Es könnte alles so schön sein. Die Demokratische Republik Kongo ist gesegnet mit einer üppigen Flora und Fauna. Unter dem Boden ihrer Bewohner liegen gigantische Schätze. Und genau das ist auch der Fluch des Landes. Denn diesen Reichtum wollen sich natürlich alle möglichen Globalkonzerne unter den Nagel reißen. Und das am liebsten, ohne die Menschen im Kongo dafür zu bezahlen, denen die Reichtümer von Rechts wegen gehören.
Der Kivu-See am Ostrand des Kongo ist wunderschön. Doch dort ist gerade das nackte Grauen angekommen. Die Terrororganisation M23 hat in wenigen Tagen die kongolesische Ostprovinz Nord-Kivu aufgerollt. Widerstandslos gerieten zunächst einige Provinzstädte in die Krallen der M23. Menschen flüchteten panisch vor der Walze der Terroristen. Schon näherten sich die Schergen und Landsknechte der Provinzhauptstadt Goma (1). Dort leben einige Millionen Menschen, die meisten davon bereits auf der Flucht vor früheren Gräueln im angrenzenden Ruanda oder Burundi. Und diese Entwurzelten verließen ihre Wellblechverschläge in Richtung Westen, nach Goma hinein.
Doch die M23-Schlächter waren schneller. In Goma flüchteten tausende männliche Häftlinge aus dem Gefängnis. Viele von ihnen werden sich vermutlich der M23 angeschlossen haben. In einem anderen Gebäudeflügel des Gefängnisses befanden sich einige hundert weibliche Inhaftierte. Dieser Gefängnistrakt wurde von Vergewaltigern gestürmt. Und damit später keine Gefangene gegen ihre Vergewaltiger aussagen können, wurde das Gefängnis in Brand gesteckt (2). Die Frauen verbrannten elendiglich in ihrem Kerker. Irgendwann waren die M23-Söldner unangefochten Herren der Stadt Goma. Nun war es Zeit, der Welt den Waffenstillstand zu verkünden.
Tatsächlich bleibt indes nur ein Teil der Terroristen in Goma. Der größere Teil zieht weiter nach Süden. Während in Goma noch die sterblichen Überreste der Ermordeten und Massakrierten gestapelt werden, soll in ähnlicher Manier die Provinz Süd-Kivu die Hauptstadt Bukavu erobert werden. Den Menschen in Bukavu bleibt nur die Flucht in den Busch.
Was ist da los? Um das angemessen zu verstehen, müssen wir einen kurzen Parforce-Ritt durch die Geschichte Mittelafrikas unternehmen. Denn für uns Mitteleuropäer ist Mittelafrika eine Terra Incognita — ein gänzlich unbekanntes Land.
Kongo — ein Spielball der weißen Herrenmenschen
Es ist durchaus nicht so, dass im Kongo nackte Eingeborene auf Entwicklungshilfe des Weißen Mannes gewartet hätten.
Vielmehr entstand ab dem 14. Jahrhundert das Bantu-Königreich Wene wa Kongo, das sich über 300.000 Quadratkilometer erstreckte. Und die ersten Holländer und Portugiesen mussten vor dem König niederknien. Im 17. Jahrhundert jedoch trugen die Destabilisierungsbemühungen der Weißen Männer erste Früchte. Das Bantureich zerfiel, und der Kongo mutierte zu einem Umschlagplatz für Sklaven, die nach Amerika verschleppt wurden.
1885 fand in Berlin die sogenannte „Kongokonferenz“ statt. Reichskanzler Otto von Bismarck lud zu sich die diversen Konkurrenten um den Besitz Mittelafrikas. Bismarck war an deutschen Kolonien nicht interessiert. Er konnte ganz tiefenentspannt Mediator sein für die Aspiranten Großbritannien, Frankreich, Portugal und die Niederlande. Das Territorium des Kongo wurde jetzt quasi als neutraler Puffer zwischen den Interessensphären der Kolonialmächte installiert. Und zwar schenkten Bismarck und seine Freunde den Kongo dem König Leopold II. von Belgien.
