Wie würde jemand, der kein Mensch ist, über uns Menschen denken? Wir können darüber normalerweise nur spekulieren, denn Tiere und Pflanzen können sich nicht klar äußern, und die Existenz anderer Lebensformen ist nicht bewiesen. In der Fantasie, im Reich der Science-Fiction dagegen können wir solche Nichtmenschen fragen. In der Star-Trek-Serie „Voyager“, Staffel 4, Folge 5, tritt ein sogenannter Isomorph auf. Das ist ein Hologramm, ein Wesen, das nicht wie wir aus organischem Material, sondern aus Photonen besteht. Es ist ein Wesen mit Bewusstsein und einem von außen sichtbaren Körper, der sich jedoch von unserem unterscheidet. Hologramme sind normalerweise da, um den organischen Besatzungsmitgliedern zu dienen, als jederzeit verfügbare Ersatzleute.
In der Folge „Der Isomorph“ nun kommt es zu einem Aufstand der Hologramme gegen die Organischen. Wie ihr Anführer im Gespräch mit Crew-Mitglied B’Ellana Torres ausführt, ist der Haupteinwand der photonischen Wesen gegen uns unser Ekel erregendes Äußeres:
„Sie verbringen ihr Leben in einem biologischen Käfig aus Fleisch und Blut“, sagt der Isomorph. „Ich existiere als reine Energie. Aber Sie sind auf Wasser und Nahrung angewiesen, um zu überleben. Offen gesagt finde ich das ekelerregend. Sehen Sie sich an! Sie zermahlen Stücke von Pflanzen und Tieren mit Ihren Zähnen, sondern Speichel ab und würgen sie durch Ihre Speiseröhre in einem mit Verdauungssäften gefüllten Sack. Und Sie ertragen es nicht, wenn es ausgesprochen wird, was für eine abstoßende Kreatur Sie sind, die ständig ihre Haut und ihre Haare verliert, die ihren schmierigen Schweiß auf allem, was sie berührt, hinterlässt.“
Dieses harsche Urteil hat auch Konsequenzen für die Frage, welche der beiden Existenzformen sich als die Krone der Schöpfung betrachten kann. „Sie denken, Sie sind der stärkste Intellekt im Universum? Aber Sie sind nicht besser als jedes ekelhafte Tier, ich möchte vor Scham vergehen, weil ich nach Ihrem Vorbild erschaffen wurde.“ Der Isomorph resümiert: „Wir brauchen nicht Nahrung aufzunehmen, wir leiden niemals an Krankheit, wir sind die höheren Lebensformen.“
Auf dem Weg zu „höheren Lebensformen“
Einer der schwerwiegendsten Einwände gegen den Menschen ist sicher seine Kreatürlichkeit — das, was er mit dem Tier gemeinsam hat. Ohne diese ist menschliches Leben aber beim jetzigen Stand der Dinge nicht zu haben. Rosinenpickerei wäre da sehr wünschenswert: das Gute am Menschsein beizubehalten, ohne vom Schlechten belästigt zu werden oder andere damit zu belästigen. Schon Friedrich Nietzsche betrachtete den Menschen als ein Wesen des Übergangs, dessen Existenzberechtigung darin besteht, Wegbereiter für eine „höhere Lebensform“ zu sein. Das Hologramm ist ein der Fantasie von Science-Fiction-Autoren entsprungener Entwurf eines „Übermenschen“. Seine Merkmale sind Bewusstsein und Intelligenz ohne Kreatürlichkeit und Ekel-Faktor.
Künstliche Intelligenz, die viel gehypte Hervorbringung des menschlichen Geistes, ist nicht die Lösung für das zugrunde liegende Problem. Künstliche Intelligenz ist Intelligenz ohne Bewusstsein. Menschen aber wollen ihr Bewusstsein normalerweise nicht aufgeben, weil es sie als Lebensformen eigentlich erst ausmacht.
Der Mensch kann zwar eine künstliche Intelligenz erschaffen oder sie benutzen, er kann aber niemals eine künstliche Intelligenz sein. Damit ist er — bisher — gefangen in der körperlichen Welt mit ihren offenkundigen Schattenseiten. Die Lösung bestünde darin, ein Mischwesen zu erschaffen, das die Vorteile von Mensch und Maschine auf sich vereinigt, ein Wesen, das wir nicht nur betrachten könnten, sondern das wir sein könnten.
