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Der Tanz durch die Institutionen

Der Tanz durch die Institutionen

Mit infantilen TikTok-Auftritten ruinieren immer mehr Behörden ihre Glaubwürdigkeit. Das ist kein Zufall — hinter der inszenierten Selbstironie und vorgetäuschten Nahbarkeit verbirgt sich eine perfide Strategie.

Der Tanz durch die Institutionen begann in Deutschland bereits in der Merkel-Ära. Angelehnt ist die Bezeichnung an Rudi Dutschkes angepriesene Methode des „Marschs durch die Institutionen“ zum Zweck einer von innen nach außen verlaufenden Umgestaltung der Gesellschaft. Nun erleben wir also den Tanz durch die Institutionen. Überall, selbst an den scheinbar unmöglichsten Orten, wird auf einmal rumgetanzt. Bekannt wurde dieses weltweite Phänomen unter der Bezeichnung „Jerusalema Dance Challenge“. Ab 2021 begannen Mitarbeiter unterschiedlichster Institutionen weltweit mit einer einheitlichen Choreographie zu Nomcebo Zikodes und Master KG‘s Lied „Jerusalema“ zu tanzen. Der Ursprung dieser „Tanz-Pandemie“ ist in einem belgischen Krankenhaus zu verorten. Von dort aus verbreitete sich der Tanz-Kult weltweit und steckte weitere Krankenhäuser, Polizeibehörden, Flug- und Verkehrsgesellschaften und viele mehr an.

Die Spätfolgen, nennen wir es mal „Long-Dance“, halten sich bis heute. Der virulenteste Wirt dieses Trends ist TikTok, die Plattform, die ab 2020/21 im Westen großflächig Fuß fasste. Dort wirkt der Trend in unterschiedlicher Form mit neuen Tänzen und Choreografien nach. In Deutschland hat(te) der Tanz durch die Institutionen ein konkretes Testimonial: Emilia Fester von den Grünen. In den etwas mehr als drei Jahren, in denen sie sich im Deutschen Bundestag befand, dessen Gründungsjahr sie nicht einmal unfallfrei datieren konnte, verstand sie von Tanzschritten mehr als von politischen Inhalten. „Inhalte zu überwinden“ war früher eine satirische Forderung von „Die Partei“. Mit dem Tanz durch die Institutionen wird sie nun real. Zumindest in der Außendarstellung.

Man könnte es sich nun einfach machen und dieses Phänomen als einen Ausdruck spätrömischer Dekadenz und eines kulturellen Geistesverfalls verbuchen. Wer noch ein gewisses Restvertrauen in das System hat, könnte diese Entwicklung vielleicht sogar begrüßen — gerade in Deutschland. Denn endlich würden die sonst so verklemmten Deutschen mal ein bisschen lockerer.

Und gerade die Beamten dürften sich endlich von ihrem vorauseilenden Ruf „freitanzen“, wonach sie einfach nur humorbefreite Staatsdiener wären.

Mit dieser wohlwollenden Deutung des Phänomens macht man es sich jedoch, wie gesagt, zu einfach. Und diese Einfachheit verbirgt zwei wesentliche Gefahren, die sich hinter dieser zunächst schrullig wirkenden Erscheinung verbergen. Bevor wir diese beide Gefahren skizzieren, werfen wir einen Blick auf ein ganz konkretes Beispiel einer „durchtanzten“ Institution, welche im Netz kürzlich für Furore sorgte.

Wenn das Finanzministerium zu Gangsta-Rap tanzt

2017, da klagte noch Bushido beziehungsweise dessen Ghostwriter: „Das Finanzamt ist die schlimmste Gang / Die stalken dich sogar auf Instagram.“

Mittlerweile ist man 2025 beim Finanzministerium Baden-Württemberg — und damit der übergeordneten Instanz — schon wesentlich weiter. Nicht nur befindet sich die Behörde selbst offiziell auf Instagram und TikTok, und nicht nur inkognito zum Stalken. Inzwischen hat man sich schon dazu herabgelassen, den Steuerzahler zu verhöhnen. Auf einem schnell und unauffällig wieder gelöschten Tanzvideo, welches noch auf X einsehbar ist, zeigten drei Ministeriumsangestellte Ende Februar mit einer Tanzeinlage ganz ungeniert ihre Sichtweise auf Steuerzahler. Mit Geldscheinen und -koffern in der Hand bewegen sie sich in US-Rap-Manier zu Kendrick Lamars Drake-Diss-Track „They not like us“. Im Video steht im oberen Bild der Beisatz: „Das Finanzamt auf dem Weg (sic!) um deine Nachzahlung zu holen (sic!)“.

