Kindheit und Jugend sind die prägendste Zeit im Leben eines Menschen. Wegweisende, oft erstmalige Erfahrungen werden gemacht, grundlegende Werte vermittelt, soziale und emotionale Kompetenz geübt und manifestiert. Dabei spielt eine große Rolle, wie das gesellschaftliche Miteinander im eigenen Umkreis gelebt wird. Wörter wie Gemeinschaft oder Solidarität, aber auch humanistische Werte und das eigene Selbstbild prägen sich hier. Sie werden zum einen durch reine Beobachtung und zum anderen durch Erfahrungen in der Gruppe mit Definitionen und Vorstellungen belegt und erlangen so an Bedeutung. Im Laufe der Zeit bilden sich Meinungen und Ansichten, die durch den ständigen Austausch im sozialen Umfeld und in Verbindung mit aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen immer wieder neu justiert werden können, wachsen können, reifen können.
Was passiert nun mit den jungen Menschen, die in einer Gesellschaft aufwachsen, die diese Worte und Werte grundlegend neu für sich definiert? Eine Gesellschaft, die die Möglichkeiten der eigenen Meinungsbildung einengt und das Entkoppeln vom Selbst fast verunmöglicht? Was passiert mit den Kindern und Jugendlichen, die in diesem aufgeheizten Klima von ständigen ― immer wieder neuen ― Ängsten umgeben sind?
Das Selbst
„3-G-Regel“ ― Getestete, Geimpfte, Genesene lautet die Zugangsbeschränkung zu den meisten öffentlichen Einrichtungen im kommenden Winter. Kein Besuch in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, kein Besuch in der Innengastronomie und in Hotels, kein Besuch von Veranstaltungen, Festen und Fitnessstudios und somit keine Teilhabe am sozialen Leben für nicht-genesene, nicht-geimpfte und nicht-getestete Menschen (1): Dies ist die politische Strategie für die kommenden Wochen. Dicht gefolgt von dem Vorschlag der „2-G-Regel“. Damit auch der letzte Impfverweigerer doch noch den Weg ins Impfzentrum findet. Dieser Vorschlag wurde zwar noch nicht bundesweit final entschieden und wird aufgrund von Unvereinbarkeit mit der Verfassung diskutiert (2); einige Universitäten schaffen in dieser Hinsicht jedoch bereits Fakten.
Was hat das nun aber mit dem Selbst zu tun?
Sich lediglich gesund zu fühlen, erfüllt nun nicht mehr die Bedingungen, die für eine gesellschaftliche Teilhabe an jeden Menschen gestellt werden.
Lediglich ein Gesund-Testen oder Gesund-Impfen verschafft dem Bürger die begehrte Eintrittskarte für das soziale Leben ― eine vollkommene Entfremdung des eigenen Fühlens, des eigenen Selbst(-wertes). Die Trennlinie zwischen Gesundheit und Krankheit sowie dem Fühlen des eigenen Selbst verschwimmt immer mehr. Das Vertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit über das Wohlbefinden des Selbst schwindet und der Bezug zum eigenen Körper und dessen Gesundheit wird technologisiert, bürokratisiert. Durch das Einführen der frühen Testung im Kindesalter schlägt diese Erfahrung und dieses Selbstbild seine Wurzeln und wird sich über das weitere Leben hinweg manifestieren.
Die Gemeinschaft
Solidaritäts- und Gemeinschaftsprinzip werden neu definiert. Die Unversehrtheit des eigenen Körpers ist nicht mehr das Maß aller Dinge, sondern die „Virenfreiheit“ der Gemeinschaft. Der Bezug zum eigenen Körper und zum eigenen Selbst wurde bereits erfolgreich geschmälert, sodass die neue Solidarität – Abstand halten, Gesicht verdecken – hier einen fruchtbaren Nährboden gefunden hat. Gemeinsam für die gute Sache und vor allem gegen die unsolidarischen Menschen, die nicht mitmachen, nur die gemeinsame Aktion ist der Weg aus der Krise. Teil der Gemeinschaft ist, wer sich solidarisch zeigt und die Mehrheitsmeinung vertritt. Den jungen Menschen wird hierbei die Bürde auferlegt, Verantwortung für die Gesundheit anderer ― und vor allem Älterer ― zu übernehmen.
Die körperliche Unversehrtheit
Die Prinzipien und Werte dieser Gesellschaften werden neu geordnet. Bisher hatte es kaum jemanden interessiert, ob und wie oft man sich in der Vergangenheit hat impfen lassen. Nun wird die Impfung gefeiert als Heldentat und solidarischer Akt. Die Hoffnung ist groß, dass es nach der Impfung wieder so wird, wie es vorher war, dass das normale Leben weitergeht, wenn nur alle mitmachen.