Die Unannehmlichkeiten des Verdauungssystems, die weniger appetitlichen Aspekte der Vermehrung, die Vulnerabilität in Folge von Krankheit und Alter oder die Verweslichkeit des Körpers müssten gestrichen werden können von der Liste der Begleiterscheinungen des Menschlichen. Das Hologramm ist ein Modell, mit dem dies in der Fantasie möglich ist. Der Mensch möchte gern Mensch bleiben — nur sauberer, keimfreier, resilienter. Neben unangenehmen körperlichen Faktoren gibt es leider auch solche der Seele, die wir gern streichen würden, wie man ein unnützes Programm von der Festplatte löschen kann, das zu viel Speicherkapazität beansprucht. Die Idee wäre Menschlichkeit ohne Emotionen.
Dämonischer Gefühlsverlust
Auch hierzu gibt es eine faszinierende Science-Fiction-Geschichte. In Don Siegels Film „Die Dämonischen“ aus dem Jahr 1956, einer Adaption von Jack Finneys Roman „The Body Snatchers“, werden die Menschen einer Kleinstadt nach und nach in völlig emotionslose Abbilder ihrer selbst verwandelt. Außerirdische Seelen nehmen dann von ihren Körpern Besitz. Nach und nach muss der Protagonist, der Arzt Miles, erleben, wie sich die vertrauten Menschen seiner Umgebung in Fremde verwandeln — Wesen nicht nur ohne Gefühle, sondern mit dem aggressiven Willen, auch alle anderen Menschen „alten Typs“ zum Teil ihrer weltumspannenden Agenda zu machen. Der Filmzuschauer erlebt Zug um Zug mit, wie die alte Normalität einer neuen weicht.
Wer sich anfangs noch vehement seiner Verwandlung in die fremde Lebensform widersetzt, sieht sich — einmal angesteckt — hoch zufrieden mit seinem neuen Zustand und ist bestrebt, alle, die noch im alten Zustand zu verharren, notfalls mit Gewalt zu assimilieren. Die Verwandlung geschieht jeweils im Schlaf. Man mag dabei durchaus an die Coronajahre und andere Pandemien des Geistes denken. Noch „wach“ Gebliebenen wurden dabei ja alle zuvor für zuverlässig gehaltenen Weggefährten nach und nach entrissen, bis sich der Mensch „alten Typs“ isoliert und verzweifelt in der Verbannung wiederfindet. Der Film ist somit eine glänzende, zeitlose Satire auf Konformismus und ansteckenden Massenwahn.
Interessant ist aber, dass der Status des Verwandeltseins in „Die Dämonischen“ keineswegs nur als unangenehm geschildert wird. Der Gewinn bei verwandelten Menschen besteht in der Befreiung von jeglicher negativen Emotion. So versucht der schon „umgedrehte“ Jack, dem Protagonisten Miles und dessen Freundin Becky in einer zentralen Szene die Wonnen der Emotionslosigkeit schmackhaft zu machen.
„Da gibt’s nichts, wovor ihr Angst haben müsstet. Wir werden euch nicht wehtun. Sobald ihr verstanden habt, werdet ihr dankbar sein. (…) Kämpf nicht dagegen an, Miles, es hat keinen Sinn. Früher oder später werdet ihr schlafen müssen.“
Und wozu das Ganze? „Es gibt keinen Schmerz (…), und ihr werdet wiedergeboren werden in einer Welt ohne Probleme.“ Miles: „Wo jeder gleich ist?“ Jack: „Genau.“ Miles gibt zu bedenken, die Menschen würden sich gegen ihre Verwandlung wehren. Doch Jack kontert selbstbewusst: „Morgen wirst du dir das nicht mehr wünschen. Morgen bist du einer von uns.“
Liebesunfähig und glücklich
Nun gilt es noch einen schwierigen Punkt zu verhandeln. Er betrifft die romantische Nebenhandlung des Films. Miles: „Ich liebe Becky. Werde ich morgen noch ebenso fühlen?“ Jack: „Es gibt keine Notwendigkeit mehr für Liebe.“ Miles: „Ihr könnt nicht lieben und nicht geliebt werden, habe ich recht?“ Jack: „Du sagst das, als ob es etwas Schreckliches wäre. Glaub mir, das ist es nicht. Du warst schon einmal verliebt? Es war kein Segen. Das ist es nie. Liebe, Begierde, Ehrgeiz, Glaube. Ohne sie ist das Leben so einfach, glaub mir.“ Miles: „Ich will nicht Teil davon sein.“ Jack: „Du hast keine Wahl.“
Auch in diesem Film wird das Modell einer „höheren Lebensform“ entworfen, eines Wesens, das menschlich ist, zugleich aber auch nicht. Ein „Übermensch“, der eigentlich nur halb Mensch ist, quasi mit amputierten Emotionen. Bewusstsein und Intelligenz sind vorhanden. Im Gegensatz zum anfangs erwähnten Hologramm in der „Voyager“-Serie bleibt in „Die Dämonischen“ der Körper mit all seinen angenehmen und unangenehmen Begleiterscheinungen menschlich. Was fehlt, sind Gefühle. Auch hier wird, was uns eigentlich lebendig macht, als lästiges und im Prinzip operables Accessoire abgetan.
