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Im App-Fieber

Im App-Fieber

Statt uns eine Spionage-Software aufs Handy zu ziehen, sollten wir mit einer App unsere Demokratie verteidigen.

Unter Merkel — siehe Ansprache auf YouTube zur Corona-App — zeigt sich ganz besonders eindeutig die Diskrepanz zwischen Willen und Realität des Volkes und dem Willen der Parlaments-Palast-Parallelwelt. Das Dislike-Verhältnis beträgt rund 97 Prozent. Und auch die Kommentare darunter machen deutlich: Ein breiter Teil der Bevölkerung möchte diese App nicht haben!

Alle Beteuerungen, die App sei stets freiwillig und würde niemanden ausspionieren, kann man nur noch unter „bodenloser Unverschämtheit“ verbuchen. Unverschämtheit ob des Glaubens, die Bevölkerung hätte ein so mieses Gedächtnis und wüsste nicht mehr, wie häufig sich Versprechen deutscher Politiker ins Gegenteil verkehrten. Sei es Walter Ulbricht, der beteuerte, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu errichten, ein Martin Schulz, der 2017/18 versicherte, es werde keine große Koalition geben, oder das jüngste, aktuellste und prägnanteste Beispiel: die Bundesregierung. Diese warnte am 14. März 2020 eindringlich, dass im Internet Fake-News kursierten, nach denen es bald erhebliche Einschränkungen des öffentlichen Lebens geben würde. Nicht einmal zehn (!) Tage später befanden wir uns im grundgesetzwidrigen Lockdown.

Jetzt mal Buddha bei die Fische! Wer, der sich durch das stundenlange Maskentragen noch nicht komplett die Birne vernebelt hat und noch halbwegs bei Verstand ist, glaubt dieser Regierung und all ihren Karrieristen noch? Heute sagt die Regierung, es gebe keine Einschränkungen des öffentlichen Lebens, und morgen schon ist der Lockdown. Was um alles in der Welt liefert uns die Garantie dafür, dass eine heute noch freiwillige und anonymisierende App morgen nicht ins komplette Gegenteil verkehrt wird? Und wenn auch nur über indirekte Umwege, zum Beispiel dass gewisse Formen der gesellschaftlichen Partizipation nur noch mit dieser App möglich sind.

Jedenfalls gibt es diese Garantie nicht. Der Gehalt der Versprechen von Politikerinnen und Politikern pulverisiert sich just in dem Moment, in dem die Wörter verhallen.

Es macht wenig Sinn, die ganze Energie darauf zu verwenden, sich in langen Texten über den undemokratischen Charakter dieser App zu echauffieren. Stattdessen sollten wir die gegen die Demokratie gerichteten Kräfte betrachten, sie umlenken, transformieren und für unsere demokratischen Ziele verwenden. Ganz so wie das beispielsweise der Physiker Hans-Peter Dürr allgemein beschreibt oder Rüdiger Lenz in Bezug auf das Nichtkampf-Prinzip.

Wir erleben derzeit einen App-Hype, wie wir ihn seit 2016 mit der Pokémon-Go-App nicht mehr erlebt haben. Dieses Mal ist der Hype noch um ein Vielfaches aufgeladener, da es sich nicht um ein rein kulturelles Happening handelt, sondern von der Verbreitung der App diesmal — so die Rahmenerzählung — die kollektive Gesundheit abhängt. Je mehr mitmachen würden, desto sinnvoller sei die App.

Entsprechend steigt der Druck auf die, die sich diesem Hype entziehen oder zu „bequem“ sind, um sich ein Smartphone-Modell zuzulegen, auf dem die App funktioniert. Schließlich würden diese den Nutzen durch ihre Handy-Passivität mindern. Das geht so weit, dass diejenigen getadelt werden, die zu faul sind, das Handy immer mit sich herum zu tragen, um es per Bluetooth dauerhaft senden zu lassen.

Aber wir schweifen wieder in das Schimpfen über die App ab. Entscheidend ist, dass wir den derzeitigen Hype um diese App sinnvoll umlenken müssen. Denn im Schatten der viel umjubelten und uns allen aufgedrängten App existiert eine viel zu unbekannte App, die durch ihren Nutzen die Corona-Warn-App weit in den Schatten stellt, die DEMOCRACY-App.

