Zum Inhalt:
Unterstützen Sie Manova mit einer Spende
Unterstützen Sie Manova
Merkels Klarstellung

Merkels Klarstellung

Rubikon veröffentlicht exklusiv die wirkliche Rede Angela Merkels an die Nation — die gestern nicht gehalten wurde.

Liebe Mitbürger, liebe Mitbürgerinnen,

ich habe mich gestern im Fernsehen wegen der Corona-Krankheit an Sie gewandt. Es tut mir leid, aber ich hatte ein falsches Manuskript verlesen. Das kann, wie Sie aus der Vergangenheit wissen, vorkommen (Anmerkung der Redaktion: die Kanzlerin bezieht sich hier auf Kanzler Kohl, dessen Neujahrsansprache versehentlich vom Vorjahr wiederholt wurde). Das tut mir zugegebenermaßen sehr leid — vor allem nachdem die Großmedien mich wegen meiner falschen Rede schon so stark gelobt haben.

Ich möchte mich ausdrücklich bei dem aufmerksamen Zuhörer, Herrn Lind, bedanken, der mich auf dieses Missgeschick aufmerksam gemacht und sich auch bereit erklärt hat, meine Rede, die ich nun halte, nochmals sorgfältig zu redigieren.

Hier nun meine richtige Ansprache. Also nochmals:

Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen (kurz: LM&LM),

wer mir jetzt zuhört, weiß schon sehr viel für die Corona-Krankheit und das Problem, das diese Krankheit momentan unserem Gesundheitssystem bereitet. Wer mir gerade nicht zuhört — und das dürfte leider die Mehrheit der deutschen Bevölkerung sein — bitte ich um Nachsicht, dass meine Presseabteilung mir nicht sagen konnte, wie man diese Menschen erreichen kann.

LM&LM, ich bitte Sie mir zu helfen, auch diese mir ebenso LM&LM mit den wichtigen Informationen zu versorgen, die ich ihnen nun geben werde.

LM&LM, zunächst muss ich Ihnen gestehen, dass ich und meine leitenden Mitarbeiter in der Regierung etwas spät auf die Corona-Krankheit reagiert haben. Tut mir wirklich leid. Auch wir sind nur Menschen. Wenn jetzt einige Politiker immer noch erklären, dass sie dabei sind, sich kundig zu machen, ist das nicht ernst gemeint. Sie wollen Sie damit nur verhindern, dass Sie in Panik geraten. (Ja, Herr Lind, IHNEN jagen solche Meldungen Panik ein, Sie sind aber nicht repräsentativ.)

LM&LM, Sie können versichert sein, dass viele Experten, auch in den Ministerien in Berlin und in den Ländern, davon gewusst haben und zahlreiche gute Vorschläge gemacht haben. Aber Sie wissen ja, wie schwer es ihnen gefallen ist, mit ihrem Vorschlägen ganz oben durchzudringen, Wir waren mit anderen wichtigen Problemen vollauf beschäftigt, nämlich mit der Suche nach einem oder zwei Parteivorsitzenden in den beiden unseren Staat tragenden Parteien. Das war nicht immer ein einfacher Prozess, der immer noch nicht abgeschlossen ist und der uns leider — neben Corona — noch auf eine unbestimmte Zeit in Atem halten wird. Auch dafür haben wir noch keine Medizin gefunden.

Mit uns, LM&LM, meine ich natürlich nicht Sie, LM&LM, sondern mich persönlich und meine engsten Mitarbeiter in Regierung und Parlament. Stellen Sie das bitte immer in Rechnung, wenn Sie uns kritisieren.

LM&LM, Kritik ist natürlich notwendig, aber nur, wenn sie die Menschen da draußen nicht verunsichert. (Herr Lind meint, ich sollte an dieser Stelle nicht "verunsichert" sagen, sondern "Kritik sollte so sein, dass sie niemanden zum Denken bringt“. Aber ich habe mich in diesem Punkt dann doch durchgesetzt. Es ist ja schließlich meine Rede.)

LM&LM, Sie erwarten von mir, dass ich sie heute über drei Dinge informiere: Erstens über die genaue Zahl der schwer erkrankten Corona-Patienten, zweitens über die Vorbereitungen des Gesundheitssystems und drittens über die Maßnahmen, die wirksam helfen, der Krise des Gesundheitssystems standzuhalten, ohne dass allzu großer wirtschaftlicher und sozialer Schaden entsteht.

