Der lange Albtraum der Unterdrückung der Palästinenser ist kein Randthema. Es ist das Entweder-Oder-Thema eines kolonialen Siedlerstaates, der der einheimischen Bevölkerung Palästinas eine mit Milliarden US-Dollars unterstützte Militärbesatzung, schreckliche Gewalt und Apartheid auferlegt. Die absolut Mächtigen gegen die völlig Machtlosen.
Israel setzt seine modernen Waffen gegen eine Bevölkerung in Gefangenschaft ein, die weder über eine Armee noch über eine Marine, weder über eine Luftwaffe noch über mechanisierte Militäreinheiten, weder über eine Führung noch über schwere Artillerie verfügt, und bezeichnet gleichzeitig die sporadischen Gemetzel als Kriege. Die simplen Raketen, die von der Hamas und anderen palästinensischen Widerstandsbewegungen gegen Israel abgefeuert werden — ein Kriegsverbrechen, weil sie gegen Zivilisten gerichtet sind — sind nicht im Entferntesten mit den 2.000 Pfund schweren, sogenannten „Bunkerzerstörer“-Bomben des Typs Mark84 mit einem „Tötungsradius“ von mehr als 32 Yards (knapp 30 Metern) vergleichbar, die „beim Explodieren eine Überschalldruckwelle“ verursachen und von Israel auf belebte palästinensische Wohngebiete abgeworfen werden. Sie sind auch nicht vergleichbar mit den tausenden verwundeter und getöteter Palästinenser sowie mit der gezielten Zerstörung grundlegender Infrastruktur wie Stromnetzen und Wasseraufbereitungsanlagen.
Die Palästinenser im Gazastreifen leben in einem Freiluftgefängnis — einem der dichtest besiedelten Gebiete der Welt. Ausweise und Reisedokumente werden ihnen verweigert. In den Besetzten Gebieten herrscht eine Endemie der Unterernährung. „Ein großer Teil“ der palästinensischen Bevölkerung „leidet an einem Mangel an den Vitaminen A, D und E, die eine Schlüsselrolle für das Sehvermögen, die Knochengesundheit und die Immunabwehr spielen“, heißt es in einem Bericht der Weltbank von 2022. Der Bericht verzeichnet außerdem eine Anämie bei über 50 Prozent der Kinder im Alter von 6 bis 23 Monaten in Gaza und bei mehr als der Hälfte der Schwangeren dort sowie im Westjordanland bei „mehr als einem Viertel der Schwangeren und mehr als einem Viertel der Kinder im Alter von 6 bis 23 Monaten.“
An Depressionen leiden nach 15-jähriger israelischer Blockade im Gazastreifen 88 Prozent der Kinder, so ein Bericht von Save the Children aus dem Jahr 2022. Bei über 51 Prozent der Kinder wurden nach dem dritten großen Krieg im Gazastreifen von 2014 posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) diagnostiziert. Nur 4,3 Prozent des Wassers im Gazastreifen ist Trinkwasser. Palästinenser im Gazastreifen leben zusammengepfercht in unhygienischen und überfüllten Hütten. Oft mangelt es ihnen an medizinischer Grundversorgung. Mit 46,6 Prozent ist die Arbeitslosenquote eine der höchsten der Welt. Schon vor der Gründung Israels bestand das Ziel der Zionisten darin, die Palästinenser aus ihrem Land zu vertreiben und jene zu dezimieren, die bleiben und um das Existenzminimum kämpfen — so der israelische Historiker Ilan Pappe:
Am 10. März 1948 gab eine Gruppe von elf Männern, bestehend aus langjährigen Zionistenführern und jungen jüdischen Offizieren, einem Plan zur ethischen Säuberung Palästinas den letzten Schliff. Am selben Abend noch wurde an die betreffenden Einheiten die militärische Order ausgegeben, die systematische Vertreibung von Palästinensern aus weiten Teilen des Landes vorzubereiten.
