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Es ist nichts geschehen

Es ist nichts geschehen

Von dem kritischen Bewusstsein, das sich während der Corona-Jahre herausgebildet hat, scheint im Wahljahr 2025 nicht mehr viel übrig zu sein.

In diesen Tagen hat mir der Schriftsteller Thomas Eblen einen wunderbaren Text zugestellt mit dem Titel „Es ist nichts geschehen“. Wenn ich seinen Titel für diesen Beitrag missbrauche, so deshalb, weil er wie nichts anderes fasst, was geschehen ist über dieses sogenannte Wahlwochenende hin. Und vielleicht seit 2020. Einige würden wohl sagen: seit eh und je.

Lässt man sich — entgegen aller Vernunft — darauf ein, das „Ergebnis“ der Wahl zu deuten, so bleibt wohl nur eine Feststellung: Es hat sich nichts bewegt. Und das gilt nicht nur hinsichtlich des Ergebnisses selbst, sondern und in viel stärkerem Maße für alle Faktoren, die theoretisch und praktisch und lebensnotwendigerweise eigentlich hätten dieses Ergebnis immerhin ein „kitzelkleines“ Bisschen beeinflussen müssen, nicht zuletzt, indem der Prozentsatz der Wählenden deutlich gesunken wäre. Er ist jedoch gestiegen.

Dass aus dem Epizentrum dieses Geschehens, Wahlen genannt, nichts hervorgehen kann, das über Nichts hinausginge, ist in der Sache, genannt Demokratie, angelegt: Es darf nämlich nichts geschehen — und dass dieses Nichts als Großereignis qua Sedativum über die Biomasse Mensch ausgeschüttet wird, die dabei ihrerseits als Akteur sich wähnen darf, ist Teil des Nichts.

Sklaven brauchen Schläge

An dieser Stelle sei denn auch darauf verzichtet, die Absurditäten, die sich rund um diesen Kern herum auf immer drastischere Weise gruppieren, herauszustellen — bis vielleicht auf eine einzelne kleine „Nettigkeit“:

Seit der neue Herr in Washington zumindest so mal zu Dealzwecken darauf aus ist, die Europäer in eine toxische Unabhängigkeit wegzustoßen, zeigen sich die Sklaven plötzlich von ihrer oberstarken Peergroup-Seite und rufen halb im Wahn: „Jetzt schmieden wir selber ganz viele und ganz große Waffen und stoppen den bösen Sauron aus dem Reich Mordor halt ganz allein.“

Und einige mit besonders dichtem neuronalem Netzwerk Ausgestattete sehen den neuen Herrn in Washington und Sauron gar schon gemeinsam über die heilige europäische Gerechtigkeit herfallen, die blutigste aller Selbstgerechtigkeiten aller Zeiten.

Nicht aufgeschrien hätte die Taurus-Bomben-Peergroup gegen den neuen Herrn aus Washington und Florida, wenn dieser, wie der alte es zu tun pflegte, weiterhin ihre Energieleitungen in die Luft gesprengt und sie in Abhängigkeit von teurem Stoff aus den Produktionsstätten des Herrn selbst gehalten hätte. Sie brauchen nämlich Schläge, die Sklaven, sie brauchen die Demütigung, um die Orientierung nicht zu verlieren und zu wissen: Der Herr ist da und schaut für uns und unsere Freiheit. Marquis de Sade aber hätte bestimmt die helle Freud‘ gehabt an so viel Masochismus, denn im Stockholm-Syndrom steckt ja am Ende auch der Sadismus drin.

Wie gesagt: Eine kleine Randnotiz aus dem Reich des Irrsinns, für den es einen Sauron längst nicht mehr braucht. Dass aber der Irrsinn an Sauron festhält — übrigens nicht nur die Merzens und Haböcke und Pistoliusse, auch in der Schweiz reden Grüne und Sozialdemokraten und Liberale vom Sauron genau so, wie damals jener, den man Hitler nannte, von Sauron gesprochen hatte —, zeichnet den Irrsinn als solchen erst aus. Die gleichen Sätze, die gleichen Schablonen und dahinter die gleiche Neuronenstruktur, hippocampal geschrumpft. So viel apropos Nazis und wo die wirklich sind.

