Deutschland und weite Teile der Weltbevölkerung befinden sich seit offizieller Ausrufung einer epidemischen Lage nationaler Tragweite in einem gesellschaftlichen Trauma, einer starken psychischen Erschütterung, die durch ein extrem belastendes Ereignis hervorgerufen wird (1). Aber nicht das Virus selbst ist Ursache — das als unausweichliche Naturkatastrophe nicht zu verhindern gewesen wäre. Nein, es war die gesellschaftspolitische Reaktion auf dieses Virus, dem nach herrschender Meinung niemals der Charakter einer unbedingt todesbringenden Seuche innewohnte und nur deshalb als Pandemie ausgerufen werden konnte, weil die Weltgesundheitsorganisation WHO im Jahre 2009 die Seuchenklassifizierung von P1 auf P2 herabstufte.
Die Voraussetzung „enorme Zahlen von Todesfällen und Erkrankungen“ wurde ersatzlos gestrichen, und ab dato durfte jede beliebige Infektionswelle als Pandemie qualifiziert und zum Katastrophenfall ausgerufen werden. Der Kritik, insbesondere an der evidenten Missbrauchsgefahr, zu trotz blieb die Klassifizierung unverändert.
Für die Bevölkerung war die Pandemieausrufung im März 2020 verständlicherweise beängstigend, eine besonnene Regierung umso dringend erforderlicher. Schockstarre und Sprachlosigkeit befiel aber auch die Besonnensten, als entgegen den Erwartungen das im Eiltempo vom Bundestag am 22. März entworfene „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ und gleichzeitig die Notstandslage in Deutschland beschlossen wurde. Mit diesem blinden, politischen Aktionismus und dem an ein Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom (MSS) erinnerndes Verhalten wurde die größtenteils gesunde Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland kurz entschlossen zu Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ausscheidern und Ansteckungsverdächtigen erklärt (2).
Der Vergleich ist evident, da es sich bei dem MSS, einer Sonderform der sogenannten artifiziellen Störungen, um das Erfinden, Übersteigern oder tatsächliche Verursachen von Krankheiten oder deren Symptomen bei Dritten handelt, meist um anschließend eine medizinische Behandlung zu verlangen und/oder um selbst die Rolle eines scheinbar liebe- und aufopferungsvoll Pflegenden zu übernehmen (3). Dieses Phänomen führt zu einer Traumatisierung des Opfer und kann bis zu dessen Tod führen (4).
Das alles wäre weniger tragisch verlaufen, wenn diese Politik nicht auf eine ahnungslose Gesellschaft in völliger Unkenntnis über die Schutzwirkung der deutschen Verfassung getroffen wäre.
Hilfesuchend traf sie auf Medien, die sich die Aufrechterhaltung eines Dauerpanikmodus zum Ziel gesetzt zu haben scheinen. Und so befinden wir uns seit März 2020 in einem real gewordenen Milgram-Experiment, das Anfang der 1960er-Jahre bereits erschreckend die in der Bevölkerung vorherrschende Gehorsamsbereitschaft zutage brachte: Zwei Drittel der Versuchspersonen waren bereit, auf Anweisung einer wissenschaftlichen Autorität einer ihnen unbekannten Person elektrische Stöße in lebensbedrohlicher Höhe zu verabreichen.
Deshalb wird sich der Einzelne und die Gesellschaft aus dieser medial unterstützten Regierungsgewalt nur durch die Beantwortung der wesentlichen Fragen befreien können:
- Wie stark ist meine Gehorsamsbereitschaft?
- Füge ich meinem eigenem Kind Schaden zu, wenn es mir eine Behörde vorgibt?
- Ab wann endet mein Vertrauen?
- Wie groß ist meine Angst?
- Wie zerstörerisch meine Gier?
- Wie resistent mein Mut?
- Wie viele Amtseide werden gebrochen werden — für die eigene Existenzsicherung, für das Vertuschen vergangener Fehler?
- Wie schwerwiegend wird der Verrat sein — des Einzelnen, aber auch der anderen?
- Wie weit gehen wir — für den eigenen Machterhalt, für das Verteidigen unserer Werte?
Nicht das Land ist im Wanken. Das steht auf dem festen Boden der Rechtsstaatlichkeit, die durch Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes die Ausübung aller staatlichen Gewalt umfassend an das Recht bindet. Sondern der Mensch selbst hat den Halt verloren. Einen Halt, den er sich nur selbst geben kann — durch das Eingeständnis der eigenen Verantwortung und der sich in der Krise manifestierten Schuldigkeit.
Der Verfassungsbruch
Jede Regierung hat sich vor einer Entscheidung die folgenden Fragen zu stellen:
- Verfolgt die Maßnahme einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck?
- Kann dieses Ziel mit der Maßnahme überhaupt gefördert werden (Geeignetheit der Maßnahme)?
- Gibt es kein milderes Mittel, mit dem das Ziel genauso wirksam erreicht werden kann (Erforderlichkeit)?
