Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius forderte kürzlich im ZDF einen Mentalitätswechsel: „Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte.“ Über tausend Menschen auf der ausverkauften Friedenskonferenz wollten sich ganz und gar nicht an diesen Gedanken gewöhnen. Ein Mentalitätswechsel wurde hingegen schon angestrebt, jedoch in die diametral andere Richtung; weg von der Kriegslogik hin zu einer Welt, in der die Menschen Konflikte nicht mehr mit (Waffen)Gewalt lösen.
So strömten Menschen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum in das beschauliche Wasserburg am Inn, um an diesem Mentalitätswechsel mitzuwirken. Für eine Friedensveranstaltung dieser Größenordnung einen Raum zu finden, ist gar nicht so einfach, wie Veranstalter Erich Hambach kürzlich in einem Manova-Interview ausführte. Während Kriegstreiber in den nobelsten Hotels residieren können, müssen Friedensaktivisten einen an den Nerven zehrenden Cancel-Culture-Spießrutenlauf überstehen, bis sie endlich eine passende Location gefunden haben. Eine zu einem städtischen Schwimmbad gehörende Turnhalle war der Austragungsort, der bis zwei Tage vor Veranstaltungsbeginn geheim gehalten wurde, um einschlägig bekannte „Störer“ nicht auf den Plan zu rufen, die die Konferenz in irgendeiner Weise sabotieren könnten.
Nichtsdestotrotz hatte eine Reihe von Lokalpolitikern die Flügelschläge der Friedenstauben vernommen und behelfsmäßig ein überschaubares Gegenprotest-Bündnis ins Leben gerufen. Den politischen Beißreflexen erlegen, verunglimpfte das Bündnis die Veranstalter, Redner und Teilnehmer der Friedenskonferenz bar jeder Evidenz als rechtsoffen und antisemitisch. Von den Teilnehmern gingen angeblich Hass, Hetze und Desinformation aus; sie wurden offenbar als gefährlicher angesehen als Waffenlieferungen in Kriegsgebiete. Vor dem Schwimmband versammelten sich letztlich circa 40 Gegendemonstranten – ein Dreißigstel der Teilnehmer an der Friedenskonferenz – mit Current-Thing-Fahnen und drückten ihren Protest durch viel Lärm sowie inhaltsleeren Phrasen aus. Entsprechend gab es ein kleines Polizeiaufgebot. Doch schon wenige Meter diesseits des Eingangsbereichs war von der Minidemo nichts mehr zu hören und bis zum Ende – und damit neun Stunden später – harrten die selbsternannten Antifaschisten selbstredend nicht aus.
Das Programm war ausgesprochen vielseitig. Daniele Ganser brillierte mit seiner humorvollen Vortragsart, Hans-Joachim Maaz berührte viele der Anwesenden durch ein mutiges Sich-verletzlich-Zeigen und der Theologe Eugen Drewermann zog mit seiner ergreifenden Rede die 1.200 Menschen in seinen Bann. Statt sich in eskapistischer Licht-und-Liebe-Rhetorik zu ergehen, beleuchtete er schonungslos die Abgründe unserer kriegerischen Zivilisation. Umrahmt wurden die Beiträge durch den Weltklasse-Gitarristen André Krengel.
Die Manova-Redaktion war mit einer Kamera vor Ort und hielt den Tag, die Stimmen und die Stimmung fest:
Eine Videoreportage von Madita Hampe und Nicolas Riedl
Musik: Jens Fischer Rodrian
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