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Die Unwählbaren

Die Unwählbaren

Politiker verdienen unsere Aufmerksamkeit und unseren Gehorsam nicht. Unter solchen Umständen ist es besser, nicht zu wählen, als das Falsche zu wählen.

Nein, danke, ich will keinen Apfel. Doch die Frau gab nicht auf, sie bedrängte mich regelrecht, ihn anzunehmen. Wieder wehrte ich ab. Seitdem bekannt ist, was mit der biblischen Eva passiert ist, als sie sich von einer Schlange verführen ließ, in einen Apfel zu beißen, ist doch klar, dass Misstrauen angebracht ist. Im Lateinischen übrigens heißt der Apfel malum und ist also verwandt mit malus, dem Bösen. Daher ist es ohnehin nicht die beste Idee, mit Äpfeln auf Jagd nach Wählerstimmen zu gehen — genau darum ging es dieser Frau, die auf einem Marktplatz, irgendwo in Deutschland, auf mich zustürmte.

Es ist nicht nur so, dass ich parteiideologisches Obst meide, auch sonst will ich von Politik dringend verschont werden. Das mag sich seltsam anhören, denn ich kommentiere als Journalistin seit zig Jahren unter anderem auch den bundesdeutschen Politbetrieb. Letztlich aber ist mir gerade dadurch klar geworden, dass es sich um eine Branche handelt, die sich totgelaufen hat. Egal, welche Partei, alle drehen sich im Kreis, gefangen in ihren stupiden Angstmacher-Programmen, mit denen sie die Bevölkerung permanent penetrieren.

Wann gab es denn mal ein freundliches, von Machtkalkül befreites Wort an uns? Durch die Reden wuchern die ewiggleichen Plattitüden; nicht mal bei Terror und Trauer weichen die Polit-Protagonisten von ihren inhaltslosen Phrasen ab.

Ihre Gesichter wirken gelangweilt bis verbittert, primär aber so starr, als entstammten sie einem Wachsfigurenkabinett. Wer lacht, der lacht hyperkünstlich wie etwa Alice Weidel, kleinmädchenkichernd wie Annalena Baerbock, überheblich wie Olaf Scholz oder zynisch wie Friedrich Merz.

Immer wieder frage ich mich: Wo ist das Herz. Und immer wieder stelle ich fest: Da ist keines. Warum also zur Wahl gehen? Mir widerstrebt, mit meiner Stimme Personen zu unterstützen, die nichts weiter tun als antarktische Kälte zu verbreiten. Kriegstreiber tun das ebenso wie solche, die ihre Bildungskonzepte durchboxen wollen. Wer sagt, das gehöre eben zur Politik, so etwas wie Güte und Empathie sei fehl am Platz, dem antworte ich, dass ich für diesen Akt der Selbstverachtung nicht gemacht bin. Denn: Sobald ein herzloses System akzeptiert ist, wird es sich auch gegen einen selbst richten. Wie massiv sich das auswirken kann, zeigten insbesondere die Pandemie-Jahre, die ein einziger Überbietungswettbewerb in Sachen Unmenschlichkeit waren — zwei herzlose Regierungen legitimierten Millionen Bundesbürger zu eben dieser Herzlosigkeit gegenüber nichtgeimpften Menschen.

Ein humanitäres Totalversagen. Das bis heute ohne ernsthafte Konsequenzen bleibt. Mehr noch: Im aktuellen Wahlkampf tut man so, als hätte es überhaupt nicht stattgefunden. Auch die AfD hat plötzlich eine Corona-Amnesie. Einst gab sie sich als unerschrockene Kämpferin im Namen der Nichtgeimpften, aber schon damals zeichnete sich ab, dass das nichts weiter als oppositionelle Strategie ist. Anders gesagt: Nichts, aber auch gar nichts in der Politik geschieht aus reiner Menschenliebe.

Selbst wenn es Donald Trump gelingen sollte, den Ukraine-Krieg zu beenden, dann gewiss nicht, weil er ein ach so gütiges Herz hätte. Die erste Frage muss immer sein, welches narzisstische Interesse hat ein Politiker, inwiefern dient es ihm, und zwar nur ihm.