Ohne Gefühle zu sein — das ist ein alter Traum, den die Kulturgeschichte in verschiedenen Varianten durchgespielt hat, unter anderem in Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“, in dem der Protagonist das Organ in seiner Brust gegen einen Stein vertauscht, um nichts Unangenehmes mehr fühlen zu müssen. Wir alle kennen — bewusst oder unbewusst — Techniken der Reduktion der Gefühlsintensität. Sie erweisen sich als notwendig, um als unerträglich empfundene Regungen zu unterdrücken. Aber auch ganz praktisch, zum Beispiel im beruflichen Kontext, um handlungsfähig zu bleiben.
Andauernd sturzverliebt, wutschnaubend oder schmerzgepeinigt, wäre man nicht mehr in der Lage, zu funktionieren. Zivilisatorischer Fortschritt war immer auch verbunden mit Gefühlsunterdrückung, in gewisser Weise also mit dem Versuch, weniger menschlich und zu werden.
Der kollektive Druck in unserer Kultur begünstigt ein lebendigkeitsreduziertes Leben, in gewisser Weise also „Versteinerung“. Der „höher“ entwickelte Mensch wäre ein Mensch-Roboter-Hybrid. Dies meint zunächst nicht den Cyborg mit allerlei hässlichen Implantaten, sondern den Menschen mit einer Psyche, die sich künstlicher Intelligenz stark angenähert hat.
Der überfüllte Planet
Zu den Einwänden gegen das Leben gehört neben unangenehmen Begleiterscheinungen der Körperlichkeit und unangenehmen Emotionen als dritter Faktor auch die Tendenz des Lebens, sich zu vermehren. Müsste ich hierzu eine Science-Fiction-Geschichte anführen, so wäre dies „Soylent Green“, ein Film von Richard Fleischer aus dem Jahr 1973.
In diesem Szenario stehen die Menschen einander auf einer überbevölkerten Erde ständig im Weg. Nie ist man von der aufdringlichen Präsenz anderer befreit, die Intimsphäre ist praktisch abgeschafft. In New York leben 40 Millionen Menschen. Dies bringt Probleme auch auf dem Gebiet der Nahrungsversorgung mit sich, was im Film durch eine eher krude Idee „gelöst“ wird. Ohne die Pointe hier verraten zu wollen, suggeriert die Fiktion: Wenn man die Überbevölkerung in den Griff kriegen will, kann dies nur geschehen, indem sehr viele sterben müssen und der Staat ein bisschen nachhilft.
In Zeiten des drohenden Klimakollapses sind die Ideen des der Hippie-Ära entstammenden „Soylent-Green“-Films natürlich noch brisanter geworden. Zu existieren gilt heute als die ultimative Zumutung dem Ökosystem und allen anderen Menschen gegenüber. Gar nicht erst geboren worden zu sein, ist natürlich für keinen von uns mehr eine Option. Auf längere Sicht hin versuchen jedoch immer mehr von uns, zum Teil der Lösung zu werden. Man untersuche die Verhaltensweisen unserer Mitmenschen — auf der privaten wie auf der kollektiven und politischen Ebene — einmal auf den Faktor „Lebensfeindlichkeit“ hin. Es gibt die Tendenz,
- Leben nicht entstehen zu lassen,
- Leben in seiner Entfaltung zu behindern,
- Leben unlebendiger zu machen,
- Leben zu vernichten.
