unters Volk bringt: Zustimmung zur imperialen Lebensweise — auf der Ebene des Tuns, nicht primär der Argumente.
Die Smart-Phones „überzeugen“ durch ihre Möglichkeiten, der Diskurs der Überzeugung kommt danach: als Rationalisierung des Griffs nach dem Gerät.
Sogar mit der Kritik an diesen Verhältnissen affirmieren wir diese Lebensweise: die Kritik an unserer Entfremdung, als Zerstörung des Analogen selbst die Kritik an der Überwachung, Zerstörung der Demokratie. Alle Kritikpunkte sind halbherzig, solange sie nicht zu diesen Bedingungen vorstoßen.
Dies erklärt zugleich auch unser Unverständnis unserer eigenen Situation. Wie kann es sein, dass in den „reichsten Ländern“ die Opposition sich nach rechts bewegt?
Die Opposition bewegt sich nach rechts? Inwiefern? Weshalb?
Die Rechten geben dem Unmut rechte Parolen. Sie thematisieren die Unzufriedenheit mit dem Gegebenen, äußern Wut, Kritik an Politik und Medien und bieten der Wut einen „Sündenbock“ an für die Zustände, gegen die sich der Unmut richtet, und lenken damit von den tatsächlichen Ursachen und den dafür Verantwortlichen ab.
Wenn sie behaupten, die Ausländer seien Schuld, die Flüchtlinge, adressieren sie zwar die gegenwärtige Regierung, nehmen insofern den Platz der Opposition ein, aber sie werfen der Regierung vor, was ihr gerade nicht vorzuwerfen ist. Sie gewährt den ihrer Lebengrundlagen beraubten Zuflucht. Die Rechten nennen die Ursachen nicht beim Namen: die Zerstörung der Lebensbedingungen der Geflüchteten, für die die Regierung tatsächlich verantwortlich ist, und sei es durch die bloße Duldung der Verbrechen der anderen.
Die Rechten nehmen den Platz der Opposition ein, den die Linken nicht einnehmen, nicht eingenommen haben (27). Dass die Opposition nach rechts geht, liegt auch an unserem „Vergessen“. Die Diskussion der klassenlosen Gesellschaft im Kapitalismus selbst ist Ausdruck des Vergessens der Elenden der Ausbeutung der „Dritten Welt“. Bereits diese Bezeichnung haben wir uns abgewöhnt, stattdessen sagen wir: „Eine Welt“ und verleugnen damit die tiefe Kluft zwischen uns und den anderen.
Wir haben Theorien vom Verschwinden des Proletariats gepflegt. Was ist das anderes, als das Proletariat im globalen Süden zu vergessen? Indem wir dem Schein des Verschwindens erlagen, konnten wir uns „guten Gewissens“ arrangieren mit der imperialen Lebensweise.
Die Behauptung vom Verschwinden des Proletariats ist zugleich eine Verleugnung unserer eigenen „Proletarisierung“. Mit der durch die Digitalisierung treibhausmäßig weitergetriebenen „Verwissenschaftlichung“ der Produktion wird die Wissenschaft und werden mit ihr das Personal der Wissenschaft, zu Produzenten von Mehrwert und Objekten der Ausbeutung (28).
Diese Verleugnung äußert sich in der Rechtsentwicklung, auch der „Intelligenz“. Für Paolo Virno sind die Haltungen des Zynismus und des Opportunismus in den Anforderungen und Anreizen des „postfordistischen Produktionsmodus“ begründet, „sich im Feld austauschbarer Möglichkeiten geschickt zu bewegen“ beziehungsweise sich in den jeweiligen Handlungsfeldern „illusionslos und doch aufgrund eines zwar momentanen, aber uneingeschränkten Einverständnisses der jeweils vorgegebenen Regeln zu bedienen“ (29).
Den „postfordistischen Produktionsmodus“ sieht Virno als Antwort auf die Revolution der 1960er und 1970er Jahre, die mit der „Umwandlung der Verhaltensweisen des radikalen Protests in eine produktive Ressource“ „eine drastische Erneuerung der Wirtschaft und der Institutionen“ brachte, die „einem Schub in der Produktivität und der Rückgewinnung der politischen Herrschaft“ diente (30).
