Im Wahlkampf bedrängen uns jetzt die Plakate mit Köpfen von Politikern und mit sehr simplen Parolen. Robert Habeck reduziert seine Aussage auf ein einziges Wort: Zuversicht. Das bedeutet, dass er zuversichtlich ist, mit seinem Gesicht und Fotografien seiner Person bei der Bundestagswahl gut abzuschneiden. Bitte nicht weiter nachdenken!
Personifizierung der Politik ändert nichts daran, dass fundamentale Strukturen und Fakten den Lauf der Dinge viel mehr bestimmen als alle Reden, Parolen, Narrative und Selbstdarstellungen. Der krasseste Fall auf der Weltbühne ist Wolodymyr Selenskyj, der genial-flexible Politdarsteller auf ständiger Welttour, zuletzt in Umarmung mit Boris Pistorius.
Nachdem Selenskyj in einer Fernsehserie, als Produzent und Hauptdarsteller, laut Drehbuch zufällig Präsident wurde, ist er es in der Realität in Kiew wirklich geworden. Und er hat die Rolle weiter gespielt, mit perfekten Aufritten überall. Darstellung und Inszenierung sind sein persönliches Meisterwerk.
Im Wahlkampf hatte Selenskyj Frieden versprochen, doch sowohl die USA als auch die faschistoiden Kräfte in Kiew verlangten von ihm, Krieg bis zum erhofften Sieg über Russland zu führen, und Selenskyj hat diese Rolle bis heute überzeugend gespielt. Sehr überzeugend — er ist an Perfektion nicht zu überbieten und erinnert mich immer wieder an Charly Chaplin in dem Film „Der große Diktator“. Während Chaplin aber nie die Satire verlässt, kann man bei Selenskyj etwas anderes erkennen: Er hat sich durch den Erfolg von seiner Rolle überwältigen lassen.
Die Ukraine kann einen Krieg gegen Russland nicht gewinnen. Der Superstratege Napoleon hat es nicht geschafft, auch Adolf Hitler nicht, der sich für den größten Feldherrn aller Zeiten hielt. Im Fall Ukraine ist von Anfang an klar, dass nur ein Eintritt der USA oder der NATO in den Krieg einen Sieg möglich gemacht hätte, verbunden mit der Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs. Selenskyj hat lange versucht, das zu provozieren, und versucht es immer noch, doch Trump wird dem hoffentlich ein Ende machen.
Selenskyj ist das krasse Beispiel dafür, dass selbst eine perfekt agierende politische Figur an den harten Fakten der Realität nichts ändern kann.
Er hat unglaubliche Mengen an Geld und Waffen bewegt, aber sein eigenes Land und einen großen Teil der Bevölkerung zugrunde gerichtet. Was nützt es dem Volk, wenn er die Schuld auf den Teufel Wladimir Putin schieben kann, der wie alle anderen Machthaber unter den Zwängen der Imperialpolitik steht und danach handelt?
Beliebtheit nützt nichts, wenn die Politik nicht stimmt. Das wird auch nachträglich am Fall Angela Merkel erkennbar, die weitaus beliebter war als alle deutschen Bundeskanzler vor ihr. Ihre Beliebtheit hat sie dazu verleitet, Probleme liegen zu lassen, bei denen sie Ärger mit den Parteien CDU und SPD hätte bekommen können.
Selbst krasse, falsche Entscheidungen haben ihre Beliebtheit nicht beeinträchtigt! Im Fall „Corona“ hat Frau Merkel sich zu Tränen gerührt gezeigt und vehement die falschen Maßnahmen durchgesetzt. Alle Medien und 80 Prozent der Bevölkerung sind ihr gefolgt. Die Fakten liegen auf dem Tisch, werden aber trotz der Protokolle des Robert Koch-Instituts (RKI) nicht aufgearbeitet.
Persönlichkeit geht über Analyse, Kritik und Korrektur. Beispiele dazu könnten Bücher füllen. Hier sind, als Ansatz für Korrekturen, einige Fehler im System unserer repräsentativen Demokratie, die in Jahrzehnten um keinen Millimeter verbessert wurden. Wir haben uns das alles immer wieder gefallen lassen und von den verantwortlichen Parteien keine Änderung verlangt, bis man im Jahre 2020 von der Regierung und den Medien aus versucht hat, uns eine völlig falsche Realität aufzuzwingen. Die 20 Prozent der Bevölkerung, die das gemerkt haben, sind nicht zu Wort gekommen, im Gegenteil: Man hat sie unterdrückt, erniedrigt und in vielen Fällen bestraft.
Alle Gewalt geht vom Volk aus ...
..., das jene Damen und Herren wählt, die uns in Parlamenten repräsentieren. Dazu gehört, dass diese Personen frei nach ihrem Gewissen entscheiden können, und es wird stillschweigend vorausgesetzt, dass diese Entscheidungen zugunsten der Menschen erfolgen, die sie gewählt haben. Das ist, sehr kurz gefasst, der Sinn der repräsentativen Demokratie.
