Not my medium
von Natascha Wolf
Unsere Medien lügen mindestens soviel, wie wir täglich lügen, wenn wir von anderen abhängig sind. Wenn die Konsequenz, ehrlich zu sein, existentiell bedrohlich ist, dann kann keine ehrliche Kommunikation stattfinden. Das ist in den Medien besonders schlimm, da viele sich durch sie ihr Bild von der Wahrheit schaffen wollen. Und weil unsere PR-Kultur die Techniken immer weiter entwickelt hat, wie man das Bild von der Wahrheit bis zur Unkenntlichkeit verzerren kann.
Was wir brauchen ist meines Erachtens ein völlig neuer Begriff von 'Medien'.
Wir sehen das in all den Repräsentations-Debatten, egal von welchen Gruppen: Menschen fühlen sich diffamiert, wenn ohne ihre Legitimierung über sie pauschal gesprochen wird und sie sich missrepräsentiert fühlen. Zu recht, für mich ist das eine beispiellose soziale, kommunikative und informative Diskriminierung.
Wir müssten also – auch in den Medien – Wege schaffen, um mehr MITeinander zu sprechen, damit wir auch zu einem MITeinander finden.
Und wenn es nicht anders geht, als andere auch ohne Legitimation zu kritisieren, müsste Journalismus glaubhaft bleiben – als oberstes Vorbild in Sachen verantwortlicher Darstellung, das heißt: immer erst Fakten zu nennen, dann die Bewertung klar davon trennen.
Gerade die Medien müssten Vorreiter sein in Sachen 'verantworteter Kommunikation'.
Anstatt sich einer längst überholten Debatten-Kultur zu bedienen, die nur die Spaltung in der Gesellschaft vorantreibt.
Sie könnten den Menschen zeigen, wie Kommunikation zu einer Win-Win-Situation wird.
Denn sobald jemand in einer Kommunikationssituation zum 'Loser' wird, hat die Kommunikation versagt.
Wirklich demokratische Medien würden dazu dienen, dass Menschen ihre eigene Wahrnehmung und Erfahrung, ihre daraus resultierenden Gefühle, ihre Bedürfnisse, klaren Forderungen und Lösungsvorschläge gut und verständlich abbilden können.
Sie würden Menschen aber vor allem zusammenbringen, um sie gemeinsam in eine kollektive Verantwortung zu bringen.
Sie würden vormachen, wie lösungs- und gemeinschaftsorientiertes kommunikatives Handeln zwischen Bürgern aussehen kann.
Sie würden täglich zeigen, wie Menschen allein oder gemeinsam aus dieser Schwarmintelligenz sinnvolle Aktionen entstehen lassen oder Möglichkeiten aufzeigen, wie man nicht funktionierende Systeme verändern kann.
Sie würden uns Bürgern die Informationen genau so liefern, wie wir sie zur Beurteilung der Gesamtlage brauchen.
Wie jedes Kind eine kritische 'Medienkompetenz' in der Schule erwerben sollte, sollte es für jeden Menschen – auch in seiner Arbeitswelt – die Möglichkeit geben, diese zu erwerben, zu üben und wie bei einer Schülerzeitung seine eigenen Erfahrungen zu schildern.
Denn nur, wenn ich weiß, wie Medien gemacht werden, kann ich ihre Glaubwürdigkeit hinterfragen.
Und wir sollten lernen, was es heißt, ein gutes Medium zu sein. Auch als Bürger.
Medien und Bürger sollten viel mehr auf Augenhöhe stehen. Es ist entmündigend, wenn es so aussieht, als könnte die Wirklichkeit nur von wenigen Prominenten und einer journalistischen Zunft erklärt werden.
Es gibt heute so viele Techniken, um sinnvolle, integrative, friedensstiftende und lösungsorientierte Kommunikation zwischen allen zu betreiben.
Warum werden diese nicht von den Medien vorgelebt? Sie sollten gesellschaftlicher Standard werden.
Warum gibt es keine Formate, die zeigen, wie Kommunikation uns zusammenbringen kann?
Hört jemand meinen Schrei? Ich hätte auch viele Antworten...
Vielen Dank für Euren Aufruf, es ist schön, wenn man als Bürger auch mal nach seiner Sicht, seinem Wissen und seinen Bedürfnissen gefragt wird!
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.rubikon.news/artikel/gemeinsam-verandern-wir-die-welt
(2) https://www.rubikon.news/kolumnen/leser-aktion
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