Die Befehle enthielten eine detaillierte Beschreibung der Methoden zur Zwangsräumung: massive Einschüchterung, Belagerung und Beschuss von Dörfern und Bevölkerungszentren, Brandstiftung von Häusern, Grundstücken und Gütern, Vertreibung der Bewohner, Zerstörung von Häusern und schließlich das Verminen der Trümmer, um die Rückkehr der vertriebenen Bewohner zu verhindern. Jede Einheit erhielt ihre eigene Liste der Dörfer und Stadtviertel, die entsprechend dem Masterplan angegriffen werden sollten. Der Code-Name lautete Plan D — auf hebräisch Dalet (Anmerkung der Übersetzerin: das D als vierter Buchstabe des hebräischen Alphabets steht auch für „armer Mann / Mensch, Besitzloser“).
Nach Fertigstellung des Plans dauerte es sechs Monate bis zu seiner Ausführung. Als alles vorbei war, waren mehr als die Hälfte der einheimischen palästinensischen Bevölkerung — über 750.000 Menschen — vertrieben, 531 Dörfer zerstört und elf Stadtviertel seiner Bewohner beraubt worden.
Diese politischen und historischen Fakten, über die ich als arabisch Sprechender sieben Jahre lang, vier davon als Leiter der Abteilung Nahost der New York Times, berichtet habe, sind schwer zu ignorieren —selbst aus der Ferne.
Ich beobachtete israelische Soldaten, die aus ihrem gepanzerten Jeep heraus im Khan-Younis-Flüchtlingslager im Gazastreifen Jungen auf arabisch über Lautsprecher verspotteten. Die etwa Zehnjährigen warfen daraufhin Steine auf ein israelisches Fahrzeug. Die Soldaten eröffneten das Feuer, töteten einige und verwundeten andere. Im israelischen Wortschatz heißt das dann: „Kinder in Kreuzfeuer geraten.“ Ich befand mich im Gazastreifen, als F-16-Angriffsjets 1000 Pfund schwere Eisensplitterbomben auf dicht besiedelte Stadtteile warfen. Ich sah die Leichen der Opfer, darunter auch Kinder, in sauberen Reihen nebeneinander gelegt. Dies wurde dann zu einem „operativen Schlag gegen eine Bombenfabrik“.
Ich wurde Zeuge davon, wie Israel Häuser und Wohnblöcke zerstörte, um Pufferzonen zwischen den Palästinensern und den israelischen Truppen zu errichten. Ich interviewte mittellose Familien, die in den Trümmern ihrer Häuser kampierten. Aus der Zerstörung wurde „der Abriss von Häusern von Terroristen“. Ich stand in den zerbombten Überresten von Schulen und Kliniken und Moscheen. Ich hörte die Behauptungen Israels, dass fehlgeleitete Raketen oder Mörserbeschuss der Palästinenser diese und andere Tode verursacht habe, oder dass die angegriffenen Orte als Waffenlager oder Abschussrampen gedient hätten.
Weder ich noch einer der anderen mir bekannten Reporter, die im Gazastreifen arbeiteten, haben je Beweise dafür gesehen, dass die Hamas Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“ benutzt. Ironischerweise gibt es jedoch Beweise dafür, dass das israelische Militär Palästinenser als menschliche Schutzschilde einsetzt — was der Oberste Gerichtshof Israels 2005 für illegal erklärte.
Israels Gebrauch der Großen Lüge (sic!) offenbart eine pervertierte Logik: Die Große Lüge nährt die beiden Reaktionen, die Israel hervorrufen möchte —Rassismus bei seinen Unterstützern und Terror bei seinen Opfern.
Israel zu trotzen fordert einen hohen politischen Preis, führt doch seine offene Einmischung in unsere politischen Prozesse dazu, dass selbst die lahmsten Proteste gegen seine Politik einem politischen Todeswunsch gleichkommen.
Die Palästinenser sind arm, vergessen und einsam. Und deshalb ist der Widerstand gegen die Behandlung der Palästinenser durch Israel die zentrale Frage, der sich jeder Politiker gegenübersieht, der behauptet, im Namen der Schwachen und Benachteiligten zu sprechen.
Israel die Stirn zu bieten, hat einen politischen Preis, den nur wenige, einschließlich Robert F. Kennedy Jr., zu zahlen bereit sind. Wenn man jedoch (Israel) die Stirn bietet, zeichnet man sich als jemand aus, der Prinzipien über Zweckmäßigkeit stellt, der bereit ist, für die Elenden der Welt zu kämpfen und der gegebenenfalls auch die eigene politische Zukunft opfert, um seine Integrität zu bewahren. Kennedy ist an dieser entscheidenden Prüfung seines politischen und moralischen Mutes gescheitert.