- Steht die Maßnahme möglicherweise, obwohl es kein milderes Mittel gibt, außer Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Zweck (Verhältnismäßigkeit im engen Sinne oder Angemessenheit)? (5).
Verstößt eine Regierung oder Behörde gegen diesen Grundsatz und „überzieht“, handelt sie rechtswidrig, denn es besteht ein Übermaßverbot. So sollten „die einschneidenden Einschränkungen der Freiheitsrechte der Bürger permanent auf ihre Notwendigkeit überprüft und sofort aufgehoben werden, sobald die Pandemie abflaut …“ (6).
Ein Versprechen, welches sich kurz darauf als Lippenbekenntnis enttarnte — denn die Freiheitsbeschränkungen blieben, trotz sinkender Zahlen positiver PCR-Tests (Infizierter), Ärzten und Pflegekräften in Kurzarbeit, keiner Übersterblichkeit und einer konstant geringen Auslastung von Intensivpflegeplätzen.
Erst in der Drucksache des Bundestages 19/20042 vom 17. Juni 2020 war zu lesen, dass die Voraussetzungen für die Feststellung einer epidemischen Lage nationaler Tragweite nicht mehr vorliegen — ein von der Opposition mitgetragener, historischer Rechtsbruch.
So stellt Universitätsprofessor Dr. Thorsten Kingreen in seinem Gutachten vom 11. Juni 2020 fest:
„ … Der Deutsche Bundestag ist gehalten, seine Funktion als Legislativorgan auch tatsächlich wahrzunehmen. Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des die Gewaltenbalance verschiebenden Feststellungsbeschlusses (§ 5 Abs. 1 S. 1 IfSG) obliegt ihm daher eine zeitlich engmaschige Überprüfungs- und Begründungspflicht. Diese stellt sicher, dass nicht Gewöhnungs- und Versteigungseffekte eintreten und sich die Gewichte zwischen der ‚Hauptgesetzgebung‘ und der ‚Nebengesetzgebung‘ durch immer neue Rechtsverordnungen mit immer neuen ‚Ausnahmen‘ und ‚Abweichungen‘ noch weiter verschieben …“ (7).
Trotz dieser mahnenden Worte setzte sich die Regierung über die Rückholpflicht hinweg, ermöglichte durch die Gesetzesänderung vom 26. Juni 2020 eine Weitergeltung der Exekutivregelungen bis 31. März 2022 (8) und stellte faktisch die Wiederherstellung der Freiheitsrechte unter die aufschiebende Bedingung der Bereitstellung eines Impfstoffes.
Traumabewältigung
Getestet wird nun, wenn ein politisches Ziel verfolgt und steigende Infektionszahlen benötigt werden, gleichwohl sich hier lediglich die Fehlerquote des PCR-Tests realisiert: der Tiefpunkt politischer Vertrauenswürdigkeit und Spitze staatlicher Willkür (9).
Die Politik hingegen sieht die Aufrechterhaltung der Notstandslage als „große Chance, die Wirtschafts- und Finanzunion, die wir politisch bisher nicht zustande gebracht haben, jetzt hinzubekommen“ (10).
Und die demokratische Legitimation für dieses Vorhaben?
Das Volk selbst registriert diesen Verrat nicht einmal, steht es doch unter angstaufrechterhaltendem, medialem Dauerbeschuss — oder ist gleichsam selbst gefangen im eigenen Übermaß.
So offenbarte der panische Griff zur Toilettenpapierrolle bei einem Teil der Bevölkerung, dass Luxus und Bequemlichkeit zum höchsten Gut geworden zu sein scheint. Einseitig konsumierte Berichterstattung, die aus einer vermeintlichen moralischen Überlegenheit stattfindende Diskriminierung von Andersdenkenden, ohne selbst umfassend informiert zu sein, oder der Verzehr von Fleisch, für das ein Tier vorher in Massenzuchtanlagen schlimmste Qualen erlitten hat, zeugen von einer bereits verankerten Einseitig- und Gleichgültigkeit.
Aber auch in der Wirtschaft werden Grenzübertritte sichtbar: Der deutsche Mittelstand — als Motor Deutschlands — ist durch massenhafte Beteiligungserwerbe global agierender Unternehmensgruppen gefährlich ausgedünnt. Anschließende, als obligatorisch bezeichnete, Umstrukturierungsmaßnahmen führen regelmäßig zu rechtswidrigen, betriebsbedingten Kündigungen, insbesondere der zu „teuren“ Mitarbeiter. Durch Aushöhlung des Kündigungsschutzes wird sich so loyal ergebener Arbeitnehmer mit einer auf Grundlage der Dauer der Betriebszugehörigkeit (11) festgelegten Abfindung entledigt, dessen Höhe sich in der Praxis wenig von einer Abfindung bei rechtmäßig erfolgter betriebsbedingter Kündigung unterscheidet. Im Hinblick auf die mit dem Kündigungsvorgang einhergehenden seelischen Auswirkungen ist das für die Betroffenen oftmals im Ansatz weder angemessen noch verhältnismäßig. Überhaupt zeigen Gerichte und Parteien eine gewisse Urteilsmüdigkeit, enden viele Prozesse mithin durch ein gegenseitiges Einlenken in gerichtlichen Vergleichen und strafrechtlichen Deals.