LM&LM, leider reicht die Zeit nicht aus, die mir die Sender eingeräumt haben, auf diese sicherlich sehr wichtigen Fragen so einzugehen, wie Sie das erwarten. (Auch wieder eine Anmerkung: Herr Lind hat mir seine Zusammenstellung gegeben. 10 Zeilen hat sie! Das ist viel zu viel. Dafür habe ich jetzt leider keine Zeit.)

LM&LM, ich kann all die vielen Ratschläge hier nun wirklich nicht ausbreiten, wie Sie eine Ansteckung mit wenigen Mitteln wirksam vermeiden können. Ich weiß, dass Sie gerne wüssten, was ich dazu meine. Aber das könnte Sie nur verwirren. (Ja, ja, Herr Lind, ich weiß, dass auch einige wenige Bürger durch sachliche Hinweise nicht verunsichert werden, sondern durch ihr Ausbleiben.)

LM&LM, mein Rat an Sie, geht auch ganz kurz: Solidarität! Solidarität! Solidarität! Nein, wir sind nicht im Krieg. Das wollte ich mit meiner Erwähnung des Zweiten Weltkriegs nicht sagen. Das hat wohl einigen Älteren unter Ihnen etwas Angst eingejagt. Also nochmals: Sorry, wie mein Kollege Donald sagen würde. (Naja, ein „sorry“ würde ihm wohl nie über die Lippen kommen. Es ist aber auch wirklich schwer, sich für schlechte Politik zu entschuldigen.)

Aber, LM&LM, wir müssen zusammenstehen (oh, ich sehe gerade, dass Herr Lind mir das Wort gestrichen hat), nein, wir müssen Distanz zu andern Menschen wahren, aber bitte nicht so viel, dass jedes soziale Leben zusammenbricht (Herr Lind wird stolz auf mich sein, dass ich das hier gesagt habt.) „Social distancing“, LM&LM, meint nämlich nicht, wie manche Experten mein, dass wir uns voneinander total isolieren müssen. Nicht alle sind sattelfest im Englischen. Ich habe mir das auch erst erklären lassen müssen.

LM&LM, nachdem mir diese Worte doch leichter gefallen sind, als ich dachte, und auch auf die Gefahr hin, dass mir der Sender das Mikro abdrehen wird und auch auf die Gefahr hin, dass mich anschließend tausende von Leute, die den momentan Krisenmodus lieb gewonnen haben, als Weich-Ei (oder wie sagt man das bei einer Frau?) und als "Moralpredigerin" und “Ignorantin“ beschimpfen werden: Ich verlese nun doch die mir von Herrn Lind freundlicherweise überlassene Liste an wirksamen Maßnahmen (Beifall von allen Kameraleuten und Tontechnikern im Studio):

LM&LM, erstens: halten Sie immer etwas Distanz zu andern Menschen, ein bis zwei Meter reichen. Dann können Sie sich auch gern in Gruppen zu einem Kaffee oder sonst was treffen.

LM&LM, ich raten Ihnen: Tragen Sie außerhalb der Wohnung Handschuhe, am besten waschbare, die Sie regelmäßig wechseln, und waschen Sie sich nach jeder Rückkehr kräftig Ihre Hände mit Seife. Coronaviren hassen Seife! Sie platzen sprichwörtlich vor Wut und gehen zugrunde, was wir nicht bedauern. (Herr Lind schrieb mir auf, ich sollte auch ein paar lustige Bemerkungen in meine Rede einstreuen, weil dies das wirksamste Mittel gegen die bedrohlich um sich greifende Panik-Seuche sei. Sie dürften aber nicht zu lustig sein, sagte er, weil sonst manche Leute noch mehr Panik bekommen könnten.)

LM&LM, falls Sie Anzeichen für eine Corona-Infektion wie Fieber und Husten haben: bitte mehr Abstand halten, Mundschutz tragen und Arzt oder Gesundheitsamt anrufen! Ich weiß, dass es lang dauern kann, bis sie durchkommen, weil zu viele Leute dort anrufen. Seien Sie solidarisch und rufen Sie nicht wegen jedem Hüsteln an! (Kleiner Witz für Herrn Lind. Er wird die Pointe erkennen.)

