Mehrere Bürgerrechtsorganisationen — darunter die Bewegung MASS-VOLL!, in der ich selbst aktiv bin — haben die erforderliche Marke von 50.000 gesammelten Unterschriften mit Ach und Krach erreicht. Doch Vorsicht: Für ein erfolgreiches Referendum müssen es 50.000 beglaubigte Unterschriften sein! Die zuständigen Referendumskomitees arbeiten derzeit intensiv daran, die Unterschriftenbögen von den Gemeinden beglaubigen zu lassen. In Kürze wird sich zeigen, ob wir die erforderliche Anzahl zusammenbekommen haben und diese dann bei der Bundeskanzlei in Bern einreichen können.
So viel zur E-ID-Story.
Als wäre dieser erneute Vorstoß nicht bereits bedenklich genug, plant der Bundesrat nun auch eine verschärfte Überwachung der Fernmelde- und Kommunikationsdienste.
Kürzlich wurde in den Schweizer Gazetten publik, dass die Landesregierung den Behörden zusätzliche Überwachungsrechte einräumen möchte. Techunternehmen wären dann hierzulande verpflichtet, dem Staat ihre Daten herauszugeben.
Bundesrat will Chatüberwachung verschärfen
Um dem Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (ÜPF) noch mehr Kompetenzen zu ermöglichen, plant der Bundesrat eine Teilrevision der Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF) sowie der Verordnung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VD-ÜPF). Diese Revision sei aus seiner Sicht erforderlich, um für Rechtssicherheit zu sorgen und Prozesse zu standardisieren.
Strafverfolgungsbehörden und der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) würden Zugriff auf neue Überwachungsmöglichkeiten und weitere Kommunikationsanbieter erhalten. Die Änderungen würden alle Nutzer von Telekomnetzen sowie von E-Mail- und Messenger-Diensten betreffen. Dies schließt nicht nur Anbieter wie Gmail oder WhatsApp ein, sondern auch die als besonders sicher geltenden Dienste wie Threema und Proton.
Vorgesehen ist unter anderem eine rückwirkende Überwachung, mit der sich Teilnehmer von Internetverbindungen identifizieren lassen. Des Weiteren sollen Firmen dem Dienst ÜPF künftig melden müssen, welchen E-Mail-Dienst ein Nutzer zuletzt verwendet hat.
Ebenfalls ausgeweitet werden soll die Echtzeitüberwachung von sogenannten Randdaten. Diese Daten zeigen, mit wem, wann, wie lange und von welchem Standort aus eine Person kommuniziert hat. Neben den bisherigen Fernmeldedienstanbietern wie beispielsweise Swisscom sollen künftig auch sogenannte „Anbieterinnen abgeleiteter Kommunikationsdienste“ den vollen Überwachungspflichten unterliegen. Soll heißen: Als Firma ist man gezwungen, mit den Behörden zu kooperieren, sobald man mehr als eine Million Nutzer hat und einen Umsatz von 100 Millionen Franken macht. Mit zwölf Millionen beziehungsweise 100 Millionen Nutzern würden die Messenger Threema und Proton in dieses Raster fallen. Bisher konnten sie sich da herauswinden – unter anderem durch ein wegweisendes Urteil des Schweizer Bundesgerichts im Jahr 2021, welches sie vor größeren Überwachungsverpflichtungen bewahrte.
Widerstand in der Techbranche
Die Schweiz galt bislang als attraktiver Standort für internationale Firmen, die ihre Server fernab des Zugriffs ausländischer Behörden an einem sicheren Ort betreiben wollen. Mit der vom Bundesrat angestrebten Revision würde die Schweiz diesen Standortvorteil weitgehend verlieren.
Proton-Chef Andy Yen spricht von einem „aggressiven Ausbau des Überwachungsstaats“ und macht deutlich: „Unter keinen Umständen können wir dieses Gesetz erfüllen.“ Im äußersten Fall müsste sein Unternehmen die Schweiz verlassen.
Ähnlich entrüstet zeigt sich Robin Simon, Chef von Threema. Seine Firma stehe kompromisslos für das Menschenrecht auf Privatsphäre. Threema werde unter keinen Umständen den Kern seines Messenger-Dienstes verraten. Gemäß den geplanten Überwachungsanforderungen müsste Threema Kundendaten sammeln und diese mindestens sechs Monate lang speichern. Simon: „Wir sammeln aber keine Kundendaten; jegliche Speicherung von Daten auf Vorrat birgt Risiken.“ Bislang stellte Threema den Überwachungsdiensten bei Anfragen lediglich eine Momentaufnahme zur Verfügung.
Besonders problematisch sieht Simon die mögliche Verpflichtung zur Echtzeitüberwachung. Dies würde für die Firma mit ihren 55 Mitarbeitern einen erheblichen Mehraufwand bedeuten: Sie müsste einen Pikettdienst einrichten, der rund um die Uhr für den Dienst ÜPF erreichbar wäre. Simon kündigt bereits direktdemokratischen Widerstand an: „Wir werden nicht nur juristisch dagegen vorgehen. Wir sind bereit, eine Volksinitiative zu lancieren, die den Ausbau des Überwachungsstaats verhindert und die Privatsphäre schützt.“
Die Vernehmlassung zur Revision läuft seit dem 29. Januar und endet am 6. Mai. Innerhalb dieser Frist können betroffene Firmen wie Threema und Proton sowie Privatpersonen ihre Bedenken in Form von Stellungnahmen einbringen.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „Gläserne Alpenrepublik“ bei Strau Media.

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