Die Rechten sitzen zum Teil in den Positionen des Staatsapparats oder hofieren die Rechten, beispielswiese in der Ukraine, in Venezuela und Brasilien. Der Präsident des Imperiums selber ist ein rechter Agitator — was könnte die Opposition besser als die seiner Majestät kennzeichnen. Damit ist die rechte Agitation Teil des Diskurses der Macht geworden, wenn nicht bereits der Diskurs der Macht selbst. Dort werden die Rationalisierungen der Sündenbock-Bezeichnung den Unzufriedenen angeboten.
Und die, durch die Enttäuschung über die eigene Niederlage zynisch und opportunistisch (31) gewendeten ehemaligen Linken sekundieren, indem sie die Unzufriedenen in die Ecke schieben. So können sie sich von ihnen absetzen und sich über sie erheben wie der „Post-Marxist“ Mason, (32) der sich — auf Hannah Arendt stützend — den Faschismus als „Allianz von Mob und Elite“ erklärt.
Damit erleben wir genau wieder jene Überheblichkeit der Intelligenz, die dem „Volk“, dem Mob, die Schuld an einer Entwicklung nach rechts zuschiebt, deren Bedingungen sie selbst befördert und von der sie selber profitiert haben. Diese Entwicklung ist die logische Konsequenz ihrer imperialen Lebensweise (33).
Alfred Adler hat das bereits nach dem Ersten Weltkrieg kritisiert, nach dem Zweiten wurde diese Haltung explizit in die Formel der Kollektivschuld des Volkes an den Verbrechen des faschistischen Regimes und seiner Hintermänner in der herrschenden Klasse gegossen. Bis heute greifen die Verantwortlichen darauf zurück. Jüngstes Beispiel: Nach dem Attentat in Halle vom 9. Oktober 2019 wird „die ganze Gesellschaft“ in Verantwortung genommen (34) — am selben Tag war Irmela Mensah-Schramm, die Nazi-Parolen übersprüht hatte, wegen Sachbeschädigung verurteilt worden.
Nicht nur in den USA ist „America first“ wörtlich zu nehmen. Es gilt nicht für alle Amerikaner, die Reichen sind adressiert, sie werden immer reicher, sie beherrschen die wichtigsten Firmen und damit das Land wie feudale Herrscher — „Refeudalisierung“, so bezeichnet Jean Ziegler die Entwicklung, immer mehr werden verarmen, die Armen werden immer ärmer.
Nicht zuletzt deshalb ist die Entwicklung einer „Sicherheits“-Architektur dringend notwendig, um diese Gesellschaftsstruktur zu „schützen“ mit Überwachung und Drohnen. Die Digitalisierung befördert die autoritäre Entwicklung, die Rückkehr des Autoritären in die gesellschaftlichen Beziehungen.
Diskurs der Macht
Die Digitalisierung ist demnach also der entsprechende Diskurs der Macht — der siegreichen Macht? Nein: Der Macht, die uns zu überrumpeln versucht mit dem fait accompli ihrer Installationen, mit der Behauptung ihrer Endgültigkeit, der Technologie gewordenen Herrschaft. Herbert Marcuse sah darin die entscheidende Neuerung, die die Herrschenden mit dem Faschismus zu realisieren versuchten (35).
Zentral für den Diskurs der Macht ist, dass er durch die Medien („M“) vermittelt wird. Die Herrschenden und Mächtigen („K“) sprechen nicht direkt mit uns, „ihrem“ Volk („P“ und „C“), sie bedienen sich dazu ihrer Boten, der Medien, die sie zwischen sich und uns schieben, sich hinter ihnen verstecken.
Durch die Vermittlung der Medien interveniert der Diskurs der Macht „triangulierend“ in die dyadische Beziehung (P ←→ C). Die Parolen des Herrn („K“) werden als eigene von P und C (übernommen).
Gleichzeitig stellen die Medien sich nicht als die Vertreter der Mächtigen dar, sondern als „unsere“ Freunde, die bei uns am Küchentisch sitzen (36), die uns unterhalten, „informieren“, „beraten“, in allen persönlichen Angelegenheiten. Sie „deuten“, was wir sehen, interpretieren unsere Wahrnehmung, unser Erleben, sie geben keine Befehle oder Anweisungen, sie machen Vorschläge, sie verführen. Gerade dadurch üben sie Macht aus.
