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Fürchtet euch

Fürchtet euch

Das Propagandasystem hat für alle Seiten die passende Angst parat.

„Fürchtet euch nicht“ ist einer der wohl häufigsten Sätze des Neuen Testaments. Als Grundlage der westlichen Zivilisation fordert die Schrift immer wieder dazu auf, sich nicht von Angst lenken und leiten zu lassen, sondern stattdessen auf eine höhere Macht — Gott — zu vertrauen. Durch den Glauben in diese höhere Macht kann die Angst überwunden und menschliches Handeln auf eine unerschütterliche Grundlage gestellt werden. Auf diese Weise soll der Mensch dazu angehalten werden, aus einer tiefen Verbundenheit heraus, und eben nicht getrieben von seinen Ängsten und Befürchtungen, zu handeln.

Betrachtet man dies als Grundlage unserer Zivilisation, so muss man feststellen, dass gerade die Medien heute das genaue Gegenteil predigen: Wenngleich auch niemals offen ausgesprochen, so ist der Subtext der gesamten Berichterstattung eine einzige Botschaft: Fürchtet euch! Auf dieser Furcht baut auch die Politik auf und setzt Projekte in Gang, die vermeintliche Abhilfe schaffen. Dabei wird jedoch keine Rhetorik der Beschwichtigung und Beruhigung an den Tag gelegt, die vermittelt, dass man sich um die Probleme und Herausforderungen kümmere. Nein, die zentrale Aussage lautet: Fürchtet euch und gehorcht.

Fürchtet euch vor einem todbringenden Virus, das über die Menschheit rollt. Befolgt unsere Anweisungen, tragt die Masken, haltet Abstand und lasst euch impfen, dann wird die Geißel dieser Plage euch vielleicht mit weniger Gewalt treffen. Doch haltet nicht ein, euch zu fürchten. Denn nur die Furcht kann euch retten und ermahnt euch dazu, unseren Anordnungen zu gehorchen.

Fürchtet euch auch vor dem bösen Russen, der jederzeit in Europa einmarschieren kann. Die Gefahr, sie lauert im Osten, in Moskau, und der dortige dunkle Herrscher strebt danach, uns alle zu unterwerfen. So lasset uns Abermilliarden in Waffen investieren und unsere Oligarchen reich machen, lasset uns eine große Armee aufbauen, um dem finsteren Herrscher zuvorzukommen. Dass ihr dabei frieren müsset, meine Brüder und Schwestern, dass die Nahrung teuer und die Häuser kalt sein sollen, das sei nur eine zu erduldende Plage, deren Urheber im fernen Osten sitzt. So fürchtet euch!

Fürchtet auch Hitze und Regen, Fluten und Dürren, denn ihrer sei zahlreich schon jetzt und in ferner Zukunft. Denn wisset, der Planet, den wir bewohnen, er erhitzet sich, und das Wetter wandele sich und sei uns eine gerechte Strafe für unsere Verbrechen, die da lauten: zu sein. Für eure Sünden des Heizens, des Reisens, des Verzehrs von Fleisch sollet ihr büßen und wissen, dass ihr Sünder seid. Doch wir, die Vermittler zwischen Himmel und Erde, haben die Lösung empfangen. Ihr sollet Ablassbriefe kaufen, die euch von euren Sünden reinwaschen und euch die Vergebung des Herrn erlangen lassen. Ihr sollet sparen an eurer zukünftigen Verschwendung und euer Leben in Demut leben vor dem gerechten Zorn der Erde. Fürchtet euch!

Die religiöse Komponente der Furcht und des gesamten Diskurses ist schwer zu übersehen. Man soll sich fürchten, Angst haben vor dem Krieg, dem menschengemachten Klimawandel, dem Virus.

Doch während all diese Dinge noch beherrschbar scheinen — immerhin ist der Krieg ein menschliches Produkt, und die angeblichen Naturkatastrophen scheinen mit menschlichen Mitteln beherrschbar —, gibt es auch die Angst vor den Ereignissen, die überhaupt nicht mehr menschlich kontrollierbar sind.

