Da sich die Menschen im Laufe der Jahrhunderte aus dem Mittelalter herausentwickelt haben, können sie sich, falls sie am bisher Gelernten Zweifel haben, naturwissenschaftliches Wissen jederzeit aneignen. Sie müssen sich dafür auf das Feld der Psychologie begeben und Menschenkenntnis erwerben. Wenn es ihnen gelingt, neue Gedanken aufzunehmen, verblassen die falschen Meinungen, die Großeltern oder Eltern vermittelt haben. Voraussetzung ist die Neugierde, etwas Neues zu erfahren, und der Mut, sich mit dem bisher Erlernten sowie dem religiösen Menschenbild auseinanderzusetzen, um herauszufinden, was richtig und was falsch ist.
Das geeignete Werkzeug für diesen Schritt in die Neuzeit ist die wissenschaftliche Disziplin der Psychotherapie. Durch die Vertrauensbeziehung zu einem Psychologen kommt der Mensch in die Lage, das Wesen und die spezielle Reaktionsweise seiner Spezies kennenzulernen. Dies führt zu einer Umorientierung seines Charakters, zu einer Versöhnung mit den Eltern, zu freundschaftlichen Beziehungen zu den Mitmenschen und zum Verständnis des kulturellen Problems. Das Leben des Menschen wird dadurch schöner und würdiger sowie erstrebenswert für die Jugend.
Religiöses versus naturwissenschaftliches Menschenbild
Das bisherige Wissen über die Natur des Menschen ist in vielerlei Hinsicht falsch!
Charakter, Persönlichkeit, Verhalten und Intelligenz des Menschen entwickeln sich in der Kindheit und sind das Resultat eines schöpferischen Prozesses, Ausdruck einer ganz persönlichen Stellungnahme zur Welt. Der Mensch ist demnach ein geschichtliches Wesen. Die psychische Entwicklung des Kindes hängt von der zwischenmenschlichen Beziehung in der Erziehung, von der emotionalen Sicherheit, vom Grad des Gemeinschaftsgefühls der Erzieher und von der Kultur ab, in der das Kind seine Sicht der Welt, seine Gesinnung und seinen Lebensstil entwickelt.
Das Gefühlsleben des Menschen ist also nicht abhängig von Trieben, sondern Ausdruck der Gesinnung, seiner lebensgeschichtlich gemachten und kreativ interpretierten Erfahrungen. Deshalb ist das Erziehungsproblem etwas ganz Gewaltiges; die ganze Welt befasst sich damit, Tausende von Pädagogen, Philosophen und Professoren. Es wird darüber diskutiert, und man fragt sich, wie man das realisieren soll.
Auch ist der Mensch von Natur aus nicht böse — so steht es in der Bibel —, deshalb muss ihm auch nicht der Teufel ausgetrieben werden. Was die Großmutter vor über 100 Jahren dachte, ist falsch. Solange die Menschen an Wunder glauben, an die Religion kommt die Menschheit nicht voran. Viele Psychologen treten mit dieser Auffassung ihren Patienten entgegen und empfehlen ihnen zu beten; durch das Beten würden sie gesund werden.
Nahezu alle Psychologen und alle Richtungen der Psychologie sind religiös, national und bestehen auf der Grundlage der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung. Und das ist nicht nur im Weltanschaulichen der Fall, sondern auch im Therapeutischen. Weil die meisten Psychologen das mystische Weltbild nicht sehen, können sie den Menschen nicht helfen. Doch das geschieht unbewusst. Da die Menschen gewöhnlich glauben und die Geschichte nicht kennen, ist es sehr schwer, ihnen naturwissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln. Alles kommt vom lieben Gott: Der Reiche wird von ihm eingesetzt und ebenso der Arme. Wie kann ein Psychologe, der das glaubt, einem Patienten helfen?