Die seit 2018 vom gemeinnützigen Verein DEMOCRACY Deutschland e.V. angebotene App liefert ihren Nutzern die Transparenz über sämtliche Vorgänge im Bundestag, die der Staat seinen Bürgerinnen und Bürgern schuldig bleibt. Detailliert gibt die DEMOCRACY-App Auskunft darüber, welche Gesetze geplant sind beziehungsweise in welchem Verhandlungsstatus sie sich befinden. Doch eine der wesentlichen Funktionen — und das ist hier ganz entscheidend — ist die Möglichkeit der User, selber über die Gesetzentwürfe mit Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung abzustimmen. Die Ergebnisse können dann mit der Community deutschlandweit und im eigenen Wahlkreis verglichen werden.

Die DEMOCRACY-App bietet im Gegensatz zur Corona-Warn-App einen wirklichen Nutzen. Sie macht das reale Demokratie-Defizit für alle User sichtbar und benennt dabei Ross und Reiter. Gleichzeitig skizziert sie über die Abstimmungsmöglichkeit ein Abbild dessen, wie die Entscheidungen aussehen könnten, würden nicht die sogenannten Volksvertreter Gesetze beschließen, sondern würde direkte Demokratie sich Bahn brechen. Und obendrein gewährleistet sie einen echten Schutz der persönlichen Daten!

Kritiker mögen nun einwenden, dass die eine App doch mit der anderen nichts gemein habe und das Ganze gegeneinander aufwiegen ein reiner Äpfel-Birnen-Vergleich sei. Weit gefehlt!

Die Bundesregierung drängt mit 45 Millionen Euro Kosten — plus 3,5 Millionen Euro für Werbung — dem Volk eine App auf, nach der das Volk nie gefragt hat. Eine App wie die DEMOCRACY-App, die — unter demokratischen Gesichtspunkten betrachtet — eigentlich vom Bundestag bereitgestellt werden müsste, wird hingegen von Privatleuten angeboten, die auf die Spenden der User angewiesen sind.

Wie wichtig es ist, Transparenz zwischen den Bürgern und dem Bundestag herzustellen, zeigte sich in der Coronakrise besonders deutlich. Hierzu einige Beispiele:

Betreffend den Antrag zur „Soforthilfe für pflegende Angehörige während der COVID-19-Pandemie“ stimmten von 3.787 Usern 82 Prozent dafür, im Bundestag 56 Prozent dagegen (1).

Einen Antrag mit dem Namen „Medienvielfalt und Journalismus in der Coronakrise schützen — Demokratie braucht kritische Öffentlichkeit“ befürworteten von 6.526 Usern 83 Prozent, im Bundestag stimmten 69 Prozent dagegen (2).

Wer wünscht sich nicht eine „verlässliche Datenlage zur Ausbreitung von COVID-19 in Deutschland“? Gerade in einer Zeit, in der man das Gefühl bekommt, dass das Robert-Koch-Institut (RKI) von Professor Trelawney geleitet wird ... 56 Prozent der Volksvertreter im Bundestag stimmten jedenfalls gegen den Antrag. Bei der Abstimmung in der App forderten dies jedoch von 7.653 Usern 74 Prozent (3).

Und wie sieht es damit aus? „Verordnungsermächtigung des Bundesministeriums für Gesundheit einschränken — Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite aufheben“. Von 8.557 Abstimmenden befürworteten das 77 Prozent. Der Bundestag entschied mit 87 Prozent nahezu geschlossen dagegen (4).

Ganz pikant zeigte sich die Divergenz, als es um die Abstimmung zum „Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ ging. Also jenem skandalumwitterten Gesetz, das den Immunitätsausweis zunächst beinhaltete, was dann auf Druck durch die Straße wieder gestrichen wurde — vorläufig, denn Jens Spahn hält weiterhin daran fest. Jedenfalls stimmten im Bundestag 52 Prozent für dieses Gesetz. Auf der DEMOCRACY-App stimmten diesmal satte 11.115 User ab, von denen sage und schreibe 95 Prozent dagegen votierten (5).

