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Der gläserne Bürger

Der gläserne Bürger

Noch bis Mai 2018 können wir dem Tiefen Staat ein Schnippchen schlagen.

Ab 2010 hatte der Deutsche Bürger mehr Platz in seiner Geldbörse. Der neue Personalausweis wurde eingeführt, der im Gegensatz zu der unpraktischen Größe des Alten, in Kreditkarten-Form ausgegeben wurde. Nebst der Fingerabdruckfunktion, verfügte dieser auch über eine Onlinefunktion, die sogenannte eID. Mit ihr solle man die Möglichkeit haben, sich im Netz auszuweisen. Etwa bei Online-Amtsgängen und beim Einkaufen.

Die eID fand jedoch bei der Bevölkerung keinen großen Anklang. Bisher hat nur ein Drittel der Bürger diese Funktion freigeschaltet, und von denen wiederum haben gerade einmal 15 Prozent diese überhaupt genutzt.

Damit soll nun Schluss sein! Die eID soll nun verpflichtend eingeführt werden. Nach Informationen der BILD-Zeitung müsse der Bürger lediglich über die Sperr-Möglichkeiten per mitgegebenen Informationsmaterial aus dem Bürgeramt informiert werden.

Wow! Das ist ungefähr so, als hätte man nach dem Mauerbau die DDR-Bürger dadurch zu besänftigen versucht, indem man die Ostseite der Mauer mit Westberlin-Postern tapeziert.

Was kann der Personalausweis?

Auf unseren Personalausweisen sind die Bilder biometrisch genormt. Das ist der Grund, warum wir auf diesen so dreinblicken, als hätten wir gerade sieben Tage Regenwetter hinter uns. Dieses biometrische Verfahren dient der elektronischen Gesichtserkennung, die mit der verbesserten Technik der Überwachungskamera korrespondiert. Nicht nur dies ermöglicht eine weltweite Identifizierung und Verortung, sondern auch die in dem Personalausweis enthaltenen RFID-Chips.

Schaffen wir uns ein Zeitfenster!

Wenn wir unseren Personalausweis bis Mai 2018 aktualisieren, umgehen wir vorerst dieser Gesetzesreform für die weiteren sechs Jahre, die ein Personalausweis an Gültigkeit besitzt. Dieses Zeitfenster muss dafür genutzt werden, einen großen, wirksamen Bürgerprotest gegen die sich rasch entwickelnden Überwachungsmethoden ins Leben zu rufen. Es hört nämlich beim Personalausweis nicht auf! Der darin enthaltene RFID-Chip soll nicht länger nur in der Karte enthalten bleiben, sondern auch unter die Haut gehen.

Im Gegensatz zu der eID-Funktion, die sich so gut wir nirgends einsetzen lässt, kann der RFID-Chip dem Bürger als schmackhaftes, das Leben erleichterndes Gadget verkauft werden. Da bedarf es nun wirklich keiner ausgefeilten Marketing-Strategien, um insbesondere jungen Leuten zu verdeutlichen, wie cool es kommt, wenn man plötzlich mit dem bloßen Hinhalten seiner Hand elektronische Schlösser öffnen, an der Kasse bezahlen oder sonstigen Firlefanz machen kann.

Sollte dann ein neues Gesetz auf den Weg kommen, das die Implantierung von RFID-Chips für jeden Bürger zur Pflicht macht, wird der Protest dagegen – angesichts des aktuellen Grads der Aufklärung – ein dünnes Plätschern gegen das Tosen des Applauses der Digitalisierungs-Schreihälse aus den Reihen der FDP sein.

Wer sich der Prozedur verweigert, sich einen Fremdkörper in den Körper spritzen zu lassen, wird sich dann sicherlich den Vorwurf anhören müssen, er oder sie sei noch völlig altmodisch und im 20. Jahrhundert hängen geblieben. Man lebe nun im 21. Jahrhundert und der RFID-Chip sei der erste Schritt des Menschen, sich zu einem homo digitalicus zu transformieren. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie die ersten in meinem Bekanntenkreis den Versammelten stolz ihren Chip zwischen Daumen und Zeigefinger präsentieren und gleich darauf demonstrieren, was man mit diesem doch alles für tolle Sachen machen kann.

Um diesem Horror-Szenario entgegenzutreten, benötigen wir die sechs Jahre, in denen wir mit einem aktualisierten, gültigen Ausweis unterwegs sind, ein Zeitfenster, in dem uns nicht per Gesetz ein Ausweis mit eID oder gar noch schlimmer, ein RFID-Chip gesetzlich aufgezwungen werden kann. Wir müssen Aufklärung betreiben, Kampagnen á là „Gib RFID keine Chance!“ starten. Was den PR-Strategen mit Smartwatches gelungen ist, müssen wir bei der eID und insbesondere bei RFID-Chips verhindern!

Zu spät!

Der letzte Abschnitt richtet sich an alle Leser aus der nahen, wenige Wochen vom Zeitpunkt dieser Niederschrift entfernten Zukunft, die diesen Artikel zu spät zu Gesicht bekommen haben. Es ist vielleicht Ende Mai, wenn Sie dies lesen, Deutschland ist bereits im WM-Fieber und das Augenmerk richtet sich ausschließlich auf die russischen Fußballfelder und – im Gegensatz zur WM 2014 – auf die Missstände außerhalb der Stadien. Was zeitgleich im Bundestag geschieht, interessiert derweil niemanden. Und so konnte – dessen, auch wenn es sehr prophetisch ist, bin ich mir ziemlich sicher – das Gesetz zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises klammheimlich und von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, durchgewunken werden.

Und jetzt?

Da haben Sie nun den Salat der eID, der Ihnen serviert wird, sobald Sie den Personalausweis erneuern lassen. „Na gut“, mag man sich nun denken, „dann fische ich halt die verfaulte Tomate aus diesem Salat raus“, was übersetzt so viel bedeutet wie: dass man den Chip zerstört.

Strafbar!

Die Zerstörung des im Personalausweis enthaltenen Chips ist zwar kinderleicht und auch viele Foren empfehlen, den Chip ganz einfach in der Mikrowelle zu zerstören, lassen dabei aber eine wesentliche Information weg:

Es ist strafbar, den Chip im Ausweis zu zerstören, und dieser Strafbestand wird auch gar nicht mal so unempfindlich geahndet, wie ein Mann, der genau dies tat, am eigenen Leibe erfahren hat und nun mit einer Geld- oder Haftstrafe rechnen muss.

Man kann sich allerdings auch über legale Wege zur Wehr setzen, indem man seinen Ausweis immer in einem, mit Abschirm-Spezialgewebe versehenen Etui bei sich trägt und somit die Ortung erschwert.

Bei einer etwaigen Einführung von RFID-Chips in der Zukunft ist dann größere Achtsamkeit geboten!


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