Teils bis auf Kniehöhe waren die Friedenscamp-Besucher wie Soldaten in Schützengräben schlammbeschmiert. Das bis Juni anhaltende Aprilwetter des vorgeblichen „Höllensommers“ hatte die Wiese des Camps rasch in eine Matschfläche verwandelt. Jeder Besucher bewegte sich Schritt für Schritt mit Schmatzgeräuschen unter den Sohlen über das Gelände. Atmosphärisch bekam jeder hier in mikrodosierter Weise einen Vorgeschmack von einem Leben in verschlammten Schützengräben. Nur fehlen dann Buffet, Akku-Ladestelle, Bar, Pizza-Tank, Bühne, Bierbänke und mobile Toilettenkabinen. Diese ganzen Annehmlichkeiten des Jahr für Jahr professioneller organisierten Friedenscamps ließen über die nass-grauen Witterungskonditionen hinwegsehen. Jedoch erinnerten die dunklen und klotzartigen Propeller-Wale der US-Airforce — die in unregelmäßigen Abständen laut brummend nahe dem Camp abhoben — die Friedensbewegten daran, dass sie hier nicht zum Spaß waren. Zumindest nicht vorrangig.
Rund 600 bis 1.100 — je nach Zählung — waren 2024 zugegen. Trotz aller Widrigkeiten fand jeder ausreichend Platz zum Parken und Zelten, die Sanitäranlagen funktionierten einwandfrei, die Versorgung mit Strom und Wasser war — fast — durchgehend gegeben und das pfälzische Bier an der Bar stets kühl. In der Küche wurden wie all die Jahre zuvor die Worte von Leo Tolstoi beherzigt: „Solange es Schlachthöfe gibt, wird es auch immer Schlachtfelder geben.“ Entsprechend wurde auf sämtliche fleischhaltigen Gerichte verzichtet und die Friedensaktivisten ausschließlich mit vegetarischen und veganen Köstlichkeiten versorgt.
Die schon erwähnte Weiter-Professionalisierung der Camp-Struktur zeigte sich auch in der Beschilderung der „Straßen“, sofern wegen der Matschlachen überhaupt davon die Rede sein konnte. Dabei diente die Wegbeschilderung nicht allein der Orientierung, sondern auch der Erinnerungskultur an verstorbene Persönlichkeiten der kritischen Parallelgesellschaft. So gab es etwa den Karl-Hilz-Weg als Andenken an den 2021 verstorbenen Aufklärungspolizisten.
Die Bühne bildete das Herz des Camps. Als Redner geladen waren Eugen Drewermann und Daniele Ganser. Im Anschluss an die wie immer fulminanten Beiträge stimmten beide mit zahlreichen weiteren Musikern „Menschheitsfamilie“ an. Sängerin Morgaine hatte sich vor einigen Jahren von dem durch Ganser geprägten Begriff zu einem gleichnamigen Song inspirieren lassen, der nun im Friedenscamp in einem Großaufgebot performt wurde.
In den Abendstunden brachten die vielen Interpreten wie die Jahre zuvor die Menge zum Pulsieren. Die Friedfertigkeit wurde allerdings selbst in diesen an sich friedseeligen Momenten auf die Probe gestellt. Mancher Besucher schien keinerlei notwendiges Feingefühl zu besitzen, das einen innerlich dazu ermahnen sollte, direkt neben einer Bühne nicht laut zu reden oder in den Pausen zwischen den Liedern im Bühnenbereich nicht mit einer Mundharmonika anzustimmen.
Stopp Ramstein in Kaiserslautern
Erstmalig in der Geschichte der Stopp-Ramstein-Kampagne wurde der Protest ausschließlich im Stadtzentrum des nahegelegen Kaiserslautern ausgetragen. Bislang hatte der Demozug immer zum Ziel, so nah wie nur irgend möglich an die Airbase heranzukommen. Auf einer abgesperrten Bundesstraße ist die öffentliche Sichtbarkeit selbstredend überschaubar. Zwar sind die Demonstrierenden nahe an dem Gelände, gegen das sich ihr Protest richtet, doch muss ein solcher Protest auch wahrgenommen werden, damit er Wirkung entfalten kann.
