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Die Freiheit am Kreuz

Die Freiheit am Kreuz

Vor einer kurzen Osterpause weist das Manova-Team noch einmal auf den Ernst der Lage für den alternativen Journalismus und für das ganze Land hin. Nur gemeinsam können wir bei sich verschärfendem Gegenwind bestehen.

Manova könnte es in Rumänien möglicherweise demnächst nicht mehr geben! Das dort in Vorbereitung befindliche Zensurgesetz sucht im Westen seinesgleichen. Die Rede ist von der „Notverordnung über die Durchführung von Maßnahmen zum Schutz des Online-Umfelds“. Tief blicken lässt die Auflistung der schwammig definierten „Vergehen“ sowie der damit verbundenen Strafzahlungen in fünfstelliger und damit existenzvernichtender Höhe. Darunter fällt die „Verbreitung von Verschwörungstheorien, emotionalen Appellen“, das Teilen von „polarisierenden Inhalten“ oder auch die „Verwendung von Inhalten (…), die sich gegen Einrichtungen richten, die Fakten prüfen“.

Schon bei oberflächlichem Überfliegen des Textes wird klar, dass dieser Gesetzesentwurf einen vollständigen Knebel für alle Einzelpersonen wie auch für alle kritischen Publikationen darstellt. Gerade weil die Definitionen so diffus sind, schneidet einem die Schere im Kopf vorauseilend das Wort ab. Wie soll man als Social-Media-Nutzer oder als Redakteur schon erahnen, welche Aussage im Sinne dieses Gesetzes als Gedankenverbrechen ausgelegt werden kann? Wer vor die Wahl gestellt wird, für die freie Meinungsäußerung in den Bankrott sanktioniert zu werden oder doch lieber zu schweigen, wird sich gerade in wirtschaftlich prekären Verhältnissen eher für Letzteres entscheiden.

Repressionstestfeld Rumänien

Das alles geschieht vor dem Hintergrund der vorgeblichen russischen Einflussnahme bei der annullierten Rumänien-Wahl im Spätherbst letzten Jahres. Die dabei in Verdacht geratene TikTok-Kampagne wurde jedoch von der damals noch amtierenden Regierungspartei selbst finanziert. Das führte allerdings weder zur Annullierung der Annullierung noch zur Rehabilitierung des in Misskredit geratenen eigentlichen Wahlgewinners Călin Georgescu. Dieser wurde Ende Februar verhaftet und nur dank breiter Proteste und unter strengen Auflagen wieder freigelassen. Die Kandidatur zur Präsidentschaftswahl wurde ihm dann Mitte März gerichtlich untersagt.

Ist das alles eine regional begrenzte Demokratie-Defizit-Posse in Südosteuropa? Nein, vielmehr wird Rumänien derzeit von den EU-Technokraten als Testfeld genutzt. Das Land wird zu einer Blaupause für weitreichende Zensurmaßnahmen sowie dafür, Partizipationsmöglichkeiten in der ohnehin schon simulativen Demokratie zu untergraben.

Der zensurfreudige Ex-EU-Kommissar Thierry Breton drohte Anfang des Jahres bereits an: „Wir haben es in Rumänien getan und werden es, falls nötig, auch in Deutschland tun.“ Damit spielte er auf die vergangenen Bundestagswahlen an. Diese sollten gegebenenfalls ebenso annulliert werden, wenn der Verdacht aufkäme, russische TikTok-Tänzer hätten deutsche Bundesbürger dahin gehend beeinflusst, die „falschen“ Parteien zu wählen.

Trau niemals einem Trusted Flagger!

Dass Rumäniens Zensurregime näher an Deutschland dran ist, als einem lieb sein mag, zeigt ein Blick in den Leitfaden zur Zertifizierung als Trusted Flagger, der im Mai letzten Jahres aufgesetzt wurde. Die Trusted Flagger sind mit der Aufgabe betraut, den EU-Meinungsknebel Digital Services Act (DSA, Gesetz über digitale Dienste) in Deutschland durchzusetzen. Der besagte Leitfaden beinhaltet eine Liste mit unzulässigen Inhalten. Neben größtenteils gut nachvollziehbaren Punkten finden sich aber auch einzelne, die sich hinsichtlich ihrer Ungenauigkeit und Abstrusität nicht sonderlich von der Auflistung der rumänischen Notverordnung unterscheiden. Beispielhaft zu nennen wäre die „negative Auswirkung auf den zivilen Diskurs oder Wahlen“. Mit solchen Gummikategorien lässt sich so ziemlich alles kriminalisieren.

