Es regt sich Widerstand
„In einer Online-Petition fordern gegenwärtig über 28.000 Unterzeichner den Stopp des 5G-Ausbaus in Österreich wegen gesundheitlicher Bedenken. An einer internationalen Petition gegen 5G haben sich seit dem 29. März bereits 63.379 Menschen aus 168 Ländern beteiligt.“
In der Region Brüssel hat die belgische Hauptstadtregion ein 5G-Pilotprojekt gestoppt. „Die Brüsseler seien keine Versuchskaninchen“, so die Regionalregierung.
Auch in Deutschland tut sich etwas:
„Anwohner in Berlin kritisieren laut einem Bericht des RBB-Verbrauchermagazins SUPER.MARKT das 5G-Testnetz der Deutschen Telekom zwischen den Bezirken Schöneberg und Mitte. Sie seien nicht informiert worden, denn welche Auswirkungen die 5G-Strahlen auf Menschen haben, sei bisher nicht untersucht worden. Anwohner sind verunsichert und fordern, dass der Senat umfassend über das Vorhaben informiert, damit ein Volksbegehren initiiert werden könne.“
Stuttgart soll unter tatkräftiger Mithilfe des Grünen-Bürgermeisters Fritz Kuhn zur „Smart City Stuttgart“ umgebaut werden. Natürlich nur zum Wohl der Bürger: Jeder Haushalt soll schnelles Internet bekommen. Auf einer Veranstaltung machte Kuhn dann klar, dass es nicht nur die Bürger sind, die sich Vorteile von der Smarten City versprechen: Stuttgart brauche 5G wegen der Autoindustrie und der Arbeitsplätze. Die Grünen als Förderer der Autoindustrie. Aber auch in Stuttgart gibt es Widerstand. Es hat sich die Bürgerinitiative Stuttgart-West gegründet, die gegen die Smart-City-Pläne kämpft.
Gefährdung der Gesundheit durch 5G
Gemeinsam ist allen Initiativen, dass sie die erhöhte Strahlenbelastung durch den neuen Mobilfunkstandard problematisieren. Da der neue Standard mit deutlich kürzeren Wellenlängen arbeitet, die Mauern deutlich schlechter durchdringen können als die bisherigen Standards, müssen wesentlich mehr Antennen insbesondere in geschlossenen Räumen aufgebaut werden. Wodurch die Strahlenbelastung steigt, da die Strahlung eine höhere Frequenz und eine höhere Energie-Intensität aufweist.
So schreibt der deutsche Stadtnetzbetreiberverband Buglas, dass für 5G in Deutschland 1,2 Millionen Antennen aufgestellt werden müssten. Mit Stand von Oktober 2017 gab es pro Mobilfunkbetreiber in Deutschland 25.000 Antennenstandorte.
Um dies zu verdeutlichen: „(...) die vollständige Einführung wird in städtischen Gebieten zu Antennen im Abstand von 10 bis 12 Häusern führen“.
In der oben angeführten Internationalen Petition heißt es:
„Zusätzlich zur Errichtung von Millionen neuer 5G-Basisstationen auf der Erde und der Aussendung von 20.000 neuen Weltraumsatelliten werden nach Schätzungen bis zum Jahr 2020 circa 200 Milliarden sendefähige Objekte und einige Jahre später sogar eine Billion sendefähige Objekte mit dem Internet of Things verbunden sein“.
Für mich eine Horror-Vorstellung. Andere bekommen aber wohl glänzende Augen, weil es da sehr, sehr viel zu verkaufen und zu verdienen gibt.
Die gesundheitlichen Risiken werden selbstverständlich von interessierter Seite geleugnet. In der Petition heißt es aber dazu: „Das bereits gesammelte, heute vorliegende klinische Beweismaterial zu diesem Thema umfasst mehr als 10.000 durch Fachleute gegengeprüfte Studien. Darin wird belegt, dass elektromagnetische Felder maßgeblich verantwortlich sind für verschiedenste Beeinträchtigungen des Menschen, für Schädigung der DNA, der Zellen und Organsysteme bei einer großen Vielzahl von Pflanzen und Tieren, und für die heute wichtigsten Zivilisationskrankheiten: Krebs, Herzerkrankungen und Diabetes.“ Auf Rubikon sind kürzlich zwei (1, 2) Beiträge dazu erschienen, sodass hier nichts Weiteres dazu ausgeführt werden muss.
