In den ersten fünf Teilen dieser Serie haben wir uns mit der Notwendigkeit eines alternativen Gesellschaftssystems und mit dessen humanistischen Grundprinzipien beschäftigt. Wir haben ein politisches System entwickelt und darauf aufbauend eine alternative Form der Verteilung und Versorgung sowie der Produktion. Daraufhin haben wir die Veränderungen der Gesellschaft untersucht. Dies wird im Folgenden nun fortgesetzt. Dabei steht insbesondere die Rolle der Medien in dieser neuen Gesellschaft im Fokus.
Die Rolle der Medien im Prozess der demokratischen Willensbildung
Die Medien sind im Kapitalismus zu einer reinen Ablenkungs- und Propagandaindustrie verkommen. Mit billig produzierten Formaten, schlechten Reality- oder Casting-Shows sowie Sportveranstaltungen halten sie die Menschen in einer Wohlfühlblase, die drängende Probleme und Notwendigkeiten der Veränderung ausblendet. Auch die Formate, die sich als informatives Bildungsprogramm kaschieren, ähneln mehr einer propagandistischen Inszenierung. Diese soll den Menschen ein klares Feindbild außerhalb der eigenen Gesellschaft präsentieren, um den Zusammenhalt im Inneren zu stärken und Verständnis für das Regierungshandeln zu erzeugen, das dabei stets als unausweichliche – geradezu alternativlose – Notwendigkeit zum Wohle aller dargestellt wird.
Die meisten Medien sind in der Hand weniger, wohlhabender Menschen konzentriert und werden in ihrer Berichterstattung durch global agierende ThinkTanks beeinflusst, in denen Journalisten wiederum Mitglieder sind. Ihre diktatorische Macht erhalten diese wohlhabenden Menschen durch Erzeugung eines ihre Macht stützenden Konsenses, durch den sie die Menschen beeinflussen und auf ihre Linie bringen. Gleichzeitig wird der Meinungskorridor extrem eingeschränkt und alternative Denkweisen werden aus dem gesellschaftlichen Konsens ausgeschlossen. Jeder, der außerhalb dieses Korridors die herrschenden Verhältnisse kritisiert, wird mit absurden Kampfbegriffen wie „neurechts“ oder „Verschwörungstheoretiker“ überzogen und medial niedergeknüppelt, was zu öffentlicher Ächtung führt.
Wenn man die Inhalte der Medien genauer betrachtet, stellt man schnell fest: Im Großen und Ganzen sind sie sich einig. Die Feindbilder sind immer klar definiert, unauffällige Probleme werden meist ignoriert oder schöngeredet, und nur, wenn die Unzulänglichkeiten des kapitalistischen Systems allzu offensichtlich werden, haben die Medien die Symptome benannt und verurteilt. Die grundlegende Ursache, nämlich ein entfesseltes, kapitalistisches System und die Machtkonzentration in den Händen weniger, nicht gewählter wohlhabender Menschen, wird jedoch stets mit dem Mantel des Schweigens verhüllt.
Natürlich zeigen oder veröffentlichen die Medien auch Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen. Diese verlaufen allerdings innerhalb des sehr engen Meinungskorridors, kommen kaum über reine Symptombehandlung hinaus und dienen auch mehr dem Zweck, Meinungspluralität zu inszenieren.
Die Medien, allen voran das Fernsehen, verstehen es meisterhaft, Diskussionen von gesellschaftlich relevanten Themen auf vollkommene Überflüssigkeiten abzulenken. So inszenieren sie Reality-Shows, Doku-Soaps, Castingshows oder Sportübertragungen, die jeden Denkprozess im niedrigschwelligen Bereich halten, jedoch jede Menge Material für geist- und sinnentleerte Diskussionen bieten.
Deshalb konzentrieren sich die Gespräche vieler Menschen auf vollkommen irrelevante Themen, die meisten befassen sich erst gar nicht mit wichtigen Themen, setzen sich kaum kritisch damit auseinander. Die Zuschauer oder Leser nehmen diesen medialen Eskapismus gerne an, um sich von ihrem eigenen, tristen Alltag, in dem sie sich immer wieder im Hamsterrad des Kapitalismus abmühen, ohne wirklich etwas zu erreichen, abzulenken.