Das Ernsthafte

Lassen wir ab davon und wenden uns Ernsthafterem zu: Was dieses Nichts, von dem ich eingangs gesprochen habe, nicht zuletzt für Leser dieses Mediums und anderer dissidenter Medien höchst bedenklich macht, ist die Tatsache, dass aus exakt dieser Dissidenz, aus der ein Bewusstsein hätte angeblich geboren sein sollen — wie oft habe ich gelesen, nun hätte der Wind umgeschlagen in Sachen Corona —, nichts hervorgegangen ist, das, wäre es geschehen, dieses Nichts hätte zumindest etwas tangieren können.

Und dass nichts geschehen ist in dieser Dissidenz, das zu etwas geführt hätte, etwas anderem als zu diesem systemischen Nichts, das kann bei einer kritischen Reflexion auf diese Dissidenz hin am Ende nicht nur nicht erstaunen, es ist vielmehr in sich stimmig.

Fragen wir also mal ganz konkret und salopp: Wo sind denn all die hin, die während Corona scheinbar ein von den vorgegebenen Narrativen abweichendes Bewusstsein und darüber hinaus in einigen Fällen gar erstmals im Leben überhaupt ein Bewusstsein für das Vorhandensein von Macht in „unserer“ Demokratie entwickelt haben?

Wo sind die implodiert, versunken, verdampft? 100.000 bis 500.000 allein an einer Demo — manche haben eine Million gesehen — und dann dieses Ergebnis, vor allem: 85 Prozent Wahlbeteiligung...

Die Geschichte im Grunde ist schnell erzählt. Entweder verdampft in der Aufräum- und Säuberungseuphorie der Milei-Trump-Krall-Reinigungstruppen — Achtung: Aufräumen kann süchtig machen — oder aufgegangen in Jagdmustern oder sediert in Wohlfühl- und Ratgeberliteratur. Selbstermächtigung und dergleichen. So lässt sich kein Diskurs entwickeln, der zu einem politischen Bewusstsein mit Bestand führt.

Das rechte Conorabewusstsein

Etwas genauer: Was in den Coronajahren abgegangen ist, konnte man auf einzelne Schichten reduziert durchaus als eine Art sozialistische Folklore deuten, mit viel Fantasie als bolschewistischen oder neostalinistischen Schwank, nur ohne Hauptfigur. In seiner Totalität aber war es eine kapitalistische Tragödie oder Komödie, je nach Zugang zum Kapital. Wer das verpasst hat und wie die Reitschusters und Co noch immer glaubt, es wäre ein linker Durchgriff erfolgt, dem musste in sich stimmig verborgen bleiben, dass das Pharma-Digital-IT-KI-Rüstungs-Finanz-Kapital sein Werk getan hat und nichts weiter.

Dieses Segment ist naturgemäß bei den Kralls und global den Mileis und auch den Trumps gelandet. Ein Kreuz bei der AfD — von Reitschuster wohl schweren Herzens gegeben, weil der Club noch nicht gänzlich gereinigt ist von Sauronfreunden — war die Folge, obgleich oder weil die bedingungslose Verknüpfung dieser Partei mit dem Kapital jederzeit absolut transparent war und ist, was nicht heißt, dass der Club temporär nicht doch zur Teil-Dekonstruktion des Systems taugen könnte und ein paar Leute aus der Coronadissidenz deswegen das Kreuz dort angebracht hätten und das Coronabewusstsein also nicht gänzlich verdampft wäre.

Jedenfalls dürfte in diesen 20 Prozent AfD also ein Teil dessen aufgegangen sein, was als machtkritische Stimmung in den alternativen Medien in den vergangenen Jahren wohl mehr herbeigewünscht denn tatsächlich registriert worden ist. Allerdings spricht — abgesehen vom temporären Dekonstruktionsgedanken — doch einiges gar grob gegen die Verknüpfung von machtkritischem Bewusstsein mit AfD.