In diesem Fall ist es ebenso eitel wie banal: Trump will, und darüber spricht er oft, den Friedensnobelpreis.

Worauf nun sollen wir hoffen? Gewiss nicht auf die derzeit viel beschworene Hand, die endlich durchgreift. Mit Rufen nach dem starken Mann lag man immer schon daneben. Gerade die Covid-Ära, die ein Musterbeispiel für einen viel zu übergriffigen Staat lieferte, der Millionen Menschen in Not und Leid brachte, war alarmierend genug. Die „da oben“ werden schon wissen, was für uns gut ist — wer glaubt das noch? Wann endlich wird erkannt, dass die jeweils herrschende Politik kein Vertrauen in den Menschen hat und ihn dadurch konstant entmündigt? Wann endlich gesteht man sich ein, dass die jeweils herrschende Agenda ein Chamäleon ist und nie verschwindet, sondern eben nur ihre Farbe wechselt? Wann endlich spricht sich herum, dass ein Staat nur durch das Gewaltmonopol funktioniert, egal, wer am Hebel ist? Wollen wir weiterhin die Gewalt akzeptieren, die der Staat ausübt?

Eine Gewalt, die vielen überhaupt nicht bewusst ist, schon gar nicht in Demokratien, die aber bereits in der Grundstruktur zu finden ist, da der Staat, wie etwa der US-Freiheitsdenker Murray Rothbard treffend feststellte, nur durch Zwang und Gewalt zu finanzieren und nur durch Unterdrückung zu erhalten ist. Alleine, dass erzwungene Steuern das Töten von Menschen in der Ukraine finanzieren oder Spektakelveranstaltungen mit gigantischem Sicherheitsaufgebot, wie etwa die Münchner Sicherheitskonferenz, ist unerträglich.

Wer auf Heilsbringer hofft, sollte dieses Bedürfnis in spirituellen Sekten ausleben. Erlösung gibt es zwar auch dort nicht, noch weniger aber in der Politik. Niemand wird uns retten.

Keine Oppositions-Partei, keine etablierte Partei – niemand. Leider ist eine Gesellschaft gerade in Krisen ausgesprochen verführbar für Messias-Fantasien. Dann schlägt die Sehnsucht durch, dass einer kommt, der — gleich Mose — das Meer teilt. Auswege aus der Katastrophe sind jedoch stets teuer erkauft. So mag sich gewiss keiner aufgrund von verfehlter Migrationspolitik bedroht und gefährdet im eigenen Land fühlen. Wer aber zu Ende denkt, was streng kontrollierte Grenzen, Zäune, Poller, Bollwerke und digitaler Überwachungsterror für uns alle bedeuten, nämlich das Eingesperrt-Sein in einen totalitären Knast, dürfte das ebenso wenig wollen.

Man hat also immer die Wahl zwischen Skylla und Charybdis. Oder zwischen Pest und Cholera. Das zu erkennen, löst das Migrations-Dilemma freilich nicht. Andererseits, selbst wenn alle illegalen Migranten raus wären aus dem Land, wären die alten Probleme immer noch da. Ob arme Alte, psychisch kranke Kinder, von sich selbst entfremdete Erwachsene — der Gang zur Wahlurne füttert weiterhin ein System, das sich gegen den Menschen richtet. Auch aufgrund zig ökonomischer Probleme wäre verfehlt, einzig Marktwirtschaft und parlamentarische Demokratie als zukunftsversprechendes Konzept gesellschaftlichen Zusammenlebens zu betrachten.

Den idealen Zeitpunkt für einen Exit wird es allerdings nie geben. Denn das politische Kartell wird fleißig nächste Krisen produzieren, damit wir bloß nicht aussteigen, sondern ausgerechnet von den Problem-Produzenten Lösungen erhoffen. Die Demokratie, die damit angeblich lebendig gehalten werden soll, ist längst zum Mythos geworden. Ohnehin ist erstaunlich, dass man nach dem NS-Regime nicht sagte: Nein, danke, ich habe genug gesehen. Mit Hitler hätte jede Partei-Ideologie sterben müssen.