Dass die Menschen heute noch so etwas glauben, wird künstlich aufrechterhalten. Doch sie können ihre Denkungsart und Weltmeinung völlig ändern. Sie können lesen, sich informieren, haben Einblick in die Naturwissenschaft, kennen die Kirchengeschichte und die Geschichte der Zweifler, die sich aufgelehnt haben. Sie fangen an, einen Blick für die Welt zu entwickeln, und würden sich von der Religion abwenden, aber diese wurde ihnen schon früh eingeflößt: So wird das Kind gezwungen, in die Schule zu gehen, und was es dort lernt, bestimmen Staat und Kirche; sie halten vereint die Mystik, den Glauben an übernatürliche Wesen, an Götter, Teufel und Engel aufrecht. Dadurch glauben die Menschen an etwas, was man sich einmal vor Tausenden von Jahren erdacht hat.
Ohne naturwissenschaftliches Denken, ohne die Wissenschaft der Psychologie kommt die Menschheit jedoch nicht voran. Dabei ist dieses Wissen über das Wesen Mensch seit vielen Jahrzehnten bekannt, jedoch leider kein Allgemeingut — und das ist im Interesse der Machthaber. Wenn die Menschen aber nicht darüber informiert werden, behalten die Machthaber weiterhin die Oberhand. Die heutige Gesellschaftselite hat ein Interesse daran, diesen Zustand aufrechtzuerhalten. Die Menschen sollen sich keine eigenen Gedanken machen, denn sonst wollen sie ihren gerechten Anteil am Volksvermögen haben. Auch vermittelt man ihnen keine gute schulische Bildung und sagt, man bräuchte auch Straßenkehrer.
Mit dem Aggressionstrieb verhält es sich ebenso. Wenn die Menschen nicht mehr gehorchen, ziehen sie auch nicht in den Krieg. Da man weiß, dass kein genetisch determinierter Aggressionstrieb existiert, dichtet man den Menschen einen an Aggression als Charakterzug ist das Resultat falscher Orientierung, fehlender Einführung in die Gemeinschaft, wie etwa in der verwöhnenden Erziehung.
Plötzlich also sollen Menschen gegen ihre Mitmenschen, die sie nicht kennen und gegen die sie nichts einzuwenden haben, in den Krieg ziehen wollen. Kein Mensch verlässt gerne seine Liebe und seine Kinder und zieht in den Krieg. Das ist ein Betrug! Der Mensch will in seinem Haus, Hof und Garten ruhig leben (2). Was für eine Dummheit erzählen die Theoretiker des Aggressionstriebes?! Doch mit Mut und Geduld kann man die Behauptungen, die man uns in Schule und Studium gelehrt hat, revidieren. Der Mensch als vernunftbegabtes Wesen ist dazu imstande.
Die Psychotherapie ermöglicht einen tiefen Blick in die Seele des Menschen und lässt seine Natur und Reaktionsweise erkennen
Die Psychotherapie ist das Werkzeug, welches den Menschen in die Lage versetzt, sich selbst, die politische Situation und die notwendigen gesellschafts- und kulturverändernden Maßnahmen angemessen beurteilen zu können. Ohne psychologische Kenntnis der Natur des Menschen versandet alles ebenso wie ohne geschichtliches Wissen und vertiefte Kulturkritik.
Bevor wir die Natur des Menschen und die Reaktionen des menschlichen Gefühls, der menschlichen Seele nicht genau kennen, tappen wir im Finstern und kommen nicht weiter. Wenn wir sie kennen, haben wir eine andere Meinung über uns und die anderen Menschen, besitzen wir Menschenkenntnis. Wir wissen dann, was wir vom Menschen verlangen, was wir ihm zumuten können. Wir kennen dann die menschliche Psyche und wie der Mensch reagiert.
Nie wird ein Elternteil oder ein Lehrer, der über die Probleme der Erziehung gründlich informiert ist, in gleicher Weise mit dem Kind umgehen wie derjenige, der das nicht weiß. Kommt eine Mutter mit ihrem Kind in die Sprechstunde und das Kind wurde halbwegs richtig behandelt, ohne Gewalt und ohne Geschichten von Engeln und Teufeln, befreundet es sich sofort mit dem Erwachsenen und kommt mit ihm ins Gespräch. Wurde das Kind jedoch streng aufgezogen oder sehr verzärtelt, geschieht das nicht, geht das Kind nicht weg von der Mutter. Es hat Angst vor dem Menschen, lehnt ihn überhaupt ab. Da wächst schon ein anderer Mensch heran, der den Menschen nicht mehr vertraut und sich in seinem Innern nicht mit ihnen befreunden kann.
