Schon zwei Tage nachdem sich der neue Bundestag konstituiert hatte und der neue Bundeskanzler gewählt war, sollte das Parlament über eine „Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen« abstimmen — wir schrieben den 10. Dezember 2021. Die Abstimmung fiel mit 569 zu 79 Stimmen für eine solche Impfpflicht aus. Ein grandioser Sieg für diesen neuen Kanzler namens Olaf Scholz, der sich in den Wochen zuvor schon kämpferisch zeigte und klarmachte, dass es beim Thema Seuchenschutz „keine roten Linien“ mehr für ihn gäbe.
Als Nächstes sollte die Corona-Impfpflicht für alle kommen, an der bastele man noch, verlautbarte die Ampelkoalition an diesem Tage. Aber dass jetzt die Impfpflicht für medizinisches Personal komme, halte man für einen guten Schritt, erklärte man der Republik. Bis heute steht man dazu, es genau richtig gemacht zu haben. Denn diese einrichtungsbezogene Impfpflicht war der erste — und böse Zungen behaupten, auch der letzte — Achtungserfolg dieser neuen Bundesregierung. Begründete Zweifel an dem Gesetz gab es schon damals. Sie haben sich sogar noch verstärkt.
Nichts spricht für die einrichtungsbezogene Impfpflicht
In den vergangenen Tagen mehrt sich die Kritik an der partiellen Impfpflicht. Mehrere Tageszeitungen rufen den Gesundheitsminister dazu auf, er möge sie jetzt endgültig begraben. Sie mache keinen Sinn mehr, speziell deswegen, weil es keine generelle Impfpflicht gibt — wenn medizinisches Personal sich impfen lassen müsse, alle anderen aber nicht, dann stecke da auch viel Diskriminierung mit drin. Das Argument ist nicht falsch, aber im Grunde gar nicht nötig. Es gibt ganz andere Punkte, die eine solche Pflicht obsolet erscheinen lassen.
Die Impfstoffe führen nämlich nicht dazu, dass man sich nicht mehr anstecken kann — und man ist auch weiterhin ansteckend. Das ist eigentlich das Hauptargument, mit dem Befürworter dieser Impfpflicht die Maßnahme einst begründeten: Patienten sollten sicher sein und sich nicht beim Krankenhaus- oder Pflegepersonal anstecken können.
Doch auch Geimpfte sind ansteckend. Je nach Studie mal etwas weniger als ungeimpfte Menschen, mal aber auch genauso stark. Ein etwaiger Patientenschutz ist gar nicht gegeben — und war auch nie gegeben.
Auch führt diese Impfpflicht nicht dazu, dass weniger Personal in den Einrichtungen ausfällt, weil diese ja nicht mehr von einer Infektion beeinträchtigt werden können. Betrachtet man die Realität der zurückliegenden Wochen, so scheint die Impfung nun wirklich niemanden vor einer Infektion und gar Erkrankung zu schützen. Einige Krankenhäuser, ohnehin personell schlecht besetzt, mussten Abteilungen kurzfristig schließen, weil der Betriebsablauf mit dem verbliebenen Personal so nicht mehr aufrechterhalten werden konnte.
Dass die gebräuchlichen Impfstoffe nicht gegen die Omikron-Variante wirken, für kommende Varianten aller Voraussicht nach noch weniger, wird zwar immer noch verschmitzt hinter der Parole versteckt, es sei besser, mit einem schlecht wirkenden Impfstoff geimpft zu sein als mit gar keinem. Aber geglaubt wird das landauf landab immer weniger. Diese lapidare Einschätzung kann schwere Konsequenzen im Herbst zeitigen, wenn die Immunsysteme sich nur unzureichend erholen und die von Lauterbach angekündigte Killervariante tatsächlich kommen sollte — zur Beruhigung: Kaum ein Virologe würde heute behaupten wollen, dass so eine tödliche Variante entsteht. Das zu behaupten wäre unwissenschaftlich, reine Spekulation und zudem dreist.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht war nie notwendig
Außerdem verursacht die Omikron-Variante meist nur milde Verläufe. Die Zahl der Covid-Intensivpatienten schmilzt fast täglich. Sie liegt jetzt (Stand: 30. April 2022) so niedrig, wie Anfang Oktober 2021 — Tendenz weiter fallend. Die Krankenhauseinweisungen stiegen kurzfristig an, aber dabei handelte es sich um zufällige Befunde, um Patienten, die wegen ganz anderer Beschwerden vorstellig wurden, wie selbst Krankenhäuser bestätigten. Wieso also eine Impfpflicht gegen eine Erkrankung, die verhältnismäßig wenig Risiken mit sich bringt? Die Befürworter sind zu einem argumentativen Rückzugsgefecht übergegangen, sie behaupten nun, die Impfung sei wenigstens immer noch ein guter Schutz gegen Long Covid.
