Ein Stoßseufzer der Erleichterung geht dieser Tage durch die deutsche Medienlandschaft: Angela Merkel, die im vergangenen Herbst nach gefühlten 120 Jahren abgewählte Bundeskanzlerin, wurde endlich auf eine weitere Amtszeit vereidigt. Der demokratische Willensbildungsprozess hat erneut gesiegt. Denn jeder aufrechte Demokrat weiß: Demokratie ist, wo Merkel herrscht.
Während manche noch voll sehnsüchtigem Neid in Richtung China schielen, wo man den Umstand einer Wahl für die Zukunft wegrationalisiert hat, ein Modell, das sich auch in Nordkorea bewährt hat, wird denn auch gleich der mahnende Zeigefinger in Richtung des russischen Despoten Vladimir Putin erhoben.
Denn auch im Zarenreich wurde gewählt, wobei sich alle Medien einig darin waren, dass Putin dies gewinnen würde, was sich ja auch bewahrheitet hat. Ein gar unerhörter Vorgang, ist Putin doch seit dem Jahre 2001 im Amt, mit nur einer kurzen Unterbrechung, als ihn sein treuer Schoßhund Medwedew vertreten hat.
Dass diese Wahlen, die immer den gleichen Führer im Amt bestätigen, nicht mit rechten Dingen zugehen können, liegt doch klar und deutlich auf der Hand. Wahlfälschung muss hier im Spiel sein, Betrug, Unterdrückung.
Ein Segen, dass Deutschland von derlei Verhältnissen weit entfernt im sicheren Hafen der Demokratie ankert. Was macht es da schon, dass die Wähler eine Große Koalition unter Führung Angela Merkels vergangenen Herbst deutlich abgewählt hatten? Demokratie ist, wenn man’s trotzdem macht.
So können die an der Koalition beteiligten Parteien unter Aufbringung aller Fantasie und guten Willens in das verheerende Wahlergebnis das Verlangen des Wählers hineininterpretieren, das entwürdigende Theater einer Großen Koalition weitere vier Jahre fortsetzen zu sollen, an dessen Ende dann 16 glorreiche Jahre des Regimes Merkel stehen, unter reger Beteiligung einstiger Sozialdemokraten.
Hauptsache ist, dass im Bestreben, eine Wohlfühlatmosphäre vermeintlicher Sicherheit und Beständigkeit zu schaffen, die endlose Hängepartie inklusive Sondierens-bis-der-Arzt-kommt nun schließlich ein sedierendes Ende fand und die politische Einheitssuppe weitere vier Jahre auf Sparflamme kochen kann.
Damit ist die Beteiligung des Volkes an der Politik auf die nächste Wahl vertagt. Es sei denn, jemand kommt auf die Idee, dem chinesischen Vorbild zu folgen, und ernennt Gottkanzlerin Merkel zur Führerin auf Lebenszeit, eine Alternative, mit der wohl insbesondere neoliberale Hardliner liebäugeln, lassen sich doch auf diese Weise von diesen lästigen
Willensbildungsprozessen ungestört die Sozialabbau- und Deregulierungsprozesse viel effizienter umsetzen. Wer weiß, vielleicht haben wir in vier Jahren nicht einmal mehr eine Wahl. Eines ist relativ wahrscheinlich: Eine Angela Merkel wird im Jahr 2021 nicht mehr zur Kanzlerin gewählt. Auch die Sozialdemokraten, jetzt schon in Umfragen bei gerade einmal 15 Prozent, werden es schwer haben, überhaupt nur eine mehrheitsfähige Opposition zu bilden.
Vielleicht sollten wir aufgrund des zu erwartenden Wahlsieges langsam anfangen, die AfD von links zu unterwandern und sie von innen heraus zu dekonstruieren. Ansonsten könnte sich eine neoliberale, rechte Partei innerhalb der nächsten vier Jahre bis ganz an die Spitze kämpfen.
Davon jedoch will die neue alte Regierung nichts hören. Fröhlich werden Eide geschworen und Ministerien besetzt, und man beginnt damit, nahtlos dort fortzufahren, wo man vor der Wahl 2017 aufgehört hat, „so wahr mir Gott helfe.“ Gott hilft aber nicht. Eher würde er sich wohl defätistisch abwenden und den Kopf schütteln über das, was aus seiner Schöpfung wurde.
Währenddessen jubeln jene, von denen niemand mehr weiß, welches Volk sie eigentlich vertreten, auf ihren warmen Pöstchen:
„Die Demokratie ist tot, es lebe die Demokratie.“
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