So eine Verklammerung aus Video, Musik und Text ist natürlich Wasser auf die Mühlen der libertären „Steuern-sind-Raub“-Fraktion. Denn als was, wenn nicht als „schlimmste Gang“, inszeniert sich hier das Finanzministerium? „Seht ihr? Ich hab‘s doch schon immer gesagt!“, würde der Etatismus-Kritiker Larken Rose hierbei ausrufen. In seinem Buch „Die gefährlichste aller Religionen“ — gemeint ist der Glaube an Staat und Autorität — wird Rose nie müde, die Umkehrung der Rolle zwischen Bürger und Staat herauszustellen. Das meint konkret:

Was würde passieren, wenn der Bürger das wagen würde, was sich der Staat wie selbstverständlich herausnimmt, etwa Steuern eintreiben? Würde ein Bürger anderen Menschen unter Androhung von Gewalt und Freiheitsberaubung Geld abknüpfen, so würde er vor dem Gesetz als Räuber und/oder Schutzgelderpresser gelten. Umgekehrt gilt das natürlich nicht.

Und so liefern Behörden wie das Finanzministerium Baden-Württemberg frei Haus die Bestätigung für die Anklage gegen den Staat, wonach dieser mit der Steuereintreibung der größte Gauner von allen wäre. Nehmen wir mal die von Rose so häufig vollzogene Umkehrung vor — und das mit den Stilmitteln, denen sich die schwäbische Finanzbehörde bedient. Man stelle sich vor, drei junge Menschen würden einen solchen Tanz vor einer Sparkasse aufführen – unterlegt mit 50 Cents „Straight to the bank“ und dem Beisatz „Die Gang auf dem Weg, um die Bankautomaten zu erleichtern“. Diese drei jungen Menschen bräuchten noch vor morgen Früh einen Bademantel.

Dieser Fauxpas des baden-württembergischen Finanzministeriums stellt allerdings nur die Spitze des Eisbergs dar. Wie die Journalistin Aya Velázques herausarbeitete, geht der Videosumpf tiefer und noch tiefer. In mehrfacher Hinsicht hat dieser Skandal ein besonderes Geschmäckle: Deutschland, eines der Länder mit der höchsten prozentualen Steuerlast, fährt in den letzten Jahren Rekordsteuereinnahmen ein, bei gleichzeitig schwindenden Gegenleistungen. Die eingestürzte Carolabrücke in Dresden steht hierfür sinnbildlich.

Offenkundig bleibt aber ausreichend Steuergeld, um die hart schuftenden Zahler desselbigen auf Social Media zu verhöhnen, die unter Inflation, höheren Steuerlasten und nicht zuletzt unter den fake-pandemischen Existenzvernichtungsmaßnahmen zu ächzen haben.

Besonders bizarr nimmt sich der Auftritt aus, bedenkt man, welch dubiose Rolle so manches Finanzamt in Deutschland spielt, wenn es um politisch nicht genehme Steuerzahler wie Michael Ballweg geht. Ihm wird unter anderem zur Last gelegt, nicht rechtzeitig seine Steuererklärung abgegeben zu haben – aus der Untersuchungshaft heraus. Die Aufklärung dieses Falls wird laut der Aussage von Ballwegs Steuerberaterin unter anderem dadurch behindert, dass das Finanzamt Peine bereits eingereichte Steuerbescheide Ballwegs nicht bearbeitet.

Da sitzt also ein Bürger, dem keine Straftat nachzuweisen ist, unschuldig für ein Dreivierteljahr in Untersuchungshaft. Währenddessen haben Finanzministeriumsmitarbeiter offenkundig nicht einmal disziplinarische Konsequenzen zu spüren bekommen, nachdem sie sich in ihrer Dienstzeit auf TikTok als Gangster gerierten und den Steuerzahler verhöhnten. Alle drei in dem Video beteiligten Mitarbeiter sind unverändert auf der Seite des „Team Kommunikation“ des BW-Finanzministeriums aufgelistet: Der Sprecher und Leiter der Kommunikation Sebastian Engelmann von den Grünen, vormals bei ZDF (neo) und SWR, der nun seit 2021 für die Behörde die Öffentlichkeitsarbeit verantwortet und davor fünf Jahre lang ein grünes Ministerbüro im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in BW leitete — die politische Herkunft und Ausrichtung mag die unverhohlene Raffgier nach Steuergeldern erklären.