Seit dem vergangenen Jahr sind die Phlegräischen Felder, Europas „Supervulkan“ vor der Küste von Neapel, wieder vermehrt in den Medien. Schon seit Langem wird immer wieder vor einem Ausbruch dieses Vulkans gewarnt. Dieser, so lässt man uns regelmäßig wissen, hätte schwere Folgen für die gesamte Menschheit. Es wird berichtet, dass die Erde in dieser Gegend nun bebt und rumort , und sie hebt sich langsam an, was auf einen baldigen Ausbruch hindeuten könnte. Ein explodierender Supervulkan, das ist eine Katastrophe, die von keiner Menschenhand mehr kontrollierbar ist. Doch darf’s noch ein bisschen mehr sein?

Immer wieder wird auch die Gefahr von einem Einschlag aus dem Weltall beschworen. Bei all den Asteroiden, die dort herumschwirren, sei es nur eine Frage der Zeit, bis ein entsprechend großer auf die Erde träfe und katastrophale Folgen zeitige. Immer wieder wird bang die Frage gestellt, ob dieser oder jener Himmelskörper auf die Erde einschlagen kann. Fürchtet euch, die Gefahr aus dem All ist groß. Eine solche Gefahr ist kaum beherrschbar, auch wenn immer wieder Überlegungen angestellt werden, wie man solche Himmelskörper beseitigen könnte. Doch das größte Risiko ist, dass die Asteroiden nicht rechtzeitig gefunden werden.

Welche Furcht darf’s also sein — die Angst vor einem Virus, einem Krieg, dem Klimawandel oder doch lieber brachiale, unbeherrschbare Naturkatastrophen wie der Ausbruch eines Supervulkans oder ein Asteroideneinschlag?

Man sieht also, dass für jeden Geschmack eine Angst zu finden ist. Egal, wovor man sich gruseln will, es ist für alle gesorgt. Diese Angst dient natürlich der Kontrolle und dem Ausbau von Herrschaft.

Denn ein Volk, das Angst vor einem Außen hat, vor einer düsteren Zukunft oder einem Feind, das wird sich der Herrschaft seiner Führer unterordnen, deren Anweisungen und Befehlen gehorchen und das brachiale Vorgehen gegen Opposition unterstützen. Angst ist ein Machtinstrument, das sehr umfangreich angewendet wird.

Doch auch die vermeintlich aufgeklärte Opposition wird durch die Ereignisse und die Berichterstattung in Angst gehalten. Hier fürchtet man sich dann nicht vor dem Virus, sondern vor dem Quarantäne-Gulag. Man fürchtet den Impfzwang, die Ordnungsmacht und die Massenüberwachung. Man fürchtet die sich ankündigende digitale Diktatur, den Kommunismus, den dritten Weltkrieg und die Blackouts. Man fürchtet das Shedding, den Atomschlag, den wirtschaftlichen Niedergang und die große Enteignung. All diese Ängste grassieren auch in Kreisen der Opposition und führen so zu einer allgemeinen Lähmung. Das bedeutet nicht, dass solche Ängste keine reale Grundlage haben, doch oftmals sind sie vollkommen überzogen. Dann wird der Eintritt der Katastrophe hinter jeder Ecke gesehen, mit jedem Ereignis. Wie oft wurde schon vor einer nuklearen Eskalation des Ukrainekriegs gewarnt? Und wie oft ist sie bislang eingetreten?

Man fürchtet hier den messermordenden Muselmann, der bewusst als neues Feindbild installiert wird, um auch die Opposition zu spalten und zumindest einen Teil davon durch eine systemkonforme, vermeintlich alternative Partei wieder einzufangen und an das System zu binden. Auf diese Weise präsentiert man auch Sündenböcke, einmal in Form der Migranten, die vermeintlich alle Messermörder sind, und andererseits in Form der Grünen-Politiker, wobei dabei stets übersehen wird, dass auch FDP und SPD Teil der Ampelkoalition waren.

All diese Ängste sind auch ein Abfallprodukt der Berichterstattung und dienen dem Zweck, die Opposition in einem Zustand der ständigen Reaktion gefangen zu halten.

