„Schlecht“ steckt bereits im Wort „Geschlecht“. Und Geschlechter stehen seit geraumer Zeit auf der sprachlichen Abschussliste. Geschlechtsneutral soll sie werden, die — deutsche — Sprache. Schließlich sei Sprache konstitutiv für die Realität. So beginne die große (Un)Gerechtigkeit bereits beim Bilden von Lauten und dem Schreiben von Silben. Jenen, die nach dem Aufoktroyieren einer geschlechterneutralen Sprache trachten, ist dabei eines der größte Dorn im Auge: das generische Maskulinum. Darin wurzle das ganze Übel, das Patriarchat, die toxische Männlichkeit und Grundelend aller weltlichen Verwerfungen sowieso. Deswegen müsse es weg. Es brauche ein angehängtes „innen“, wahlweise mit Doppelpunkten oder mit Gendersternen getrennt. Hauptsache der Sprech- und Lesefluss der vorgeblich männlichen Sprache werde durch eine „Denkpause“ unterbrochen. Letzteres, das Sternchen, solle darüber hinaus alle weiteren Geschlechter sichtbar machen. So in etwa ließe sich der woke Sprachdiskurs zusammenfassen. Wo setzt man hier am besten an?
Gerald Ehegartner geht in seiner Streitschrift sehr systematisch vor und führt uns Lesenden — pardon ! — uns Lesern vor Augen, was es wiederzuentdecken gibt beziehungsweise was wir gerade im Begriff sind zu verlieren: einen der größten Sprachschätze, den die Menschheit je hervorgebracht hat, nämlich die deutsche Sprache. Genauer gesagt die bekannteste Ausformung der germanischen Sprachfamilien. Er veranschaulicht die Reichhaltigkeit dieses Sprachschatzes mit der — im Vergleich zu anderen Sprachen — schieren Unendlichkeit des Vokabulars. Auch ruft er uns in Erinnerung, welch spielerischen Umgang mit Wortzusammensetzungen und Satzbildung das Deutsche den Menschen erlaubt, die die Sprache in Wort und Schrift „beherrschen“. Das Wort „beherrschen“ ist dabei bewusst in Anführungsstriche gesetzt. Denn „beherrschen“ — so demonstriert es Ehegartner anhand vieler Beispiele — lässt sich die deutsche Sprache ihrem ungestümen Wesen nach nicht, wenngleich es die Gender-Demagogen mit allen Mitteln versuchen.
Genau darum geht es nämlich im Kern. Das Deutsche als widerspenstige Sprache, die widerspenstige Menschen hervorbringen kann, zu bändigen.
Den Dreh- und Angelpunkt dieses Angriffs auf das Deutsche macht Ehegartner in den eben schon erwähnten Geschlechtern aus, die es im Deutschen gibt:
- Genus, das grammatikalische Geschlecht
- Sexus, das biologische Geschlecht
- Gender, das soziale Geschlecht
Was dem Mythos, Deutsch sei eine „patriarchale (sic!) Männersprache“, zugrunde liegt, ist die unzulässige Verquickung eben dieser drei Geschlechter. Dabei wird das generische Maskulinum als der ultimative Sündenbock auserkoren. Das ist jedoch, wie Ehegartner an vielen Beispielen durchzuexerzieren weiß, übergeschlechtlich. Das bedeutet im Kern, dass das generische Maskulinum entgegen dem schlechten Ruf, der ihm vorauseilt, alle Geschlechter gleichermaßen sichtbar macht. Der falsche Eindruck entsteht durch eben diese unzulässige Vermengung der unterschiedlichen Geschlechter.
Wie es dazu gekommen ist? Zur Beantwortung dieser Frage macht der Theater- und Wildnispädagoge einen weiten Schwenk in die Vergangenheit, in die Zeit der ersten indogermanischen Stämme auf dem Gebiet des heutigen Tschetschenien. Von dort, über die Antike, das Mittelalter, über die Romantik-Epoche bis in die Gegenwart der „dey / xir / ens“-Pronomen zeichnet er die (Fehl)Entwicklung des Genus, des grammatikalischen Geschlechts nach.