Ebenso unverändert in Amt und Würden sind die ihm unterstellten Mitarbeiter aus dem Video, Miriam Adardour und Anton Sendler. Dass dem so ist, verwundert nicht. Der Schirmherr der Behörde, Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz, ist ebenfalls von den Grünen. Halbherzig und auch nur auf öffentlichen Druck hin ließ er sich eine Entschuldigung abringen, in welcher er die Einsicht seiner Kollegen sogar noch lobte. Man werde künftig noch stärker darauf achten, dass die Kommunikation dem behördlichen Niveau entspreche. Zukünftige Blicke auf den behördlichen TikTok-Kanal werden zeigen, wie gut diese Aussage altern wird.

Die zwei Gefahren des Institutionen-Tanzes

Verschleierungsdoppelstrategie: Verharmlosung der Schale, Verschärfung des Kerns

Der Tanz durch die Institutionen hat in erster Linie eine infantilisierende, verniedlichende und „disneysierende“ Wirkung. Wie in Disney-Kinderfilmen fangen nun auch in der Realität Menschen permanent an zu singen und zu tanzen. Propaganda-Forscher Johannes Menath klassifiziert die Infantilisierung ebenfalls als eine Propaganda-Methode:

„Indem Propaganda leicht verständliche und emotional zufriedenstellende Interpretationen der Welt anbietet und moralisch zweifelhafte Zusammenhänge durch einfache Darstellung entschärft, befördert sie Infantilisierung.“ (1)

Spätestens seit der Fake-Pandemie hat das gezielte Herbeiführen kollektiver Regressionen System. In der Corona-Hochzeit beschrieb der Psychologe Dietmar Czycholl bereits, wie die Corona-Maßnahmen dazu geeignet waren, erwachsene Menschen in den geistig-emotionalen Zustandes eines Kindes zurückzuwerfen (2).

Wie Michael Nehls in seinem Werk „Das indoktrinierte Gehirn“, Jonas Tögel in „Kognitive Kriegsführung“ und viele weitere Autoren in der letzten Gegendruck-AusgabeSchlachtfeld Gehirn“ herausgearbeitet haben, ist das menschliche Hirn seit geraumer Zeit das Hauptangriffsziel der Global-Oligarchie in ihrem Bestreben um die globale Vormachtstellung. Da ist die Infantilisierung ein mehr als probates Mittel, um das „geistige Immunsystem“ (Rainer Mausfeld) abzuschwächen.

Was derzeit mit dem Tanz durch die Institutionen beobachtet werden kann, ist die aufgehende Geistes-Saat, die gesät wurde – mit kindlichen AHA-Formeln, staatlichen Händewasch-Erklärvideos und paternalistischen Top-Down-Ansprachen der elterlichen Politiker zu ihren Bürgerkindern. „Corona war tatsächlich nur der Probelauf“, kommentierte Mathias Priebe auf X ein Tanzvideo der norwegischen Armee.

Die Doppelstrategie, die bei der gezielten Infantilisierung zur Anwendung kommt, ist besonders perfide. Mit der tänzerischen Teletubbiesierung der Institutionen wird die äußere Schale verniedlicht. Gleichzeitig erfolgte eine Verschärfung und Erhärtung des eigentlichen Kerns. Diese Strategie ist geradezu allgegenwärtig beobachtbar.

Das zeigt sich mustergültig bei tanzenden Polizisten. Über den Tanz wird versucht, die Ebene des „Freund und Helfers“ wiederherzustellen. Dieses Image ist durch die Militarisierung, Befugniserweiterung und das zuweilen brutale Vorgehen der Polizei geradezu verschwunden. Die Polizei als Institution ist im gesamten Westen für diese Doppelstrategie ein Paradebeispiel. Der ideologiekritische Filmanalytiker Wolfgang M. Schmitt wies die letzten Jahre bereits in seinen Analysen zu Beverly Hills Cop und Paw Patrol darauf hin: Das Bild der Polizei wird durch Verniedlichung und Humor verharmlost, während zugleich die Polizei immer weiter aufgerüstet wird. So machen die tanzenden Polizisten auf TikTok zwar irgendwo einen sympathischen, menschlichen Eindruck, der allerdings von der schweren Kampfmontur kontrastiert wird. Hinter der nahbaren Fassade wird der Kern immer weiter verhärtet, in Gestalt schwererer Ausrüstung, Ausbau der Überwachungsstruktur oder sogar prädiktiver Polizeiarbeit.