Kongo war nunmehr der Privatbesitz von Leopold. Und dieser belgische Monarch sah in dem gesegneten Land nichts anderes als eine Gelddruckmaschine. Die Einwohner wurden degradiert zu rechtlosen Arbeitssklaven. Sie mussten gnadenlos auf den Kautschukplantagen schuften, bis sie tot umfielen. Erbrachten sei am Ende des Tages nicht die vorgeschriebene Arbeitsleistung, wurden ihnen die Hände abgehackt. So konnte Leopold II. bis 1908 schalten und walten, bis seine „Kongo-Gräuel“ zum internationalen Skandal wurden. Der Monarch musste seinen Privatbesitz an den Staat Belgien abgeben. Er wurde aber niemals zur Rechenschaft gezogen für seine monströsen Verbrechen.
Verwunderlich ist sowieso, dass ein so fragiles Staatsgebilde wie Belgien ein solches Riesenreich tatsächlich bis zum Jahre 1959 beherrschen und skrupellos ausbeuten konnte.
Entsprechend unstrukturiert erfolgte dann der fluchtartige Rückzug der Belgier. Unter Moderation der Vereinten Nationen versuchte die internationale Gemeinschaft, einen möglichst geordneten Übergang in die Selbständigkeit zu erreichen. Doch bis heute nicht genau identifizierte Interessengruppen unterstützten die Unabhängigkeitsbestrebungen der Südprovinz Katanga. Es kam zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem Separatistenführer Moise Tschombé und dem Regierungschef von Kongo, Patrice Lumumba. Lumumba wurde gefoltert und umgebracht.
Der zweite Generalsekretär der UNO, Dag Hammarskjöld, versuchte zu vermitteln und Frieden zu stiften. Doch auf ungeklärte Weise fand Hammarskjöld bei einem Flug über Rhodesien den Tod. Anstelle eines dauerhaften Friedens folgte jetzt eine Friedhofsruhe unter der eisernen Faust des Dauer-Diktators Mobutu Sese Seko. Selbiger Mobutu wurde im Laufe seiner unangefochtenen Alleinherrschaft immer größenwahnsinniger und ließ sich zum Kaiser ausrufen, der auf einem goldenen Thron herrschte. 1997 war Mobutus Größenwahn ausgereizt. Sein körperlicher Verfall und seine Kuraufenthalte im Ausland provozierten Mobutus Sturz.
Ab dann führte Laurent Kabila bis 2001 mehr schlecht als recht die Geschicke des Landes. 2001 wurde Laurent Kabila durch ein Attentat ausgeschaltet. Sein Sohn Joseph Kabila folgte ihm ins Präsidentenamt.
Nun ein bisschen Geopolitik
Das waren verlorene Jahre für die nationale Entwicklung der Demokratischen Republik Kongo, die zwischenzeitlich auch mal Zaire hieß. Die Menschen verarmten immer mehr, und der territoriale Zusammenhalt zerbrach, sodass man heute nicht mehr von einem zusammenhängenden Staatsgebilde sprechen kann. Der jetzige Staatspräsident Felix Tshisekedi kontrolliert vielleicht noch zwei Drittel des Kongo. Den Rest haben Warlords und Gangster unter Kontrolle. Ist Spielball im Kalkül der Nachbarstaaten Ruanda oder Uganda.
Es lockt ein unvorstellbarer Reichtum. Nach Schätzung von Experten ruhen unter der Erdoberfläche des Kongo Bodenschätze im Wert von 24 Billionen Dollar (3).
Hier liegen Substanzen, die auf dem Weltmarkt hohe Preise erzielen können: Gold, Diamanten, Kobalt, Zink, Silber, Germanium, Uran, Wolfram oder auch Zinn. Aber besonders ein Rohstoff gewinnt immer mehr Bedeutung. Ohne ihn geht in naher Zukunft gar nichts mehr. Die Rede ist von Coltan. Coltan ist ein Kofferwort der Abkürzungen für die Stoffe Colombit und Tantalit. Die beiden Substanzen werden als Roherze dicht unter der Erdoberfläche durch Schürfen extrahiert. Coltan ist unerlässlich für die Herstellung von Handys, Elektroautos oder Hifi-Anlagen. Handys sind in den letzten zwanzig Jahren immer beliebter geworden. Momentan soll es etwa 8,5 Milliarden Handys geben, die sich auf 7,5 Milliarden Menschen verteilen. Und der technische Standard verbessert sich in rasanter Geschwindigkeit. Sodass die Verbraucher schon nach wenigen Jahren ihr technisch veraltetes Handys durch ein moderneres Gerät austauschen. Die Nachfrage steigt dramatisch. Und es wird vermutet, dass sich 80 Prozent aller Coltan-Vorkommen dieser Welt im Kongo befinden (4).
Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass man im Zusammenhang mit Coltan von sogenannten „Konflikt-Rohstoffen“ spricht. Das weckt nämlich Begehrlichkeiten bei Kongos Nachbarstaaten, die nicht über einen solchen verschwenderischen Vorrat an Naturvorkommen verfügen. Da bedienen sich garstige Herrscher der beliebten Methode des Stellvertreterkrieges. Man destabilisiert ein Nachbarland und bezahlt dort Söldnertruppen, die das Opferland in einen Zustand versetzen, der eine feindliche Übernahme sehr erleichtert.
Und genau dieses Muster passt auf den Kongo. Wir erfuhren bereits von dem Sezessionskrieg der kongolesischen Provinz Katanga im Süden des Landes. Am sogenannten Zweiten Kongo-Krieg beteiligten sich fast alle Anrainerstaaten. Dieser grausame Krieg dauerte von 1998 bis zum Jahr 2003. Und weil so viele afrikanische Staaten beteiligt waren, spricht man sogar vom „Afrikanischen Weltkrieg“. Auf Seiten der Regierung Kabila beteiligten sich Angola, Simbabwe und Namibia mit eigenen Truppenverbänden auf dem Staatsgebiet des Kongo. Die Rebellen wurden von Ruanda, Uganda und Burundi unterstützt.
Dabei handelt es sich nicht um einen sogenannten „symmetrischen Krieg“, also, dass reguläre Truppen gegeneinander kämpfen auf dem Schlachtfeld. Parallel zu regulären Schlachten gab es Elemente von Guerilla-Kriegen kleiner Rebellenverbände. Eine buchstäbliche Verheerung, die vor allen Dingen die Zivilbevölkerung schwer getroffen hat. Der Blutzoll ist monströs. Die Schätzungen über die Todesopfer bewegen zwischen drei bis zu sechs Millionen Menschen (5). Nicht alle Toten sind Opfer direkter Gewalttaten. Vielmehr wurde die gesamte Infrastruktur so schwer getroffen, dass viele Menschen verhungert sind oder erkrankten und keine angemessene medizinische Versorgung erhielten und dann an ihrer Krankheit verstarben.
Dass es im Jahre 2003 zu einem Friedensschluss kam, heißt nicht, dass jetzt der Landfrieden wieder hergestellt war. Überall bildeten sich neue Unruheherde, und kleine regionale Konflikte köchelten die ganze Zeit weiter vor sich hin. Der unvorstellbare Reichtum der Ostprovinzen Nord-Kivu und Süd-Kivu, in Kombination mit dem Fehlen eines starken Staates Kongo bewirkt, dass interessierte Mächte immer wieder zündeln. „Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem lieben Nachbarn nicht gefällt!“ Das gilt im Falle der Coltan-Regionen des Ost-Kongo in ganz besonderem Maße. Denn die Terrorgruppen, die den Menschen in Goma die Hölle heiß machen, werden vom Nachbarstaat Ruanda unterstützt.
Es gibt eine diabolische Person, die seit nunmehr drei Jahrzehnten als Initiator aller garstigen Massaker in der Region fungiert. Darüber müssen wir jetzt sprechen.
Paul Kagame, der Strippenzieher
Paul Kagame ist seit dem Jahre 2000 Präsident der kleinen Republik Ruanda, die im Osten an Kongo grenzt. Sowohl in Ruanda als auch im südlichen Nachbarland Burundi schwelt seit vielen Jahrzehnten eine blutige Auseinandersetzung zwischen den Bantu-Völkern der Hutu und der Tutsi. Die Hutu sind zahlenmäßig in der Mehrheit. Aber die Kolonialherren bedienten sich auch hier wieder des beliebten Cäsar-Rezepts: Teile und herrsche!