Kennedy gibt stattdessen jede Lüge, jede rassistische Phrase, jede Verzerrung der Geschichte und jeden herabsetzenden Kommentar über die Rückständigkeit des palästinensischen Volkes wieder, den die rückschrittlichsten und rechtsextremen Elemente der israelischen Gesellschaft verbreiten. Er geht mit dem Mythos dessen hausieren, was Pappe das „Fantasie-Israel“ nennt. Allein dies diskreditiert ihn als progressiven Kandidaten. Es stellt sein Urteilsvermögen und seine Aufrichtigkeit in Frage. Es macht ihn zu einem weiteren Schmierfinken der Democratic Party, der zur makabren Melodie der israelischen Regierung tanzt.
Kennedy hat geschworen, „moralisch für Israel zu plädieren“ — das moralische Äquivalent zum moralischen Plädoyer für Südafrikas Apartheid. Er wiederholt fast wortgetreu die Argumente des israelischen Propagandadrehbuchs, das Frank Luntz, republikanischer Meinungsforscher und politischer Stratege, zusammengestellt hat. Die 112-seitige Studie mit dem Vermerk „nicht zur Verbreitung oder Veröffentlichung“, die Newsweek zugespielt wurde, wurde vom The Israel Project in Auftrag gegeben. Sie wurde in den Nachwehen der „Operation Cast Lead“ im Dezember 2008 und Januar 2009 verfasst, bei der 1.387 Palästinenser und neun Israelis getötet wurden.
Das Strategiepapier ist die Blaupause für die Darstellung Israels durch israelische Politiker und Lobbyisten. Es offenbart die große Kluft zwischen dem, was israelische Politiker sagen und dem, was sie als Wahrheit kennen. Es ist darauf zugeschnitten, der Welt da draußen, vor allem den (US-)Amerikanern, zu erzählen, was sie hören wollen. Dieser Bericht ist ein Muss für jeden, der versucht, mit der israelischen Propagandamaschine umzugehen.
In dem Dokument wird beispielsweise vorgeschlagen, der Außenwelt zu erzählen, Israel habe „ein Recht auf Verteidigung seiner Grenzen“— es rät den Israelis jedoch gleichzeitig, sich zu weigern, eine Definition dieser Grenzen zu liefern. Es rät israelischen Politikern, die Weigerung Israels, 750.000 Palästinensern und deren Nachkommen, die während des Krieges von 1948 aus dem Land vertrieben wurden, die Rückkehr zu erlauben — obwohl das Recht zur Rückkehr völkerrechtlich garantiert wird —, damit zu rechtfertigen, dass sie dieses Recht als „Forderung“ bezeichnen. Es empfiehlt auch, zu argumentieren, dass die Palästinenser eine Massenmigration anstreben, um sich Land innerhalb Israels zu sichern. Es schlägt die Erwähnung von hunderttausenden jüdischen Flüchtlingen aus dem Irak, aus Syrien und Ägypten vor, die nach der Gründung des jüdischen Staates vor dem Antisemitismus und der Gewalt in der arabischen Welt geflohen sind. Laut Dokument soll man sagen, diese Flüchtlinge hätten auch „Eigentum zurückgelassen“, womit man das israelische Pogrom mit dem Pogrom rechtfertigt, das die arabischen Staaten 1948 durchgeführt haben. Es empfiehlt, die Armut der Palästinenser den „arabischen Nationen“ anzulasten, die nicht für ein „besseres Leben der Palästinenser gesorgt haben“.
Das Zynischste an diesem Bericht ist die Taktik, Mitgefühl für die Palästinenser zu heucheln, die (gleichzeitig) für ihre eigene Unterdrückung verantwortlich gemacht werden. „Zeigt Mitgefühl für beide Seiten!“, ist in dem Dokument zu lesen. „Das Ziel pro-israelischer Kommunikation ist nicht, Menschen zu einem Wohlgefühl darüber zu verhelfen, dass sie Israel lieben. Das Ziel ist, neue Herzen und Köpfe zu gewinnen, ohne die Unterstützung zu verlieren, die Israel bereits erhält.“ Diese Taktik soll das Publikum „entwaffnen“.