Doch wenn das Unrecht nicht mehr gefühlt, die Ungerechtigkeit nicht benannt wird, so werden sich unsere Handlungen stets nur mit der Schadensbegrenzung zufriedengeben müssen.
Wirken die rechtlichen Bemühungen zum Schutz unser Daten und dem individuellen Recht auf informationelle Selbstbestimmung daher wie ein Versuch, den durch die exzessiv betriebene Digitalisierung entstandenen Schaden — die Freigabe unserer Daten in das ungeschützte Nirwana des Internets — zu revidieren und zukünftig zumindest einzugrenzen.
Gleiches Phänomen lässt sich beim technischen Fortschritt beobachten. Öffentlich diskutiert (12), dem technischem Fortschritt 4.0 und der damit einhergehenden digitalen Revolution nur durch Abschaffung demokratischer Strukturen und „effektiveren“, globalen Lenkungsmechanismen begegnen zu können, zeigt sich an diesem Denkmuster doch vielmehr das grundlegende Problem: die Nichtanerkennung des Souveräns und eine schädigende Selbsterhöhung der Politik. Wo der Mensch durch eine Maschine ersetzt wird und sich so seine eigene Fehlerhaftigkeit verbietet, verhindert er Wachstum. Wenn die Technik nicht mehr dem Menschen dient, sondern sich seiner bedient, negieren wir das Menschsein als solches und werden zur Ressource.
Die in unserem Rechtsstaat verankerte Verhältnismäßigkeit sollte sich vielmehr als gesundes Mittelmaß mit nachhaltigem Wachstumspotenzial in unseren Gesellschaftsstrukturen spiegeln. Flankiert mit der Anerkennung einer Ansteckungsgefahr mit einem Virus als allgemeines Lebensrisiko (13) und dem eigenem Todeseintritt als nicht beherrschbarem und zu kontrollierendem Ereignis. Zerstörtem politischem Vertrauen könnte durch die Einführung einer entsprechenden persönlichen Haftung von Politikern — analog der Haftung von Organmitgliedern (14) — begegnet werden, was gleichzeitig der schädigenden Selbsterhöhung entgegenwirken und eine Wiederholungsgefahr minimieren könnte. Versöhnend mit einer stärkeren Beteiligung der Bevölkerung an der Legislative wäre es ein gangbarer und wünschenswerter Weg zur gesellschaftspolitischen Traumabewältigung.
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.therapie.de/psyche/info/index/diagnose/trauma/definition-trauma/
(2) Legaldefinition in Paragraf 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG), https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__2.html
(3) Roy Meadow: Munchausen syndrome by proxy: The hinterland of child abuse. In: The Lancet, Band 310, Nummer 8033, 1977, Seite 343 bis 345, doi:10.1016/S0140-6736(77)91497-0. J. O. Warner, M. J. Hathaway: Allergic form of Meadow's syndrome (Munchausen by proxy). In: Archives of disease in childhood. Band 59, Nummer 2, Februar 1984, Seite 151 bis 156, PMID 6703765, PMC 1628464 (freier Volltext).
(4) Sandra Fischer, Das Münchhausen-by-proxy-Syndrom. Familiendynamik, Warnsignale und Diagnostik, 1. Auflage 2016, Seite 23.
(5) https://www.jura.fu-berlin.de/studium/lehrplan/projekte/hauptstadtfaelle/tipps/Uebersicht_-Die-Verhaeltnismaessigkeitspruefung-in-der-Fallbearbeitung/index.html
(6) Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Rede vom 18. März 2020.
(7) https://www.fdpbt.de/sites/default/files/2020-06/Rechtgutachten%20%C2%A7%205%20Abs.%201%20IfSG-Kingreen_0.pdf
(8) Paragraf 5, Abs. 4 IfSG, Abweichend von Satz 1 ist eine Verordnung nach Absatz 2 Nummer 10 auf ein Jahr nach Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite, spätestens auf den Ablauf des 31. März 2022 zu befristen.
(9) Willkür“ liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor, wenn „Rechtsanwendung nicht nur fehlerhaft, sondern unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht“, 1 BvR 3271/14.
(10) Dr. Wolfgang Schäuble, Präsident des Deutschen Bundestages, Interview vom 20. August 2020, Neue Westfälische Zeitung.
(11) Paragraf 1 (2) Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Abs. 3 gilt entsprechend. der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.
(12) Richard David Precht mit Robert Habeck, Frisst der Kapitalismus die Demokratie, https://www.youtube.com/watch?v=rUEnbw_mVcQ&t=2150s
(13) So jüngst auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 19. Mai 2020, 2 BvR 483/20.
(14) Etwa in Paragraf 93 Abs. 1 AktG für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit von Vorstandsmitgliedern.
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