Laut Foucault ist die Macht: „eine Weise des Einwirkens auf ein/mehrere Subjekte“, sie wirkt, indem sie „anstachelt“, „eingibt“, „ablenkt“. Nur „im Grenzfall nötigt oder verhindert sie vollständig; aber stets sofern die Subjekte handeln oder zum Handeln fähig sind. Stets bleiben die Subjekte ihrer Einwirkung als solche anerkannt“ (37).
Darin ist zugleich die Grenze der Macht gesetzt: Erst indem wir ihr Folge leisten, kann die Parole der Macht ihre Wirkung ausüben. Gleichzeitig sind es die Folgen, an denen wir den Diskurs der Macht, besser noch die Wirkung der Macht erkennen.
Der Diskurs der Macht ist mehr als das Reden zwischen Zweien, als das Hin und Her von Rede und Antwort, das bereits in der Dyade stattfindet. Er ist mehr als Austausch zwischen Zweien, Ausdruck des emotionalen Bandes, das durch diesen Austausch aufrechterhalten wird. Der Diskurs übersteigt die Situation der Dyade, ist nicht gebunden an die Anwesenheit der Teilnehmer, verselbständigt sich sozusagen.
Insofern können Diskurse als Ensembles definiert werden, die festlegen, was zu einem bestimmten Zeitpunkt, von und/oder für eine(r) bestimmte(n) Gruppe, über einen Gegenstand gesagt werden kann (38). Dadurch üben sie bereits Macht aus.
Der Diskurs der Macht ist aber darüber hinaus Medium nicht nur zwischen den vergesellschafteten Individuen, sondern auch zwischen den 99 Prozent der Bevölkerung und dem herrschenden Rest. Damit haben wir die „Medien“ im Fokus.
„Dank der Vermittlung der Medien“ („M“) werden die unterschiedlichen Diskurse der politischen Klasse, der massenmedialen Kultur und der akademischen Kultur miteinander verschmolzen.“ „Sie kommunizieren und zielen in jedem Augenblick auf den Punkt der größten Kraft hin, um die politisch-ökonomische Hegemonie und den Imperialismus („K“) zu sichern“ (39).
Derrida nennt diesen Diskurs einen „herrschsüchtigen“, denn er „organisiert und beherrscht überall die öffentliche Kundgebung, die Zeugenschaft im öffentlichen Raum“ (40).
Dieselben Medien bieten sich als Vermittler aller Informationen an, die wir brauchen, um uns im Alltag zu orientieren: Sie geben uns Ratschläge über das „richtige“ Verhalten, Denken, vermitteln die — im Sinn der Position „K“ — „richtige Sicht“ auf die Welt und unserer Stellung in ihr. Dadurch wirken sie normativ, aber im Modus des Nahelegens, Verführens, Drängens (41).
Deshalb spielt hier das „Versprechen“ eine derartige große Rolle:
Die in jedem Diskurs, ja bereits im Gespräch zwischen zweien mögliche Differenz, Diskrepanz zwischen Versprechen und Versprochenem, demjenigen, worauf das Versprechen zu verweisen scheint, beziehungsweise was der erwartet, dem das Versprechen gegeben wird, steigert sich im Diskurs der Macht zum Gegensatz, zur Verkehrung ins Gegenteil: Verkehrung von Krieg und Frieden, Verkehrung von Ursache und Wirkung, Aktion und Reaktion. Aktuelle Beispiele hierfür sind die Bezeichnungen „Sicherheits-Konferenz“, „Verteidigungs-Ministerium“, „Innere Sicherheit“, Verantwortung für „Deutschland“ und so weiter.
Eine gute Veranschaulichung des Verhältnisses von S2 zu S1: Nachdenkseiten vom 24. März 2011: Die Atomfrage (Quelle: Frankfurter Rundschau)
Ver-Sprechen und das, wofür das Ver-Sprechen steht, bezieht sich auf die beiden Ebenen des Sprechens beziehungsweise Diskurses:
- die Ebene des Sichtbaren, Hörbaren, des „Signifikanten“ („S2“ in M→P) und
- die Ebene des „Signifikats“ („S1“ in M→P), des Nicht-Sichtbaren, des Versteckten, Verschwiegenen, das man nur „an seinen Wirkungen erkennen kann“ (37), die Ebene der Macht-Wirkung.