Lästige Pflanzen
Auf einer einfachen, aber symbolisch bedeutsamen Ebene zeigt sich der Widerwille gegen das Leben in dem Drang, Pflanzen zu zerstören oder zu beschneiden. Ich meine hier nicht die jedem Gartenbesitzer bekannt Form der „Gegenwehr“ gegen allzu durchsetzungsfähige Gewächse, das Ausgraben des Löwenzahns auf Rasenflächen etwa. Weit über Maßnahmen hinaus, die unabdingbar sind, um Ziergärten in Ordnung zu halten, zeigte sich in Nachbarschaften oft aggressive Pflanzenfeindlichkeit.
So wurden in unserer Straße schon schöne Birken sowie auch große und stattliche Trauerweiden gefällt — wohl, weil man in herabfallenden Ästen eine Gefahr für die Menschen sah. Ebereschenbäume wurden einzig deshalb entfernt, weil ihre orangefarbenen Beeren die Kühlerhauben diverser Autos klebrig verunzierten. Einer meiner Lieblingsbäume in der Nachbarschaft, eine Zierkirsche, ist tot. Sie wird im nahenden April und Mai ihre wunderschönen dunkelrosa Blüten nicht mehr tragen können.
Auch der stattliche Ahorn auf dem Grundstück hinter unserem Garten ist jetzt gefällt. Er war Blickfang und Schattenspender gewesen, Kulisse unzähliger schöner Stunden, die wir mit Gästen draußen verbrachten. Ich empfinde die Zerstörungswut, Pflanzen betreffend, manchmal geradezu als nekrophil. Selbst wenn es Argumente für das Beschneiden oder Entfernen von Bäumen geben mag, zeigt sich darin auch mangelnder Respekt, mangelnde Liebe zu einer Lebensform, die sensibler und mit mehr Fähigkeiten begabt ist, als man normalerweise meint.
Wer nun schon einmal eine Pflanze verloren hat, die ihm ans Herz gewachsen war, möge bedenken, dass auf der Welt jährlich etwa 13 Millionen Hektar Wald abgeholzt werden. Natürlich wachsen Pflanzen auch nach; in jedem Augenblick sät sich irgendwo auf der Welt etwas aus, treibt aus, wird größer, verzweigt sich … Aber der Faktor Zerstörung schreitet derzeit weitaus schneller voran als der Faktor Neuschöpfung. Weiter ist zu bedenken, dass jährlich 58.000 Tierspezies — überwiegend wohl durch menschliches Verschulden — ausgerottet werden. Der Mensch züchtet bestimmte Tierarten zu Millionen, jedoch zum eigenen Verzehr oder für andere ihm dienliche Zwecke. Tiere, die „einfach so“ existieren, aus ihrem eigenem Existenzrecht heraus, werden weniger, ihr Lebensraum schrumpft rapide.
Die Menschheit siegt sich zu Tode
Wenden wir uns nur der Lebensfeindlichkeit mit Bezug auf den Menschen zu. Logischerweise stellt diese eine Versuchung dar für jeden, der sich — wie ich — pflanzen- und tierfreundlich positioniert.
Der „Erfolg“ des Menschen als Spezies hängt unmittelbar zusammen mit der Zerstörung und dem Zurückdrängen anderer Lebensformen. Dieses Gelingen trägt jedoch schon den Kern eines katastrophalen Scheiterns in sich.
Denn die Taten der Menschheit beginnen sich gegen ihn selbst zu wenden. Das Tragische an der Existenz des Menschen als eines Teils der Natur ist, dass Lebensformen zu unbegrenzter Vermehrung neigen, zur Produktion von „Überschüssen“, welche dann im zweiten Schritt mit wahrlich brutalen Mitteln wieder auf ein für das Ökosystem verträgliches Maß zurückgedrängt werden. Im Tierreich kann es dazu kommen, dass nicht mehr alle Vertreter einer Spezies ausreichend Nahrung und Raum für sich finden. Es kommt zu Verdrängungskämpfen und Hungersnöten.
