Es gibt einen Ort in dieser Welt, dort ist Frieden. Dieser Frieden hängt nicht von äußeren Umständen und Ereignissen ab und ist unabhängig vom Verhalten anderer. Nichts kann ihn durcheinanderbringen, nichts ihn verhindern. Wie ein ruhiger, tiefer Strom fließt er durch uns hindurch. Er ist immer da, und wir können jederzeit in ihn hineinsteigen. Der Frieden, der in uns wohnt, urteilt nicht. Er schließt alles mit ein und nichts aus. Wie eine Umarmung ist er, ein offenes Feld, auf dem wir uns frei und ohne Angst entwickeln können.
Diesen Frieden erreichen wir nicht, wenn wir uns nur schöne Gedanken machen oder mit Gleichgesinnten einer Meinung sind. Er offenbart sich dann, wenn es brennt, wenn alte Verletzungen sichtbar werden und oberflächlich verheilte Wunden wieder aufbrechen. Dann zeigt sich, ob wir es ernst meinen mit unserem Wunsch nach einer besseren Welt. Wenn alles zusammenbricht, dann wird deutlich, ob wir in kindlicher Erwartungshaltung von anderen erhoffen, dass sie den ersten Schritt machen, oder ob wir bereit sind, durch die eigene Verletzung hindurchzugehen und in den inneren Fluss zu steigen.
Umgekehrt
Wenn man sie fragt, wollen wohl fast alle Menschen in Frieden leben. Doch es reicht nicht aus, Frieden zu wollen. Der Wille ist ein wichtiger Impuls, um sich in Bewegung zu setzen. Entscheidend aber ist, wo wir ansetzen, damit er sich verwirklichen kann.
Damit etwas in unser Feld treten kann, reicht es nicht aus, es zu rufen. Die gewünschte Veränderung wird nicht eintreten, wenn wir uns nicht zunächst innerlich dafür öffnen.
Wenn wir uns allein auf die äußeren Umstände fokussieren und in der Kritik feststecken, dann wird letztlich das gestärkt, was wir nicht wollen. Die Energie folgt immer der Aufmerksamkeit. Sie fließt dorthin, wo sich unsere Gedanken und Visionen konzentrieren.
So wird das, was wir nicht wollen, letztlich immer größer, während dem, was wir wollen, gewissermaßen der Energiehahn zugedreht wird. Letztlich erreichen wir genau das Gegenteil von dem, wofür wir uns eigentlich in Bewegung gesetzt haben: Wir ziehen das an, was wir am meisten fürchten, und stoßen von uns, was wir uns am sehnlichsten wünschen. Das Resultat haben wir mit einer Welt vor Augen, in der praktisch alle Frieden wollen und es mehr Kriege gibt denn je.
Allein
Ich habe mich auf die Reise gemacht. Der Weg zu meinem inneren Friedensstrom führt durch einen wilden Dschungel. Lianen schlingen sich um meine Füße, Äste schlagen mir entgegen. Immer wieder stoße ich an meine Grenzen oder stehe an Abgründen, die mir unüberwindbar scheinen. Oft habe ich das Gefühl, immer wieder vor denselben Problemen zu stehen und in dieselben Fallen zu tappen.
Meditation, Gewaltfreie Kommunikation und das Wissen, dass ich allein dafür verantwortlich bin, wie es in mir aussieht, machen es mir unmöglich, meinen Unmut auf andere abzuladen. Ich kann niemanden dafür beschuldigen, dass es mir so geht, wie es mir geht. Es ist, als stünde ich alleine in einem dunklen Wald und könnte nur mein eigenes Echo hören. Da ist niemand anderes als ich.
Dieses Alleinsein auszuhalten heißt Verantwortung. Was auch hochkommt, welche Geschichten auch erneut aufploppen, es hat allein mit mir selbst zu tun, mit meiner Angst, meiner Wut, meiner Traurigkeit, meinen Verletzungen. Niemand anderem kann ich sie aufbürden, niemand kann sie mir abnehmen. Andere können mir helfen, bei mir zu bleiben. Doch meine inneren Verdrehungen lösen können sie nicht.