Die Kolonialisten aus Belgien, Frankreich und Deutschland folgten der sogenannten „Hamiten-Theorie“. Soll heißen: je weißer die Hautfarbe, umso intelligenter und zivilisierter sind die Völker.
Und sie ordneten die etwas hellhäutigeren Tutsi dem biblischen Stamm Ham zu. Auch aufgrund mangelnder Ortskenntnis machten die weißen Kolonisatoren die Tutsi kurzerhand zu ihren eigenen Sub-Unternehmern, die für sie Verwaltungsaufgaben übernehmen mussten. Die Tutsi agierten als Steuereintreiber der Kolonialherren. Als Anfang der 1960er Jahre die Kolonien in die Selbständigkeit entlassen wurden, kam es zu Gewaltausbrüchen der bislang unterdrückten Hutu gegen die Tutsi.
Paul Kagame ist ein Tutsi. Mit seinen Eltern flüchtete er 1962 vor den Pogromen aus Ruanda in das benachbarte Uganda und machte dort Karriere in der ugandischen Armee. In diesem Zusammenhang bekam er seinen militärischen Schliff in der Militärakademie in Fort Leavenworth in den USA.
In Uganda regiert wiederum seit 1986 der Dauer-Diktator Yoweri Museveni mit harter Hand. Museveni ist ein Protegé der USA, besuchte ebenfalls eine US-Militärakademie und hat sich deren geopolitische Agenda zu eigen gemacht. Museveni fördert Kagame beim Aufbau einer eigenen Tutsi-Armee auf dem Boden von Uganda. Kagames Ruandische Patriotische Front (RPF) steht nun bereit, um Großes zu vollbringen. Von 1990 bis 1994 kämpft die RPF relativ erfolglos gegen die regulären Truppen des Staates Ruanda.
Da geschieht etwas, das den Staat Ruanda in seinen Grundfesten erschüttert. Der amtierende ruandische Präsident Juvénal Habyarimana kommt mit seinem Flugzeug von Verhandlungen mit ruandischen Rebellen am 6. April 1994 im Landeanflug wieder in der ruandischen Hauptstadt Kigali an. Doch bevor die Maschine landen kann, wird sie von zwei Bodenraketen beschossen. Die zweite Rakete trifft und das Flugzeug explodiert in der Luft. Mit dem ruandischen Präsidenten befinden sich noch an Bord der Präsident von Burundi, Cyprien Ntaryamira, sowie der Stabschef der ruandischen Streitkräfte. Sofort geht auf Knopfdruck ein Massenmord in Ruanda los. Radiostationen geben die Namen und Adressen der Personen bekannt, die gelyncht werden sollen. Innerhalb von hundert Tagen werden in etwa 800.000 Ruander ermordet. Der Weltöffentlichkeit wird der Sachverhalt so verkauft, dass „die Hutu“ „die Tutsi“ hinschlachten. Tatsächlich befanden sich aber auch sehr viele Hutu unter den Mordopfern.
Ruanda ist durch den Flugzeugabsturz praktisch enthauptet. Das ist der Zeitpunkt, an dem Paul Kagame mit seiner in Uganda hochgezogenen Privatarmee in Ruanda einfällt und sich als Retter seines Landes und der Tutsi aufspielen kann. Kagame annektiert mit seiner RPF de facto Ruanda. Die Weltöffentlichkeit atmet auf: Das Morden hat ein Ende, dank Paul Kagame! Nun wollen aber die Gerüchte nicht verstummen, dass Kagame selbst den Abschuss der Präsidentenmaschine vom Himmel angeordnet haben könnte (6). Das Timing ist auf jeden Fall perfekt. Sechs Jahre bleibt Kagame noch als Verteidigungsminister im Hintergrund. Um dann ab dem Jahre 2000 selber Präsident von Ruanda zu werden.