Im Ort Ramstein selbst sowie den weiteren umliegenden Ortschaften wie Steinwenden oder Landstuhl hat die Kampagne sowieso schlechte Karten. Die Airbase gilt in der Region als Wirtschaftsmotor und Arbeitsplatzgeber. Eine Schließung der Airbase würde für viele Anwohner mit einem Jobverlust einhergehen. Entsprechend gereizt oder im besten Falle desinteressiert reagieren die Anwohner auf die jährlich anreisenden Friedensaktivisten.
Auf potenziell offenere Ohren stößt der Protest hingegen in Kaiserslautern. Dort ist der Anteil der von der Airbase abhängigen Menschen nicht derart groß wie in den unmittelbar angrenzenden Orten. Wenngleich der US-amerikanische Flair der Region auch hier unübersehbar ist. Viele Läden haben ihr Angebot auf Wünsche und Vorlieben von US-Bürgern eingestellt, immer wieder sind amerikanische Automobile auf den Straßen zu sehen.
Die Auftaktkundgebung fand am Vorplatz des Hauptbahnhofes statt und bot sich als Fläche ideal an, um der allgegenwärtigen Militarisierung des öffentlichen Raumes eine pazifistische Stimme der Vernunft entgegenzusetzen. Entsprechend zogen die Rednerinnen und Redner bei ihren Redebeiträgen in gebotener Klarheit vom Leder. Insbesondere für das Reizthema der anvisierten Wiedereinsetzung der Wehrpflicht wurden deutliche Worte gefunden, im Geiste einer „Meine-Kinder-geb-ich-nicht“-Haltung.
Der anschließende Demozug mit mehreren tausend Menschen durch Kaiserlautern verlief ohne Zwischenfälle. Aus logisch nicht nachvollziehbaren Gründen unterlag der Zug der Auflage, dass keine Trommeln gespielt werden durften. Das politisch dahinterstehende Motiv war natürlich schnell erkennbar — Pazifismus darf dem Kriegsrausch dieser Tage keinen Abbruch tun. Die Zugspitze machte aus der Not eine Tugend und „betete“ den gesamten Fußmarsch ein Mantra, welches die friedliche Gesinnung der Demonstranten unüberhörbar und selbige unangreifbar machte. Die Bewohner Kaiserslauterns reagierten entweder desinteressiert oder neugierig auf den Zug. Spürbare Ablehnung war nirgends zu vernehmen.
Narbe in der Pfalz
Stopp-Ramstein-2024 war also der erste Protest dieser Kampagne, der nicht bis an die Grenzen der Airbase herankam. Es war durchaus verständlich, dass der Protest sich irgendwann auch einmal in anderen Bahnen bewegen, andernorts Aufsehen erregen muss.
Eine kleine Gruppe, der ich mich anschloss, wollte den diesjährigen Protest nicht verstreichen lassen, ohne vorher die Airbase gesehen zu haben. Das mit dem „Airbase-Sehen“ ist dabei immer so eine Sache. Selbst wer sich in die Nähe der Relaisstation begibt, kann im Grunde genommen keinen Blick auf die kolossale Anlage werfen. Hohe Büsche und Bäume versperren den Blick darauf.
So nutzte meine Gruppe die Gelegenheit, um zu dem sogenannten Bismarckturm im nahegelegen Landstuhl zu fahren. Das Fahrtziel wurde bei Google-Maps eingetippt und dann setzten wir uns in einem Kleinwagen auch schon in Bewegung. Das Navi des allwissenden Big-Tech-Konzerns leitete uns über entlegene Landstraßen, die sich serpentinenartig den Kirchberg hochschlängelten. Links und rechts der Straße tauchten immer wieder mit Stracheldraht versehene Sicherheitszäune auf, mit dahinter liegenden Riesensatellitenschüsseln in der Größe von Diskotanzflächen. Die implizite Botschaft war überdeutlich: Das hier ist kein pfälzisches Touristen-Gebiet.
Ehe wir uns versahen, hatten wir auf Geheiß des Navis ein Schild der US-Airforce passiert. Google Maps hatte uns auf US-amerikanisches Hoheitsgebiet gelotst. Für ein Umdrehen war es nun aber auch schon zu spät. Am mehrspurigen Grenzpostenunterstand mit den Schrankenhäuschen blickte uns bereits ein Wachposten der US-Army entgegen.