Nichts zu verlieren
Es ist der Schmerz, der mir hilft, mich zu orientieren. Solange er da ist, habe ich etwas nicht verstanden, nicht verdaut, nicht integriert. Etwas will erkannt und wahrgenommen werden. „Schau hin“, sagt er mir. „Sieh, was wirklich ist, und lass die Gefühle zu, die jetzt hochkommen.“ Dort, wo wir empfindlich sind, dort geht es lang. Dort kommen wir zu dem alten Traum von einem Leben, das nicht sein kann.
Diesen Traum gilt es jetzt loszulassen. Die alten Verbindungen haben sich gelöst. Die langjährigen Freundschaften, vielleicht sind sie nicht mehr. Die Familie, vielleicht ist sie zerbrochen. Vielleicht ist der Partner gegangen und mit ihm vieles, was wir für Sicherheiten hielten. Die alten Strukturen gibt es nicht mehr — und damit nichts, woran wir uns festhalten können. Das ist der Moment, in den Fluss einzutauchen.
Kein schützender Mantel wird sich vollsaugen und uns nach unten ziehen. Wir sind frei. Das Wasser wird uns tragen. Wenn wir uns jetzt nicht wehren, wird es uns an der Oberfläche halten. Wir haben nichts zu tun, als uns treiben zu lassen und zu akzeptieren, was kommt. Wir können es nicht ändern. Es tut weh? Es tut weh. Es ist unerträglich? Es ist unerträglich. Es ist nicht zu lösen? Es ist nicht zu lösen. Es ist, was es ist. So spricht die Liebe.
Hingabe
Liebe ist ein bedingungsloses Ja zu allem, was ist. Was auch immer es ist. Wie auch immer es sich anfühlt. Ja, ich weiß nicht, wie es jetzt weitergehen kann. Ich weiß nicht, was passieren wird. Ich habe keine Ahnung, wohin mich der nächste Schritt führt. Dieses Anerkennen hat nichts mit Ohnmacht zu tun. Es ist keine Kapitulation. Es bedeutet, die Kontrolle abzugeben und dem Friedensfluss in uns zu vertrauen.
Immer wieder haben wir versucht, die Dinge nach unserem Verständnis zu lenken, und immer wieder ist es schiefgegangen. Es hat nicht funktioniert.
Wir haben uns verbogen und verdreht, um es anderen recht zu machen. Unseren eigenen Schmerz haben wir versucht zu beruhigen, zu verringern, auszuschalten. Alles haben wir getan, um nicht zu spüren, was nicht mehr geht.
Nun darf sich das Ego, dem so sehr an unserem Vorteil gelegen ist, ein wenig ausruhen. Hier kann es nichts ausrichten. Wenn wir jetzt insistieren, kann es nur noch schlimmer kommen. Nur die Hingabe lässt uns Frieden finden. Ja, diese Situation ist schrecklich für mich. Ja, ich fühle mich allein. Ja, ich fühle mich ohnmächtig. Wenn wir uns erlauben, das Schlimmste zu spüren, geschieht das Wunder: Das Kind in uns beruhigt sich. Es muss nicht mehr schreien, um auf sich aufmerksam zu machen. Endlich fühlt es sich erhört.
So kann es das tun, was alle Kinder wollen: unbeschwert spielen. Fröhlich springt es ins Wasser, lässt sich von den Wellen umspielen und von der leichten Brise umschmeicheln. Am Ufer sammelt es Holz, Blätter und Stöckchen, um daraus Boote zu bauen. Sie werden schwimmen. Es werden viele sein, die hinausgeschickt werden. Niemand wird sie versenken können. Sie sind zu leicht. Dort werden sie ankommen, wo ihnen ein Hafen geboten wird. Nicht um zu bleiben, sondern um die gute Nachricht in die Welt hinauszutragen: Jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne.
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