Weitere Risiken
Leider sind die gesundheitlichen Gefahren bei weitem nicht die einzigen Risiken, die mit der Einführung von 5G verbunden sind. Die Informationen im weiteren Text stützen sich wesentlich auf die aktuelle Veröffentlichung von Hensinger, Merks und Meixner zu Smart City und 5G (1).
Nach den Plänen der Unternehmen im Bereich Informations- und Kommunikations-Technik (IKT) soll zukünftig möglichst alles, was sich dazu eignet, miteinander vernetzt werden.
Zusätzlich zu den Geräten, die schon vernetzt sind, wie Smartphones, Tablets, PCs und Laptops, sollen insbesondere die Geräte des Internet of Things (IoT) — es wird sich um Milliarden von Geräten handeln — Schulen, Krankenhäuser und Arztpraxen, Fahrzeuge des öffentlichen Personenverkehrs, alle weiteren Fahrzeuge und die Geräte der Industrie 4.0 vernetzt werden.
Insbesondere das IoT soll durch eine riesige Zahl von Geräten aufgebaut werden, die durchweg bei der Herstellung und beim Gebrauch große Mengen von Ressourcen verbrauchen und für die kein Entsorgungskonzept erkennbar ist.
Es wird eine riesige Menge an Elektroschrott entstehen, der nicht entsorgt wird.
Außerdem ist geplant, im gesamten öffentlichen und privaten Raum — auch innerhalb von geschlossenen Räumen — ein dichtes Netz von Zugangspunkten zu errichten. Der überwiegende Teil der Geräte wird Daten für Werbung und Überwachung sammeln. Was Alexa daheim ist, sind zukünftig die Straßenlaternen und die digitalen Geräte in den Kaufhäusern oder in den Büros. Zusammen mit einer Vielzahl von anderen Geräten mit Mikrofon, Kamera und weiteren Sensoren wird man der Datenerfassung nicht entgehen können. Der tiefe IT-Staat wird durch 5G noch einmal drastisch vertieft.
Versprechungen
Den Bürgern wird 5G unter anderem schmackhaft gemacht, indem eine drastisch schnellere Übertragung von Daten versprochen wird. Ein Spielfilm soll künftig in hoher Qualität innerhalb von Sekunden heruntergeladen werden können. Nutzer und Nutzerinnen sollen nicht unnötig warten müssen, bevor sie sich die nächste Dosis Gehirnvernebelung gönnen können.
Auch das dringend gewünschte — von wem eigentlich? — autonome Fahren soll möglich werden; richtig müsste es automatisches Fahren heißen, das hört sich aber nicht so gut an. Autonom soll selbstverständlich mit dem Auto gefahren werden, nicht etwa mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder völlig autonom mit dem Fahrrad oder zu Fuß. Versprochen wird eine drastische Reduzierung von Unfällen und Staus, und die Parkplatzsuche gehört der Vergangenheit an. Damit das möglich wird, muss eine Infrastruktur her, welche die für das autonome Fahren notwendigen riesigen Datenmengen erfassen und verarbeiten kann — 5G eben.
Autonom wird das Fahren aber nur der Behauptung nach werden. Es wird Fahren am digitalen Gängelband und höchst überwachtes Fahren sein. Riesige Mengen an Bewegungsprofilen werden erzeugt, auf welche die Datenkraken gierig sind. Gegenwärtig streiten sich die Autohersteller und Versicherer noch darüber, wem die anfallenden Daten gehören; den Autofahrerinnen und Autofahrern sicher nicht, den Geheimdiensten werden sie in jedem Fall zugänglich sein. Wichtige Probleme werden, wie bei den Gesundheitsrisiken, weitgehend ausgeblendet.
Geschwindigkeitsübertretungen sollten zwar der Vergangenheit angehören. Wer ist aber schuld, wenn zwei autonome oder ein autonomes und ein herkömmliches Auto in einen Unfall verwickelt werden?
Neues Lernen
Versprochen wird den Bürgerinnen und Bürgern auch, dass mit 5G völlig neues Lernen möglich wird. Wie man hört, geht ohne schnelles Internet gar nichts — auch auf dem modernen Bauernhof nicht, wo jede Milchkanne vernetzt werden soll. Ob das kommen wird, ist fraglich. Was aber mit dem Digitalpakt schon auf den Weg gebracht ist, ist die erweiterte Ausstattung der Schulen mit Digitaltechnik. Das freut zumindest die IKT-Unternehmen, die hoffen, dass das erst der Beginn ist.