Sie projizieren die vermeintlich glücklichen Leben der angeblichen Stars auf das eigene Leben und überlagern so die eigene Unzufriedenheit, oder sie ergötzen sich am Elend der Figuren ihres Lieblingsformates, um das eigene Leben aufzuwerten. Die eigene Unzufriedenheit verschwindet so zwar nicht, wird jedoch auf eine unterbewusste Ebene verdrängt.
Doch die mediale Propaganda hat noch eine andere Seite. Im Kapitalismus dienen Medien auch dazu, bei den Menschen durch die Werbung Bedürfnisse zu erwecken, um selbst völlig nutzlose Produkte in den Markt einspeisen zu können. Dabei bedient sich die Werbeindustrie der ganzen Bandbreite psychologischer Erkenntnisse und manipuliert die Menschen, sodass diese die entsprechenden Produkte auch kaufen. Die Zuschauer werden zu reinen Konsumenten degradiert. Somit dienen die Medien auch als Propagandisten des Marktes.
Die Medienanstalten spielen dieses Spiel aufgrund wirtschaftlicher Zwänge mit. Da sie sich weitgehend über Werbeeinnahmen finanzieren, müssen sie sicherstellen, dass sie ideologisch dieselbe Linie verfolgen wie die potenziellen Werbenden, sprich, das Kapital. Denn wenn eine Medienanstalt gegen die eigenen Interessen handelt, ist sie als Werbekanal nicht mehr attraktiv.
Weiterhin beeinflussen global agierende ThinkTanks die Berichterstattung der Medien. In diesen sind auch führende Journalisten vertreten. Hier werden im gegenseitigen Austausch Meinungen auf die Linie der Mächtigen gebracht und im Anschluss entsprechend an die Menschen weitergeben. So verbreiten angeblich verschiedene Medien immer die gleichen Inhalte, eine Differenzierung findet nicht mehr statt.
Unter der Herrschaft des Kapitals dienen die Medien also dem Zweck, Meinungen zu formen, Bedürfnisse zu erwecken und die Menschen in einem konstanten Zustand der Ablenkung und des Konsums zu halten.
Ausbrechen
In einer neuen Gesellschaft wird sich die Funktion der Medien grundlegend wandeln. Befreit von wirtschaftlichen Zwängen können sie sich wieder ihrer eigentlichen Funktion widmen: der kritischen und objektiven Berichterstattung.
Dazu wird zunächst der Überfluss an Ablenkungsformaten aufgelöst. In einer neuen Gesellschaft wird Eskapismus zwar noch möglich, jedoch kaum noch notwendig sein. Mediale Kunst wie Filme und Fernsehserien werden weiterhin gefördert und sind erwünscht, stellen sie doch auch ein Format dar, in dem sich Kritik, Veränderungsmöglichkeiten oder inspirierende Inhalte künstlerisch darstellen lassen. Die zahlreichen billig produzierten und inhaltslosen Formate gehören allerdings der Vergangenheit an.
Die Hauptaufgabe der Medien wird die kritische, unvoreingenommene und objektive Berichterstattung über politische und gesellschaftliche Vorgänge und Debatten sein. Dabei sind die Medien in der Pflicht, Themen von jeder Seite aus zu beleuchten und nicht in ideologisch gefärbte Einseitigkeit zu verfallen. Um das zu gewährleisten, wird die Pluralität der Medien wieder aufgebaut.
Natürlich wird es weiterhin ausgebildete Journalisten geben, die nun wieder die Möglichkeit haben, ihren erlernten Beruf auch tatsächlich auszuüben. Darüber hinaus steht es jedoch jedem Menschen frei, eigene Medien zu produzieren oder sich in die bestehende Medienlandschaft mit geistreichen Kommentaren oder Beiträgen einzuschalten. So werden auch Wissenschaftler und Experten in den Medien zu Wort kommen. Dies ist auch im Kapitalismus schon der Fall, jedoch zeichnen sich diese Wissenschaftler und Experten stets durch latente Einseitigkeit und Kritiklosigkeit aus. In den Medien der neuen Gesellschaft wird auch die Meinungspluralität der Wissenschaft wiedergegeben.