Ich bezweifle, dass Kennedy den Lunz-Report gelesen oder davon gehört hat. Man hat ihm die Argumente jedoch löffelweise eingeflößt und er gibt sie naiv wieder. „Israel will nur Frieden. Israel betreibt keine Folter. Israel ist kein Apartheidsstaat. Israel gibt israelischen Arabern politische und Bürgerrechte, die sie in anderen Teilen des Nahen Ostens nicht haben. Palästinenser werden nicht gezielt von den israelischen Verteidigungskräften (IDF) angegriffen. Israel respektiert Bürgerrechte sowie geschlechtsspezifische und Eherechte. Israel hat ‚die beste Justiz der Welt’“.
Kennedy stellt noch andere Behauptungen auf — zum Beispiel, dass die Palästinensische Autonomiebehörde Palästinenser für die Ermordung von Juden weltweit bezahlt; zudem Verfälschungen grundlegender Geschichte des Nahen Ostens, die so absurd sind, dass ich sie ignorieren werde. Aber weiter unten zähle ich Beispiele für die Unmengen von Beweisen auf, die die von Luntz inspirierten Argumente, die Kennedy im Namen der Israel-Lobby wiederholt, implodieren lassen — nicht, dass je ein Beweis seine eigennützige Bindung an „Fantasy-Israel“ zerstören könnte.
Apartheid
„Israeli Practices towards the Palestinian People and the Question of Apartheid“ („Israelische Vorgehensweisen gegenüber dem palästinensischen Volk und die Frage der Apartheid“), ein UN-Bericht von 2017, kommt zu dem Schluss, dass Israel ein Apartheidsregime errichtet hat, das das palästinensische Volk als Ganzes beherrscht. Seit 1967 leben die Palästinenser als Volk in vier von dem Bericht sogenannten „Domänen“, in denen die Fragmente der palästinensischen Bevölkerung vordergründig unterschiedlich behandelt werden, jedoch die aus dem Apartheidsregime resultierende rassistische Unterdrückung gemeinsam haben.
Diese Domänen sind:
- Das Zivilrecht mit besonderen Einschränkungen für Palästinenser, die als Bürger Israels leben.
- Dauerhaftes Aufenthaltsrecht für in der Stadt Jerusalem lebende Palästinenser.
- Militärrecht für Palästinenser, einschließlich derjenigen in Flüchtlingslagern, die seit 1967 unter den Bedingungen einer kriegerischen Besatzung im Westjordanland und im Gazastreifen leben.
- Die politische Linie, die die Rückkehr von Palästinensern ausschließt, ob Flüchtlinge oder Exilanten, die außerhalb eines israelisch kontrollierten Gebietes leben.
Am 19. Juli 2018 stimmte die Knesset „für die Verabschiedung des jüdischen Nationalstaatsgrundgesetzes, das die jüdische Überlegenheit und die Identität des Staates Israel als Nationalstaat des jüdischen Volkes verfassungsmäßig verankert“, erklärt die in Haifa ansässige Bürgerrechtsgruppe Adalah. Es ist das oberste Gesetz in Israel, das „jedes einfache Gesetz außer Kraft setzen kann.“
Die israelische Menschenrechtsgruppe B´Tselem veröffentlichte 2021 ihren Bericht (mit dem Titel) „Ein Regime jüdischer Vorherrschaft vom Jordan bis zum Mittelmeer: Das ist Apartheid.“
In dem Bericht steht: Im gesamten Gebiet zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan setzt das israelische Regime Gesetze, Praktiken und staatliche Gewalt ein, um die Vorherrschaft der einen Gruppe — der Juden — über die andere — Palästinenser — zu zementieren. Eine Schlüsselmethode zur Umsetzung dieses Ziels ist die unterschiedliche Raumplanung für jede dieser Gruppen.
Jüdische Bürger leben so, als sei das gesamte Gebiet — mit Ausnahme des Gazastreifens — ein einziger Raum. Die Grüne Linie hat so gut wie keine Bedeutung für sie: ob sie nun westlich davon leben, innerhalb israelischen Hoheitsgebietes, oder östlich davon, in Siedlungen, die formal nicht an Israel angeschlossen sind, spielt für ihre Rechte oder ihren Status keine Rolle.
