Das war es also mit 2023. Was für ein Jahr! Eines zum Vergessen. Wer was anderes sagt, arbeitet für die Rüstungsindustrie. Es war mal wieder ein intellektuell seichtes Jahr, es gab viel Propaganda und Scheininformationen. Der Kognitivkrieg hat Geländegewinne gemacht. Der bildungsferne Bürger hatte Hochkonjunktur. Für ihn gibt es keine Aufklärung, er soll Bekenntnisse ablegen: Möglichst a priori, wenn es nach Robert Habeck und Frank-Walter Steinmeier geht.
Vielleicht hat es so kommen müssen. Schon der Jahrhundert- und damit der Jahrtausendbeginn stand unter einem blöden Stern. Die Verdummung wurde mit der Ausrufung des Millenniums zum öffentlichen Auftrag. Am 1. Januar 2000 feierte die Welt den Eintritt in ein neues Zeitalter, in das nächste Jahrhundert. Einige wenige Stimmen unkten: Das Jahr 2000 gehöre noch zu den Neunzigern — das Jahr 2001 sei dann 21. Jahrhundert. Aber die verlachte man, obwohl sie mathematisch richtig lagen. Dieses Millennium war ein Geschäft, man feierte den Wechsel, der erst ein Jahr später wirklich vollzogen wurde. Hier fühlte man schon, dass das Jahrhundert intellektuelle Startschwierigkeiten bekommen sollte.
Blödenrepublik Deutschland
In jenem Jahr, in dem das neue Jahrhundert tatsächlich begann, hatten wir es dann im September schon mit der Zeitenwende zu tun. Sie raste in die New Yorker Hochhäuser und ins Pentagon — genauer gesagt, war die Zeitenwende die Reaktion auf diese Anschläge. Damals begann ein intensiver intellektueller Abstieg, Kriegspropaganda wurde zur Normalität. Wer heute darauf zurückschaut, hat das Gefühl, dass damals dennoch noch mehr sagbar war als heute — Opposition war noch möglich, selbst der Bundeskanzler traute sich, ein US-amerikanisches Abenteuer im Irak nicht zu unterstützen.
Sukzessive betrachtete aber die deutsche Öffentlichkeit die Welt durch eine schwarz-rot-goldene Brille. Im Zuge der Finanzkrise wurde das offenbar. Das Land gönnte sich den Wahnsinn, den Sozialabbau der Jahre zuvor — eine Leistung eben jenes gerade genannten Bundeskanzlers — der Welt als Erfolgsmodell verkaufen zu wollen. Denn es sei dieser Sozialabbau gewesen, der die Bundesrepublik fast unbeschadet durch die Finanzkrise kommen ließ.
In Europa sprach man angeblich wieder Deutsch. Und deutsche Zeitungen rechneten mit dem französischen Präsidenten François Hollande ab: Er müsse nur über den Rhein blicken, dann sehe er, wie er seine Wirtschaft ertüchtigen könne. Wolfgang Schäuble, der das kommende Jahr nicht mehr erleben sollte, exekutierte deutsche Austerität fast schon virtuos und prägte den intellektuell hochwertigen Satz: „Es darf nicht zugelassen werden, dass Wahlen die Wirtschaftspolitik ändern.“
In jenen Jahren blickte man aus Deutschland heraus in die Welt und deutete auf die Staatsmänner anderer Nationen. Da war der türkische Präsident und jener aus Ungarn — oder auch noch der aus Venezuela. Und dann war da natürlich Silvio Berlusconi, der in diesem jetzt scheidenden Jahr von uns ging. Der Cavaliere war ein wichtiger Bestandteil deutscher Politik: Man zeigte mit dem Finger auf ihn und war entsetzt, was die Italiener sich da gewählt hatten!
Einen korrupten, einen verschlagenen Charakter, der seine Interessen durchboxen will und Politik missbrauche. Bei uns in Deutschland, so die Einsicht, gäbe es dergleichen nicht. Wir seien eine Insel der Seligen in einem Meer, das mehr und mehr den Verstand verlor.