Dabei ist es erstaunlich, wie es ihm gelingt, so viel Wissen auf so wenigen Seiten zusammenzufassen. Das Büchlein gibt dem Leser nicht nur ein sprachgeschichtliches Verständnis davon, inwieweit der heutige Gender-Gaga auf einem jahrhundertealten Missverständnis beruht. Das kompakte Buch ist zugleich bestens als Alltagshilfe geeignet, um sich gegen den mal mehr, mal weniger direkten Gender-Zwang am Arbeitsplatz oder an der Uni zur Wehr zu setzen. Immerhin hat sicherlich nicht mehr jeder alle grammatikalischen Begrifflichkeiten aus dem Deutsch-Unterricht abrufbereit im aktiven Gedächtnis.
Vergegenwärtigt man sich durch vorliegende Lektüre die grammatikalische Funktion des Genus und der anderen Geschlechter — oder beginnt gar damit, es zum allerersten Mal zu verstehen — dann lässt man sich nicht mehr ein*en Bär*in aufbinden.
Apropos „Bär*in“. Wussten Sie noch, warum Beispielsweise der Bär ein Epikoinon ist, beziehungsweise was überhaupt ein Epikoinon ist? Auch solcherlei verstaubtes Grammatikwissen wird in der kurzen Lektüre aufgefrischt. Das als kleine Klammer am Rande.
Zurück zur sprachlichen Selbstverteidigung: Durch Verstehen, Wiederholen und Einprägen der im Buch vermittelten Lektionen erlangt der Leser die grammatikalisch-linguistische Sattelfestigkeit, deren es bedarf, um sein Recht auf genderfreies Sprechen und Schreiben argumentativ zu erringen. Die Rechtfertigungssituationen häufen sich im Alltag von vielerlei Menschen. Je bodenständiger und lebensnaher der jeweilige Beruf ist, desto seltener sind solcherlei Situationen. Auf dem Bau wird wohl kaum gegendert. In den ständig mehr werdenden Sparten der Kopf- und Bildschirmarbeit steigt indes der sprachliche Konformitätsdruck. Wer dem etwas entgegensetzen möchte, braucht schon ein besseres Rüstwerkzeug für eine Argumentation, die nicht mit einem Handstreich als proletenhafte Stammtischparole abgetan werden kann.
Wer die deutsche Sprache indes nicht nur „beherrscht“, sondern sie in ihrem Innersten gut versteht, der kann sie auch gegen die genetisch-invasiven Eingriffe durch die Gender-Ideologen verteidigen. Mit seiner gut verständlichen, fundierten und gewitzten Art zu schreiben, steht uns Ehegartner in diesen Rechtfertigungssituationen zur Seite als der Deutschlehrer, den viele vielleicht nie hatten.
Insofern ist das Büchlein mehr als eine rein intellektuelle Bespaßung. Es ist wahrlich ein alltagstaugliches Verteidigungsmittel gegen Sprechdiktate — ganz gleich, ob sie von eifrigen Verfechtern oder Mitläufern kommen. Als Softcover-Buch, das nicht dicker als ein Bleistift ist, kann es problemlos überall dorthin mitgenommen werden, wo der „‚Stellvertreterkrieg der Geschlechter‘ im Land der Sprache“ ausgetragen wird.
Darüber hinaus schneidet Ehegartner noch weitere Themen an: Warum fällt in Deutschland die Gendersprache auf so fruchtbaren Boden und mit ihr der mal mehr, mal weniger unverhohlen verbalisierte Männerhass? Sind Länder mit geschlechterneutraleren Sprachen wirklich egalitärer? Was wird mit der von Geschlechtern bereinigten Sprache machtpolitisch bezweckt? Welchem Vorhaben dient das Gegendere als Steigbügelhalter?
Alles in allem ist das, was Gerald Ehegartner zu Papier gebracht hat, ein humorvolles und zugleich willensstarkes Plädoyer für die Rückeroberung der Sprache der Dichter und Denker, die ungestüm, romantisch, vielschichtig und vor allem eines ist: gen(der)technikfrei.
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