Noch bizarrer stellt sich die Sache dar, wenn Soldaten auf TikTok oder anderen Plattformen anfangen herumzutanzen. Nichts steht dem „unterworfenen, geübten, fügsamen und gelehrigen Körper“ (Michel Foucault) diametraler gegenüber als das Tanzen. Für den Soldatenkörper heißt es entweder „stillgestanden“ oder sich in haargenau vorgeschriebener Art und Weise zu bewegen — was es bei gewissen Tanzchoreografien zweifelsohne auch gibt. Doch unterscheiden sich die Bewegungen dahingehend, dass die der Soldaten robotisch, die der Tänzer hingegen ekstatisch sind.

Wird der Exerzierplatz zur Tanzfläche, entsteht der sträflich falsche Eindruck, der Dienst an der Waffe stelle etwas Vergnügliches dar, und als sei das Aufeinandertreffen mit den zu Feinden deklarierten Menschen so etwas wie ein Dance-Battle.

Kehren wir abschließend noch einmal zum Finanzministerium Baden-Württemberg zurück. In dem oben aufgeführten Beispiel vermitteln die tanzenden Finanzministeriumsmitarbeiter, dass man das Ganze mit der Steuerzahlung und -eintreibung doch mit Humor, mit einem Augenzwinkern nehmen könne. Diese Botschaft fruchtet teilweise auch. Manche User konterten in der Kommentarspalte unter dem Skandal-Video den vielen Kritikern, die sollen sich doch mal nicht so haben. Ob die denn gar keinen Spaß verstünden? Wer am Ende wirklich keinen Spaß versteht, das sind die Finanzämter selbst.

Egal wie locker und jugendlich sich die — übergeordneten — Behörden auf TikTok geben, und ganz gleich, in welch jugendlicher Netzsprache sie in den Kommentaren auf die Bemerkungen eingehen — die Steuer- oder gar Bußgeldbescheide sind dann alles andere als lustig, sondern im bierernsten Beamtendeutsch formuliert.

Schließlich bleibt das Finanzamt am Ende das, was es ist: eine strikt reglementierte Behörde und kein hippes Start-up, wie es in den TikTok-Videos vermittelt wird. Und so werden die Bescheide in aller Regel auch nicht von den jungen, instagrammable „Team-Membern“ ausgestellt, sondern von Beamten, die nicht allzu selten ihrem klischeehaften Ruf gerecht werden. Darüber hinaus bleibt im Kern die Komplexität des deutschen Steuerrechts bestehen, die es dem einfachen Unternehmer verunmöglicht, ohne Steuerberater den Paragraphen-Dschungel zu durchblicken. In den maximal 60 Sekunden langen Erklärvideos auf TikTok, die es neben dem Klamauk auch gibt, hört sich das alles nach außen hin so einfach an. Das ist es allerdings nicht, wie es bereits die dezimeterdicken Steuergesetzbücher von C.H. Beck verdeutlichen, die in genau diesen Videos im Bildfeld zu sehen sind. Während sich die Finanzämter also in der Außendarstellung jugendlicher und gekünstelt humorvoller geben, verschärft sich der Kern in Gestalt immer höherer Abgaben, strengerer Auflagen und komplizierterer Regelungen für die Steuerzahler.

Während immer mehr Institutionen unter den TikTok-Tanzschritten zu beben beginnen, betreten auf leisen Sohlen Gestalten die Tanzfläche, die dem Treiben ein Ende bereiten möchten. Statt der Lösung, die diese Gestalten zu sein vorgeben, sind sie in Wahrheit die zweite Gefahr, der wir uns im nächsten Punkt widmen.

Verstärkter Ruf nach DOGE und Kettensägen

„Wir brauchen in Deutschland ebenfalls ein DOGE! Und zwar schnell!“ „Ich weiß nicht, ob eine Kettensäge ausreicht.“ So in etwa lautete – auf X – der Tenor der Kritik an den tanzenden Finanzbeamten: Mehr Musk, mehr DOGE (Department of Government Efficiency), mehr Kettensägen á la Javier Milei. Die Reaktionen machen klar, wohin die Tanzschritte beziehungsweise die Gegenschritte führen. Es kristallisiert sich ein Muster heraus, wenn man die einzelnen (Tanz-)Phänomene, die oben skizziert wurden, nicht isoliert voneinander betrachtet, sondern als Einzelteile eines größeren Vorgangs. Der Tanz durch die Institutionen ist selbst nur ein größerer Hebel eines Langzeit-Mechanismus. Dieser Mechanismus zielt darauf ab, die alten Institutionen entweder ganz zu zerschlagen oder insoweit auszuhöhlen, als dass der ausufernde Bürokratismus durch eine effizientere KI ersetzt wird.