Innerlich angespannt, aber nach außen hin relaxed wirkend, rollten wir an die Schranke heran, ließen das Fenster herab und erklärten — auf Deutsch — dem Grenzpförtner unsere Situation. Verständnisvoll erklärte er uns, — ebenfalls auf Deutsch — dass dies häufiger vorkäme. Schon mehrere Male hätten sich Autofahrer auf dem Weg zum Bismarckturm auf das US-Territorium verirrt. Allerdings dürfe er uns nicht rückwärts fahren lassen. Er forderte von einem aus unserer Gruppe als Pfand den Personalausweis ein. Anschließend sollten wir die Schranke passieren, dann eine Kehrtwende zur Schranke an der anderen entgegenlaufenden Fahrbahn machen. Dort würden wir dann den Personalausweis wieder erhalten. Es war offenkundig jedem von uns unbehaglich bei der Vorstellung, einem US-Wachposten den Personalausweis auszuhändigen. Nach wenigen angespannten Sekunden der Zögerlichkeit zückte ich — auf dem Beifahrersitz sitzend — aufopferungsbereit mein Portemonnaie.
Als deutscher Staatsbürger auf — im Grunde genommen — deutschem Boden händigte ich einem US-Army-Mitarbeiter meinen „Pass“ aus. So fühlt sich also deutsche Souveränität an.
Ich hatte eigentlich gehofft, nie wieder etwas mit US-Beamten zu tun haben zu müssen. Seit sieben Jahren schreibe ich für freie-alternative Medien. Noch einmal würde ich es nicht wagen, einen Fuß auf US-amerikanischen Boden zu setzen.
Kaum war ich um meine, mich zur „Person“ machende Chipkarte erleichtert, öffnete sich die Schranke, die wir dann vorsichtig in Schritttempo passierten. Direkt im Anschluss vollführten wir — zum Glück saß nicht Baerbock am Steuer — eine 180-Grad-Wende auf die gegenüberliegende Straßenseite. Ein anderer Wachposten gab mir durch das Fahrerfenster den Personalausweis zurück. Die Schranke öffnete sich und wir verließen mit 30 km/h die USA.
Das ist wohl eines der skurrilsten Dinge, die man nur in Deutschland erleben kann.
So fuhren wir in das am Fuße des Kirchbergs gelegene Landstuhl, von wo aus wir über abenteuerlich verschlungene und schön verwucherte Waldwege hoch zum Bismarckturm wanderten. Über eine hölzerne Wendeltreppe im muffigen Inneren des für den Reichskanzler errichteten Turms gelangten wir endlich zu der gewünschten Aussichtsplattform.
Obwohl ich schon vier Mal bei Stopp-Ramstein dabei gewesen war, habe ich noch nie die Airbase in ihrer Gesamtheit gesehen. Wie eine betonierte Narbe durchzog die Fläche das pfälzische Tal und kontrastierte die Schönheit dieser Region.
Kaum vorstellbar, dass diese malerische Schönheit einer nuklear verseuchten Mondlandschaft weichen würde, sollte es zu einem heißen Krieg zwischen der NATO und Russland kommen. Letztere würden diesen Ort hier mit als erstes vernichten. Waren sich die Menschen der in den Tälern liegenden Ortschaften dessen bewusst?
Als wollte uns der Landschaftsfremdkörper nochmal seine ganze Abart darbieten, hob genau in dem Moment, da wir auf dem Turm standen, eine dieser hässlichen, schweren und güllegrünfarbenen Boing-Transportmaschinen in Richtung Westen ab, um Tötungsmaterial und mit ihm den Tod in irgendwelche Teile der Erde zu bringen.
Was darf Friedensjournalismus?
Nie zuvor war der Kontrast zwischen Stopp-Ramstein als Friedensinsel und der sich immer weiter militarisierenden Gesellschaft im Außen so groß wie dieses Jahr. In den Leitmedien liest man hierzu selbstredend nichts. Anwesend sind allein — wie immer — Vertreter der freien-alternativen Medien. Unter anderem ich.