Falls es jemanden doch stärker erwischt, stehen mittlerweile Medikamente zur Verfügung, die den schweren Verlauf lindern können. Sie sind in Deutschland nur schwer zu bekommen, wie zu lesen ist. Weshalb hier eine Impfung sinnvoller sein soll als die Behandlung mit Medikamenten, wird bei den Diskussionen um Impfpflichten, welcher Art auch immer, charmant ausgeblendet. Gut, der Impfstoff muss ja weg, Karl Lauterbach hat offenbar zu viel bestellt. Es wird noch spannend, welche Mittel er anwenden wird, um die Restbestände unter die Menschen zu bringen.
Die Angemessenheit einer Impfpflicht — auch einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht — ist gar nicht mehr gegeben. Eigentlich müssen wir weitergehen: Sie war nie gegeben. Ich erklärte vorher, dass eine solche Pflicht obsolet erscheint. Die Wortwahl war falsch. Denn obsolet meint ja veraltet, nicht mehr gebräuchlich oder dass etwas überflüssig geworden ist. Aber nichts davon stimmt:
Die Absicht war von Anfang an falsch, sie wurde nicht erst jetzt zu einer Maßnahme, die man abschaffen sollte, sondern hätte gar nicht erst kommen dürfen.
All diese Argumente, die in den Zeilen zuvor angebracht wurde, hätten so oder zumindest schon sehr ähnlich wie hier, am 10. Dezember des vorigen Jahres Geltung gehabt. Damals wusste man schon, dass Geimpfte ansteckend bleiben. Dass Omikron auf dem Vormarsch war und die Verläufe milder ausfallen. Die ersten Medikamente wurden seinerzeit vorgestellt. Es gab keinen sachlichen Grund, eine solche Impfpflicht einzuführen. Nur einen politisch motivierten: Die neue Regierung wollte als Macherin gelten, die rote Linie überschreiten, um Stärke und Entschlossenheit zu demonstrieren. Was sie erzeugt hat, ist eine Katastrophe. Denn trotz des hohen Drucks und der Gefahr, den Arbeitsplatz zu verlieren, sind immer noch mehr als 100.000 Menschen in der Gesundheitswirtschaft ungeimpft — der Exodus droht erst noch.
Bundesregierung, mach einmal, nur einmal was Sinnvolles!
Bei jener Abstimmung im Dezember wurde wortgenau über eine „Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen“ entschieden. Schon das war eine Lüge. Es sind eben nicht nur medizinische Kräfte, die hier eine solche Pflicht auferlegt bekommen. Auch allerlei andere Berufsgruppen, die in Pflegeheimen oder in Krankenhäusern arbeiten, müssen sich ihr unterziehen: Köche, Putzkräfte, Gärtner, Verwaltungsangestellte, IT-Mitarbeiter und viele weitere. Ja, sogar Mitarbeiter von Fremdfirmen, Handwerker etwa, die regelmäßig eine solche Einrichtung aufsuchen, müssen geimpft sein — die partielle Impfpflicht wirkt also auch nach außen, zieht eigentlich unbeteiligte Branchen mit hinein.
Familienzentren, in denen ein Kinderheim mit ortsansässig ist, werden ebenso als impfpflichtig geführt, obgleich Paragraf 20a des Seuchenschutzgesetzes klarmacht, dass räumliche und organisatorische Trennung dazu führe, die Impfung nicht für alle Mitarbeiter verpflichtend zu machen. Aber die personell darbenden Gesundheitsämter schauen sich die Bedingungen vor Ort natürlich nicht an, sie verfügen nach Aktenlage und setzen damit auch Kindergärten und andere Bereiche mit auf ihre Agenda.
Der ganze Spuk soll dann am Neujahrstag 2023 wieder vorbei sein. Eine Verlängerung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht scheint momentan keine Mehrheit zu bekommen. Lauterbach fantasiert zwar immer wieder davon, dass eine mögliche Verlängerung komme, wird sich aber der Realität beugen müssen. Man treibt Menschen aus diesen Branchen, wühlt sie auf, verunsichert sie, bringt sie in Existenznot, legt aber immer arrogant dar, dass es so was wie einen Impfzwang gar nicht gäbe: Und das alles nur, damit im Januar des kommenden Jahres alles wieder vorbei ist? Selten war eine Regelung dümmer.
Das Problem ist nur, dass selten eine Regierung ideologischer war. Denn an sich gibt es nur eine richtige Entscheidung bei diesem Thema:
Die Beendigung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Und zwar ab sofort!
Sie ist eine Alleszermalmerin, sie zerstört die sowieso miserable personelle Situation im Gesundheitsbetrieb — und vor allem: Sie schützt keinen auch nur ein bisschen besser. Sie bleibt einzig und alleine aktiv, weil die Bundesregierung diesen frühen, diesen einzigen Achtungserfolg nicht aufgeben will. Kündigt sie diese Impfpflicht auf, gesteht sie sich ein, völlig überzogen, ja schon von Anfang an, versagt zu haben. Sie schmollt lieber trotzig wie ein Kind. Tut so, als habe sie noch einen Ruf zu verlieren. Man sollte ihr klarmachen:
Nein, der Ruf ist schon ruiniert, wir sehen doch, wohin ihr uns treibt! Warum also auf den Ruf schielen? Nehmt also die einrichtungsbezogene Impfpflicht zurück! Macht einmal, nur einmal was Sinnvolles!
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