Die unerbittliche Unterstützung einer totalitären, bald mal ein ganzes Volk ausradierenden Regierung — 1000 als Rechtfertigung für 80.000 Tote — , Aufrüstungsorgien samt zweijährigem Militärdienst zwangsweise für alle jungen Menschen inbegriffen: Wie passt das zusammen mit Würde und Autonomie des Einzelnen, in der Coronazeit auf der ganzen Linie und nicht zuletzt auch injektionsmäßig bedroht?

Allzu viele können — setzt man ein Coronabewusstsein quasi idealiter voraus — sich also nicht in diesen 20 Prozent befinden, eigentlich. Aber wie gesagt: Einigen ging es nur darum, wieder reisen zu können. Und zu shoppen. Das liegt durchaus auf der Linie des Ergebnisses der „Wahlen“ und mehr noch: auf der Linie der Wahlen selbst.

Und weil die Medien auch im Rahmen der Dissidenz die Wirkung haben, die Medien eben zukommt, lässt sich anfügen: Auf den immer schon rechten und konservativen Kanälen dieser Dissidenz — Tichy, Reitschuster et cetera — war das Ziel nie ein anderes denn eine CDU-AfD-Regierung, welche die guten alten gesunden kapitalistischen Zeiten wieder implementieren würde. Dass seismographisch auf diesen Kanälen vieles Richtiges vermeldet wurde — Justizterror, Cancel Culture, Impftotalitarismus — ist unbestritten.

Aber auffällig war ja bald einmal, dass diese gleichen Medien — und in dieser Hinsicht ist auch die in vielerlei Hinsicht lobenswerte Weltwoche inbegriffen — niemals aufgeschrien haben, wenn eine Veranstaltung zum Vorgehen Israels gegen die Menschen in Gaza von der Antifa „heimgesucht“ oder wenn ein Varoufakis oder die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte Francesca Albanese justizial und mit anderen Methoden am Reden in Deutschland gehindert wurden. Cancel Culture und Staatsterror wurden stets nur beklagt, betraf es ihre eigenen, rechten Positionen. Daraus kann kein politisches Bewusstsein entstehen, das sich anders denn in diesem eingangs erwähnten „Nichts“ manifestieren würde.

Ratgeberliteratur und Storytelling schaffen kein politisches Bewusstsein

Die Frage bleibt indes: Warum hat sich das einstmals mindestens dem Anschein nach gegebene machtkritische Bewusstsein in keiner Weise niedergeschlagen? Vom Bewusstsein, das an jenen Berliner Demonstrationen „zusammengekommen“ ist, kann doch nicht der Großteil in AfD-Stimmen aufgegangen sein, möchte man meinen. Was hat sich, so wäre folglich weiter zu fragen, als Ausrichtung aus diesem Coronawiderstand und also im weitesten Sinne als Diskurs denn außerhalb eines wirtschaftslibertären Bereichs ergeben? Was hat die mediale Aufklärungsarbeit — die ja ein wesentlicher Bestandteil eines solches Diskurses wäre — hervorgebracht?

Eine zentrale Ausrichtung, die alsbald zu registrieren war, war eine, die sich gegen Theorie, gegen Begriffe und gegen alles gestellt hat, was als Ideologie verstanden wurde. Stattdessen fand sich der Ansatz „Der Mensch im Zentrum“. Von Selbstermächtigung war die Rede, auch vom Anfang bei sich selbst. Ratgeberliteratur. Wohl gegen die eigene Absicht wurde hierbei eine Art Entpolitisierung betrieben, Systemfragen blieben ausgeklammert und das Kapital, qua bestimmender Motor aller Prozesse überhaupt, geriet schnell aus dem Blickfeld: Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied und dergleichen.

Unter der Vorgabe, man wolle nicht missionieren, missionierend vorgetragen..., entstanden Wohlfühlblasen. Die guten Absichten, wie gesagt, sind nicht anzuzweifeln. Aber als Diskursbasis für ein tragfähiges politisches Bewusstsein gibt das nichts her. Wäre es anders, dieser Ansatz beim einzelnen Menschen und der ganzen „Menschheitsfamilie“, eine der inflationär eingesetzten Etiketten, hätte zumindest den Nichtwähleranteil in die Höhe treiben müssen. Das Gegenteil ist eingetreten.