LM&LM, schicken Sie Ihre Kinder bei diesem schönen Wetter ins Freie, damit ihr Körper Vitamin D entwickeln und seine Immunkräfte stärken kann. Caronaviren hassen wie alle Viren auch Sonne! Influenza-Viren verdunsten gewissermaßen. Ob Coronaviren das auch tun, weiß man noch nicht. Aber warum sollten sie sich viel anders verhalten? Wenn es stimmt, dass in Afrika bis heute nur 13 Todesfälle aufgetreten sind (19.2.2020), bei einer doppelt so großen Bevölkerung wie in Europa und einem sehr viel schlechtern Krankenhaussystem, muss etwas dran sein an dieser Theorie.
Also schicken Sie Ihre Kinder vernünftigerweise an die Sonne. Geben Sie Ihnen Handschuhe und diesen Rat mit auf dem Weg: keine Hände schütteln, andere auch nicht mit nackten Unterarmen begrüßen, andere nicht herzen und nicht aus der derselben Flasche trinken. Und: Zuhause Händchen waschen. (Beachten Sie, dass ich hier eine kindergerechte Sprache benutze.) Und Sie selbst, LM&LM, fassen Sie bitte auf dem Markt nicht mit bloßen Händen Obst und Gemüse an, nur um es anzusehen! Ermutigen sie sich gegenseitig, diese Regeln einzuhalten!

LM&LM, sagen Sie Ihren älteren und vorerkrankten Angehörigen und Nachbarn freundlich, aber deutlich, dass sie mehr Vorsicht walten lassen müssen, wenn sie hundertfünfzig Jahr alt werden wollen (kleiner Scherz, der laut Lind, einem erfahrenen Psychologen und Pädagogen, die Atmosphäre zwischen Ihnen entspannt und Ihre Botschaft besser rüberbringt): möglichst zuhause bleiben und sich von Hilfswilligen alle Besorgungen abnehmen lassen. Aber Sie können weiterhin mit dem Hund Gassi gehen und sich auf einer Bank sonnen.

LM&LM, ich habe auch ein paar Ratschläge für mich selbst und alle Verantwortlichen von Berlin bis in die Kleinstadt: kommunizieren Sie alle Maßnahmen und Anordnungen so, dass jeder sie hören, lesen und verstehen können, auch leseschwache Bürger, und alle Bürger, die keine ARD und ZDF schauen und keine Tageszeitung lesen, natürlich auch alle ausländischen Menschen, die sich — gewollt oder ungewollt — bei uns aufhalten. Sie VERSTEHEN NICHT ALLE DEUTSCH!
Ich bitte, um Entschuldigung, dass ich eben geschrien habe. Bleiben Sie immer ruhig und verständnisvoll. Vermeiden Sie, den Menschen Angst einzuflößen. Eine Demokratie verträgt keine panisch gemachten Bürger. Bleiben Sie immer höflich, wenn Sie andere an notwendige Maßnahmen wie Abstand halten erinnern.

Und dann, LM&LM, möchte ich mich bei Ihnen auch noch für meine flapsige, von Ihnen vielleicht als dumm empfundene Bemerkung entschuldigen, dass es momentan eine "absolute Notwendigkeit" gäbe, schwer erkämpfte und, wie der Bundespräsident uns immer wieder sagt, "unverrückbaren" Grundrechte wie freie Bewegung und freie Rede einzuschränken. Das passt denn nun gar nicht zu unserer Demokratie.

Mit mir, LM&LM, wird es keine Überwachung der Handys und keine Überwachung mit Drohnen geben, wie einige meiner Freunde fordern, und auch keinen allgemeinen durch Polizei und Drohnen überwachten Hausarrest. Das lehne ich entschieden und entschlossen und mit aller mir zur Verfügung stehender Kraft ab (die zugegebenermaßen etwas erlahmt ist). Selbst die meisten Gefangene haben Freigang und einen großen Hof, in dem sie sich treffen können. Das darf unbescholtenen Bürger nicht verwehrt werden!