Tanzende Beamte oder anderweitige Staatsdiener vermitteln mit jedem Tanzschritt eine weitere Subbotschaft: „Seht! Wir haben so viel Zeit und (Steuer-)Geld, dass wir in unserer Dienstschicht noch auf TikTok rumtanzen können.“

Mit der kritikerseits herbeigesehnten „Government Efficiency“ ist das freilich nicht vereinbar. Man stelle sich vor, die Deutschen würden — wie die US-amerikanischen Beamten — ebenfalls einen DOGE-Brief erhalten, in welchem sie darlegen müssten, was sie letzte Woche getan haben. Lautete die Antwort unter anderem „Tanzen auf TikTok“, dann würde das unter der Ägide eines wie Elon Musk gestrickten Staatssanierers wohl eine fristlose Kündigung nach sich ziehen.

Neben dem „ineffizienten“ Tanz durch die Institutionen ist es augenfällig, wie sehr deutsche Behörden und ihre bornierte Wesenheit seit 2025 in das Visier der internationalen Presse und der öffentlichen Aufmerksamkeit rücken beziehungsweise gerückt werden. An erster Stelle wäre hier die vielbeachtete „60-Minutes-Reportage“ von CBS zu nennen. In dieser werden drei Staatsanwälte interviewt, die sich ungeniert und süffisant lachend darüber amüsieren, dass „Online-Hassverbrecher“ geschockt reagieren, wenn man ihnen bei der morgendlichen Wohnungsdurchsuchung das Handy wegnimmt. Die Weltöffentlichkeit reagierte entsetzt. „What the hell is going on in Germany?“, wurde die Reportage auf X vielfach kommentiert. Oder das Gespräch zwischen Alice Weidel und Elon Musk: In diesem klagt Musk über die 25.000 Seiten umfassenden Zulassungsanträge, die Tesla benötigte, um in Brandenburg eine Fabrik eröffnen zu dürfen.

Ebenfalls darf die vielfach als „historisch“ bewertete Rede von J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz nicht unerwähnt bleiben. In dieser richtete er das Scheinwerferlicht der weltweiten — oder zumindest westlichen — Aufmerksamkeit auf die Zustände in Deutschland, was die dramatisch schwindende und ebenso von Behörden unterdrückte Meinungsfreiheit betrifft. Und auch innerdeutsch wird der Diskurs um staatliche Ineffizienz und Steuergeldverschwendung mächtig angekurbelt; nicht zuletzt durch Friedrich „BlackRock“ Merzs und Alexander Dobrindts XXL-Anfrage an die Bundesregierung zur Finanzierung von staatlich geförderten Organisationen.

Betrachtet man diese Dynamik rein oberflächlich, kann man sich leicht zu Applaus und Euphorie hinreißen lassen. „Endlich geht mal jemand gegen die Bürokraten und Wokeisten vor!“ Gerade wenn man sich zu jenem Bevölkerungsanteil zählt, der seit 2020 gecancelt, unterdrückt und diffamiert wurde, ist die Anfälligkeit für den sich schnell aufdrängenden Hoffnungsimpuls besonders hoch. Diesem gilt es jedoch zu widerstehen, möchte man sich weiterhin als kritischer Beobachter des Zeitgeschehens verstehen. Es wäre wohl auch zu einfach und zu schön, wenn Retter aus Übersee kämen und uns mal wieder befreien. Das würde keine Mühe kosten, und was keine Mühe kostet, ist es meist auch nicht wert.

Widersteht man also den mehr als nachvollziehbaren Hoffnungsimpulsen und betrachtet stattdessen das Ganze auf einer Meta-Ebene, dann wird eine Marschrichtung erkennbar. Die verläuft nach Hegelscher Dialektik — angereichert mit einer hohen Dosis Hopium. Da gibt es also das Problem — ineffiziente und verschwenderische Behörden —, für welches zugleich die Lösung parat gestellt wird: deutsches DOGE, Kettensägen, Stellenstreichung sowie die Beamtenersetzung durch KI. Unklar ist natürlich, ob nun der Tanz durch die Institutionen — als elementarer Bestandteil des Problems — gezielt durch Einflussnahme herbeigeführt wurde oder ob er einfach ein dankenswertes, durch Smartphone-Verblödung hervorgebrachtes Beiwerk ist, das als „let it happen on purpose“ das selbst geschaffene Problem potenziert.