In diesem Zusammenhang stellte sich mir an diesem Wochenende die Frage, was der Friedensjournalismus eigentlich darf? Ich berichte über Stopp-Ramstein und zugleich sitze ich mit diesen Menschen abends im Friedenscamp am Feuer, an der Bar und bei den Konzerten. Bei den Reden der Auftaktkundgebung in Kaiserslautern konnte ich mir das eine oder andere Mitklatschen nicht verkneifen. Gerade dann, wenn es um die Verurteilung der Rekrutierung jungen Kanonenfutters ging. Als 31-Jähriger wäre ich schließlich früher oder später selber dran.
Kann ich da also überhaupt die gebotene Neutralität wahren? Ist bei einem solchen Thema eine neutrale ... „Haltung“ überhaupt möglich? Ein drohender Nuklearschlagabtausch betrifft am Ende jeden Menschen, egal, ob dieser journalistisch darüber berichtet oder nicht. Ähnlich argumentieren würden wohl jene Journalisten, die der elitären, CO2-basierten Klima-Narration das Wort sprechen und sich damit in der Rolle eines Retters im Sinne des Planeten verstehen.
Der Unterschied liegt allerdings darin, dass die Klimawandel-Narration im Sinne der herrschenden Kaste ist … Frieden und Abrüstung sind es nicht. Während es genügend gut betuchte Journalisten gibt, die dem finanziell meist schlechtergestellten Leser erklären, warum er sich zur Rettung des Planeten den Wohlstandsgürtel noch enger schnallen müsse, sieht es beim Thema Frieden gänzlich anders aus. Geht es um Friedensinitiativen oder pazifistische Bestrebungen, dann hüllen sich ebendiese Journalisten in einen Mantel des Verschweigens oder framen diese Bewegungen mit der deutlichen Absicht, diese im Sinne der Rüstungsindustrie in ein schlechtes Licht zu rücken. Die Klima-Haltungsjournalisten entlarvt letztendlich die Tatsache, dass diese sich nicht zumindest im Sinne des Klimaschutzes in Ramstein blicken lassen, wo dramatischste Umweltzerstörungen auf die Kappe der Airbase gehen.
Kurzum: Friedensinitiativen haben nicht im Ansatz das publizistische / mediale Spotlight wie die Themenfelder, die im Sinne der Herrscherkaste sind.
Also stellt sich hier nochmals die Frage: Was darf Friedensjournalismus?
Journalismus-Legende Hans-Joachim Friedrich prägte die Maxime:
„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“
Demgemäß sind alle Journalisten schlechte Journalisten, die nun schon seit Jahren unentwegt den Krieg herbeischreiben, Waffenlieferungen nur hinsichtlich Auswahl und Umfang aber nicht grundsätzlich hinterfragen, Russland dämonisieren und Rüstungsgüter fetischisieren und glorifizieren. Sie machen sich ganz klar mit dem Krieg gemein. Gleiches müsste dann natürlich auch für jene Journalisten gelten, die sich in irgendeiner Weise mit Friedensinitiativen gemein machen oder eine starke Nähe zu diesen aufweisen.
Ist also das Gemein-Machen mit einer Sache wirklich der richtige Maßstab, um die Qualität eines Journalisten zu messen? Ist so eine neutrale Beobachtungsweise überhaupt möglich? Gerade dann, wenn sie wie bei Krieg- und Friedensthemen so sehr an die Substanz der eigenen Existenz geht? Setzt das nicht eine Art von Journalist voraus, der gar kein Mensch mehr ist?
Und überdies hinaus ist die Möglichkeit einer Beobachtung ohne Beobachter schon rein physikalisch gar nicht möglich. Man denke nur an den von Physiker Niels Bohr entdeckten Beobachter-Effekt: Jedes beobachtete Teilchen verhält sich anders, je nachdem ob es unter Observation steht oder nicht. Müsste folglich für einen redlichen Journalismus nicht das gelten, was Max Weber für die Sozialwissenschaften einforderte, als er in seinem 1917 erschienen Werk „Wissenschaft als Beruf“ davon schrieb, dass kein Mensch frei von Werten sein könnte und es daher von jedem Wissenschaftler vorher abzuverlangen sei, vorab die eigenen Werte transparent zu benennen? Würden die Leitmedien ihr Interesse und ihren Nutzen am Krieg offenlegen, wäre schon mal etwas gewonnen. Aber das ist selbstredend illusionär.