Realität aber ist, dass die Parteien und ihre Spitzen die Abstimmungen im Parlament diktieren. Das geschieht über den Fraktionszwang, und nur ganz selten gibt es Einzelne, die davon abweichen. Da geht Gewalt nicht vom Volk aus, sondern von den Parteigrößen.
Doch es kommt noch schlimmer: Das gewählte Parlament entscheidet nicht mehrheitlich über Sachfragen, sondern die Führer der Parteien rechnen am Wahlabend die Zahl ihrer Parlamentssitze zu sogenannten Koalitionen zusammen, deren Programme dann hinter den Kulissen verhandelt werden. Für eine Gewissensentscheidung zugunsten der Allgemeinheit bleibt kein Raum. In einem Koalitionsvertrag werden dann alle Entscheidungen im Voraus festschreiben.
Fraktionszwang und Koalitionsverträge kommen im Grundgesetz nicht vor. Das sind willkürliche Praktiken der Parteien, welche die Macht in die Hände einer Oligarchie legen. Damit ist die Demokratie ausgehebelt. In all den Jahren hat sich daran nichts geändert.
Wer aber sind die Repräsentanten? Wer kommt in die Parlamente? Es sollten Volksvertreter sein, aber es sind Parteivertreter. Die Kandidaten werden uns von den Parteien vorgesetzt. Es gibt ganz wenige Ausnahmen. Auch hier ist die Macht der Parteien viel zu groß. Die Praxis erlaubt ihnen, Druck auf die Parlamentarier auszuüben, weil sie über deren weitere Karriere bestimmen.
Ein weiterer, leicht erkennbarer Systemfehler ist der, dass die Repräsentanten ihre Diäten und weitere Zuwendungen selbst beschließen. Die Geldvorteile und Vergünstigungen sind immens. Das entfernt die Mandatsträger weit von den anderen. Parteigänger werden über alle erhoben und schnell für ihr ganzes Leben abgesichert. Das zieht die Leute an, die sich gerne anpassen. Geistige Unabhängigkeit von den USA zum Beispiel und gegenüber der feudalen Finanzmacht sucht man unter diesem Personal vergebens.
Ungefähr die Hälfte aller Repräsentanten stammt aus dem öffentlichen Dienst. Sie haben das Privileg, dass sie ohne Risiko in die Politik einsteigen und jederzeit wieder in den Dienst zurückkönnen. Hinzu kommt, dass die großen Parteien durch Ämterpatronage im öffentlichen Dienst gewaltig mitmischen. Im Grundgesetz steht aber sinngemäß: Niemand darf wegen ... seiner Zugehörigkeit zu einer ... Partei Nachteile oder Vorteile bekommen. Die Ämterpatronage der Parteien ist verfassungswidrig.
Diese Systemfehler zugunsten der Parteien bestehen seit Gründung der Republik. Sie sind allen, die es wissen wollen, bekannt, und doch hat man in all den Jahren nichts daran geändert. Das sind Gründe für die Politikverdrossenheit.
Die Wähler sind nicht Kohl- oder Scholz-, Habeck- oder Baerbock-verdrossen, sondern politikverdrossen. Die Forderung nach einer neuen, durch Abstimmung legitimierten Verfassung wurde bei der Wiedervereinigung ignoriert. Man hat einfach so weitergemacht. Jetzt zeigt sich, dass der Beitritt der neuen Länder keine Vereinigung war.
Politiker und Parteien korrigieren nicht die Fehler, die sie selbst verursacht haben und die sie durch ein paar Grundsatzbeschlüsse, ohne Geld und ohne Waffen korrigieren könnten, verbunden mit einer Volksabstimmung. Das geschieht nicht. Die Medien begünstigen das, indem sie die Illusion schaffen, es käme nur auf die Wahl der Gesichter von Politikerinnen und Politiker an. Mit den Parteien geht es immer weiter abwärts.
Wer seine Fehler nicht korrigiert, der verliert.
Regierende, Parteien und Medien halten eng zusammen, und man sagt, das Volk sei gespalten. Es sollte aber umgekehrt sein: Regierende und Parteien sollten sich ganz offen streiten. Die Medien stünden ihnen distanziert und kritisch gegenüber. Die Meinungsbildung könnte sich frei entwickeln, und der Austausch würde durch das Internet gefördert.
Ein hehres Ziel wäre direkte Demokratie, wie man sie in unserem Nachbarland Schweiz praktiziert, vor unseren Augen. Dort gibt es keine Polit-Stars. Die brauchen wir auch nicht. Wir brauchen die Entscheidung aller Interessierten, auch in der Zeit zwischen den Wahlen. Dazu sind freie oder demokratisch organisierte Medien die Grundvoraussetzung, damit sich erst einmal eine Mehrheitsmeinung bilden kann, die nicht manipuliert ist.
Redaktionelle Anmerkung: Rob Kenius betreibt die systemkritische Webseite kritlit und den Podcast „9 min Denksport“ auf Spotify.
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