Es sieht folglich ganz danach aus, als solle sowohl das Klischee des preußischen Beamtentums als auch die staatlich-wokeistische Dekadenz in Deutschland der Weltöffentlichkeit vorgeführt und anschließend der Motorsäge zugeführt zu werden.

Am Ende dieser Dialektik steht eine Synthese, die da lautet: die Errichtung eines technokratischen, KI-basierten, weitestgehend von menschlicher Hand losgelösten, korporatistischen Kontrollstaates.

Das ist die Langzeit-Perspektive, die wir uns vor Augen führen müssen. Diese Hegelsche Hopium-Dialektik funktioniert erschreckend gut. Ein nicht unwesentlicher Teil der kritischen (Medien-)Szene goutiert mit frenetischem Applaus die dargebotenen Schein-Lösungen.

Alle Machtblöcke streben unabhängig von ihren geopolitischen Differenzen im Gleichschritt dieses Ziel an. Sollte die gesamte Weltgemeinschaft wirklich in diese Dystopie abgleiten — rein hypothetisch angenommen —, dann würde man sich gerade in der westlichen Hemisphäre wohl bald die kafkaesken Behörden-Apparate zurückwünschen. So unmenschlich manche Behörden als gesichtslose Macht auch agierten — am Ende saßen in diesen Mühlen zu jeder Zeit Menschen, in denen zumindest das Potenzial schlummerte, zu Sand in ebendiesen Mühlenrädern zu werden.

Menschen sind nicht vollständig berechenbar. Das — schlechte — Gewissen kann sich jederzeit Bahn brechen. Nicht so bei KI. Die KI wird niemals remonstrieren, zweifeln oder in Einzelfällen menschlich agieren oder mal ein Auge zudrücken.

Computer sagt ‚nein‘“ wird dann die Standard-Antwort lauten, wenn der Mensch nicht im Sinne der Macht folgsam handelt. Kafkas Torhüterlegende „Vor dem Gesetz“ müsste entsprechend angepasst werden: Es wäre dann nicht mehr ein Torhüter, der den „Einlass zum Gesetz“ gewährt — sondern ein QR-Code. Mit diesem lässt sich nicht verhandeln. Der kennt nur ein „Ja“ oder ein „Nein“.

In dieser Ausgangslage — plus digitaler Identität und minus Bargeld — wäre die nächste Fake-Pandemie in ihrer Durchführbarkeit ein Kinderspiel. Keine Beamten mehr, die sich querstellen. Finanzielle Ausfallhilfen erhält nur noch jener, der gehorsam ist, das heißt, wer brav seine Maske trägt und sich regelmäßig hyperboostern lässt. Jeglicher Ermessensspielraum geht gegen null. Die gesamten Regelungen und Restriktionen folgen dann einer binären Logik: Ja oder nein, geimpft oder ungeimpft, News oder Fake, ansteckend oder immunisiert. Dazwischen gibt es nichts mehr.

Es wäre also nur allzu leichtfertig, das Heil für das behördliche Versagen in einer libertären Kettensägen-Politik zu suchen. Diese Kettensäge würde zweifelsohne viel überkommenes Unkraut zersägen, aber letztlich auch den restlichen Ast der Freiheit, auf dem die Menschen — noch — sitzen. Es ist nichts gewonnen, wenn die Heerscharen von Beamten durch eine unbarmherzige KI ersetzt werden.

Die zentrale Frage sollte sich darum drehen, wie wir Menschen im 21. Jahrhundert frei und selbstbestimmt leben können, ohne dass uns Vater Staat oder eine gottgleiche „Megamaschine“ (Jochen Kirchhoff) eine Lebensweise diktiert.

Das Finden von Antworten auf diese Frage ist eine der dringlichsten Aufgaben unserer Zeit. Werden diese Antworten nicht gefunden, wird die gesamte Menschheit tanzen — aber nicht zu einer Musik, sondern nach der Pfeife der technokratisch organisierten Global-Oligarchie.


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Quellen und Anmerkungen:

(1) Siehe Menath, Johannes: „Moderne Propaganda: 80 Methoden der Meinungslenkung“, Höhr-Grenzhausen, 2022, Seite 53 und folgende.
(2) Vergleiche Czycholl, Aaron; Czycholl, Dietmar; Maaz, Hans-Joachim: Corona Angst; Was mit unserer Psyche geschieht, Berlin, 2021, Seite 93-117.

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