Weiterhin sind die Medien eine wichtige Voraussetzung, um eine schnelle Konstituierung der Räte zu schaffen und politische Debatten voranzutreiben. Dadurch, dass sie die Funktionsweise des Verwaltungs- und Regierungsapparates transparent durchleuchten, aktuelle Diskussionen aufbereiten und an die Menschen weiterleiten, kann jeder Einzelne ohne zusätzliche Bildung sofort seine Aufgabe als Ratsmitglied übernehmen. Er ist über den Stand aller wichtigen Themen bereits informiert und versteht die Funktionsweise des Systems. So kann sich jeder Mensch an jeder beliebigen Stelle der Diskussion in diese einbringen.
Auf diese Weise soll auch das Interesse der Menschen an politischen Prozessen aufrechterhalten werden. Wenn die Menschen die geführten Diskussionen verstehen und sich einschalten können, wenn auch keine bestimmten Meinungen mehr vorgegeben und andere unterdrückt werden, dann bilden sie auch ihre eigene Meinung und treten für diese ein. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es um Entscheidungen oder Ereignisse geht, die ihre Leben beeinflussen. Die Tatsache, dass die Menschen sich über die Medien selbst einbringen können, ermöglicht weiterhin eine direkte Kontrolle der Räte. Die Medien sind so in der Lage, politischen Druck aufzubauen und Entscheidungen im Sinne einer breiten Bevölkerungsmehrheit zu beeinflussen.
Organisiert sind die Medien – wie alle anderen Berufsstände – in Räten, wodurch sie an der politischen Willensbildung teilnehmen. Somit dienen die Medien in einer neuen Gesellschaft der Aufklärung der Bürger sowie der Bildung und der Förderung der Kunst.
Gesellschaft, Kunst und Kultur
An die Thematik der Medien schließt sich jene von Kunst und Kultur unmittelbar an. Unter der Herrschaft des Kapitalismus sind Kunst und Kultur zu reinen Konsumgütern verkommen. Dadurch, dass die Künstler sich innerhalb des kapitalistischen Systems bewegen und ihre Kunst zu Geld machen müssen, werden über das System der Entlohnung allzu kritische Inhalte von vornherein ausgesiebt.
Das führt zu einer Banalisierung von Kunst und Kultur, welche dadurch in die Belanglosigkeit abgleiten und nur noch der Unterhaltung der Massen dienen. Die Inhalte sind zunehmend gleichförmiger und Bekanntes wiederholt sich immer und immer wieder, dem einzigen Zweck verpflichtet, Profite zu steigern. Die fortwährende Wiederholung des Altbekannten schränkt den künstlerischen und kulturellen Horizont der Massen extrem ein, sodass viele keine Vorstellung mehr von der möglichen Bandbreite der Kunst haben. Um wirkliche Alternativen zu finden, muss man lange und gezielt suchen.
Auch das gesellschaftliche Leben hat unter dem ständigen Arbeitsdruck erheblich abgenommen. Es beschränkt sich nur noch auf gelegentliche Festivitäten, die sich vor allem durch erheblichen Alkoholkonsum auszeichnen, mit dem die Massen sich von ihrer alltäglichen Tristesse abzulenken versuchen. Einen echten Zusammenhalt zu erzeugen, ist es kaum noch in der Lage, sondern das individualistische Gegeneinander hat sich in jeden Bereich der Gesellschaft hineingefressen. Gesellschaftliche Anlässe dienen daher zumeist nur der Kompensation der eigenen Einsamkeit und des eingebildeten Versagens auf beruflicher oder privater Ebene durch die Zurschaustellung eines Miteinanders.