Die Art und Weise, wie bestimmte „alternative“ Gefäße aufgebaut wurden, lässt weiter den Schluss zu, dass bald einmal deutlich der Unterhaltungsfaktor im Fokus lag. Storytelling statt Analyse, „Design“, wie man es „aus dem System“ kennt, schien angepeilt. War zu Beginn der Coronajahre zuweilen noch eine wohltuende Differenz zu Talkrunden des Systems gegeben — der anfängliche Dilettantismus, die beschränkten Mittel spielten eine Rolle —, so ergab sich je länger je mehr der Eindruck, es werde vor allem geschwatzt um des „Talkens“ Willen und die Aussagen wiederholten sich. Eine Streitkultur hingegen, unabdingbar für ein politisches Bewusstsein, vermochte hierbei nicht nur deshalb nicht Fuß zu fassen, weil Systemvertreter „naturgemäß“ nicht in alternative Gefäße zu bewegen waren, Kontaktschuld und so, vielmehr zeigte sich die Dissidenz in sich nicht zur Streitkultur fähig, eine Kultur, die übrigens nichts mit der Schrei-, Brüll- und Unterbrechkultur bei Lanz und Co zu tun hat.

Affirmation prägte stattdessen das Reden, spannenden Differenzen, einmal aufpoppend, wurde zu wenig nachgegangen, Moderatoren und Interviewer waren darauf aus, gleiches „Meinen“ herauszustellen. Heißt nicht, dass in einigen Gesprächen und vor allem in einigen monologischen Mitteilungsformen nicht akkurat Erhellendes formuliert worden wäre — es gab und gibt kluge Köpfe in der Dissidenz —, aber ein größerer politischer Diskurs, worin diese Klugheit auch hätte eingebettet werden können, um keine Einzelleistung beziehungsweise kein Alleinstellungmerkmal zu bleiben, ein Diskurs eben, der über den Verkauf von Büchern und Eintrittskarten für Vorträge hinaus gereicht hätte: Fehlanzeige.

Beim Verkaufs- und generell beim Erfolgsfokus — Bücher als Bestseller, Vorträge als Businessmodell — verschränkt sich vielmehr das „Wohlfühlsegment“ der angeblichen Coronadissidenz mit Konzepten derjenigen, die bei Corona nur einfach die persönliche und dabei in erster Linie die wirtschaftliche Einschränkung bemängelt haben, nie aber wirklich das System ändern, vielmehr dieses zurückführen wollten zum gesunden kapitalistischen Kern. Das Kreuz bei der AfD ist die Folge.

Empörung, kritisches Jagen und Agendafreilegung ohne Ergebnis

Bleibt auf der Suche nach einem allfälligen Coronabewusstsein und danach, wie sich ein solches bei der „Wahl“ hätte kenntlich machen können, allerdings noch eine weitere relevante Ausrichtung, die nicht als Ratgeberliteratur aufgetreten ist und doch eine mediale Wirklichkeit im Rahmen der Alternativkanälen darstellte und somit eben ein politisches Bewusstsein hätte erzeugen können: Ich nenne sie die „Jagdausrichtung“, durchaus als moralisches Bollwerk des „Coronabewusstseins“ zu begreifen. Eingedenk dessen, wie sich das Systemnarrativ über die Gesellschaft gelegt hat, nämlich absolut moralisch, ein Widerspruch in sich, ich weiß, aber an solchen Widersprüchen, so meine These, ist der Coronasound ja zerschellt.

In diesem Jagdsegment, so die Feststellung, herrschte und herrscht — ich bleibe fortan beim Präsens — ein „investigatives Suchen und Wühlen“ vor. Das politische Geschehen wird auf Verknüpfungen von Personen zurückgeführt. Wer wann wo mit wem, mit welchem Konzern, mit welcher Staatstelle, mit welcher Körperschaft. Als Belegschicht und ohne moralischen Impetus vorgetragen ist das durchaus aufklärerisch. Wird dieses „Belegen“ allerdings absolut und ohne erkenntnistheoretische beziehungsweise systemische Einbettung betrieben, verkehrt sie sich ins Gegenteil, nämlich in Empörungsbewirtschaftung, und verliert dadurch jeden strukturellen Gehalt.