All die Diskurse, die dann folgten, ob Flüchtlingskrise oder Corona, ob Ukrainekrieg oder zuletzt Gaza, ob Klimawandel oder Kampf gegen den Rechtsextremismus: Alle waren sie geprägt von lautstarkem Getöse, reger Aufgebrachtheit und haarsträubender Übertreibung. 2022 schien der Wahnsinn dann eine neue Größenordnung eingenommen zu haben. Deutschland stellte erstmals seine wirtschaftliche Zukunft zur Disposition — ohne Not, aus reiner ideologischer Verblendung heraus. Oder auf Zuruf aus Washington. Als dann am 26. September 2022 Nord Stream detonierte und Politik und Behörden stillhielten, die Bürger nicht nachfragten, war der Grad der über Dekaden geschliffenen Verblödung gut taxierbar.
PISA und die Folgen
Nun liegt das Jahr 2023 in wenigen Stunden hinter uns. Wer für den Anschlag auf deutsche Infrastruktur verantwortlich ist, wer im engeren Sinne einen Kriegsakt gegen Deutschland verübte, wissen wir weiterhin nicht. Im Laufe des Jahres tischte man uns eine wilde Geschichte von Ukrainern auf Yachten auf. Kann ja sein, dass die in den Gewässern der Ostsee gesichtet wurden. Aber wer steckt dahinter? Wenn sich der amtierende Bundeskanzler mit dem ukrainischen Präsidenten trifft, tagen da nicht zwei souveräne Staatsmänner, sondern von höheren Interessen gelenkte Handpuppen. Wie könnte also der Bundeskanzler, erpressbar durch den Warburg-Skandal, peinliche Fragen stellen? Der renommierte Journalist Seymour Hersh hatte darauf eine Antwort: Der Kanzler wusste immer, was gespielt wird — Hersh erklärte das mit Quellen, die er nicht aufdecken kann, und wurde kleingemacht dafür.
Scholz‘ Rolle wird aber in der deutschen Öffentlichkeit nicht diskutiert. Bis heute nicht. Man lacht viel über den vergesslichen Kanzler, vergleicht ihn mit US-Präsident Biden: Irgendwie niedlich, wenn die Staatsmänner des Westens so menschliche Züge zeigen.
Ja, man hat den Eindruck, mancher findet es gar fortschrittlich, wenn auch die Demenz politische Ämter übernehmen darf. Gerade so, als sei das Teil der Inklusion behinderter Menschen.
Solche und noch ganz andere Identitätsdebatten führten Deutsche 2023 wilder denn je. Nun ist es gar strafbar, wenn man die Ansicht äußert, dass eine Transfrau eben keine Frau im herkömmlichen Sinne sei. Neulich entdeckte ich per Zufall ein kurzes Video, in dem ein sich als Frau identifizierter Mann über seine Regelbeschwerden beklagte. Früher ein Sketch — heute Wirklichkeit. Früher schlimmstenfalls Spinnerei, über die man gelacht hätte — heute nimmt man solche Stimmen ernst und jeder Lacher wird als Affront kategorisiert. Als „rechtsoffen“, wie man sagt — auch so ein Modewort 2023.
Am Ende dieses Jahres erhielt die deutsche Öffentlichkeit Einblick in die neuesten PISA-Erkenntnisse. Überraschend war nicht, dass Kinder aus deutschen Schulen immer weniger Textverständnis aufweisen, während die deutsche Öffentlichkeit mit großer Hoffnung auf eine KI schielt, die ihr demnächst den zweiten Teil von Goethes Faust so aufbereiten kann, dass sie ihn vielleicht sogar lesen würde. Die einzige Überraschung ist die überraschte Haltung, die mancher Journalist an den Tag legt, als die neueste PISA-Studie veröffentlicht wurde.