Moderne Kommunikationsmittel fördern die weitere Entfremdung der Menschen untereinander. Das Internet ermöglicht es, Kontakte in der ganzen Welt zu unterhalten. Dieser grundsätzlich positiv zu bewertende Effekt wird durch die Dauernutzung der Menschen – auch in Gesellschaft anderer – zunichte gemacht. Das führt letztendlich dazu, dass sich Menschen mit den Kontakten, die sie online haben, verbundener fühlen als mit den sie umgebenden Mitmenschen. Auf diese Weise zersplittert die Gesellschaft in eine Ansammlung von nebeneinanderher lebenden Individuen.
In einer neuen Welt wird durch Reduzierung der Arbeit und Wegfall des dadurch bedingten Stresses mehr Zeit für gesellschaftliches Zusammenleben bleiben. Die Kommunikation untereinander wird schon durch die politischen Prozesse und Debatten gefördert, doch auch auf privater Ebene steht den Menschen mehr Zeit zur Verfügung, sich in Interessensgemeinschaften zusammenzuschließen oder Veranstaltungen zu organisieren. Ferner wird der Mensch durch die Gewährleistung einer umfassenden Versorgung von seinen Existenzängsten befreit. So kann ein jeder sich mit seinen Mitmenschen befassen und ist nicht auf sein eigenes Überleben oder sein eigenes Vorankommen fixiert.
Kunst und Kultur sind nicht länger von Verwertungszwängen abhängig und können sich daher frei entfalten. Durch die Entkoppelung der Kunst von Geld werden jene Künstler und Kulturschaffende „arbeitslos“, die nur des Geldes wegen diesen Weg eingeschlagen haben. Dies wird allerdings, da diese Menschen ihre Kunst nicht länger an ihrem Verwertungsgrad messen müssen, zu einer Steigerung der Qualität führen.
Jedem Einzelnen steht es nunmehr offen, sich am Kunst- und Kulturbetrieb zu beteiligen. Die dazu notwendigen Mittel werden ihm entweder auf Anfrage bereitgestellt oder neu geschaffene Kulturzentren leihen ihm alle erforderlichen Mittel, beispielsweise Musikinstrumente, Leinwände und Farben, Videokameras und die erforderliche Technik, auf Anfrage hin aus. Auf diese Weise wird auch eine überbordende Produktion an technischen Geräten eingedämmt. In diesen Kulturzentren können Veranstaltungen wie Filmvorführungen, Diskussionsrunden, Konzerte stattfinden, an denen jeder als Künstler, Redner oder Veranstalter teilnehmen kann. So soll eine starke Gesellschaft entstehen, die auf Mitmenschlichkeit begründet ist und das politische Anliegen unterstützt, Interessen der Gesamtheit über Einzelinteressen zu stellen. Die freie Entfaltung von Kunst und Kultur soll die Entwicklung einer solchen Gesellschaft und das Miteinander fördern.
Weiterhin ist es auch möglich, kritische Inhalte in Kunst und Kultur unterzubringen, auf diese Weise Diskussionen auszulösen und zu einem gesellschaftlichen Fortschritt beizutragen. Inhalte dürfen unter keinen Umständen zensiert werden, sodass eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Gesellschaft möglich ist.
In einer neuen Gesellschaft dienen Kunst und Kultur also der Verwirklichung der Grundprinzipien der Mitmenschlichkeit und Liebe und fördern einen starken, gesellschaftlichen Zusammenhalt, ermöglichen aber auch Kritik an kritikwürdigen Verhältnissen und tragen somit zu einer Verbesserung des Systems bei.
Recht, Rechtsprechung und Sanktion
Wenn von der Gesellschaft die Rede ist, darf auch das sie ordnende Konstrukt des Rechts und der Rechtsprechung nicht fehlen.
Im Kapitalismus dient das Recht hauptsächlich dazu, den Status quo zu zementieren. Dabei richtet sich der Fokus auf den Erhalt des Eigentums sowie die Sicherung von etwaigen Gewinnen. Der Schutz von Menschen spielt nur insofern eine Rolle, als dass seine Verletzung durch Geldleistungen ausgeglichen werden kann und er somit dem Eigentumsschutz untergeordnet ist.