Die Sprachregelungen, Bewertungen, Ratschläge, Behauptungen, Parolen dieses Diskurses der Macht entfalten ihre normative Wirkung, indem das Individuum sie übernimmt, sie weiter trägt in den Alltag seines Lebensraumes. Sie diffundieren in die Kommunikation der vergesellschafteten Individuen. In allen unseren Gesprächen mit den unterschiedlichen Gesprächs-Partnern geht es um die Vergewisserung der eigenen Position im Diskurs der Macht, unserer „korrekten“ Haltung zu den Parolen des Diskurses der Macht: „Putin — Erdogan — Trump“ beschwört der liturgische Wechselgesang, das Echo auf Assad muss Fassbomben und Giftgas lauten.
Indem wir auf diese Weise in den Chor des ceterum censeo eingestimmt haben, indem wir uns an diesem Diskurs beteiligen, in ihn eintreten, tragen wir wiederum bei zu seiner Aufrechterhaltung.
Der Diskurs der Macht ist die, (eine der) wichtigste(n) Bedingung(en) für die Entwicklung und Aufrechterhaltung der psychologischen Mechanismen der Herrschaftsstabilisierung von Seiten der Beherrschten, die „kulturelle Hegemonie“, der invisible immaterielle Link, zwischen dem Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse und den vergesellschafteten Individuen.
Ein Computer nimmt die Position von „M“ ein
Mit der Digitalisierung nimmt ein technisches Gerät, zum Beispiel das „Smart-Phone“ die Position von „M“ ein.
Wird damit die hinter ihnen stehende Macht der Ausbeutung, Unterdrückung, Enteignung („K“) unsichtbar? Bitkom, Deloitte, Thimo Heeg spricht von der „Die Revolution des Unsichtbaren“ (41). Er fragt: Wer führt in der Welt der überall verfügbaren digitalen Unterhaltung und Information?
Oder wird die hinter der Digitalisierung stehende Macht im Gegenteil gerade sichtbar? Armin Nassehi (42) dazu: Digitalität decke „latente gesellschaftliche Muster auf, die hinter dem Rücken der Akteure wirken“. Mit „sichtbar“ meint Nassehi allerdings die Begrenztheit der Möglichkeiten im Angesicht der Macht: „Die C-Technologien führen ihren Benutzern eine „dritte Entdeckung“ vor Augen: Gesellschaft erscheint nicht mehr als emanzipatorisches Projekt, sondern als eine vollständig berechenbare Dynamik, die nicht so leicht zu ändern ist. Weshalb Gesellschaftskritik und politische Intervention immer nur von begrenzter Reichweite sein kann.“
Die Affirmation, sich mit dem Gegebenen abfinden, die Resignation ist die Botschaft des Diskurses der Macht, die durch die technischen Geräte verwirklicht wird.
Statt die Parolen des Bedrückers zu übernehmen, wie Adler es 1919 ausdrückte, handeln sie in seinem Sinn, also im Sinne des Bedrückers, ohne diese Parolen zu kennen.
Das ist allerdings, wie bisher„unbewusst gemacht“: „P ← M“ ist dem Bewusstsein entzogen. Allerdings in die Apparate verlegt, das heißt Handeln im Sinn des Diskurses der Macht — ohne die Vermittlung seiner Parolen.
Weil dieses — unvermittelte, also ohne Vermittlung eines Diskurses verlaufende Erledigen der Aufgaben des Herrschers, also Gehorchen — nicht ausreicht, sind Peitsche wie Zuckerbrot erforderlich. Und deshalb auch jene Form des Diskurses der Macht, die auf die Magd des Herrn, die Medien, nicht verzichtet.
Und die Psychologie?
Der Diskurs der Macht ist kein psychologisches Konzept. Es ist dasjenige, was der Psychologie vorausgeht, was Psychologie fundiert. Die Psychologie beschäftigt sich mit der Antwort auf den Diskurs der Macht.
Allerdings nicht im Sinne der Manipulations-These, sondern der Theorie der „Rationalisierung“: nicht mit dem Grund, sondern mit der Begründung für Verhalten.