Der Westen ignoriert alle Ungereimtheiten in der Biographie von Kagame und feiert ihn, genauso wie seinen ugandischen Förderer Museveni, als Mann, der sein Land stabilisiert hat. In der Tat ist seit der Herrschaft von Kagame in Ruanda relative Ruhe eingekehrt. Sogar ein bisschen Wohlstand soll sich in Ruanda etabliert haben. Ruanda verfügt über beträchtliche Einkünfte. Denn Ruanda ist neben dem Kongo zu einem der größten Exporteure des begehrten Handy-Rohstoffes Coltan avanciert. Bemerkenswert dabei: Ruanda verfügt über keine eigenen Coltan-Bodenschätze! (7) Wo kommen diese Coltan-Exporte dann eigentlich her? Um das Rätsel aufzulösen: Die aus Ruanda ausgeführten Coltan-Bestände sind aus Kongo geschmuggelt worden. Das hat Paul Kagame in einem im Internet verfügbaren Video selber zugegeben (8).
Gestohlen aus dem Boden des Kongo
Selbstverständlich wird auch im Kongo Coltan industriell, geordnet abgebaut. Allerdings gibt es geschätzt etwa zwei Millionen Menschen, die sozusagen als Schein-Selbständige den Boden des kongolesischen Dschungels mit ihren blanken Händen aufkratzen und aus dem Boden die Rohmasse mit dem Coltan herausholen. Dabei werden gigantische Flächen Urwald zerstört. Natürlich ist dieses Schürfen offiziell verboten. Das macht die Sache für Schmarotzer und Schutzgelderpresser nur umso lukrativer. Die armen Teufel, die da bis zu den Knien den ganzen Tag im Matsch herumwühlen, haben keinerlei Verbindungen zu irgendwelchen seriösen Abnehmern (9). Halbseidene Gestalten kaufen ihnen den wertvollen Matsch für ein paar Pfennige ab.
Und dann kommen auch immer wieder bewaffnete Söldnerbanden, die von den Schürfern Schutzgeld erpressen. Damit finanzieren sich hunderte von bewaffneten Banden, die das Land nach Lust und Laune terrorisieren und ausbeuten (10).
Der Staat der Demokratischen Republik Kongo hat über den Osten des Landes keinerlei Kontrolle. Also schaffen die bewaffneten Banditen das Coltan nach Ruanda, von wo es über Uganda an die Globalkonzerne verkauft wird. Wie zu erwarten haben diese skandalösen Ereignisse dann doch ein gewisses Aufsehen erregt. Daraufhin ist im Jahre 2011 in den USA das sogenannte Dodd-Frank-Gesetz erlassen worden. Das verbietet es den Herstellern von Handys, die billige Schmuggelware aus Krisengebieten wie dem Kongo zu kaufen. Im Jahre 2016 erließ auch die Europäische Union Gummi-Paragrafen, die den Ankauf von sogenannten Konfliktrohstoffen verbieten „oder zumindest minimieren“ sollen. Doch diese Regelungen haben nur zur Schaffung eines Schwarzmarktes geführt. Warlords, Rohstoffhändler, bestochene Politiker und Medien haben Mittel und Wege gefunden, die gesetzlichen Regelungen zu umgehen (11).
Für das an Rohstoffen so reiche Kongo ist dieser Segen ein Fluch. Weil kein geordneter starker Zentralstaat für Ordnung und Gerechtigkeit sorgt, stürzt der Osten des Kongo in ein elendes Chaos.
Die Coltan-Schürfer ruinieren sich gesundheitlich, weil beim Schürfen auch giftige Substanzen ausströmen. Man schätzt, dass etwa 800.000 Kinder in engen Schächten schuften. Es ist wenig wahrscheinlich, dass diese Kinder ein gesundes Erwachsenenleben genießen können. Bauern verlassen ihre Ländereien, weil sie trotz allem im Coltan-Matsch mehr Geld verdienen. Die Bodenkrume ist ruiniert, und der Dschungel, der so wichtig ist für das Klima, wird sukzessive zerstört. Seltene Tierarten wie zum Beispiel Gorillas werden ausgelöscht.