Auch im Strafrecht überwiegen die Eigentumsdelikte, die oft mit höheren Strafen belegt sind als Straftaten gegen die Würde anderer Menschen. Generell werden Täter oft jahrelang in Haftanstalten ihrer Freiheit beraubt und einem System untergeordnet, das auf starke Repression setzt. Dabei hilft diese Strafe kaum, Täter wieder in die Gesellschaft zu integrieren und wirkt auch in keiner Weise präventiv. Im Gegenteil, viele Menschen sind aus einer Not heraus, allen voran aufgrund ihrer Armut, zu Straftätern geworden.
Anstatt diesen Menschen einen Weg aus ihrer Not zu zeigen, werden sie weggesperrt und unterdrückt. Ihnen wird vermittelt, sie seien der Bodensatz der Gesellschaft. Dies führt dazu, dass einmalige Straftäter, diese Botschaft einmal verinnerlicht, zu einem großen Prozentsatz rückfällig werden. Viele haben ihre Haltung zur Gesellschaft insgesamt in den Haftanstalten radikal verändert, fühlen sich ihr nicht mehr teilhaftig und halten sich nicht mehr an ihre Normen. Verstärkt wird dieser Effekt durch die Tatsache, dass Vorbestrafte nur schwierig eine Arbeit finden und sich daher nur schwer wieder in die Gesellschaft integrieren können, selbst bei vorhandenem Willen.
Die Rechtsprechung ist von der kapitalistischen Ideologie durchdrungen. Die Ellenbogengesellschaft, welche Einzelnen das Versagen des Systems aufbürdet und diese abstraft, setzt sich hier fort. Diese Ideologie wird zudem dadurch verfestigt, dass Richter und Staatsanwälte – einmal im Amt – viele Jahre lang diesen Beruf ausüben und der Wechsel in den entsprechenden Positionen nur sehr schleppend stattfindet. Das Recht ist stets der letzte Schritt auf dem Weg gesellschaftlicher Änderungen, und so werden Verhaltensweisen, die gesellschaftlich längst akzeptiert sind, oft noch immer abgestraft, weil das Recht schwerfällig ist.
Zwar besitzt fast jedes Land eine Verfassung, doch gerade in der Spätphase des Kapitalismus ignorieren die Staatsorgane diese immer mehr und brechen permanent Recht. So stehen die wichtigen Grundrechte zwar auf dem Papier, spielen in der Praxis aber eine immer unbedeutendere Rolle. Sie werden als störend empfunden auf dem Weg, die kapitalistische Ordnung durchzusetzen und aufrechtzuerhalten – und werden deshalb von staatlicher Seite immer vehementer gebrochen. Alarmierende Beispiele sind das Polizeiaufgabengesetz in Bayern, der Ausbau öffentlicher Überwachung, der Umgang mit digitaler Privatsphäre. Die Fortsetzung dieser Liste fällt nicht schwer.
In einer neuen Gesellschaft wird das Recht hingegen kontinuierlich der sich wandelnden Gesellschaft angepasst. Vorrangig geht es nicht darum, den Status quo aufrecht zu erhalten, sondern den Fortschritt rechtlich zu untermauern und abzusichern. Zu diesem Zweck sind auch Richter und Anwälte in einem Rat organisiert, der stets einen Vertreter in den Kommunalrat entsendet, um Notwendigkeiten der Änderung in das Bewusstsein dieses Rates zu bringen, und umgekehrt trägt die Gesamtheit der Menschen Notwendigkeiten der Veränderung an diesen heran.
Die Gewaltenteilung ist dadurch nicht gefährdet, stehen doch viele andere Ratsmitglieder dem einzelnen Ratsmitglied der Richter beziehungsweise der Anwälte gegenüber. Ferner ist es wichtig, die Notwendigkeiten und Bedürfnisse dieser Berufsgruppe ebenso zu berücksichtigen wie die aller anderen Menschen.