Nein, dies ist kein Aufruf zu einem brachialen Umsturz. Eine herrschaftsfreie Gesellschaft lässt sich, auch wenn es mehrfach versucht wurde, niemals mit Gewalt herbeiführen. In seinem Buch „Frei von Herrschaft — Fragmente einer anarchistischen Anthropologie“ erläutert David Graeber, was stattdessen zu tun ist. Der amerikanische Anarchist und Kulturanthropologe legt dar, dass revolutionäre Handlungen auf Akkumulierung gründen, also darauf, an möglichst vielen Orten anarchistische Konzepte umzusetzen, etwa in Form sogenannter Gallischer Dörfer:

„Revolutionäres Handeln ist jede kollektive Aktion, die eine bestimmte Form der Macht oder Herrschaft ablehnt, sich ihr deshalb entgegenstellt und so gesehen durch dieses Tun gesellschaftliche Beziehungen — selbst innerhalb eines Kollektivs — erneuert.“

Jeder Schritt, herrschaftsfrei zu werden, zählt also. Das beginnt bereits damit, in Beziehungen auf Hierarchie und Machtspiele zu verzichten. So sind weder links noch rechts besser, sondern lediglich Konstrukte, um sich über andere zu erheben.

Ich weiß, die allermeisten können sich eine herrschaftsfreie Welt überhaupt nicht vorstellen. Würden wir nicht im totalen Chaos landen, in maximaler Desorientierung? Müssten wir nicht mit Gewaltexzessen rechnen, mit unkontrollierbaren Zuständen? Diesen Vermutungen liegt ein ausgesprochen pessimistisches Menschenbild zugrunde, das ich nicht teile. Zudem bedeutet Anarchie mitnichten, dass es an Organisation fehlt, sondern dass diese weder auf Gewalt noch auf Hierarchie beruht. Zudem können Menschen, die selbstverwaltet und auf freiwilliger Basis miteinander kooperieren, das nur tun, wenn sie richtig gut organisiert sind.

Die Negativfixierung von Anarchie ist natürlich gewollt — wo kämen wir denn da hin, wenn die Menschen entdeckten, dass sie nicht zur Knechtschaft geboren sind. Bereits Machiavelli diffamierte Anarchie als eine Degenerationserscheinung der Demokratie und setzte sie mit Tyrannei und Oligarchie gleich. Später bekämpften Marx und Engels die Anarchisten, unter Lenin gehörten sie zu den ersten, die von den Vertretern der Sowjetmacht liquidiert wurden, Hitler ließ sie in Konzentrationslager bringen.

Die Idee einer herrschaftsfreien Gesellschaft wurde bereits unter den Stoikern propagiert. Zenon von Kition, der Begründer der Stoa, war überzeugt, dass der Mensch, als ein zur Vernunft begabtes Wesen, in der Lage sei, ohne Herrschaft zu leben. Er müsse nur „der Freiheit, dem Sittengesetz, das ins Innere der Menschen aufgenommen worden ist, folgen, so dass alle staatlichen Institutionen zu existieren aufhören, der Staatsbegriff selber sich verflüchtigt“. Zenon malte diese Utopie noch weiter aus, und es klingt fast zu schön, um je wahr sein zu können. Demnach würde jeder nach seinen Fähigkeiten arbeiten und nach seinen Bedürfnissen konsumieren, und „alle Völker in einem dauernden Taumel der gegenseitigen Freundschaft und Liebe leben“.

Anarchie ist, so besehen, eine der größten Liebeserklärungen an die Menschheit. Und gibt einer durch Politik infantilisierten Gesellschaft endlich die Chance, erwachsen zu werden.

Nur: Was geschieht mit all den arbeitslosen Politikern? Wenn sie die Medienbühne noch brauchen, sollte man ihnen anbieten, in die Unterhaltungsindustrie zu wechseln.


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