Gerade zwei Monate ist es her, dass die dramatische Räumung des Hambacher Forsts ein lautes mediales Echo erzeugt hat, woraufhin sich das zuständige Gericht genötigt sah, die Rodung vorerst zu stoppen. Im Vergleich dazu ging die Räumung des Treburer Waldes nur einen Monat später beinahe lautlos über die Bühne. Am 6. November wurden die Aktivisten von der Polizei und der Fraport AG mit der geballten Macht des aufgerüsteten Staatsapparates aus dem Wald gezerrt, dieser daraufhin eingezäunt und gerodet. Dafür hat die Landesregierung zunächst die Landtagswahlen in Hessen abgewartet, und dann, als die Stimmen kaum ausgezählt waren, mit aller Härte zugeschlagen.
Seit Januar 2018 war das Waldstück, eingezwängt zwischen Autobahn, ICE- Strecke und dem Flughafen, besetzt gewesen. Grund war der geplante Bau von Terminal 3 für den Frankfurter Flughafen, an dem hauptsächlich Billigflugairlines wie Ryanair verkehren sollen. Ganz in der Tradition der Proteste gegen die Startbahn West hatten die Aktivisten Hüttendörfer errichtet, um ihrem Protest sichtbar Ausdruck zu verleihen.
Wie auch im Hambacher Forst ging es dabei nie alleine um den Erhalt des Waldes, sondern ebenso um den Aufbau einer Gemeinschaft, die abseits gesellschaftlicher Machtstrukturen frei und selbstbestimmt zu leben beabsichtigte.
Hierarchien, Machtinteressen, Materialismus, all das sollte es dort nicht geben. Damit war auch diese Besetzung dem System ein Dorn im Auge, das die vollkommene Alternativlosigkeit einer auf kapitalistischen Verwertungszwängen beruhenden Gesellschaftsordnung propagiert. Nicht auszudenken, welche Eigendynamik konträr zu den Interessen des Kapitals eine solche alternative Gesellschaftsform entwickeln könnte, wenn sie nicht rechtzeitig unterdrückt würde.
Denn, auch das lernten die Aktivisten im Wald sehr schnell, es ist wenig, was der Mensch tatsächlich für ein gutes Leben benötigt. Der Kapitalismus hat den Menschen mit sehr vielen Bequemlichkeiten eingehegt, an die er sich so sehr gewöhnt hat, dass er sich ein Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen kann. Billig hergestellte, vorportionierte Lebensmittel, ständige Verfügbarkeit von Strom und Internet, um all die zur Ablenkung und Betäubung angeschafften Geräte zu unterhalten — all das schädigt Mensch und Umwelt, ebenso wie der Flughafen, gegen dessen Ausbau die Aktivisten protestierten.
Die Folgen tragen dabei nicht in erster Linie die westlichen Gesellschaften, sondern zuallererst die armen Länder des globalen Südens, in denen Klimawandel, Ressourcenkriege und Umweltverschmutzung schon jetzt verheerende Schäden anrichten. Anstatt den Wahnsinn angesichts der drohenden Klimakatastrophe zu beenden, und ein alternatives Gesellschaftsmodell zu entwickeln, forciert die herrschende Macht die schädlichen Industrie- und Infrastrukturprojekte und verwandelt somit die Natur in Wüsten von Asphalt, sterilen Beton- und Glasbauten sowie Abraumhalden.
Dies ist der Grund, warum sich auch nach dem Ende der Treburer Besetzung die Zivilgesellschaft nicht geschlagen geben darf. Natürlich kann nicht jeder ein Baumhaus errichten und im Wald leben. Doch jeder kann und sollte auf seine Weise den Protest für eine zukunftsfähige Gesellschaft unterstützen. Nur gemeinsam und solidarisch können wir eine andere Welt schaffen. Wenn wir es nicht versuchen, haben wir schon verloren und machen uns schuldig, keinen Einspruch gegen die Zerstörung erhoben zu haben.
Einen ausführlichen Bericht der Treburer Waldbesetzung kann man hier nachlesen.
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