LM&LM, die Frage, ob solche Maßnahmen notwendig sind, müssen wir sorgfältig prüfen und miteinander vernünftig diskutieren. Eine angesehene amerikanisch-japanische Forschergruppe hat jetzt die Zahlen aus China überprüft und festgestellt, dass die Sterblichkeitsrate sehr vier geringer ist als wir bisher annahmen, auch wen das, absolut gesehen, immer noch sehr viele Schwerstkranke sind. In der FAZ schreibt heute ein Fachmann, dass es keinen Grund zu Hysterie besteht, weil der Verlauf der Corona-Erkrankungen besser verlaufen könnte, als viele befürchten. Auch entwickelt sich ja nur die Ansteckung „exponentiell“, nicht aber die Sterbezahlen, auf die es ankommt. Die alles sollte uns zu denken geben. Ich werde das Robert-Koch-Institut und auch ein zweites unabhängiges Institut bitten, die Lage neu einzuschätzen.

Ja, LM&LM, wir sollten vielleicht umdenken. Wir schaffen auch das! (Lieber Herr Lind, warum lassen Sie mich hier auf meinen Ausspruch von 2015 anspielen?) Unser exzellentes Gesundheitssystem ist hervorragend aufgestellt! Schließlich ist es eines der teuersten der Welt! Das muss man doch mal sagen dürfen... Die Pharmaindustrie verdient an unseren Kranken sehr viel Geld. Daher sind hier in unserem Deutschland, auch die meisten und größten Pharmafirmen angesiedelt. (Herr Lind, das stimmt aber nicht mehr ganz. Sie hat sehr zu meinem Bedauern die Produktion von vielen lebenswichtigen Arzneien ins Ausland verlagert. Auch das macht unseren Kliniken momentan zu schaffen, nicht nur Corona.)

LM&LM, wir als Vertreter demokratischer Parteien, gehen sehr behutsam mit der Demokratie um. Falls die Notwendigkeit zur Einschränkung der Grundrechte in unserer Demokratie wirklich bestehen sollte, dann stehe ich voll und ganz dafür ein, dass sie nur aus wirklich guten Gründen — Krieg oder so — und nur temporär beschlossen werden, und zwar mit klaren Angaben über ihr Ende! Das sage ich bewusst als Ihre Kanzlerin.

Daher, LM&LM, sage ich es hier nochmals mit aller gebotenen Deutlichkeit und Nachdrücklichkeit und ohne Konjunktiv: Einschränkungen Ihrer Grundrechte dürfen in einer Demokratie nur temporär und mit klaren Angaben über ihr Ende beschlossen werden. Gott schütze die Demokratie!

(Lind, Sie Schlingel, da haben mir da aber etwas Tolles in die Rede geschmuggelt. Das soll wohl eine Anspielung auf meine christlichen Wurzeln sein. Zum Glück hat der Sender meine Sendung schon vorher beendet. Ich weiß auch gar nicht, ob meine Ansprache überhaupt auf Sendung ging.)

Ihre Noch-Kanzlerin Angela (vielen Dank, Georg)


P.S.: Nichts für ungut, liebe Angela. Habe ich gern gemacht. Übrigens: Das war Satire! Bitte nicht ernst nehmen und auch nicht weiterverbreiten. Falls doch, habe ich auch nichts dagegen.


Wenn Sie für unabhängige Artikel wie diesen etwas übrig haben, können Sie uns zum Beispiel mit einem Dauerauftrag von 2 Euro oder einer Einzelspende unterstützen.

Oder senden Sie einfach eine SMS mit dem Stichwort Manova5 oder Manova10 an die 81190 und mit Ihrer nächsten Handyrechnung werden Ihnen 5, beziehungsweise 10 Euro in Rechnung gestellt, die abzüglich einer Gebühr von 17 Cent unmittelbar unserer Arbeit zugutekommen.

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.

Weiterlesen

Die Macht der Konzerne
Aktueller Artikel

Die Macht der Konzerne

Agrar- und Lebensmittelunternehmen gestalten die Regierungspolitik afrikanischer Staaten und lenken die Forscher von lokalen Prioritäten ab.

Der Niedergang
Aus dem Archiv

Der Niedergang

Ullrich Mies plädiert für einen Bruch mit den neo-faschistischen Herrschaftseliten und beschreibt Wege in eine bessere Gesellschaft.