Wesentlich dagegen ist andererseits, wo Palästinenser wohnen. Das israelische Regime hat das Gebiet in mehrere Einheiten aufgeteilt, die es unterschiedlich definiert und regiert und in denen es den Palästinensern jeweils unterschiedliche Rechte gewährt. Diese Aufteilung ist nur für Palästinenser relevant … Israel gesteht Palästinensern verschiedene Rechte in jeder dieser Einheiten zu, welche stets schlechter sind als die den israelischen Bürgern eingeräumten Rechte.
„Seit 1948“, fährt der Bericht fort, „hat Israel über 90 Prozent des Landes innerhalb des souveränen Gebietes an sich genommen und Hunderte von jüdischen Siedlungen aufgebaut, aber keine einzige für die Palästinenser — mit Ausnahme einiger Siedlungen, die zur Konzentration der Beduinenbevölkerung errichtet wurden, nachdem sie ihnen die meisten ihrer Eigentumsrechte genommen hatten“.
„Seit 1967 ist Israel auch in den besetzten Gebieten gleichermaßen vorgegangen und den Palästinensern dabei unter verschiedenen Vorwänden mehr als 2.000 Quadratkilometer geraubt. Unter Verletzung des Völkerrechts hat Israel über 280 Siedlungen für über 600.000 jüdische Bürger im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, errichtet. Es hat ein separates Planungssystem für Palästinenser in erster Linie dafür entwickelt, den Bau und die Entwicklung zu verhindern. Zudem hat es keine einzige neue palästinensische Siedlung erbaut.“
Zivilisten als Zielscheibe
Im Gegensatz zu Kennedys Behauptungen, „die Politik des israelischen Militärs“ bestehe darin, „stets nur militärische Ziele anzugreifen“, wurden die gezielten Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur durch das israelische Militär und andere Zweige des israelischen Sicherheitsapparats von israelischen und internationalen Organisationen ausführlich dokumentiert.
Der mehr als 500 Seiten umfassende Goldstone Report von 2010 untersuchte den 22-tägigen israelischen Luft- und Bodenangriff auf den Gazastreifen vom 27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen und das Europäische Parlament bestätigten den Bericht.
Laut Palästinensischem Zentrum für Menschenrechte tötete der israelische Angriff 1.434 Menschen, darunter 960 Zivilisten. Mehr als 6.000 Häuser wurden zerstört oder beschädigt — ein Schaden von etwa drei Milliarden US-Dollar in einer der ärmsten Gegenden der Welt. Drei israelische Zivilisten kamen durch Raketen, die während des Angriffs auf Israel abgefeuert wurden, ums Leben.
Zu den wesentlichen Ergebnisse des Berichtes gehören folgende:
Viele der tödlichen israelischen Angriffe auf Zivilisten und zivile Objekte erfolgten absichtlich — auch, um Terror zu verbreiten. Israelische Streitkräfte nutzten palästinensische Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Diese Taktiken verfolgten kein gerechtfertigtes militärisches Ziel.
Israelische Streitkräfte betrieben vorsätzliche Tötungen, Folter und andere unmenschliche Behandlung von Zivilisten. Sie verursachten absichtlich flächendeckende Zerstörungen von Eigentum — bar jeder militärischen Notwendigkeit, mutwillig und rechtswidrig.
Israel verletzte seine Pflicht, das Recht der Bevölkerung des Gazastreifens auf einen angemessenen Lebensstandard — einschließlich Zugang zu angemessenen Lebensmitteln, Wasser und Wohnraum — zu respektieren.
Am 14. Juni dieses Jahres berichtete B´Tselem, dass höchstrangige israelische Beamte dafür „strafrechtlich haftbar sind, dass sie wissentlich“ Luftangriffe angeordnet haben, von denen man „ausgehen konnte, dass sie Zivilisten, einschließlich Kindern, im Gazastreifen Schaden zufügen würden.“
Im Gegensatz zu dem von Kennedy verbreiteten Mythos werden in Berichten und Untersuchungen sowohl der UNO als auch von nationalen sowie internationalen Menschenrechtsgruppen regelmäßig mutmaßliche oder bekannte Verstöße vonseiten militanter Palästinenser erwähnt, wenn sie angebliche Kriegsverbrechen untersuchen. Wie B´Tselem in demselben Bericht von 2019 feststellte, wurden insgesamt vier Israelis getötet und 123 verwundet.