Bei der Frage, was der Friedensjournalismus darf, ist es wohl hilfreich, auf die Definition seines Entwicklers zu blicken, den norwegischen Soziologen und Friedensforscher Johan Galtung. Für ihn bestanden die wesentlichen Merkmale des Friedensjournalismus unter anderem darin, konstruktiv zu berichten, das heißt die Ursachen und Wirkzusammenhänge der Konflikte zu chronologisieren, dabei langfristige Auswege zu beleuchten und es nicht dabei bewenden zu lassen, rein oberflächlich über die dauernde Abfolge von Aktion und Reaktion der jeweiligen Konfliktparteien zu berichten. Des weiteren gehört es zum Friedensjournalismus, nicht die Gewaltspirale, sondern die Friedensinitiativen in den Vordergrund zu rücken.
Und genau das geschieht eben nicht. Von den großen Blättern mal abgesehen war das diesjährige Stopp-Ramstein nicht mal der Regionalpresse von Kaiserslautern einen Bericht wert. Die Rheinpfalz machte am 27. Juni einen großen Aufmacher, als der Anzeigenhauptmeister nach Kaiserslautern kam — der Friedensmarsch tausender Aktivisten wenige Tage zuvor war ihr jedoch keine Silbe wert.
Hier sind allerdings nicht allein die Leitmedien in die Verantwortung zu nehmen. Auch die friedensjournalistische Präsenz der freien-alternativen Medien bei Initiativen wie Stopp-Ramstein ist definitiv noch ausbaufähig. Während in aller Ausführlichkeit beispielsweise über jede noch so — im Gesamtverhältnis — unbedeutende Truppenbewegung in der Ukraine bis in das letzte Detail berichtet wird, sind Berichte über Friedensinitiativen eher Mangelware. Vielleicht auch, weil diese sich nicht für reißerische Aufmacher eignen?
Die Frage kann hier nicht abschließend geklärt werden, warum es offenkundig um ein vielfaches attraktiver ist, am Bildschirm ein Kriegsgeschehen zu verfolgen, anstatt sich im analogen Raum bei Friedensinitiativen einzufinden. Die Tacheles-Sendungen von Thomas Röpers Anti-Spiegel kommen zuverlässig auf knapp 200.000 Klicks. Nur wenige Zweihundertstel haben sich bei Stopp-Ramstein eingefunden. Dieses Verhältnis veranschaulicht sehr gut die Diskrepanz zwischen der apathischen Schaulust am Krieg vom sicheren und heimischen Sofa aus und der Bereitschaft, in analogen Räumen friedliche Felder zu schaffen.
Zur friedensjournalistischen Verantwortung gehört es auch, darauf zu achten, welchen Informationen wie viel Raum gegeben wird. Dabei geht es gar nicht darum, die schrecklichen Dinge auszublenden, sondern vielmehr darum, bei alledem nicht zu vergessen, das Konstruktive, das bereits besteht, aufzuzeigen und in den Vordergrund zu hieven. Wer Informationen verbreitet, hat Macht und damit Verantwortung.
Insofern stellt es für einen Journalisten, für Medienschaffende aller Art nichts Verwerfliches dar, auf Friedensfeldern wie dem Stopp-Ramstein-Camp schlussendlich auch mit den Menschen am Feuer zu sitzen oder zu feiern, über die man berichtet.
Frontberichterstatter sind bei ihrer Arbeit auf Gedeih und Verderb auf die Soldaten angewiesen, die ihnen ein halbwegs sicheres Geleit in die Kampfzone gewähren. Hierbei entsteht ein ebensolches Verhältnis, welches eine völlige Neutralität — die es sowieso nicht gibt — verunmöglicht.
Und so sind auch Friedensjournalismus betreibende Medienschaffende auf Friedensinitiativen aller Art angewiesen, damit es überhaupt noch eine Welt gibt, über die sie berichten können.
Nächstes Jahr wird die Stopp-Ramstein-Kampagne zehn Jahre alt. Werden sich bis dahin die friedensjournalistischen Scheinwerfer mit gebührender Aufmerksamkeit dieser Kampagne widmen? Mit einem Lichtstrahl, so grell, dass er Kriegstrommler wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Roderich Kiesewetter, Friedrich Merz, Sigmar Gabriel oder Anna-Lena Baerbock in den Schatten der friedenspolitischen Bedeutungslosigkeit verbannt?
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