Doch in der Psychotherapie ist es möglich, das Wesen des Menschen und seine Reaktionsweisen kennenzulernen und das erzieherische Verhalten zu ändern. Das ist jedoch kein Plaudern, sondern schwere Arbeit am Charakter. Diese Therapie sollte zudem nicht nur eine teure Kur für Privilegierte sein, sondern sie sollte allen, unabhängig von ihren finanziellen und sozialen Verhältnissen, zugänglich sein. Darüber hinaus sollte sie lehr- und lernbar werden.
Erst die Vertrauensbeziehung zum Psychotherapeuten führt zur Umorientierung des Charakters, zu Zweifeln am erlernten Wissen und zum Verständnis des kulturellen Problems
Soziale Gefühle sind nicht angeboren oder genetisch gegeben und deshalb auch nicht automatisch abrufbar. Das menschliche Wesen muss sie lernen. Hier liegt die große Bedeutung der Erziehung begründet, jener Einführung in die Welt, die das Kind in seinen ersten Lebensjahren erfährt. Dem Ratsuchenden muss es also gelingen, eine Vertrauensbeziehung zu einem psychologischen Experten aufzubauen, weil es um eine Gefühlsschulung geht. Und der Psychotherapeut muss ihn befähigen, sein Einfühlungsvermögen und seine Menschenkenntnis zu entwickeln, weil sich mit Büchern und Artikeln alleine eine Gefühlsschulung nicht bewirken lässt.
Wie soll der Mensch zum Beispiel seine Ängste überwinden? In unserer Gesellschaft ist die Haltung der Eltern und des Lehrers — wenn er auch nicht mehr schlägt — in der Regel autoritär. Das Kind lebt nicht in einer freundlichen Welt. Auch der Professor in der Universität ist ein Machthaber, dem der Student nicht gewachsen ist. Eltern, Lehrer und Professoren haben Angst, ihr Prestige zu verlieren, wenn sie sich mit dem Kind, dem Schüler oder Studenten auf eine Ebene stellen und ihm helfen.
Der Mensch kann erst dann seine Ängste überwinden oder ablegen, wenn er mit einem Menschen etwas erlebt, das im Gegensatz steht zu seinen Erlebnissen in der Kindheit mit Vater, Mutter oder Erziehern. Er muss erleben, dass da ein anderer Mensch ist, der in ihm das Gefühl des Vertrauens erweckt, der ihn versteht und bei dem er sich wohl fühlt. Die Ängste, die er gefühlsmäßig erlebt hat, noch bevor er sich überhaupt Gedanken machen konnte, kann er dann langsam mit einem anderen, mit einem Du, ablegen.
Hat er schließlich Vertrauen gewonnen, erlebt er, dass ihm die Augen geöffnet werden, dass er sich selbst und die Mitmenschen richtig einschätzen kann. Er fängt an zu erkennen, dass seine Eltern nicht gewusst haben, wie sie mit ihm umgehen sollten. Er versöhnt sich mit ihnen und erlebt auch freundliche Beziehungen zu anderen Menschen.
Mit einer Person seines Vertrauens erfährt er, dass man mit den Mitmenschen gut auskommen kann. Und diese Gefühle trägt er anschließend an die anderen Menschen und an seine Liebe heran. Das erlernte Manko an Beziehung äußert sich in jeder Lebenslage und verlässt den Menschen, sobald er es in der Psychotherapie gefühlsmäßig hinter sich bringen kann.
Erst wenn er Bescheid weiß über sich und die Haltung anderer, erst wenn er anfängt, anders zu denken, als man ihn erzogen hat, erst wenn er anfängt zu zweifeln — erst dann ensteht der wirkliche Mensch. In seine Selbsterkenntnis muss die gesamte Gesellschaftsordnung mit einbezogen werden, das vorherrschende Prinzip der Gewalt und des Zwanges. Solange der Mensch dem anderen zürnt, ein scharfer Richter ist, hat er kein richtiges Bild, kennt er sich nicht. Erst wenn er die Untaten des anderen sieht und ihm zum Weinen ist, sieht er sich richtig. Die Autobiografie des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß gibt einen Einblick, was alles möglich ist (3).