Moralisch auf der richtigen Seite ist, wer mitmacht und die Ansichten der Mehrheit teilt. Unmoralisch ist, wer Zweifel äußert und es wagt, Entscheidungen über seinen Körper selbst zu treffen, da diese moralische Entscheidung bereits vom Kollektiv getroffen worden ist.
Der Meinungskorridor
Der Meinungs- und Debattenkorridor verengt sich immer weiter. Der Konformitätsdruck steigt. Gewisse Meinungen werden schon aus Prinzip nicht mehr zugelassen, wenn sie dem allgemein geltenden Narrativ eines für die gesamte Gesellschaft gefährlichen Virus widersprechen und die Impfung nicht als einzigen Weg aus der Krise ausmachen. Auch die Kinder und Jugendlichen sind durch die ständige Medienbeschallung einem Framing unterworfen worden, das so schnell nicht mehr aufgebrochen werden kann.
Die junge Generation trägt einerseits stolz Shirts mit dem Aufdruck „Kein Mensch ist illegal“ und begehrt in ehrbarer Absicht gegen jegliche Form von Faschismus auf, doch andererseits plädieren auch sie darauf, die sogenannten „Impfverweigerer“ dem gesellschaftlichen Leben fernzuhalten. Diese kognitive Dissonanz ist lediglich die sichtbare Spitze des Eisbergs der Kommunikation, in dem jegliche gedankliche Beweglichkeit festgefroren scheint. Es werden keine individuellen Meinungen mehr vertreten, stattdessen gilt die Mehrheitsmeinung, die moralisch abgesegnet und anerkannt ist.
Die Ängste
Ein Blick in die Medienlandschaft zeigt deutlich, dass das Schüren von Angst alltägliches Programm geworden ist. Eine Schwarzmalerei folgt der nächsten und wird gekonnt mit den nötigen visuellen Reizen ausgeschmückt: Angst vor der Klimakatastrophe, Angst vor Umweltzerstörung, Angst vor dem Verlust geliebter Menschen, Angst vor dem Verlust der eigenen Gesundheit, Angst vor Krieg.
All diese Ängste werden der jungen Generation Tag für Tag auf dem Silbertablett präsentiert und gerade in der Coronakrise wird ihnen immer mehr das Gefühl vermittelt, von der Politik gänzlich vergessen zu werden (3).
Zu Zukunftssorgen und Existenzangst gesellen sich in diesen Zeiten dann die Einsamkeit und die psychischen Folgen, die eine derartige gesellschaftliche Situation mit sich bringt. Die junge Generation lebt vom Miteinander, vom Rausgehen, vom Sich-Austauschen, vom Sich-Ausprobieren. All dies wird den jungen Menschen seit Monaten erschwert oder verwehrt, während sie stetig mit neuen Schreckensnachrichten gefüttert werden.
Das Ergebnis
Das Selbst ist für Viele kaum noch greifbar, die Gemeinschaft nur noch mit der neudefinierten Form der Solidarität zu leben, unsere Grundwerte haben neue Stoßrichtungen erhalten und der Meinungskorridor verengt sich zunehmend. Hinzu kommen die ständig neu geschürten Ängste, mit denen die heranwachsende Generation aufwachsen und gegen deren zermürbende Wirkung sie ankämpfen muss.
All diese Entwicklungen, deren Folgen bereits im Kindes- und Jugendalter zu wirken beginnen, zerrütten jegliche demokratischen und menschlichen Prinzipien einer Gesellschaft und schaffen eine lenkbare und unkritische Menschenmasse.
Wie Gustave le Bon in „Psychologie der Massen“ im Jahre 1922 schrieb, verstummt in dieser Masse alles Individuelle. Es gibt kein Sandkorn mehr im Getriebe, der Sand ist Objekt des Getriebes:
„In der Masse gleicht der Einzelne einem Sandkorn in einem Haufen anderer Sandkörner, das der Wind nach Belieben emporwirbelt.
Aus diesem Grund sprechen Schwurgerichte Urteile aus, die jeder Geschworene als einzelner missbilligen würde, Parlamente nehmen Gesetze und Vorlagen an, die jedes Mitglied einzeln ablehnen würde“ (4).
„Nicht die Könige haben (…) die Religionskriege (allein) verursacht. Hinter solchen Ereignissen findet man immer wieder die Seele der Massen“ (5).
Quellen und Anmerkungen:
(1) https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/bund-laender-beratung-corona-1949606
(2) https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Corona-Regeln-fuer-Ungeimpfte-2G-Regel-verfassungswidrig-id60312111.html
(3) https://www.tagesschau.de/interview-jugend-corona-101.html
(4) Le Bon, Gustave (1922). Psychologie der Massen. 4. deutsche Auflage, Seite 38.
(5) Le Bon, Gustave (1922). Psychologie der Massen. 4. deutsche Auflage, Seite 78.
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