Was bitte überrascht da noch? Alles im europäischen und deutschen Bildungssystem ist genau auf diese Ergebnisse angelegt, der Bologna-Prozess greift nun endlich: Bildungsziele wurden geschleift und ersetzt. Nie war die Gesellschaft blöder studiert als heute. Dass wir wahnwitzige Diskurse führen, die zwar viel Emotion, aber wenig Argumente mit sich bringen, hat auch mit dem Bildungsverfall zu tun.
Intellektueller Klimawandel
Im Sommer dieses moribunden Jahres berichtete das ZDF in seiner Dokumentationssendung „37 Grad“ von einem Klimastreik in Berlin. Ein Journalist, vielleicht Ende 20, fragt ein junges Mädchen nach ihrer Motivation. Sie wollte sich ihre Zukunft zurückholen, antwortete sie. Vorgestanzte Antwort? Der testosteronfreie Papa legt seinen Arm um die Kleine, gab sich sichtlich stolz — und der Journalist trat einen Schritt zurück, nicht um professionellen Abstand zu wahren, sondern — um zu weinen. Ihm kamen die Tränen bei der Antwort des Mädchens.
In einem solch dramatischen Zustand ist das Land — und die, die darüber berichten. Die Indoktrinierung der Jüngsten ist Normalzustand. Und der Ausnahmezustand ist inzwischen auch normal. Dauernd ist Krise und Weltuntergang. Die Kinder sollen das mit der Muttermilch — entschuldigen Sie, mit der Menschenmilch — eingeflößt bekommen. Die Ehefrau des Wirtschaftsministers hat dazu ein Kinderbuch geschrieben: Weltuntergang in grellen Bildern. Im Plural sogar: Weltuntergänge! Stellt euch drauf ein, Kinderchen! Ihr werdet Angst haben, euer Leben lang! Wo genau fängt Kindeswohlgefährdung eigentlich an? Das Klima im Lande ist jedenfalls gut dafür geeignet, das Wohl der Kinder zu gefährden.
Dieses Jahr war das wärmste Jahr seit 125.000 Jahren — sagte der Wirtschaftsminister in seiner Weihnachtsrede. In der kanzelte er auch die Angstschürer ab. Ob er wohl seine Gattin meinte? Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird in Europa flächendeckend das Wetter erfasst, in Deutschland seit 1881, großzügig gerechnet kommen wir also auf ungefähr 170 Jahre. Warum lässt man dem Wirtschaftsminister diese Falschinformationen durchgehen? Man muss den Klimawandel als solchen nicht leugnen, um doch erkennen zu können, dass da jemand Verblödungsstrategien benutzt, um Interessenspolitik zu machen.
Dieses Jahr 2023 war vielleicht das wärmste seit 125.000 Jahren: Ganz genau weiß das niemand. Was aber sicher zu verifizieren ist: Es war eines der blödesten Jahre, seitdem Menschen Geschichte aufzeichnen. Auf alle Fälle war es mit das dümmste Jahr der Bundesrepublik seit 1949.
In welche Situation wurde dieses Land da nur hineinmanövriert? Und wo ist die Exitstrategie aus dieser Verblödungsschleife? Mir scheint, viele haben sich mit dem Niedergang abgefunden.
Neulich im Regionalzug, eine Durchsage: Der Scheibenwischer sei abgebrochen, wie es weitergeht, ob es weitergeht, man wisse es nicht. Wissen Sie, welche Reaktionen im Abteil zu vernehmen waren? Gar keine, nicht mal ein „Ach“, nicht mal ein „Scheiße“, kein Achselzucken — nichts! Auf den Sitzen gegenüber unterhielten sich zwei junge Frauen über den ökologischen Fußabdruck und wie gut es sei, dass man Zug fahren könne. Einen Ausgang aus der allgemeinen Umnachtungsmatrix habe ich indes nicht gefunden an jenem Nachmittag, nur einen, der mich immerhin aus dem Zug brachte. Ein gescheiteres 2024 wünsche ich uns allen!
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