Da das Eigentum an Bedeutung verliert und seine Akkumulation nicht länger das höchste Ziel ist, wird auch das Eigentumsrecht massiv zurückgefahren. Jedes Recht, das sich auf Geld und Gewinne bezieht, kann aufgrund der Abschaffung des Geldes gestrichen werden. In den Fokus des Rechts rücken Mensch und Natur. So wird der Schutz des Menschen und seiner Würde ausgebaut und die Natur als eigenständige Rechtsperson anerkannt. Jede Verletzung wird auf ihre Notwendigkeit hin untersucht und gegebenenfalls abgestraft. Die Verletzung von Menschen bleibt weiterhin auf das Notwehrrecht beschränkt. Denkbar ist es, die Verletzung der Natur ebenso zu beschränken.
Das Recht wird, soweit möglich, auf globaler Ebene angeglichen. Da keine Nationalstaaten mehr existieren, ist es notwendig, die Handlungsmöglichkeiten aller Menschen in jeder Region der Welt gleich zu gestalten. Die Grundlage dafür legt eine weltweite Verfassung, die alle wichtigen Grundrechte sowie das Völkerrecht enthält und stetig weiterentwickelt wird. Sie darf unter keinen Umständen gebrochen oder eingeschränkt werden. Weiterhin wird der Schutz der Umwelt in diese Grundrechte aufgenommen.
Aufbauend auf diesen Grundrechten wird ein globales Rechtssystem geschaffen, das sowohl den Menschen sowie der Natur und ihrem Schutz dient, als auch die verwaltungstechnischen Abläufe sowie die Funktionen und Aufgaben der Räte festschreibt. Regionale Abweichungen vom globalen Recht müssen auf regionale oder kommunale sowie kulturelle Besonderheiten beschränkt bleiben und vor dem Globalrat gerechtfertigt werden.
Die Rechtsprechung findet auf kommunaler Ebene statt, jedoch muss es auf allen Ebenen Berufungsinstanzen geben, sodass am Ende eines oder mehrere Weltgerichte ein Urteil am weltweit gültigen Recht und dem Völkerrecht messen, aber auch regionale und kommunale Besonderheiten berücksichtigen. Die Gerichte werden für jeden Fall aus einem Pool an Richtern und Anwälten neu zusammengesetzt, sodass in den Positionen ein reger Wechsel stattfindet. Bei den Berufungsprozessen auf höheren Ebenen ist jedoch stets ein kommunaler oder regionaler Richter miteinzubeziehen, der etwaige kommunale oder regionale Besonderheiten hervorheben und den anderen Richtern nahebringen kann.
Für zivilrechtliche Klagen wird ein neues System des Schadenersatzes gefunden. Denkbar ist ein Schadenersatz in Naturalien oder Dienstleistungen.
In strafrechtlichen Angelegenheiten wird der Fokus auf die Wiedereingliederung des Täters in die Gesellschaft gelegt. Haftanstalten wird es nicht mehr geben. Nur in besonders schweren Fällen sind Straftäter in Haftanstalten zu verbringen, wo sie unter Aufsicht, aber auch ständiger psychologischer Kontrolle und Therapie – sofern möglich – auf eine Rückführung in die Gesellschaft vorbereitet werden. Diese Maßnahmen gelten jedoch nur für die Fälle, in denen ein Täter wiederholt anderen Menschen oder der Umwelt Schaden zugefügt hat und keinen Willen zur Besserung zeigt. Das Urteil wird beständig überprüft und der Straftäter bei einer erkennbaren Besserung in einem geeigneten Prozess in die Gesellschaft wieder eingegliedert.
Da jedoch die meisten Straftaten im kapitalistischen System aus Armut, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung heraus begangen werden, ist damit zu rechnen, dass sie in einer neuen Gesellschaft signifikant abnehmen, da jeder Einzelne gut versorgt wird sowie die Möglichkeit erhält, sich frei nach seiner eigenen Persönlichkeit zu entwickeln. Möglicherweise dauert dieser Prozess mehrere Generationen, da die an der Transformation beteiligten Menschen noch zu sehr in ihren alten, vom Kapitalismus gepredigten Werten verhaftet sein werden. Es könnte also sein, dass die Kriminalität zu Anfang eher zunimmt, bevor sie dann langfristig auf ein sehr niedriges Niveau absinkt. Dieser Effekt lässt sich durch konsequente Bildung und psychologische Betreuung abmildern.