Die Begründung S2 sind die Parolen der Macht, deren Versprechen, sich zum Herrn zu machen, bleibt der Traum der Unterdrückten, deren Fata Morgana. Die Gründe dafür sind Ohnmacht, Unterdrückung, Armut, Demütigung.
Deshalb ist auch die Verwunderung der Linken so verständnislos. „Wieso wählen die Lämmer ihre eigenen Henker? Sie „wählen“ S2, die Versprechen, die Rationalisierungen — nicht S1, die Absichten der Henker.
Wir sind dem Diskurs nicht ausgeliefert, nicht Spielball, sondern Akteur. Das Individuum nimmt seinen Platz ein im Diskurs oder verweigert sich diesem (43). Es ergreift die Parolen, versucht sie zu seinen eigenen zu machen beziehungsweise dann als eigene auszugeben — oder widerspricht, verweigert sich der Parole.
Jeder Diskurs lässt immer auch die Möglichkeit zu, gegen die Regeln zu verstoßen, ihm nicht zu folgen (43). Der Hauptmann ruft „Avanti!“ Und springt aus dem Schützengraben. Die Soldaten müssen dem Befehl des Hauptmanns nicht folgen, sie können sich ihm verweigern.
Allerdings hat die Weigerung, die Regeln der Diskurse zu befolgen, Konsequenzen, zum Beispiel „Berufsverbote“. Bei den Beifall klatschenden Soldaten ist die Konsequenz, dass sie ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben. Außerhalb der militärischen Befehlshierarchie ist es im Höchstfall das soziale Leben, das mit der Weigerung aufs Spiel gesetzt wird, die Anerkennung, der Dienstwagen, die Beförderung, die Erhöhung der Boni oder was es so an Handsalben gibt.
Aus diesem Dilemma, dass die Verweigerung nicht ohne Konsequenzen zu haben ist, kann die Möglichkeit der Verleugnung helfen. Die Verleugnung der Möglichkeiten, sich zu weigern, der Möglichkeit, gegen die Regeln des Diskurses zu verstoßen, statt sie zu befolgen und damit die Verhältnisse zu reproduzieren; der Möglichkeit des Ungehorsams, Rationalisierung der Nicht-Weigerung, der Affirmation; Rechtfertigung der Anpassung, des Mitlaufens.
Und auch dies ist wieder das Feld der Psychologie. Und die Psychologie selbst bedient sich der Verleugnung. Ihre Verlagerung der „äußeren“, das heißt der gesellschaftlichen Bedingungen ins „Innere“ der Psyche bedeutet eine Verkehrung, eine Vernebelung dieser Zusammenhänge.
Quellen und Hinweise:
Tagung zum Thema Digitalisierung am 6. und 7. März 2020 in Berlin
mit Klaus-Jürgen Bruder, Jürgen Hardt, Detlef Hartmann, Andrea Kleeberg-Niepage, Christoph Marischka, Werner Meixner, Bijan Moini, Bernd Nielsen, Werner Rügemer, Sabrina Saase, Jorinde Schulz, Werner Seppmann, Günter Steigerwald, Friedrich Voßkühler und anderen, veranstaltet von der Neuen Gesellschaft für Psychologie.
(1) Foto: Agency People Image
(2) https://www.aend.de/article/200218; siehe auch Spahn stimmt auf digitale Welt der Medizin ein.
(3) Das gläserne Behandlungszimmer, SZ vom 25. Februar 2019.
(4) DGB-Chef Reiner Hoffmann wirft Spahn „ministeriale Durchgriffsfantasien“ vor
(5) zitiert nach „Die Digitalwirtschaft zeigt sich noch krisenresistent“ FAZ vom 1. August 2019, S. 21
(6) Beitrag auf dem „Zukunftsforum“ des vdek (Verband der Ersatzkassen), 11. September 2019: „Schafft die Digitalisierung die Psychotherapeuten ab?“, zitiert nach Petra Bühring: Nicht ohne vorherige Diagnose. Deutsches Ärzteblatt/PP/10/Oktober 2019, S. 450-451
(7) Nicht der Mensch — die — herrschende — Klasse.doc
(8) Der IT-Spezialist Felix von Leitner im Gespräch mit Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs, über seine jüngsten Reisen in die Volksrepublik dagegen: „In der Volksrepublik China werden soziale Kontrolle und Massenüberwachung deutlich anders organisiert als beispielsweise in der BRD oder den USA. Man werde dort von der Staatsmacht wenig behelligt. Kontrolle diene dort dem Ziel, eine „harmonische Gesellschaft« zu schaffen“. kurzlink.de/ALT043, 7. August 2019
(9) mit Rückgriff auf „Von der freiwilligen Knechtschaft“ von Étienne de la Boétie
(10) Zygmunt Bauman & David Lyon, Daten, Drohnen, Disziplin, Ein Gespräch über die flüchtige Überwachung. Dt.: Frankfurt: Suhrkamp 2013, S.76
(11) Das gläserne Behandlungszimmer, SZ vom 25. Februar 2019.