Vergangenen Monat legte die italienische Völkerrechtlerin und Akademikerin Francesca Albanese, UN-Expertin für die Lage der Menschenrechte in den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten, dem Menschenrechtsrat der UN ihren Bericht vor. Er ist schrecklich zu lesen.
Freiheitsentzug ist ein zentrales Element der israelischen Besetzung seit der Gründung (Israels). Zwischen 1967 und 2006 inhaftierte Israel über 800.000 Palästinenser in den besetzten Gebieten. Wenngleich es Spitzen während palästinensischer Aufstände gab, sind Inhaftierungen zur alltäglichen Wirklichkeit geworden. Während der Ersten Intifada von 1987 bis 1993 wurden über 100.000 Palästinenser inhaftiert, während es bei der Zweiten Intifada (2000 bis 2006) 70.000 waren und über 6.000 während der Intifada der Einheit in 2021. Im Jahr 2022 wurden schätzungsweise 7.000 Palästinenser, darunter 882 Kinder, inhaftiert. Gegenwärtig befinden sich fast 5.000 Palästinenser, einschließlich 500 Kinder, in israelischer Haft — 1.014 davon ohne Anklage oder Prozess.
Folter
Laut Angaben des Öffentlichen Komitees gegen Folter in Israel wurden zwischen 2001 und 2019 etwa 1.200 Beschwerden über „mutmaßliche Gewalt in Verhören des Shin Bet (israelischer Inlandsgeheimdienst)“ eingereicht.
„Nicht eine einzige Anklage wurde erhoben“, berichtet das Komitee. „Dies ist ein weiteres Beispiel für die totale systemische Straffreiheit, die die Vernehmungsbeamten des Shin Bet genießen.“
Zu den Zwangsmethoden zählen sexuelle Belästigung und Demütigung, Schläge, stundenlange schmerzhafte Körperhaltungen und Verhöre, die bis zu 19 Stunden währen, sowie Gewaltandrohungen gegen Familienmitglieder.
„Sie sagten, sie würden meine Frau und meine Kinder umbringen. Sie sagten, sie würden die Genehmigungen für medizinische Behandlungen für meine Mutter und meine Schwester für ungültig erklären“, sagte ein Überlebender 2016. „Ich konnte nicht schlafen, weil sie mich, selbst als ich mich in meiner Zelle befand, alle 15 Minuten aufweckten … ich konnte nicht mehr zwischen Tag und Nacht unterscheiden … ich schreie noch immer im Schlaf“, sagte ein anderer 2017.
Ausgesprochen besorgt äußerte sich Nils Melzer, Sonderbeauftragter für Folter der UN, nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs Israels, nach dem Sicherheitsbeamte keine strafrechtlichen Ermittlungen zu erwarten hatten, obwohl sie unbestritten gegen den palästinensischen Häftling Assad Abu Gosh Zwangs- und „Belastungstechniken“ angewandt hatten. Er nannte das Urteil eine „Lizenz zur Folter“.
Abu Gosh „war Berichten zufolge wiederholt Misshandlungen ausgesetzt, darunter Schläge, das Werfen gegen Wände, das Verbiegen und Festbinden seines Körpers und seiner Finger in schmerzhaften Stresspositionen, Schlafentzug sowie Drohungen, Beschimpfungen und Demütigungen. Medizinische Untersuchungen bestätigen, dass Herr Abu Gosh an vielfältigen neurologischen Schäden leidet, die durch die erlittene Folter verursacht wurden.“
Bürgerrechte
In den israelischen Wahlen im November 2022 übernahm eine rechtsextreme, theokratische, nationalistische und offen rassistische Koalition die Macht. Itamar Ben-Gvir von der ultranationalistischen Partei Otzma Yehudit — „Jüdische Macht“ — ist (nun) Minister für Nationale Sicherheit. Zur Otzma Yehudit gehören ehemalige Mitglieder der Kach-Partei von Rabbi Meir Kahane, die 1988 von den Wahlen zur Knesset ausgeschlossen wurde, da sie eine „Nazi-ähnliche Ideologie“ verbreitete und unter anderem für die ethnische Säuberung aller palästinensischen Bürger in Israel wie auch der Palästinenser, die unter israelischer Besatzung leben, plädierte.