In einer neuen Gesellschaft dient das Recht somit primär dem Menschen und der Umwelt und schreibt die Entwicklung der Gesellschaft kontinuierlich fort.
Die ökologische Endreinigung
Der Kapitalismus hat erheblichen Schaden an unserer Lebensgrundlage, der Natur, verursacht. Er hat nicht nur zu einer massiven Abholzung der Wälder geführt – mit der Folge einer Desertifikation in vielen Regionen der Erde. Außerdem fallen die Wälder als wichtige Kohlenstoffspeicher sowie als „Luftfilter“ weg. Auch reichern sich immer mehr Giftstoffe in Luft, Wasser und Boden an. Dies ist jedoch kein exklusiver Effekt, der singulär auf eine weit vom Menschen entfernte Natur beschränkt bleibt. In Form der Nahrung, des Trinkwassers und der Atemluft vergiften diese Schäden auch die Menschen und machen sie krank. Nicht ohne Grund ist die Anzahl der Tode durch sogenannte Zivilisationskrankheiten in den vergangenen Jahrzehnten so stark gestiegen.
Auch die Abfallproduktion, allem voran die unzählbaren Mengen an Kunststoffen, sind ein Ergebnis kapitalistischen Wahnsinns. Darüber hinaus führt der Kapitalismus zu einem extremen Artensterben, das die Biodiversität erheblich gefährdet. Pflanzen und Tiere fallen einem Massensterben, einem Ökozid zum Opfer, der von Menschenhand gemacht und durch die Logik des Kapitalismus in alle Regionen der Welt exportiert wird.
Am bedrohlichsten für den Menschen als Spezies ist aber wohl der sich abzeichnende Klimawandel, der Dürren, Desertifikation und Hungersnöte auslöst, die wiederum zu Kriegen, Flucht und Vertreibung führen. Die Auswirkungen eines voranschreitenden Klimawandels sind noch überhaupt nicht abzusehen, doch ist schwer vorstellbar, dass die menschliche Zivilisation dies in ihrer jetzigen Form übersteht.
Auch in einer neuen Gesellschaft werden die Effekte der jahrelangen Misshandlung unserer Umwelt nicht einfach verschwinden. Doch es ist möglich, die schwerwiegendsten Effekte abzumildern. Zu diesem Zweck wird es eine ökologische Erdreinigung geben müssen, die junge Menschen nach dem Prinzip eines etwaigen Wehrdienstes und nach Absolvierung eines Grundstocks an Bildung und vor Ergreifung eines Berufes – ergänzt um Freiwillige – ausführen werden.
Da sich die Natur weitestgehend selbst zu regenerieren hat und das Eingreifen der Menschen sich stets als fatal erwies, ist das alleinige Ziel der ökologischen Erdreinigung, die in der Natur angereicherten Giftstoffe und Abfälle aus dieser zu entfernen und – sofern möglich – zu neutralisieren. Dieser Prozess wird durch ständigen, wissenschaftlichen Fortschritt unterstützt, der neue Methoden des Recyclings, der Rohstoffgewinnung aus Abfällen und der Entgiftung entwickeln soll. Da Recycling nicht mehr an die Notwendigkeit einer ökonomischen Rendite gebunden ist, kann dazu jeder Aufwand betrieben werden, es sei denn, er produziert mehr Abfall oder Giftstoffe, als neutralisiert oder recycelt werden.