Und jetzt wieder „Bürgerkrieg“
Bereits im Jahre 2012 unternahm die von Ruanda unterstützte Terrortruppe M23 einen Versuch, Ost-Kongo und die Hauptstadt Goma zu erobern. Damals wurden die Terroristen allerdings zurückgedrängt. Und nun ist die M23 wieder da. Irgendjemand hat diese Truppe auf jetzt 6.500 Kämpfer aufgebläht. Zudem wird die M23 von 4.000 ruandischen Soldaten im Kongo unterstützt. Der Nachbarstaat Angola hatte sich bis zuletzt bemüht, auf dem Verhandlungsweg ein erneutes Aufbrechen des Krieges zu verhindern. Doch das Vertrauen der kongolesischen Regierung war endgültig aufgebraucht, als am 19. Mai 2024 in der Hauptstadt Kinshasa ein Putschversuch gegen den Präsidenten von Kongo, Felix Tshisekedi unternommen wurde. Den Putschversuch organisierte Christian Malanga. Malanga hatte in den USA eine Exilorganisation mit Namen United Congolese Party aufgebaut, mit wessen Geld, wissen wir natürlich nicht. Der Putsch war miserabel organisiert, scheiterte und endete mit Malangas Tod (12).
Und jetzt dieser erneute Versuch einer Annexion Ost-Kongos durch Ruanda. Ruandas Präsident Kagame weist alle Anschuldigungen von sich. Doch UN-Experten haben keinen Zweifel, dass Kagame die rasche Eroberung von Goma steuert. Die kongolesische Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner nahm bei der eigens für dieses Ereignis einberufenen Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates kein Blatt vor den Mund und bezeichnete das Eindringen ruandischer Soldaten auf das Territorium des Kongo als „Kriegserklärung“ durch Kagame (13).
Das Morden hat gerade richtig angefangen. Das wird die westliche Wertegemeinschaft nicht davon abhalten, Paul Kagame nach wie vor als Lichtgestalt zu lobpreisen.
Kagame bot sich der Regierung Großbritanniens gerade wieder an: Er könne in Ruanda in Musterlagern aus Großbritannien abgewiesene Asylbewerber neu ansiedeln (14). Wir wollen an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass Kagame selbstverständlich nur das nützliche Instrument der westlichen Wertegemeinschaft ist, um sich zu Dumpingpreisen wertvolle Rohstoffe unter den Nagel zu reißen, ohne an die rechtmäßigen Eigentümer der Bodenschätze, die Bürger des Kongo, in irgendeiner Weise Geld entrichten zu müssen.
Die Medien werden das Ganze selbstverständlich wieder so darstellen, dass sich danach Otto Normalverbraucher fragt: „Warum können denn sich diese Afrikaner nicht endlich vertragen?“
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Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.africanews.com/2025/01/29/what-is-happening-in-eastern-congo-where-rebels-claim-they-captured-a-key-city/
(2) https://www.theguardian.com/world/2025/feb/05/democratic-republic-congo-goma-women-raped-burned-death-prison-m23-rebels-rwanda
(3) https://www.sueddeutsche.de/politik/rohstoffhandel-24-000-000-000-000-dollar-in-der-erde-1.2947475
(4) http://www.gesichter-afrikas.de/rohstoffe-ressourcen-in-afrika/metallische-rohstoffe/coltan.html
(5) https://www.africanews.com/2025/02/05/drc-goma-residents-split-on-m23-ceasefire-announcement/
(6) https://www.fr.de/politik/afrikas-weltkrieg-11697331.html
(7) http://www.gesichter-afrikas.de/rohstoffe-ressourcen-in-afrika/metallische-rohstoffe/coltan.html
(8) https://www.africanews.com/2024/04/12/coltan-at-the-heart-of-drc-rwanda-tensions-business-africa/
(9) https://www.handelsblatt.com/politik/international/mineralien-der-fluch-des-reichtums-im-kongo/19699324.html
(10) https://www.africanews.com/2025/01/29/what-is-happening-in-eastern-congo-where-rebels-claim-they-captured-a-key-city/
(11) https://www.kulturvision-aktuell.de/die-jagd-nach-kupfer-und-coltan/
(12) https://nypost.com/2024/05/19/world-news/3-americans-among-50-detained-after-failed-coup-in-dr-congo/
(13) https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/kongo-rebellen-goma-100.html
(14) https://www.handelsblatt.com/politik/international/migration-ruanda-ein-polizeistaat-als-fluechtlingspartner/100034442.html