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Leben in Einheit

Leben in Einheit

Wir müssen erkennen, wie subtil und zugleich brutal das System uns formt — und aus dem Spiel aussteigen. Exklusivabdruck aus „Reise in die Freiheit“.

Nach meinem belebenden Naturbad lege ich mich mit dem Rücken auf die Erde, um mich auszuruhen. Es ist so angenehm, im kühlen Gras zu liegen und den weichen Erdboden zu spüren. Ich verbinde mich wie von selbst mit dem Leben um mich und tauche in den Frieden ein, der in der Natur deutlich spürbar ist.

Der Gesang der Vögel ist so heilsam und wohltuend! Alles schwingt miteinander und scheint eins zu sein: die Vögel mit ihren wundervollen Melodien, die Bäume, deren feine Zweige im Wind rascheln, und der Duft der lebendigen Erde, die alles Leben trägt. Jeder kleine Zweig der Bäume und Sträucher ist genau da, wo er hingehört, auch das Eichhörnchen und die Vögel sind ein vollkommener Teil dieser Einheit und wissen genau um ihre Aufgabe und Bestimmung. Ich spüre die Zartheit dieses Seins — würde doch jeder Mensch in der Lage sein, das zu erkennen und zu erleben!

Mir wird in diesem Moment bewusst, dass auch wir Teil dieses wunderschönen Ganzen sind, und dass es keine Trennung gibt, außer in der Illusion des Verstandes.

Dass Dankbarkeit und Liebe für das einzigartige Leben, das uns geschenkt wurde, unser ganzes Wesen durchdringen sollten, um diese Welt mit Freude und Licht zu durchleuchten.

Berührt und bewegt von dieser besonderen Erfahrung laufe ich zurück zu meinem Walnussbaum, lege mich in meinen Schlafsack und habe einen besonderen Traum: Ich klettere einen steilen Berghang hoch, um den Sonnenaufgang sehen zu können. Endlich am Gipfel angekommen, muss ich leider feststellen, dass es wieder Nacht geworden ist. Ich kann plötzlich die Umrisse einer Gestalt mit langem Umhang und Stock wahrnehmen, von der ein zartes Schimmern ausgeht. Ich gehe vorsichtig auf sie zu und frage sie: „Wo bleibt die Sonne?“

Eine wohlklingende männliche Stimme antwortet mir: „Die Sonne ist da. Du kannst sie aber nicht sehen, weil du nicht frei bist.“ Verwundert schaue ich die Gestalt an: „Wieso bin ich nicht frei? Das verstehe ich nicht.“

Die Stimme erwidert sanft:

„Du bist frei auf diese Welt gekommen, voller Freude und mit großer Hoffnung. Du warst unendlich lebendig und hast überall Wunder und Schönheit gesehen. Du hattest großes Vertrauen, hast dich geliebt gefühlt und hattest unbegrenzte Lebensenergie. Doch sehr schnell musstest du feststellen, dass die Menschen um dich herum die Welt ganz anders wahrnahmen. Sie konnten die Magie des Lebens nicht sehen, waren voller Angst und lebten nicht von innen, sondern aus ihrem Verstand. Sie übertrugen ihre Ängste auf dich und brachten dir bei, dass diese Welt ein unsicherer Ort ist. Sie lehrten dich, das Leben zu kontrollieren, dich zu schützen und anderen nicht zu vertrauen. Sie lebten wie jemand, der sich in einem zauberhaften Blumengarten befindet, aber nichts von dieser Schönheit wahrnehmen kann, weil seine Sinne verkümmert sind.“

Während ich der Stimme gebannt zuhöre, erinnere ich mich daran, wie ich mich als Kind oft in eine Traumwelt geflüchtet habe, in der ich wunderbare Abenteuer erlebte. Besonders in der Schule wurde ich oftmals unsanft aus meinen Tagträumen geweckt und musste Dinge tun, die mir keine Freude machten.

Die schemenhafte Gestalt fährt fort: „Du hast gelernt, dass du nur dann geliebt wirst, wenn du die Erwartungen deiner Eltern erfüllst, wenn du ein ,braves‘ Kind bist. Du wurdest gezwungen, Dinge zu tun, die sich für dich falsch angefühlt haben. Du hast unzählige Male das Wort ,Nein‘ gehört. Dadurch hast du das Vertrauen in dich selbst verloren. Mit jedem ,Nein‘, mit jeder Bestrafung, mit jeder negativen und falschen Aussage über das Leben wie ,Höre endlich auf zu träumen und fange an, erwachsen zu werden!‘ hast du Lebensenergie verloren.

