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Die Parteien und die Überwachung

Die Parteien und die Überwachung

Im Wahlkampf wird das Thema Überwachung gerne ausgelassen. Wie die Parteien sich dazu positioniert haben, zeigt die folgende Analyse der Wahlprogramme zu der Bundestagswahl 2025. Teil 2 von 2.

Im ersten Teil wurden die Wahlprogramme von CDU/CSU, AfD und Bündnis 90/Die Grünen analysiert.

Die SPD

Für die Bundestagswahl stellt die SPD ihr 68 Seiten starkes „Regierungsprogramm“ auf ihrer Webseite vor: „Mehr für dich. Besser für Deutschland.“ In diesem Dokument wird die elektronische Patientenakte positiv hervorgehoben, die SPD möchte diese Akte „weiterentwickeln“. Es wird mehrmals der individuelle Charakter der elektronischen Patientenakte betont.

In der öffentlichen Verwaltung setzt die SPD auf „die flächendeckende Nutzung der eID, der elektronischen Identität, die es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, sich sicher digital auszuweisen und digital zu signieren. (Hervorhebung im Original, Anm. d. V.)“ Für das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei sieht die Partei „automatisierte (KI-basierte) Datenanalysen (Hervorhebung im Original, Anm. d. V.])“ vor. Das geht natürlich nicht ohne „riesige Datenmengen“, die man der Polizei zur Verfügung stellt.

Im Gegensatz zu den Christdemokraten steht in dem Wahlprogramm der SPD nichts von einer Vorratsdatenspeicherung. Doch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warb in den letzten Jahren immer wieder für diese Maßnahme, sie möchte weiterhin die „anlasslose Speicherung von IP-Adressen“ durchsetzen.

Laut dem Wahl-O-Mat stimmt die SPD der automatisierten Gesichtserkennung an Bahnhöfen nicht zu: „Wir sprechen uns gegen eine anlasslose Überwachung der Bürgerinnen und Bürger im öffentlichen Raum aus.“ Doch diese Begründung passt nicht zu den jüngsten Äußerungen der Innenministerin.

Nach dem Attentat in Magdeburg im Dezember 2024 forderte sie die „Einführung der biometrischen Überwachung“. Das heißt, dass das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei ausgehend von „Foto oder Stimmprobe“ im Internet nach Tätern wie auch Opfern fahnden dürfen. Diese Maßnahme gehörte bereits zu dem „Sicherheitspaket“, das die Ampelparteien (SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen) aufgrund ihrer Mehrheit im Bundestag erst im Oktober 2024 beschlossen haben. Im Bundesrat scheiterte das Sicherheitspaket aufgrund der fehlenden Mehrheit teilweise, der Abschnitt mit der biometrischen Fahndung wurde gestrichen. Dieses Paket scheiterte aber nicht aufgrund von Bedenken, sondern weil es der CDU nicht weit genug ging.

Die Aussagen aus dem Wahlprogramm, der Polizei riesige Datenmengen zu geben und diese mithilfe einer Künstlichen Intelligenz auswerten zu lassen, erwecken nicht den Eindruck, als hätte die SPD die biometrische Fahndung vollends aufgegeben.

Freie Wähler

Die Partei Freie Wähler, nicht zu verwechseln mit BVB/Freie Wähler (Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler) sind für die vorliegende Untersuchung von Bedeutung, weil sie seit 2008 im Bayerischen Landtag vertreten ist und mit der CSU bereits vor Jahren weitreichende digitale Programme beschlossen hat. Hubert Aiwanger ist der Bundesvorsitzende der Freien Wähler und seit 2018 als Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie Teil der bayerischen Regierung unter Markus Söder (CSU).

Laut ihrem Wahlprogramm wollen die Freien Wähler „das elektronische Antragswesen und das Internet der Dinge“ weiterentwickeln. Hier wird groß gedacht, denn hier steht nichts anderes als eine „(d)igitalisierte Stadt“ im Fokus, besser bekannt unter der Bezeichnung „Smart City“.

Im Kampf gegen den Terrorismus sollen „Datenschutzrechte (...) bei klar definierten Gruppen von Gefährdern oder Verbrechern zurücktreten.“ Der „Kampf gegen Gefährder“ ist den Freien Wählern so wichtig, dass sie den „Sicherheitsbehörden (...) Zugriff auf umfassende Daten“ geben möchten.
Im Umgang mit der elektronischen Patientenakte wollen die Freien Wähler den Personen, die der Nutzung der Akte zugestimmt haben, keinen Vorteil verschaffen.