Hier schielt man dann stets auf das, was die Politik schon wieder verbricht, auf das, worüber die Medien berichten, und malt sich dann wortreich aus, wohin das führen kann und welche Zustände hier herrschen. Auf diese Weise wird die Opposition gelähmt, ein eigenständiges Anliegen zu formulieren und sich dafür zu organisieren und einzusetzen. Denn sie lebt immer in dem Gefühl, jetzt erst noch das Schlimmste abwenden zu müssen. Dafür dackelt man dann auch mal zur Wahl, wählt das vermeintlich „kleinere Übel“, in der Hoffnung, dadurch einen Wandel zum Besseren hin bewirken zu können, stabilisiert aber in Wahrheit nur das System, indem man eine Partei wählt, die sich von allen anderen in nichts unterscheidet.

Durch all die Angst kommt niemand dazu, einmal innezuhalten und sich das ganze Bild anzuschauen, nämlich dass „die Macht“ beide Seiten des Diskurses kontrolliert und damit ein gewisses Maß an Steuerung erzielt, auch wenn einige sich im Widerstand gegen diese Macht wähnen. Das Staats- und Mediensystem steckt durch seine Kommunikation das Spielfeld bereits ab und bestimmt, welche Diskussionen geführt werden und welche eben nicht. Deshalb wird auch nur über Asylpolitik und Abschiebungen, Messermorde und Islam, Klimawandel und CO2, Russland oder Ukraine gesprochen, aber nicht über systemische Grundlagen, wie etwa die Tendenz des Kapitalismus, sich maßlos auszudehnen, periodisch in Krisen unterzugehen und dann mittels großer Umgestaltung der Welt, etwa durch Kriege, neu aufzuerstehen.

Wir sprechen über Sozialismus versus Kapitalismus, aber nicht über die Frage nach Macht und Herrschaft. Denn Herrschaft scheint unabdingbar, es muss sie wohl geben, um mit den großen Bedrohungen der Welt umgehen zu können. Wir sprechen nicht über Sinn und Unsinn von Staatssystemen, die sich ebenso parasitär ausdehnen, wie der Kapitalismus es tut, und letztlich mit der Wirtschaftsmacht verschmelzen. Wir sprechen auch nicht über eine Wirtschaftsordnung jenseits von Sozialismus und Kapitalismus, sondern knüpfen immer wieder an längst überholte und dazu noch dysfunktionale Ideen an. Und letztlich basieren all diese Ideologien und Systeme auf einer Ungleichverteilung von Macht. Hat im Sozialismus ein überbordener Staat die absolute Macht inne, so ist im Kapitalismus der Kapitaleigentümer der Mächtige, der sich des Staates als Durchsetzungsmittel bedient. Nie wird allerdings über die Überwindung der Macht gesprochen.

Die Angst hält die Menschen auch davon ab, zu groß zu denken, einen zu drastischen Wandel einleiten zu wollen. Vorsicht, so sagt man, ist die Mutter der Porzellankiste.

Dass das Leben aber keine Porzellankiste und zu komplex ist, um sich in billige Sprichwörter pressen zu lassen, sollte vielleicht nochmal erwähnt werden.

Doch die Angst hat auch noch eine weitere Funktion: Sie ist eine Marketingstrategie. Wer Angst hat, der kauft die ihm angebotenen Produkte als wohlfeile Lösung, die Angst aufzulösen. Wer Angst vor einem Virus hat, der kauft eine Maske und Tests. Wer Angst vor dem Klimawandel hat, der kauft vermeintlich ökologische und klimaneutrale Produkte. Wer Angst vor dem Krieg, dem Kollaps der Zivilisation oder dem Blackout hat, der deckt sich ein mit Survival-Ausrüstung in Form von Trinkwasserfiltern, Generatoren und Konservendosen. Wer Angst vor dem Shedding hat, der kauft medizinische Produkte oder Heilpflanzen, die, zumindest der Werbung nach, davor schützen.

Und so hat die Angst, hüben wie drüben, ihre Funktion, die Menschen in eine Form der Starre, der Lähmung zu versetzen, deren Überwindung durch den Kauf von bestimmten Produkten angepriesen wird. Es ist Passivität, die sich auch in diesem Konsum ausdrückt, in welche die Angst zwingt. Sie hält uns davon ab, die Probleme, die sich uns stellen, viel gründlicher anzugehen, ihre Wurzeln freizulegen und auszureißen. Und diese Wurzel findet sich in Form von Macht über Menschen, ausgeübt durch andere Menschen oder Institutionen.


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