Mit jeder neuen Verletzung, die dir zugefügt wurde, und es waren sehr viele, hast du dein Herz weiter verschlossen. Du hast gelernt, dass diese Welt ein Platz ist, wo du nicht sicher bist, dass du niemandem vertrauen kannst und dich vor weiteren Verletzungen schützen musst. Du hast gelernt, dass es gefährlich ist, zu lieben und deine wahren Gefühle zu zeigen. Du hast verlernt, zu weinen und dich verletzlich zu zeigen.“

Seine Worte lösen Betroffenheit in mir aus. Ich erinnere mich an unzählige Momente, in denen ich mich einsam und verlassen gefühlt habe. Ich glaubte tatsächlich meistens, niemandem vertrauen zu können, und ließ mich, ohne dass es mir bewusst war, auf keine wirklich tiefen Beziehungen ein. Während ich darüber nachdenke, fällt mir ein Muster in meinen Kontakten zu Mädchen auf: Ich verliebte mich oft in diejenigen, die unnahbar waren. Wenn eine aber ernsthaftes Interesse an mir zeigte, dann fand ich sie nicht interessant. „Wie alle anderen Menschen in deiner Gesellschaft hast du gelernt, eine Maske zu tragen, hart zu sein und dein Inneres niemandem zu zeigen“, erklärt die Stimme in ruhigem Ton.

„Das geht so weit, dass du dein wahres Selbst kaum noch kennst. Obwohl du dich so lange dagegen gewehrt hast, bist du wie die anderen auch zu jemandem geworden, der den Kontakt zu seinen Gefühlen verloren hat. Du bist ein Meister darin geworden, das Leben zu kontrollieren und Entscheidungen aus deinem Verstand zu treffen.“

Die Gestalt breitet ihre Arme aus: „Du musst dich von allen Lügen, die dir erzählt wurden, befreien. Du musst alle falschen Glaubenssätze über dich und das Leben aus deinem System entfernen. Du musst dich daran erinnern, wer du wirklich bist.“ Berührt und gleichzeitig geschockt muss ich mich setzen, um das Gehörte zu verdauen. Ich fühle, dass jedes einzelne Wort wahr ist. Welch eine unglaubliche Erkenntnis!

Der weise Mann formt seine Hände zu einem Kreis, der immer größer wird. Ich kann darin lachende und strahlende Kinder erkennen, die durch eine Blumenwiese toben und einfach nur glücklich sind. Sie leben im Paradies. Dann kommen Männer in schwarzen Anzügen und zwingen die glücklichen Kinder in ein Betongebäude, auf dem das Wort „Schule“ steht.

Die Kinder werden gezwungen, den ganzen Tag auf unbequemen Stühlen zu sitzen und Dinge zu lernen, die sie nicht interessieren. Sie dürfen nicht mehr nach draußen, verlernen zu lachen und zu tanzen. Sie werden dann „geliebt“, wenn sie möglichst wenig Lebendigkeit zeigen und gehorsam sind. Sie müssen Leistung bringen und werden miteinander verglichen, wo doch jedes Kind einzigartig ist. Das Leuchten in ihren Augen erlischt, sie lernen alles über eine tote Welt, in der nur materielle Werte zählen und die Magie des Lebens als Träumerei und Einbildung abgetan wird.

Diese Vision erinnert mich noch einmal stark an meine eigenen Erfahrungen in der Schule. Der Weise lässt seine Arme wieder sinken. „Die Welt der lachenden und glücklichen Kinder war eine Welt der Wunder und Liebe, jetzt müssen diese Kinder, die nicht mehr lachen, in einer Welt von Leistung, Pflicht und falsch verstandener Verantwortung leben. Wenn diese Kinder erwachsen geworden sind, werden sie vergessen haben, wie glücklich sie einst waren, und sie werden die Werte der toten Welt auch an ihre eigenen Kinder weitergeben.“ Hinter der aufrechten Silhouette des Weisen scheint es noch dunkler zu werden.

„Die Menschen der toten Welt leben aus dem Verstand, nicht aus dem Herzen. Sie versuchen, das Leben zu kontrollieren und zu manipulieren, anstatt sich ihm hinzugeben. Sie sind gesteuert von Angst, nicht von Freude. Sie sind im permanenten Kampf gegen ihre Umwelt und gegen sich selbst. Sie empfinden die Natur als etwas, vor dem sie sich schützen müssen, und erkennen nicht, dass die Erde ihre Mutter ist, die sie trägt, nährt und heilt. Sie merken nicht, dass sie von Angst und Kontrolle gesteuert sind, weil sie gar nicht mehr wissen, wie es sich anfühlt, mit wahrhaft offenem Herzen zu empfangen und sich dem Leben und der Schöpfung ganz hinzugeben.