Der Mensch hat hierfür die Idee und auch die medizinische Technik der Geburtenregulierung entwickelt. Er hätte die Möglichkeit, durch kollektiv vernünftige Entscheidungen eine humane Form der Begrenzung der Bevölkerungszahl zu erreichen. Nicht immer klappt das aber — sei es, dass der Zugang zu Verhütungsmitteln fehlt, sei es, dass man eine reiche Nachkommenschaft als Altersvorsorge plant, sei es auch, dass „Partikularinteressen“ im Spiel sind, welche das „Wohl des großen Ganzen“ außer Acht lässt. Die Gruppe, der „ich“ angehöre, soll sich vermehren — egal was es für Folgen hätte, wenn jeder so denken und handeln würde.
Gegengeschlechtliche Sexualität im Visier
Dem stehen — vielleicht als kollektiv-unbewusstes Regulativ — Tendenzen gegenüber, die helfen, Geburten zu verhindern oder zu begrenzen. Dies geht teilweise über übliche Verhütungsmethoden hinaus. Es gibt einen Trend, gegengeschlechtliche Anziehung, die die Grundvoraussetzung für die menschliche Fortpflanzung ist, zu delegitimieren. Ich will als Beispiel ein Video präsentieren, das demonstriert, wie man es besser nicht machen sollte, wenn man ein aktuelles Thema aufgreift.
„Dey ist mein Pronomen, yeah, yeah, yeah!“, singt die Liedermacherin Sarah Lesch da. Eine „Transperson“ zu porträtieren, deren Perspektive und Gefühle spürbar zu machen, ist eine gute Idee. Aber warum muss dieser Versuch zu einem Dokument des Hasses werden gegen alle, die sich in der sprachlichen und gedanklichen Welt von Transgender nicht so zu Hause fühlen und sich klar in einem bestimmten Geschlecht verorten? Suggeriert wird, jemand, der sich für das Fantasie-Pronomen „Dey“ — statt „er“ oder „sie“ — entscheidet, habe das Recht, von „blöden Fragen“ verschont zu bleiben. Da werden von Sarah Lesch nicht nur die Symbole klischeehafter Weiblichkeit aus der Barbie-Puppenküche zertrümmert, sondern sogar eine übergroße Plüsch-Nachbildung des männlichen Geschlechtsteils. Alles, was klar innerhalb der Mann-Frau-Polarität bleibt, wird zum Gegenstand des Vernichtungswillens, den die Sängerin hier „spielerisch“ ausagiert. Gewaltfantasien gegen „Cis-Menschen“ als Ausweis für Transfreundlichkeit. Da hat es die verdiente Liedermacherin wohl übertrieben mit dem „Wokeseinwollen“.
Damit will ich nicht in Abrede stellen, dass jemand sich wie ein Mensch des anderen Geschlechts fühlen kann oder dass er unter seinem Körper, wie er nun einmal ist, leidet. Bei erwachsenen Menschen ist die freie Entscheidung über das soziale Geschlecht zu respektieren. Ebenso sind Operationen an den Geschlechtsorganen Privatsache — wobei Ärzte über deren wirkliche Folgen jedoch ungeschönt informieren sollten. Es lohnt sich aber, darüber nachzudenken, was der als LGBTQIA+ bekannte Themenbereich für die Fruchtbarkeit und die Geburtenrate bedeutet. Ich behaupte nicht, dass möglichst viele Geburten immer gut sind. Klar ist aber, dass die vor allem im „woken“ Milieu übliche öffentliche Werbung für Alternativen zum traditionellen Familienbild — eine Frau und ein Mann tun sich zusammen, daraus entstehen Kinder — natürlich Auswirkungen auf die Zukunft des Kollektivs haben.
Sex — nein danke!
Es beginnt mit dem „A“ in „LGBTQIA+“: Asexuell. Menschen, die an Sexualität grundsätzlich desinteressiert sind und die gewollt zölibatär leben, finden heute verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit. Nicht zu sprechen von den Behinderungen, denen Liebe und Familiengründung durch beruflichen und politisch bedingten Stress ausgesetzt sind. Die Vereinnahmung der Menschen durch die Arbeitswelt, durch Medienkonsum und „Freizeitstress“ führt dahin, dass die Kräfte für eigene Kinder oft nicht mehr reichen. Als Folge grassiert freiwillige Kinderlosigkeit, sofern Schwangerschaft nicht entgegen den Absichten des Paares einfach passiert. Auch in diesem Fall gibt es ja die Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs, die statistisch in den Jahren 2022 und 2023 mehr als zuvor genutzt wurde.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass ein neues Gesetz künftig Demonstrationen von „Lebensschützern“ vor Abtreibungskliniken erschweren soll. Ich bin zwar für das Recht auf freie Entscheidung für Mütter beziehungsweise Eltern in dieser Frage und weiß, in welchen Nöten zur Abtreibung entschlossene Menschen oft stecken. Interessant ist aber im Kontext einer zunehmenden Skepsis gegenüber dem Leben, dass das erwähnte Gesetz von denselben politischen Kräften konzipiert wurde, die auch die „Transmode“ fördern sowie die Besorgnis über eine vielleicht drohende Umweltkatastrophe schüren. Hinter diesem Maßnahmenbündel steht durchaus eine Logik.