Hier zeigt sich in aller Deutlichkeit Folgendes: Auch wenn die DEMOCRACY-App stets neutral und passiv bleibt und die Inhalte aus dem Bundestag dem User nur deskriptiv vermittelt, ist sie dennoch eine stumme Warn-App. Eine Korruption-Warn-App. Eine Amtsmissbrauch-Warn-App. Sie warnt vor all diesen Dingen, indem sie sie schlicht unkommentiert aufzeigt. Die Zahlen sprechen für sich.

Zahlen, die ebenfalls für sich sprechen, sind die Summen des im Vergleich weitaus bescheideneren monatlichen Finanzierungsaufwands, den die App zur Umsetzung ihres Nutzens benötigt. Dieser beläuft sich auf 10.537 Euro im Monat. Die für uns nutzlose Corona-Warn-App hingegen soll jährlich 45 Millionen und damit monatlich 3,75 Millionen (!) Euro, also in etwa 355-mal mehr (Steuer-)Geld verschlingen. Und mit so einem Budget lässt sich die App natürlich leichter unter die Leute bringen. Mit Stand vom 21. Juni sollen angeblich schon knapp 12 Millionen Nutzer die App heruntergeladen haben — im Google Play Store steht am Abend des 23. Juni noch „5 Millionen +“ —, während die DEMOCRACY-App lediglich 50.000-mal auf die Smartphones gezogen wurde.

Eine völlige Unverhältnismäßigkeit, wenn man berücksichtigt, um wie viel mehr der Nutzen dieser App den der Spionage-App übertrumpft.

Aber anstatt die Regierungs-App zu „bekämpfen“, nutzen wir doch den derzeitigen App-Hype und leiten ihn gezielt auf die DEMOCRACY-App um! Nutzen wir den gleichen Hashtag #ichAPPmit, aber zeigen dazu Bilder der DEMOCRACY-App. Verbreiten wir auf den sozialen Netzwerken unter all den die Corona-Warn-App betreffenden Beiträgen Hinweise auf die DEMOCRACY-App, zapfen wir den Strom ab, um ihn für unsere Zwecke zu nutzen! Auch die Weiterleitung dieses Memes kann der Verbreitung der App weiterhelfen:

Bild

Denn eines dürfen wir nicht vergessen: Die Corona-Warn-App ist eine gegen uns gerichtete App, auch wenn uns das natürlich nicht so vermittelt wird. Doch denkt man einen kurzen Augenblick darüber nach, was für ein Bild des Users die jeweiligen Apps von uns haben, verdeutlicht sich rasch, welche App ein treuer Begleiter und Helfer und welche eine Ameise unter unserer Haut ist. Nach der Corona-Warn-App sind wir alle potenziell kranke und gefährliche Keimschleudern, die bei entsprechenden Signalen von der App dazu verdonnert werden, uns selber einzusperren. Die DEMOCRACY-App sieht uns als mündige, reife Menschen, die kraft ihres Verstandes und ihres Herzens imstande sind, gut durchdachte Entscheidungen zu treffen.

Die DEMOCRACY-App ist unsere App! Nutzen wir sie, bewerben wir sie, und vor allem unterstützen wir sie ! Denn die oben dargelegte mikroskopisch bescheidene Summe von rund 10.000 Euro wird — im Gegensatz zur millionenteuren Überwachungsorgie — durch die Spenden gerade einmal zur Hälfte finanziert.


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://democracy-app.de/antrag/261365/soforthilfe-fuer-pflegende-angehoerige-waehrend-der-covid-19-pandemie
(2) https://democracy-app.de/antrag/261335/medienvielfalt-und-journalismus-in-der-corona-krise-schuetzen-demokratie-braucht-kritische-oeffentlichkeit
(3) https://democracy-app.de/antrag/261968/eine-verlaessliche-datenlage-zur-ausbreitung-von-covid-19-in-deutschland-schaffen
(4) https://democracy-app.de/antrag/261944/verordnungsermaechtigung-des-bundesministeriums-fuer-gesundheit-einschraenken-feststellung-der-epidemischen-lage-von-nationaler-tragweite-aufheben
(5) https://democracy-app.de/gesetzgebung/261888/zweites-gesetz-zum-schutz-der-bevoelkerung-bei-einer-epidemischen-lage-von-nationaler-tragweite


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