Der bayerische Nachhaltigkeitstoken

Im Rahmen einer „Klimaschutzoffensive“ schnürte die erste bayerische Regierung aus CSU und Freien Wählern 2019 ein „Maßnahmenpaket“. Dort wird ein „Ökotoken“ vorgestellt. Das heißt, dass „umweltbewusste(s) Handeln“ der Bürger belohnt werden soll. Es geht hier nicht um wenige konzentrierte Aktionen, sondern bewusst um das „Verhalten im Alltag“. Die jeweiligen Handlungen sollen dokumentiert und bewertet werden. Wer sich umweltbewusst verhält, soll zum Beispiel mit „Vergünstigungen“ im Supermarkt belohnt werden.

FDP

Die Freien Demokraten betiteln ihr Wahlprogramm mit den Worten „Alles lässt sich ändern“. Dort schreiben sie, dass sie den privaten Raum der Bürger schützen wollen, indem sie hinsichtlich der digitalen Verständigung zum Beispiel das „Recht auf Verschlüsselung (Hervorhebung im Original, Anm. d. V.)“ achten.

Die FDP lehnt die „flächendeckende Überwachung“ ab, dagegen könne die „Videoüberwachung (...) an einzelnen Kriminalitätsschwerpunkten wie Bahnhöfen Sinn ergeben“. Doch laut dem Wahl-O-Mat lehnt die FDP die automatisierte Gesichtserkennung an Bahnhöfen ab.

Instrumente wie „Netzsperren, Chatkontrollen, Uploadfilter“ oder „die Vorratsdatenspeicherung“ wird im Wahlprogramm ebenso abgelehnt. Statt der Vorratsdatenspeicherung setzt die FDP auf das „Quick-Freeze-Modell (Hervorhebung im Original, Anm. d. V.)“.

Laut der FDP muss beim Datenschutz nachgebessert werden, die 16 „Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder“ und die Stelle der Bundesdatenschutzbeauftragten werden als störend dargestellt. Wie die Freien Wähler setzt auch die FDP „(b)ei der Stadtplanung“ auf digitale Lösungen. So sollen aus den Städten „Smart Cities“ werden.

Digital- und Smartphonezwang

Volker Wissing (parteilos, bis vor kurzem FDP), der Bundesminister für Digitales und Verkehr, sprach im Oktober 2024 deutlich aus, welche Richtung in der Digitalisierung in Zukunft eingeschlagen wird: „Es ist an der Zeit, jetzt aus der Digitalstrategie eine ‚Digital-only‘-Strategie zu machen. Wir müssen analoge Parallelstrukturen konsequent abbauen und auf komplett digitale Prozesse setzen.“

Die Linke

In dem Wahlprogramm „Alle wollen regieren. Wir wollen verändern. Reichtum teilen. Preise senken. Füreinander.“ möchte Die Linke die „Überwachungswut“ zu beenden. Außerdem möchte sie den technologischen Fortschritt nicht bedingungslos hinnehmen, sondern ihn und seine Folgen kritisch begleiten. Diese kritische Beschäftigung möchte Die Linke in die Bildung von Kindern wie auch Erwachsenen integrieren. Weiter spricht sie sich gegen „Massenüberwachung“ und „(d)en Einsatz von Staatstrojanern und Chat-Kontrollen“ aus. Sie befürwortet die elektronische Variante des Personalausweises und der Gesundheitskarte, möchte aber nicht auf die „physische Chipkarte“ verzichten.

Den „Digital Services Act“ möchte Die Linke „zügig in nationales Recht“ gießen und auch „weiterentwickel(n)“.

Die automatisierte Gesichtserkennung lehnt Die Linke laut dem Wahl-O-Mat 2025 ab: „Flächendeckende Überwachung gehört in autoritäre Staaten, nicht in eine Demokratie.“

Das Bündnis Sahra Wagenknecht

Das BSW bezeichnet in seinem „Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2025“ die digitalen Projekte Chatkontrolle und Vorratsdatenspeicherung als einen „Weg in die völlige Überwachung“, der gestoppt werden muss. Wer kein Smartphone oder PC besitzt und auch keinen Internetanschluss hat, darf „nicht vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen und diskriminiert werden“.

Jeder soll, ohne ein technisches Gerät zu besitzen, ohne Schwierigkeiten und Aufpreis einen Termin bei einem Amt oder Arzt bekommen. Außerdem möchte das BSW „das Bargeld erhalten“ und alle Einschränkungen, die es diesbezüglich bereits gibt, „zurücknehmen“.

Trotz der klaren Sprache im Wahlprogramm hat das BSW die automatisierte Gesichtserkennung laut dem Wahl-O-Mat nicht explizit abgelehnt: „Diese Partei hat zu dieser These keine Begründung abgegeben.“ Neben dem BSW gibt es noch zwei weitere Parteien, die dieser These nicht klar widersprochen haben und daher in dem Feld „neutral“ eingeordnet werden. Es handelt sich um das Bündnis Deutschland und die Partei für Verjüngungsforschung.


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