Und so werden auch schon in Deutschland die kleinsten Meinungsdelikte, die keine sind, in der einen oder andere Weise geahndet. Allein die unvollständige Chronik über die Entwicklung der Meinungsfreiheitseinschränkung in Deutschland im Jahr 2024 liefert ein Zeugnis dessen, mit welchen Riesenschritten sich die „rumänischen Verhältnisse“ auf uns zubewegen. Schon jetzt werden seriöse Medien von den Landesmedienanstalten kostenintensiv mit Rügen wegen Sorgfaltspflichtverletzung überhäuft. Redaktionsräume werden in frühen Morgenstunden öffentlichkeitswirksam von Polizeikräften geräumt. Und „zufällig“ zusammengesetzte Bürgerräte debattieren bereits darüber, die Verbreitung von Desinformation als Straftat zu ahnden.

Wenn kritische Stimmen verstummen …

Kurzum: Ein Blick nach Rumänien ist der Blick in ein düsteres Morgen — sofern freie und alternative Medien keine breit aufgestellte und nachhaltige Unterstützung erfahren. Hierbei muss unterstrichen werden, dass die Dämpfung und Abwendung des Schlimmsten in den 2020er-Jahren auch das Verdienst dieser unabhängigen Medien gewesen ist.

Ohne kritische Presse hätte es mit Gewissheit eine „Impf“-Pflicht gegeben. Und genau deswegen gerät die kritische Presse zunehmend ins Visier der Technokraten: Sie ist der letzte Störlaut in einer zunehmend gleichklingenden Medienlandschaft.

Was passieren könnte, wenn die letzte kritische Stimme verstummen sollte, hat der Psychologe Matthias Desmet in „Die Psychologie des Totalitarismus“ beschrieben:

„Wenn die Opposition schweigt, wird das totalitäre System zu einem Monster, das seine eigenen Kinder verschlingt (…). Es ist daher eine Illusion zu glauben, dass Schweigen die beste Option für wen auch immer sei. Die dissidente Stimme hat auch eine Wirkung auf die zweite Gruppe, diejenige, die gefügig ist, aber nicht hypnotisiert. Im Gegensatz zur ersten Gruppe ist diese Gruppe durchaus empfänglich für die Qualität rationaler Argumente. Daher ist es wichtig, dass die dissidente Stimme die Indoktrination und Propaganda der totalitären Erzählung so fundiert und klar wie möglich analysiert und widerlegt. (…) (D)as Sprechen einzustellen macht den Weg frei für Entmenschlichung. Das an sich zeigt schon, wie bedeutsam es ist, sich immer und immer wieder so ruhig und vernünftig wie möglich zu äußern. (…) In diesem Akt des Wahrsprechens wird die Absurdität des Totalitarismus am Ende sichtbar. (…) Die erste und vornehmste Aufgabe im Hinblick auf Massenbildung und Totalitarismus ist es, immer weiter zu sprechen. Alles steht und fällt mit dem Akt des Sprechens“ (1).

Eine Scheinwelt zum Schaden der Ohnmächtigen

Genau deshalb erheben das Manova-Team und unsere sehr engagierten, sachkundigen Autorinnen und Autoren wieder und wieder ihre Stimme — oft unter großen Anstrengungen, ohne oder nur mit geringer Bezahlung.

Wir glauben, dass das freie Wort, mag es auch zunächst noch wenig Reichweite haben, jenes kleine Licht ist, an dem sich unzählige Kerzen und wärmende Herdfeuer nach und nach entzünden können. Die Wahrheit der Mächtigen, die so oft eine Scheinwelt zum Schaden der Ohnmächtigen erschafft, ist auf diese Weise nicht allgegenwärtig und ruft fundierte Gegenstimmen auf den Plan.

Demokratie, wie sie eigentlich gedacht war — als friedliches Ringen unterschiedlicher Konzepte und Weltdeutungen —, kann ihren Lauf nehmen.