Bereits die Mutter erzieht ihr Kind so, wie sie selbst erzogen wurde. Und auch in der Schule, im Gerichtssaal und auf dem Kasernenhof gilt: „Zucht und Ordnung müssen sein!“ 90 Prozent der Bevölkerung — Akademiker, Nichtakademiker, Gläubige und Ungläubige — werden dem Ruf nach Ruhe und Ordnung zustimmen. Das ist unser kulturelles Problem. Da wir in unserer Erziehung durch den Zwang geführt worden sind, haben wir ihn auch in uns.
Wenn wir erkennen, dass wir vor den anderen Menschen keine Angst haben müssen, kommen wir weiter. Wir fangen an zu üben, uns mit unseren Mitmenschen zu befreunden, uns in der Gemeinschaft zu finden und dabei zu erkennen, dass einer dem anderen nicht böse ist. Damit fängt der Mensch an, wahrlich Mensch zu sein. Bei vielen wirkt die Erziehung so stark auf das Gemüt, dass sie sich mit den anderen nicht befreunden können.
Ein humanistischer Psychologe versteht seine Mitmenschen und hilft ihnen, Gewaltfreiheit und Autoritätslosigkeit zu leben sowie Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis zu entwickeln
Für einen humanistischen Psychologen zählen die Taten des Menschen; jeder Personenkult ist ihm verdächtig. Deshalb sollte man dem Menschen auf die Hände sehen und nicht auf den Mund. Das Mitgefühl mit den Menschen sollte keine moralische Pflicht, sondern tief empfundenes Bedürfnis sein.
Ein Psychologe, ebenso wie der psychologisch geschulte Lehrer, eignet sich mit der Zeit Selbstwertgefühl und Würde an. Er schätzt sich selbst realistisch ein und bemüht sich, den Mitmenschen den Weg zu einem würdigen und lebenswerten Leben zu weisen und sie dahin zu führen, dass sie ihre Mutlosigkeit und ihren durch Erziehung eingebläuten Gehorsam aufgeben.
Das Wichtigste ist, dass der Psychotherapeut seine Mitmenschen und ihre Probleme versteht und ihnen dadurch helfen kann. In diesem Zusammenhang bemüht er sich, die Sprache zu sprechen, die der Ratsuchende versteht, oftmals die „Sprache der Straße“.
Weiter hat er Freude daran, sein Gegenüber intellektuell zu fördern. Er befähigt die Menschen auch dazu, Gewaltfreiheit und Autoritätslosigkeit zu leben sowie Einfühlungsvermögen und Menschenkenntnis zu entwickeln. Es geht darum, dem Gesprächspartner und Ratsuchenden so viel zu vermitteln, dass dieser ein Gesprächspartner wird, der eine Meinung hat und Stellung beziehen kann.
Dafür ist es von Bedeutung, dass zwischen dem Psychotherapeuten und seinen Patienten keine hierarchischen Strukturen entstehen. Die Haltung eines echten Psychologen sollte von absoluter Gleichwertigkeit und Gewaltlosigkeit getragen sein. Die kleinste hierarchische Trennung zwischen Ausbildern und Auszubildenden würde aufgrund der Erziehung zur Überheblichkeit der Ersteren und zur Unterwerfung der Letzteren führen.
Sich die Forschungsergebnisse der naturwissenschaftlich orientierten Psychologie zu eigen machen!
Abschließend ist zu sagen, dass sich die Menschheit die Ergebnisse der Forschung der naturwissenschaftlich orientierten Psychologie zu eigen machen sollte, um ein menschenwürdiges und für die Jugend erstrebenswertes Leben führen zu können (4).
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.globalresearch.ca/die-menschheit-muss-sich-die-erge...achen-um-ein-menschwurdiges-leben-zu-schaffen/5815985
(2) https://www.globaltesearch.ca/wir-burger-sollten-den-humanism...leben/5817069
(3) Höß, Rudolf: Kommandant in Auschwitz. Autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höß. Herausgegeben von Martin Broszat, 1963, München
(4) https://www.globalresearch.ca/die-menschheit-muss-sich-die-erge...achen-um-ein-menschwurdiges-leben-zu-schaffen/5815985
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