Da alle so leben und eure Gesellschaft auf Angst und Kontrolle aufgebaut wurde, gibt es nur wenige, denen es gelingt, aufzuwachen und sich aus dem System der Lügen wirklich zu befreien. Diejenigen, die versuchen, wirklich aus dem Herzen zu leben, müssen damit rechnen, verurteilt und angefeindet zu werden.“

Der Weise hält einen Moment inne.

„Wann ist dir das letzte Mal ein erwachsener Mensch begegnet mit leuchtenden Augen, der offen, freundlich und liebevoll war, der sich getraut hat, verrückte Dinge zu tun, Fremde zu umarmen und vor Freude auf der Straße zu tanzen? Es ist schon oft vorgekommen, dass man solche Menschen, die nach euren Maßstäben nicht ,normal‘ sind, in Irrenanstalten gesperrt hat, wo man sie dann durch Zwangsmaßnahmen von ihrer Lebensfreude befreit hat.“

Seine Worte hallen im beeindruckenden Panorama der Berge nach. Plötzlich ergibt alles einen Sinn: Warum ich es gehasst habe, in der Schule zu sein, warum ich mich einsam gefühlt habe und oft Außenseiter war. Ich verstehe immer mehr.

Ich habe es immer so empfunden, dass jedes Tier, jede Blume, jeder Baum heilig ist, ein wertvoller Teil der Schöpfung, dass diese Lebewesen geschützt werden müssen, und konnte es einfach nicht begreifen, dass die Menschen um mich herum das nicht so wie ich fühlen konnten.

Der Weise schaut mich plötzlich direkt an. Seine Augen funkeln wie Sterne.

„Alle Menschen haben die gleichen Bedürfnisse: Sie wollen lieben und geliebt werden, sie wollen in Frieden, Harmonie und Verbundenheit leben. Die Menschen der toten Welt jedoch haben sich durch falsche Informationen und negative Programmierung so weit von ihrem Inneren entfernt, dass sie nicht mehr wissen, wie sie wahres Glück finden können. Niemand in ihrer Welt kann es ihnen sagen oder zeigen. So suchen sie das Glück im Außen, in materiellen Dingen wie Erfolg, Reichtum und Macht. Sie wissen nicht, dass sie das Glück dort niemals finden werden, sondern dass sie es nur in sich selbst finden können.

Die Machthaber der toten Welt versuchen alles, um die Menschen davon abzulenken, ihr Glück in sich selbst zu suchen, denn sonst würde das von ihnen geschaffene System zusammenbrechen.

Deswegen gibt es Dinge wie Fernsehen, Zeitungen, Radio und in naher Zukunft noch andere Erfindungen, die die Menschen wie nie zuvor davon abhalten werden, sich selbst wirklich zu fühlen und aus dem Gefängnis ihres Verstandes auszubrechen.“

Ein zartes Leuchten breitet sich hinter der Gestalt aus. „Diejenigen, die wie du ihr Glück im Innen oder in der Natur finden, kaufen keine sinnlosen Produkte mehr, sie handeln nicht mehr aus Angst und sind damit eine große Gefahr für die Existenz der toten Welt.“ „Aber was können wir überhaupt gegen die tote Welt tun?“, frage ich verzweifelt. „Sie scheint fast unseren ganzen Planeten unter Kontrolle zu haben – und sind Menschen wie ich nicht die große Ausnahme?“

Die Augen des Weisen funkeln noch intensiver.

„Du bist einer der ganz Wenigen, die den Mut besitzen, aus ihrem Gefängnis auszubrechen, und sich auf die Suche nach ihrer Lebensaufgabe und der Wahrheit machen. Du hast den ersten und wichtigsten Schritt zur Befreiung getan. Jetzt ist es entscheidend, dass du erkennst, dass auch du immer noch ein Teil der toten Welt bist, dass ein großer Teil deiner Gedanken und deiner Emotionen aus der toten Welt kommt und dich davon abhält, wirklich frei zu sein und die wahre Welt zu erkennen.“

Nachdenklich blicke ich ihn an. „Aber wie befreie ich mich von den falschen Gedanken und Emotionen?“ Der Alte lächelt liebevoll. „Mein Sohn, das wird schrittweise geschehen. Zuerst wirst du lernen, unwahre Gedanken und Emotionen zu erkennen. Dann wird dir gezeigt, wie du diese auflösen kannst. Du bekommst alle Informationen, die du brauchst, um den Weg der Befreiung zu gehen. Vertraue, dass dir alles immer zur rechten Zeit gegeben wird.“ Mittlerweile ist das Leuchten hinter ihm stärker geworden, die Morgenröte wird sichtbar. Gleichzeitig verblasst seine Gestalt langsam und wird schließlich vom Licht des neuen Morgens verschluckt. Ich schaue ihm nach, bis er sich ganz aufgelöst hat.



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