In der boulevardesken Variante der Empörungsbewirtschaftung wird von Anfang an anstelle eines politischen Bewusstseins für Machtstrukturen und also für die Macht des Kapitals die Illusion gesetzt, man brauche „böse“ Personen nur durch „gute“ zu ersetzen, „abartige“ durch „artige“, und dann sei das Problem gelöst.

Und zuweilen entstand durchaus der Eindruck, man versuche das politische Bewusstsein, ausgeblieben über sachliche Analyse, ersatzweise über Empörungstrigger zu erzeugen. Das schlug sich nicht zuletzt auch in einer Empörungs- beziehungsweise Skandalisierungsästhetik nieder, welche man von BILD und BLICK und anderen Boulevardmedien übernommen zu haben schien: Als ob man die Botschaft in die Gehirne der Adressaten einhämmern müsste, mehr noch: als gälte es, die Gehirne und also das Denken mit übergroßen und fetten Buchstaben geradezu zu erschlagen, so kamen die Buchtitel der „dissenten“ Werke daher. Ästhetik und politisches Bewusstsein sind verzahnt. Das weiß man nicht erst seit Baudrillard.

Diese Ausrichtung innerhalb der Dissidenz schien mir ausgeprägt und sie dürfte durchaus in den 20 Prozent AfD mit implodiert sein — implodiert deswegen, weil die AfD als kapitalistische Partei und damit als Teil der Wucher-Strukturen des Kapitals selbstredend keine strukturelle Veränderung und also auch konkret keine Veränderung der gegebenen Machtverhältnisse herbeiführen wird, wenn auch in einigen AfD-Verbänden Ostdeutschlands zurzeit noch kapitalismuskritische Schichten einlagern mögen. Auch dass die woke Gender-Folklore ersetzt wird, geht es nach der AfD, ändert an diesen Verhältnissen nichts.

Die elaborierte Variante des Jagens hingegen nahm und nimmt den Kapitalismus oberflächlich durchaus kritisch in den Blick. Ein akribischer Fokus darauf, wer mit wem beziehungsweise welche Institution mit welchem Konzern et cetera, verstellt indes, wenn es dabei bleibt — und die entsprechenden Texte ermüden ja bald allein ob der unendlichen Reihung an Personen- und Körperschaftsnamen, meistens Abkürzungen —, den grundsätzlichen Blick darauf, wie Kapital funktioniert. Was nämlich in derlei Offenlegungen auf- und niederdekliniert wird, ist schlichtweg die Art und Weise, wie Kapital und die durch diese angetriebene Technologie arbeitet, wie es wuchert. Herrscht Kapitalismus, ist das zwangläufig so und hat weder mit Trump noch mit DARPA noch mit USAID, einem Soros, einem Gates, einem Musk oder wem auch immer zu tun.

Der zu Recht herausgestellte kritische Blick auch auf Trumpismus, auf Musk, KI et cetera — ein deutlicher Unterschied zu den davor als Coronabewusstsein angeführten Ausrichtungen — verliert sein Potential als politisch belastbare Basis, wenn das Exemplarische, also die konkrete Verknüpfung, nicht systematisch ans Kapital zurückgebunden wird. Und das war und ist deutlich zu wenig gegeben. Mehr noch: Zuweilen wird selbst im Rahmen dieses elaborierten Jagdverhaltens, das man positiv als Handlungsdekonstruktion fassen könnte, insofern eine Naivität manifest, als dass solcherlei investigativer Journalismus nur allzu schnell suggeriert, Kapitalismus könnte anders funktionieren. Das kann er als Kapitalismus nicht. Und deshalb können auch Wahlen, eine unter unzähligen Wucherfiguren des Kapitals, nur „Nichts“ hervorbringen.