(12) „In einer Gesellschaft, in deren Verfassung der Schutz der Privatsphäre verankert ist, gibt es notwendigerweise eine Verantwortung und Pflicht jedes Einzelnen, für sich selbst und die anderen den Schutz der Privatsphäre zu beachten. Insofern ist die Haltung ‚ich habe nichts zu verbergen, also ist mir der Datenschutz gleichgültig’ eine grundsätzlich unethische Haltung im Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.“ Werner Meixner (2018) Die smarte Diktatur. Die allgegenwärtige Vernetzung nimmt totalitäre Züge an. Rubikon vom 21. Juli 2018
(13) jungewelt vom 18. Oktober 2019,
(14) https://www.kvno.de/downloads/vv/beschluesse_30-03-19.pdf
(15) Anja Breljak & Jorinde Schulz (2019), „Die Mächte verstehen, die am Werke sind“. Ein Gespräch mit Toni Negri. In: Rainer Mühlhoff, Anja Breljak & Jan Slaby (Hg.) Affekt Macht Netz. Auf dem Weg zu einer Sozialtheorie der digitalen Gesellschaft. Bielefeld: transcript Verlag 2019, S. 315 –336
(16) Und damit die Arbeitskraft selbst verändert: ihre „produktive Beschaffenheit hängt nun zusammen mit Affektivität, Intelligenz, mit den neuen Formen des Sozialen und Relationalen, mit dem Reichtum der Singularitäten“; („vergesellschaftete Arbeit); als Multitude bezeichnen Hardt & Negri einen „Typus von Subjektivität, der dieser neuen Realität der Arbeit entspricht“ (S. 328)
(17) Alain Ehrenberg (1998), Das erschöpfte Selbst. Depression und Gesellschaft in der Gegenwart, siehe auch Byung-Chul Han (2000) Psychopolitik. Neoliberalismus und die neuen Machttechniken. Frankfurt/M: S, Fischer
(18) zitiert nach Susan Bonath (2019), Entlassungen in der Autoindustrie. Krise trifft Arbeitsmarkt. Bundesagentur: Immer mehr Menschen verlieren ihren Job. Viele Erwerbslose werden aber nicht als solche erfasst. Junge Welt vom 9. August 2019, S. 5
(19) Das umfasst auch: „In der Entwicklung der Produktivkräfte tritt eine Stufe ein, auf welcher Produktionskräfte und Verkehrsmittel hervorgerufen werden, welche unter den bestehenden Verhältnissen nur Unheil anrichten, welche keine Produktionskräfte mehr sind, sondern Destruktionskräfte“, Karl Marx/Friedrich Engels (1845/46), Die deutsche Ideologie, MEW Bd. 3, S. 69.