Um weite Reisen zu verhindern, bleibt die ökologische Erdreinigung jeweils auf die Kommunen beschränkt. Die jungen Menschen einer jeden Kommune entgiften unter Anleitung von Wissenschaftlern und „Berufsreinigern“ das jeweilige Kommunalgebiet. Dies gilt nur für Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte. Oft betreffen jedoch die größten Verschmutzungen Gebiete mit geringer Bevölkerungsdichte. Hier werden zur Erdreinigung Camps aufgebaut, die sich vollständig abbauen und weitertransportieren lassen. So reisen sie beständig von Verschmutzung zu Verschmutzung. Die Camps werden durch geschultes Reinigungspersonal betreut, die durch freiwillige Helfer oder dienstleistende Jugendliche unterstützt werden.
Für Gebiete mit besonders gefährlichen Belastungen ist es denkbar, die verbliebenen Strafgefangenen heranzuziehen. Diese erledigen in den Camps solche Arten der Reinigung, die man jungen Menschen nicht aufbürden kann. Dabei stehen sie unter konstanter Bewachung. Gleichzeitig ist es jedoch notwendig, sie keinen vermeidbaren Risiken für Gesundheit oder Leben auszusetzen. Sie sind daher mit aller notwendigen Schutzausrüstung zu versorgen. Auch werden sie fortwährend psychologisch und rechtlich begleitet, sodass sie bei erkennbarer Besserung ihres Verhaltens jederzeit wieder in die Gesellschaft integriert werden können.
Auch Strafgefangene sind weiterhin Menschen, ausgestattet mit allen Rechten und der Würde, die jeder Mensch von Natur aus besitzt. Eine Entwürdigung durch die Auslieferung an menschengemachte Gifte ist daher so weit wie möglich zu vermeiden. Zudem ist eine solche Strafe nur jenen Straftätern aufzubürden, die sich als für die Gesellschaft gefährliche Individuen erwiesen haben. Abweichende politische oder gesellschaftliche Ansichten erfüllen diesen Tatbestand nicht. Nur, wenn Menschen wiederholt und vorsätzlich anderen Menschen oder der Natur schwere Schäden zugefügt haben, ist über eine solche Strafe nachzudenken.
Darüber hinaus werden durch die Abschaffung überflüssiger Produktion große Flächen frei. Die überflüssig gewordenen Produktionsmittel sind abzubauen und die gewonnenen Materialien anderweitig zu verwenden. Die freigewordenen Flächen werden der Natur zur Rückeroberung überlassen, nachdem sie von allen Giftstoffen befreit sind. Gleiches gilt für die nicht mehr benötigten landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere in den ehemaligen Regenwäldern.
Die Natur regeneriert sich an diesen Stellen am besten selbst, ein Eingreifen des Menschen wäre eher schädlich. Einzig in Gebieten, in denen die Desertifikation eine Erholung auf natürlichem Wege unmöglich gemacht hat, ist durch gezielte, nachhaltige Wiederaufforstung die Verwüstung zu stoppen und eine Erholung durch Regeneration des Mikroklimas zu gewährleisten. Bereits im Kapitalismus begonnene Projekte sind zu diesem Zweck aufrechtzuerhalten und auszuweiten.
Die sozioökonomischen Folgen des Klimawandels, wie beispielsweise große Migrationsbewegungen aus den Regionen, die von Hungernöten und Dürren geplagt sind, werden durch das Verteilungssystem der ökologischen Rätedemokratie abgefangen. Diese Regionen sind mit den Überschüssen anderer Regionen so lange zu versorgen, bis sich das dortige Mikroklima erholt hat, die Desertifikation zurückgeht und Dürren nachlassen, sodass wieder ein funktionierender Ackerbau möglich ist.
Der globale Norden hat in der Vergangenheit mit seiner kolonialistischen Politik erheblich zur Verelendung dieser Regionen beigetragen. Daher ist seine Verantwortung gegenüber diesen Regionen besonders groß. Die ökologische Erdreinigung dient somit nicht nur der Gesundung einer erheblich in Mitleidenschaft gezogenen Natur, sondern auch der einer menschlichen Zivilisation, indem sie die Effekte von Giften auf den Menschen abmildert und die Grundlage für ein harmonisches Zusammenleben ohne Konflikte bildet.
Einige abschließende Fragen, insbesondere über die Gestaltung einer Transformation, sind Thema des letzten Artikels dieser Serie.
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