Damit das neue Lernen möglich wird, muss jede Schülerin und jeder Schüler einzeln mit einem Computer arbeiten können. Man soll (muss) vorgeblich selbst gesteuert das auf einen zugeschnittene Lernprogramm abarbeiten können. Je nach Lernfortschritt bekommen die Lernenden neue Aufgaben. Der Lernfortschritt wird erfasst, Prüfungen werden dadurch entbehrlich. Die Sache hat allerdings mehrere Haken. Damit dies möglich wird, müssen die Computer vernetzt sein, und die Arbeit der Schülerinnen und Schüler muss genau erfasst werden. Es entsteht eine lückenlose Lernbiografie. Nichts wird vergessen: kein Erfolg, kein Versagen. Das erfordert die Möglichkeit, riesige Datenmengen zu erfassen und zu transportieren — 5G eben.
Der zweite Haken ist aber der wichtigere: Mit Lernen hat das Ganze nichts zu tun — es hätte immer in Anführungszeichen stehen müssen. Lernen ist ein wesentlicher sozialer Prozess zwischen Menschen. Isoliert an einem Rechner kann dieser Prozess nur äußerst eingeschränkt stattfinden.
Was aber damit hervorragend möglich ist, ist die Anpassung der Schülerinnen und Schüler an die bestehenden Verhältnisse. Gelernt wird auf diese Weise, von Computern gestellte Befehle im privaten und beruflichen Leben ohne Zögern auszuführen.
Es könnten noch weitere Bereiche genauer beleuchtet werden, beispielsweise der Gesundheitsbereich, die sich entwickelnde Überwachung im öffentlichen Personenverkehr oder die öffentliche Verwaltung. Darauf wäre in weiteren Artikeln einzugehen.
Erweiterter Widerstand ist dringend nötig
Der Widerstand gegen die gesundheitlichen Risiken ist gut, richtig und notwendig. Er muss aber dringend um jenen gegen die weiteren Risiken erweitert werden. 5G wird ein wesentlicher Beitrag zur umfassenden Erweiterung der Überwachung in fast allen Lebensbereichen sein und den Verlust demokratischer Verhältnisse zu Folgen haben. Eine Gesellschaft, in der es keine Privatsphäre gibt, ist keine Demokratie mehr.
Widerstand könnte einfach sein: Kein Alexa daheim, keinen ans Internet angeschlossenen Kühlschrank, kein internetfähiger Smart-TV; vollständiger Verzicht auf das IoT also. Weiteres wie die Nutzung von Bargeld, das Abschalten des Smartphones et cetera wäre möglich. Davor steht allerdings eine sehr große Hürde: Die Bürgerinnen und Bürger müssen von der Sinnlosigkeit und Schädlichkeit von 5G überzeugt werden. Bisher ist nicht erkennbar, wie das möglich sein soll.
Doch auch wenn dieser Widerstand sich formieren würde — wird er es allerdings schwer haben, da starke staatliche und wirtschaftliche Interessen die Einführung von 5G anstreben. Er muss ergänzt werden um den Widerstand aller Organisationen, die ein Interesse am Erhalt der Gesundheit der Bevölkerung und der Demokratie haben. Notwendig ist beispielsweise der Widerstand der Gewerkschaften gegen die Fabrik 4.0. Bisher beschränkt man sich auf „kritische Begleitung“. Auch die Kirchen sind gefordert. Sie begleiten bisher die Entwicklung nur wohlwollend — man ist ja schließlich weltoffen und modern.
Das Wichtigste ist aber, dass die Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass eine Gesellschaft mit vollständiger Überwachung eine Diktatur und keine Demokratie ist. Wenn Sie in einer Demokratie leben wollen, müssen Sie handeln!
Quellen und Anmerkungen:
(1) Peter Hensinger / Jürgen Merks / Werner Meixner: Smart City- und 5G-Hype — Kommunalpolitik zwischen Konzerninteressen, Technologiegläubigkeit und ökologischer Verantwortung. pad-Verlag Bergkamen, 2019
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