(20) Karl Marx (1857/58), Grundrisse, MEW 42, S. 602
(21) „Die Bourgeoisie kann nicht existieren, ohne die Produktionsinstrumente, also die Produktionsverhältnisse, also sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu revolutionieren“, MEW 4, 1972, S. 465
(22) siehe Klaus-Jürgen Bruder, Christoph Bialluch, Bernd Leuterer, Jürgen Günther (Hg.), Paralyse der Kritik — Gesellschaft ohne Opposition? Giessen: Psychosozial-Verlag 2019
(23) Hans-Jürgen Urban (2019), Gute Arbeit in der Transformation. Über eingreifende Politik im digitalen Kapitalismus. Hamburg, VSA-Verlag
(24) und nicht die Maschinen oder Software-Programme, siehe das Missverständnis der Ironie des Begriffs des automatischen Subjekts: Karl Marx (1867), Das Kapital, MEW 23. S. 169
(25) Ulrich Brand und Markus Wissen (2017), Imperiale Lebensweise. München, oekom
(26) Hans Böckler Stiftung (2018), Atlas Der Arbeit
(27) Klaus-Jürgen Bruder (2012), Massenloyalität. In: Klaus-Jürgen Bruder, Christoph Bialluch und Benjamin Lemke. Zur Aktualität der Sozialpsychologie Peter Brückners. Giessen 2013: Psychosozial-Verlag, S. 13-31; siehe auch Klaus-Jürgen Bruder (2018) Diskurs der Macht. Worauf bereitet der Anti-Semitismus-Diskurs uns vor? In: Klaus-Jürgen Bruder et al. (2019). „Paralyse der Kritik: Eine Gesellschaft ohne Opposition?“ Giessen 2019, Psychosozial-Verlag, S. 15-22 und 37-47
(28) Karl Marx (1857/58), Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie („Maschinenfragment“), MEW 42, S. 600 ff
(29) Paolo Virno, Grammatik der Multitude. Wien, Turia & Kant 2005, 2008, 2014, S. 121f.
(30) Luc Boltanski & Eve Chiapello (1999), Le nouvel Ésprit du Capitalisme, Paris, Editions Gallimard, dt.: Der neue Geist des Kapitalismus. Konstanz 2003, UVK
(31) S. Paolo Virno loc. cit.
(32) Paul Mason, „Die Synergie von künstlicher Intelligenz und neoliberaler Ideologie ist extrem bedrohlich.“ Interview durch Daniel Binswanger, 3. August 2019
(33) Die Adler bereits 1919 in bisher nicht wieder erreichter Klarheit kritisiert hatte.
(34) „Den Kampf gegen den Hass muss die ganze Gesellschaft führen“ FAZ-Herausgeber Berthold Kohler am 10. Oktober 2019: „Die Grenze ist durchbrochen.“ Kommentar zum „Anschlag auf Synagoge in Halle, S. 1
(35) Marcuse (1942) Die neue deutsche Mentalität. In „Feindanalysen. Über die Deutschen“, hrsg. Peter-Erwin Jansen. Verlag zu Klampen, Springe 1998, S. 21-72
(36) Walter Bühl, Das kollektive Unbewusste in der postmodernen Gesellschaft, Konstanz, 2000
(37) Foucault, Michel (1982/1987), The Subject and Power. In Hubert L. Dreyfus/Paul Rabinow (Eds.), Michel Foucault: Beyond Structuralism and Hermeneutics. Chicago, Univ. of Chicago Press, 2o8-226, dt.: Das Subjekt und die Macht. In: Hubert L. Dreyfus/Paul Rabinow (Hrsg.): Michel Foucault: Jenseits von Strukturalismus und Hermeneutik. Frankfurt/M.: Athenäum 1987, 243-264, S. 255
(38) Foucault, Michel (1970), L’ordre du discours, Paris, Gallimard 1971, dt.: Die Ordnung des Diskurses. Inauguralvorlesung am Collège de France, 2. Dezember 1970, Frankfurt/M.: Suhrkamp 1977.
(39) Derrida, Jacques (1993), Spectres de Marx. Paris, dt.: Marx' Gespenster. Der verschuldete Staat, die Trauerarbeit und die neue Internationale. Frankfurt/M., Fischer 1995.
(40) Im Unterschied (Gegensatz) zu dem von Freud analysierten Prozess der Umsetzung von äußerem Zwang in inneren (1915, S. 333) als Verinnerlichung, oder Brückner (1972, S. 26): Übernahme der Herrschaft in eigene Regie.
(41) Thiemo Heeg, „Die Revolution des Unsichtbaren“. Wer führt in der Welt der überall verfügbaren digitalen Unterhaltung und Information? FAZ vom 6. September 2019
(42) Armin Nassehi, Muster. Theorie der digitalen Gesellschaft. München, C.H. Beck 2019, zitiert nach Cornelia Koppetsch. Die Verdopplung der Welt. FAZ vom 6. September 2019, S. 12
(43) Jean-François Lyotard (1983/1987), Le Différend (Collection „Critique“) Paris 1983. Les Editions de minuit, dt.: Der Widerstreit. München: Fink 1987, S. 46.
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