Insofern fehlt folglich leider auch dieser elaborierten Jagd, wie ich sie nenne, ein erkenntnistheoretisches Fundament und es bleiben am Ende solcher Analysen, die eher Aufzählungen gleichen, doch allein Personen und Körperschaften als Schuldige übrig, verkennend, dass es der Kapitalismus an sich ist, der genau diese Verknüpfungen herbeiführen muss.

Gänzlich jeden Wert verlieren solche Analysen, wer mit wem, wenn sie zusätzlich moralisch aufgeladen werden, verschwindet doch überall, wo Moral mit Bösen und Abartigen aufkommt, das Kapital als Machtprinzip aus dem Fokus.

Verschränkt ist die „Aufklärungsarbeit“ bei der „Jagdvariante“ (wer mit wem) weitgehend mit dem Postulat einer Agenda, die hinter den aufgedeckten Verbindungen stünde und die es eben freizulegen gälte. Das Freilegen einer Agenda aber ersetzt eine systemische Analyse und also eine Machkritik im Sinne einer Kapitalkritik in keiner Weise, vielmehr verstellt die Jagd, sofern dabei die Agenda, nach welcher gesucht wird, als „Kern der Dinge“ begriffen wird, die strukturelle Wirklichkeit, erzeugt durch das Kapital.

Das bedeutet keineswegs, dass es keine Agenden gäbe, noch dass man diese nicht freilegen sollte. Indes, fungiert eine freigelegte Agenda „als letzte Erkenntnis“, so ist das trivial. Und dies selbst dann, wenn diese Freilegung mit an sich gänzlich nicht-trivialen Erkenntnissen verbunden ist, etwa der Erkenntnis, dass die Autonomie der Subjekte, also der Menschen, durch KI und generell durch Digitalisierung und Technokratur bedroht ist. Ja, das trifft. Kann aber nur verändert werden, rückt das Kapital in den Fokus.

Kurz: Wo gehandelt wird, gibt es Pläne. Das versteht sich von selbst und kann nicht der Kern der Dinge sein. Vielmehr gälte es das „Setting“ herauszustellen, im Rahmen dessen das alles stattfindet. Das Kapital und sein karzinogenes Wuchern ist dieses Setting.

Und ein Bewusstsein dafür wäre die politische Basis, die, wäre sie gegeben, auch beim „Wahlresultat“ zum Ausdruck gekommen wäre. Mindestens und in erster Linie im Anteil derer, die nicht gewählt hätten, etwas weniger zwingend im Stimmenanteil für das BSW. Beim AfD-Kreuz bleibt die schwache Hoffnung, es wäre durch ein Bewusstsein vorgenommen worden, das auf eine Teil-Dekonstruktion des Systems eben durch die AfD setzt. Indes, wie man das auch immer zusammenzählt: Eine fassbare und politisch bedeutsame Manifestation einer Dissidenz, die sich aus dem Widerstand gegen das Coronamanagement herausgebildet hätte, ist nicht erkennbar.

Ein langer Weg

Ein langer Weg steht in Aussicht, der unter denkbar ungünstigen Voraussetzungen, das spirituelle Postulat eines unmittelbar bevorstehenden Erreichens einer nächsten Erleuchtungsstufe durch den Menschen konterkarierend, anzugehen ist — bedroht von keinem Sauron, welcher Couleur auch immer, von keinem geheimen Bund und keinen abartigen Zirkeln, sondern von Milliarden und Billionen an digitalen Zeichen und Codes, denen sich die Menschen hingeben. Aber das soll nicht stören, diese misslichen Umstände, denn sie sagen auch: Scheitern erlaubt. Das macht frei. Und dass diese Bundestagswahl keine Referenz sein kann, das verstärkt die Freiheit. Es ist nichts geschehen, es geschieht noch. Im besten Fall.


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Quellen und Anmerkungen:

Einem Folgetext fällt die Aufgabe zu, das was in diesem Beitrag mit „Kapital“ notgedrungen etwas schematisch gefasst ist, in seinem Wirken und seiner Wirkung genauer herauszustellen, auf dass der Kapitalbegriff nicht selbst zur Schablone verkommt, zur Etikette.

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