Aber Widerspruch ist immer weniger erwünscht in einem vor lauter Korrektheit zunehmend angststarren Land. Etablierte Kräfte versuchen Leitplanken für den freien Selbstausdruck einzuziehen, jenseits derer man bald vielleicht nicht mehr unsanktioniert wird sprechen und denken können. Es beginnt mit der Lenkung unserer Gedanken in die von der Macht gewünschten Richtung: durch Überflutung des öffentlichen Raums mit gleichlautenden Botschaften, die aus verschiedenen Quellen zu stammen scheinen. Es geht weiter mit der Delegitimierung, Verhöhnung und Ausgrenzung kritischer Stimmen — immer häufiger in letzter Zeit auch ergänzt durch juristische Verfolgung mittels schockierend freiheitsfeindlicher Gerichtsurteile.

Die dünnhäutige Tyrannei

So wurde der Chefredakteur des Deutschlandkuriers, David Bendels, unlängst zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung wegen „Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens“ verurteilt. Der Grund: Das Medium hatte die Bundesinnenministerin per Fotomontage mit einem Schild abgebildet, auf dem „Ich hasse die Meinungsfreiheit“ stand. Nancy Faeser selbst hatte die „Tat“ zur Anzeige gebracht. Der Richterspruch könnte dem Journalisten mindestens für die Zeit der „Bewährung“ die Zähne ziehen — vielleicht darüber hinaus. Das Urteil dürfte auch stark einschüchternde Wirkung auf andere Medien ausüben.

Die Erzeugung einer Stimmung der Beklommenheit und publizistischen Übervorsicht ist vermutlich beabsichtigt.

Die Bürger in Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern sind nicht mehr so leicht manipulierbar, wie es den Herrschenden genehm wäre. Wenn die Diffamierung nicht linientreuer Meinungen nicht mehr wie gewünscht funktioniert, greifen die Herrschaftseliten zunehmend zu einem noch schärferen Mittel: Sie nehmen Machtkonkurrenten ihrer „Parteien der Mitte“ mit juristischen Mitteln aus dem Spiel. Rumänien ist ein Beispiel hierfür. Frankreich, wo der in Meinungsumfragen beliebtesten Oppositionspolitikerin, Marine Le Pen vom Rassemblement National, für fünf Jahre ihr passives Wahlrecht entzogen wurde, ist ein anderes. Auch ein AfD-Verbot in Deutschland wird wieder verstärkt auf die Tagesordnung gedrückt — und das in Zeiten, in denen die Partei in manchen Beliebtheitsumfragen auf Platz 1 landet.

Die Freiheit des Andersdenkenden

Es ist bei der Beurteilung solcher Ereignisse gleichgültig, welcher politischen Richtung der Delinquent angehört und ob wir diese teilen.

Vielleicht können viele von uns ohne „rechte“ Medien gut leben; wir alle sollten uns aber niemals damit abfinden, ohne Gedankenfreiheit zu leben — was immer auch die Freiheit Andersdenkender miteinschließt.

Manova tritt nicht „für rechts“ ein — wir treten mit aller Konsequenz für die Freiheit und die Einhaltung fairer demokratischer Spielregeln ein! Welche Parteien als Folge dieser Freiheit und dieser Fairness dann nach oben gespült werden — darüber haben weder wir in den Redaktionsstuben zu befinden, noch haben es die Würdenträger der strauchelnden Altparteien.

Wie es der Politikwissenschaftler Professor Werner Patzelt treffend ausdrückte, dürfen wir Wähler, wenn es so weitergeht, nur noch darüber entscheiden, in welchem „Mischungsverhältnis“ uns die drei erwünschten Parteien — Union, SPD und Grüne — bis in alle Ewigkeit regieren werden. So war Demokratie nicht gedacht gewesen. Die Schubumkehr dieser verhängnisvollen Entwicklung kann aber am Ende nur auf der Basis kritischer Analysen der Situation erfolgen, welche wir „Alternativmedien“ tagaus, tagein zu liefern versuchen.

Die Kritisierten vergeben Noten an die Kritiker

Keineswegs beruhigend wirkt diesbezüglich das frisch gebackene Koalitionspapier von Union und SPD, das auf der Basis des Merz’schen Wählerbetrugs eher einige lähmende und uninspirierte Jahre befürchten lässt. Die Koalitionäre wollen keineswegs von der aus den Coronajahren und der Ära Faeser-Paus-Haldenwang sattsam bekannten repressiven Linie abweichen. Staatsarroganz, Misstrauen gegen die Bürger und die Verschmälerung des Meinungskorridors sollte wohl auch die Markenzeichen der Regierung Merz-Klingbeil werden. So sehr die Führungskader beider Parteien auch ihre Differenzen als Schaukampf zelebriert hatten — sie konnten sich spielend darauf einigen, dass wir, die dummen Bürger, nicht frei sein dürfen. Selbst die abgedroschensten Phrasen der Ampelregierung wurden wieder hervorgezerrt und sollen uns nun als Signale eines politischen „Aufbruchs“ verkauft werden.