Seine Ernennung sowie die anderer rechtsextremer Ideologen, darunter Finanzminister Bezalel Smotrich, räumt mit den alten Sprüchen auf, die liberale Zionisten auffuhren, um Israel zu verteidigen, nämlich dass es die einzige Demokratie im Nahen Osten sei, dass es eine friedliche Einigung mit den Palästinensern in einer Zweistaatenlösung anstrebe, dass Extremismus und Rassismus keinen Platz in der israelischen Gesellschaft hätten und dass Israel drakonische Formen der Kontrolle anwenden müsse, um Terrorismus zu verhindern.
Die neue Koalitionsregierung erarbeitet Berichten zufolge gerade ein Gesetz, mit dem fast alle palästinensischen oder arabischen Mitglieder der Knesset vom israelischen Parlament und ihre Parteien von der Teilnahme an Wahlen ausgeschlossen werden könnten. Die jüngsten Justiz-„Reformen“ beschneiden die Unabhängigkeit und Kontrolle der israelischen Gerichte dramatisch. Die Regierung regte auch an, den öffentlichen Rundfunksender Kan zu schließen — obgleich dies nun dahingehend geändert wurde, nur seine „Mängel“ zu beheben. Smotrich, der LGBTQ-Rechte ablehnt und sich selbst als faschistischen Homophobiker bezeichnet, sagte (…), er werde alle Gelder für Israels palästinensische Gemeinden und Ostjerusalem einfrieren.
Israel hat eine ganze Reihe von Gesetzen erlassen, die öffentliche Freiheiten einschränken, jede Form palästinensischen Widerstands als Terrorismus brandmarken und Befürworter palästinensischer Rechte — selbst, wenn diese Juden sind — als Antisemiten abstempeln.
Die Änderung eines der wesentlichen israelischen Apartheidsgesetze, des „Dorfkomitee-Gesetzes“ , erlaubt es Gemeinden mit bis zu 700 Haushalten, weitere Zuzüge abzulehnen, um „das Gefüge“ der Gemeinschaft zu erhalten. Israel verfügt über mehr als 65 Gesetze, die der direkten oder indirekten Diskriminierung von palästinensischen Bürgern in Israel und in den Besetzten Gebieten dienen.
Israels „Gesetz über Staatsbürgerschaft und Einreise nach Israel“ hindert palästinensische Bürger in Israel daran, Palästinenser im Westjordanland oder im Gazastreifen zu heiraten. Auch interreligiöse Ehen sind in Israel verboten.
Jacob N. Simon, Präsident der Jewish Legal Society am Institut für Rechtswissenschaften an der Michigan State University erklärt dazu:
Die Anforderungen, die erfüllt werden müssen, um vom Orthodoxen Rabbinatsgericht als durch Abstammung jüdisch anerkannt zu werden, in Kombination mit den Einschränkungen von Eheschließungen durch religiöse Zeremonien zeigt die Absicht, eine Rassenreinheit zu erhalten. Im Kern unterscheidet sich dies nicht vom Wunsch nach reinblütigen Ariern in Nazi-Deutschland oder reinrassigen Weißen in den Jim-Crow-Südstaaten der USA.
Diejenigen, die diese diskriminierenden Gesetze unterstützen und die israelische Apartheid befürworten, sind geblendet von vorsätzlicher Ignoranz, Rassismus oder Zynismus. Ihr Ziel besteht darin, Palästinenser zu entmenschlichen, einen intoleranten jüdischen Chauvinismus zu fördern und die Naiven und Gutgläubigen dazu zu verleiten, das zu rechtfertigen, was nicht zu rechtfertigen ist. Kennedy, dem es sowohl an einem moralischen Kompass als auch an einem Glaubenssystem mangelt, das auf überprüfbaren Fakten beruht, hat nicht nur die Palästinenser verraten, sondern auch uns.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Robert F. Kennedy Jr. - The Israel Lobby’s Useful Idiot“ bei [The Chris Hedges Report]((https://chrishedges.substack.com). Er wurde von Gabriele Herb ehrenamtlich übersetzt und vom ehrenamtlichen Manova-Korrektoratsteam lektoriert.
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