Die Angst vor der Zerstörung unserer gemeinsamen Zukunft führt zu Formen des präventiven Mitleids mit möglichen künftigen Bewohnern dieses Planeten. Viele potenzielle Eltern wählen deshalb für ihre Kinder, die ja darüber nicht mitentscheiden können, gleichsam die Gnade der Nichtexistenz — als Akt der Liebe, wenn man so will.
Projekt Unfruchtbarkeit
Die Fruchtbarkeit von Männern nimmt allgemein ab. Hinzu kommen spezifische Phänomene im Zusammenhang mit der Transgender-Bewegung. Hormongaben, etwa mit Pubertätsblockern, können dazu führen, dass Geschlechtsorgane bei Heranwachsenden nicht voll ausreifen, dass die körperliche Empfindungs- und Orgasmusfähigkeit sowie im Endeffekt natürlich die Fähigkeit, ein Kind zu zeugen beziehungsweise zu empfangen, zerstört werden.
Eine Parallele hierzu besteht in der abnehmenden Fruchtbarkeit der Ackerböden. Diese Dynamik ist auch wirtschaftlich motiviert. Denaturierungsprojekte führen zu einer Abhängigkeit der Bauern von großen Produzenten von Nutz- und Zierpflanzensamen sowie von den Herstellern von Düngemitteln, die den Böden eine kurzfristige Fruchtbarkeit ermöglichen.
Es handelt sich sozusagen um künstliche Befruchtung, die immer nur kurzfristig wirksam ist und schon bald wieder den Kauf neuen Saatguts und neuer Substanzen bei profitorientierten Herstellern erzwingt. Kurzsichtige Agrarpolitik, eine nekrophile Liebe zum Künstlichen und Geschäftsinteressen wirken hierbei in unheilvoller Weise zusammen.
Denkbar wäre, dass analog dazu auch die Geburt von Menschen nach und nach verkünstlicht, kommerzialisiert und von Monopolisten der Menschen-Produktion abhängig gemacht wird. Bisher wird In-vitro-Fertilisation nur privat bei Menschen mit Kinderwunsch praktiziert, die jedoch Schwierigkeiten haben, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Es könnte aber — speziell auch, wenn die Fruchtbarkeit von immer mehr Menschen abnimmt — ein System ähnlich dem in Aldous Huxleys Roman „Schöne neue Welt“ installiert werden, also Massenproduktion von Embryonen auf nichtnatürlichem Weg. Dies würde auch für zentrale Lenkungsinstanzen wie den Staat die Kontrolle über die Anzahl der Individuen sowie ihre Eigenschaften ermöglichen.
Nur Tote sind klimaneutral
Aber zurück zur Transgender-Bewegung. Im Fall von „geschlechtsangleichenden Operationen“ ist das, was von Genitalien nach einem solchen Eingriff übrig bleibt, kaum mehr empfindungsfähig, in jedem Fall aber nicht mehr fähig, zur Erschaffung von neuem Leben beizutragen. Nicht nur, dass die gegengeschlechtliche Spannung durch verschiedene Spielarten der Androgynität in der „queeren“ Bewegung vermindert wird — eine wachsende Anzahl von Menschen scheidet aus körperlichen Gründen definitiv aus dem Pool derer aus, die zur Erhaltung oder Vermehrung der Art beitragen könnten.
In Anbetracht der Überbevölkerung und der durch sie verursachten Umweltschäden mag das Motto „Seid unfruchtbar und vermindert euch“ für viele opportun erscheinen.
Es ist jedoch gut, sich bewusst zu machen, dass es sich dabei um eine zumindest kollektiv-unbewusste Form der Geburtenkontrolle handelt — mit allen positiven und auch negativen Folgen dieses Trends.