Dazu gehört natürlich auch der Kampf gegen „Hass und Hetze“. Eine ärgerliche Formulierung, weil es Machthaber schlicht nichts angeht, wen Bürger aus welchen Gründen hassen — meist handelt es sich ja eher um begründete Abneigung gegen unfähige und übergriffige Politiker. Und weil „Hetze“ sehr oft das von Polit-Mimosen kreierte Synonym für Lesermotivation in Form scharfer Machtkritik ist. Dazu gehört auch die Verwendung schwammiger, zum ideologischen Missbrauch einladender Begriffe wie „falsche Tatsachenbehauptungen“ und „Desinformation“.

Am Ende steht zu befürchten, dass es staatliche Organe selbst sein werden, die darüber urteilen, ob sie „falsch“ kritisiert werden. Wenn kritische Bürger und unfähige Politiker zu gegnerischen Parteien im demokratischen Streit werden, kann es nicht angehen, dass die eine der beiden Parteien zugleich die Regeln vorgibt, nach denen gestritten werden darf.

Was wir allein nicht schaffen

Letztlich gleicht der repressive Staat einem missmutigen Haustyrannen, der sich, weil er mit der Lebendigkeit und Widerspenstigkeit lebender Tiere nicht zurechtkommt, nur noch ausgestopfte ins Zimmer stellt, weil diese stets ruhig sind und ihn nicht stören. Auch die Treue zum Digital Service Act (DSA) wird von den Koalitionären bekräftigt. Es ist zu befürchten, dass er, gedüngt vom freiheitsfernen Milieu der Merz-Regierung, erst so richtig an Fahrt gewinnen wird. Die Situation für die freien Medien ist also an der Schwelle zu einer neuen politischen Ära nicht gut. Wir wissen auch aus leidvoller politischer Erfahrung: Je näher ein großer Krieg rückt, desto stärker die Tendenz der Mächtigen, Stimmen des Friedens zu ersticken.

Gibt es überhaupt eine Chance, sich dem entgegenzustellen? Ja, aber wir vom Manova-Team werden das nicht allein schaffen. Wir sind angewiesen auf ein tragendes, ermutigendes Umfeld.

Leserinnen und Leser von Manova können uns nicht vor Zensur und politischer Verfolgung schützen. Aber je stärker wir werden, desto schwerer wird es auch, uns „kleinzukriegen“. Desto eher werden Regierende auch begreifen, dass der Kampf gegen die freie Rede nicht fruchtet, weil für jede zertretene Pflanze der Hoffnung zehn neue mit noch größerer Kraft sprießen werden.

Das Weiterbestehen eines Projekts wie Manova hat nicht nur mit Geld zu tun — aber es hat eben auch damit zu tun. Mit ausreichenden und sich vielleicht sogar vermehrenden Spenden können wir für den notwendigen juristischen und technischen Schutz vor politisch motivierten Angriffen sorgen, können wir wirkungsvolle Mitarbeiter und Autoren ins Boot holen und neue redaktionelle Ideen realisieren.

Wir dürfen nicht verstummen

Der weiter vorne schon zitierte Matthias Desmet hat es auf den Punkt gebracht: „Alles steht und fällt mit dem Akt des Sprechens.“ Das wissen Machthaber und sind deshalb auf diejenigen, die ihre Stimme gegen das Unrecht erheben, nicht gut zu sprechen. Manova darf nicht verstummen — nicht aus Angst, nicht aufgrund nachlassenden Engagements und nicht aus Gründen finanzieller Austrocknung. Bitte helfen Sie uns, dem unter Beschuss geratenen Frieden und der Freiheit, die viele gern in Fesseln schlagen würden, zu helfen!


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Quellen und Anmerkungen:

(1) Siehe Desmet, Mattias: „Die Psychologie des Totalitarismus“, München, 2022, Europa Verlag, Seite 186 und folgende.

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