Relevant beim Thema Bevölkerungskontrolle sind auch im Labor künstlich erzeugte Viren, die Pandemien hervorrufen können. Kriege, gar die Forderung nach einer „eigenen“ europäischen Atombomb, sind quasi der Königsweg zur Bevölkerungsreduktion. Wird ein begrenzter Atomkrieg Realität — was einige Politiker, wenn nicht bewusst wollen, so doch fahrlässig in Kauf nehmen —, wird es in weiten Gebieten keine Lebensformen mehr geben, die CO2 ausstoßen könnten. Auch eine bewusst vorangetriebene Politik der Verarmung breiter Bevölkerungsschichten dient diesem Ziel.
Arme haben die ideale CO2-Bilanz, weil sie sich nichts leisten können, also wenig verbrauchen und sich kaum motorisiert bewegen können. Übertroffen werden sie in puncto CO2-Neutralität nur noch von den Toten. Von beiden Bevölkerungsgruppen wird es in naher Zukunft mehr geben, wenn es mit dieser Politik so weitergeht.
Maßvoll und human gehandhabt, liegt in Bevölkerungskontrolle ein vernünftiges, dem Leben letztlich dienliches Korrektiv. Ihre brutalen und extremen Spielarten sind jedoch gegen das Leben selbst gerichtet. In Anlehnung an Mephistos Satz lautete das Motto dann: „Drum besser wär’s, dass niemand entstünde.“ Und ergänzend: „… und wenn die, die bedauerlicherweise doch entstanden sind, baldmöglichst wieder von der Erde verschwänden.“ Für einige ist auch die Selbstauslöschung eine Option. Die direkte oder schleichende Selbsttötung, etwa durch Drogen, eine ungesunde Lebensweise oder den freiwilligen Beitritt zur Armee. Andere Zeitgenossen gleichen in ihrer Lebensweise und ihrer Ausstrahlung lebenden Toten.
Der schlimmste Feind des Menschen
Sicher gibt es Argumente dafür, zu sagen, dass es keinen schlimmeren Feind des Lebens gibt als das Leben. „Die Hölle, das sind die anderen“, heißt es bei Jean-Paul Satre. Schlimmster Feind des Menschen ist der — andere — Mensch. Daher rumort in vielen, die die Macht dazu haben, zumindest verstohlen der Drang, andere zum Verschwinden zu bringen und Raum um sich zu schaffen. Da die Erde nicht alle tragen kann — so besagt diese Logik —, müssen einige, vielleicht sogar die meisten, verschwinden. Aber man selbst möchte es nicht sein — also wer sonst?
Wer genügend Einfluss hat, kann dafür sorgen, dass von „notwendigen“ harten Maßnahmen immer die anderen betroffen sind, niemals er selbst: für mich Kuchen bis zum Abwinken — für die anderen hartes Brot oder gleich den Tod. Man nennt Menschen mit einer solchen Einstellung auch „Eliten“.
Am Anfang dieses Artikels habe ich ein paar verbreitete Einwände gegen das Leben wiedergegeben: Leben macht Schmutz. Leben ist für Lebendige auch mit emotionalem Leid verbunden. Leben breitet sich, wenn es nicht gestoppt wird, unkontrolliert aus. Diese Liste ist bei Weitem nicht vollständig. Als Folge könnten mächtige Interessengruppen dann zwei Maßnahmen ergreifen: erstens die Anzahl der Menschen reduzieren zweitens die Lebendigkeit derer reduzieren, die leider Gottes bereits existieren. Kurz: Je weniger Leben, desto besser. Mephisto wäre von diesem Programm sicher begeistert.
Was einen dann doch immer wieder aus solch düsteren Gedanken herausreißt, ist das Leben selbst in seiner sich immer erneuernden, bezaubernden Fülle. In der Nähe meiner Straße, am Wildbach, haben sich wieder die Leberblümchen angesiedelt und bilden auf dem noch kühlen, von braunem Buchenlaub bedeckten Waldboden einen lila-blauen Teppich. Ich werde sie besuchen gehen. Das macht den Kopf wieder etwas frei. Wenn man draußen ist, speziell im Frühling, bekommt man wenigstens eine Ahnung von jener tröstlichen Wahrheit: dass nämlich, so sehr das Leben in einer Kultur auch unter Beschuss geraten kann, der Tod nicht das letzte Wort hat.
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