Kürzlich habe ich das Buch „Eine neue Erde“ von Eckart Tolle gelesen. Es hat mir unter vielem anderen unendlich Wichtigen und Hilfreichen eines nochmals ganz deutlich vor Augen geführt:
Was gerade stattfindet, ist ein gewaltiger individueller und gesellschaftlicher Aufwachprozess, und es ist ein Riesenschritt, im Außen aufzuwachen — so wie es mir und sicher vielen von euch ging —, also zu erkennen, welch unfassbare Dimensionen Themen wie Corona, Klima, Migration, der Ukrainekrieg und so weiter haben, was alles dahintersteckt und wieviel wir nicht sehen konnten oder wollten.
Aber aus meiner Sicht geht es um mehr:
Eines beobachte ich bei vielen Menschen, die diesen Aufwachprozess momentan durchlaufen (und ich nehme mich da nicht aus): Sie sehen die zweite, aus meiner Sicht viel größere Dimension entweder (noch) nicht oder praktizieren sie viel zu wenig — und das ist das innere Erwachen. Das ist es auch, worum es unter anderem Eckart Tolle geht, der sagt, dass die Verschmutzung des Planeten nur eine äußere Spiegelung einer inneren psychischen Verschmutzung ist, dass nämlich Millionen von unbewussten Individuen keine Verantwortung für ihr Inneres übernehmen.
Was meine ich mit innerem Erwachen?
Viele von uns sind so auf das Außen fixiert, dass sie weiterhin in alten Mustern gefangen bleiben: Ihr Seelenfrieden hängt davon ab, dass das, was sie tun, etwas bringt, dass sie Ergebnisse sehen.
Sie hoffen auf gute Nachrichten, auf Aufarbeitung, auf irgendetwas im Außen, damit sie sich wieder gut fühlen können. Sie werden wütend auf die ignoranten Mitmenschen, die Mitläufer oder die aus unseren Reihen, die ihrer Ansicht nach zu wenig tun und folglich mit schuld sind an den Zuständen — und damit auch, dass sie sich schlecht fühlen. Sie suchen Sicherheit in Prophezeiungen oder kosmischen Konstellationen oder hoffen auf Rettung durch geheime Kräfte aus Amerika oder sonst woher.
Sie arbeiten sich verzweifelt im Außen ab — und wenn sie hier keine Ergebnisse sehen, werden sie noch wütender und verzweifelter, und häufig resignieren sie und machen gar nichts mehr. Oder sie besuchen den x-ten Online-Kongress für eine bessere Welt und inneren Frieden — und wagen sich dennoch nicht auf den langen, beschwerlichen, aber so unendlich lohnenswerten Weg in ihre innersten, dunklen Abgründe, betreiben das, was die Amerikanerin Brooke Castillo „passive action“ nennt, im Gegensatz zu „massive action“.
Und genau hier gibt es aus meiner Sicht das allergrößte Potential für uns alle:
Im Außen aktiv zu sein ist wunderbar und unendlich wichtig, und auch, wenn wir oft keine direkten Ergebnisse sehen, bin ich fest überzeugt, dass alles, was wir tun, etwas bewirkt.
Aber wir können noch viel weiter gehen:
Wir können uns dem eigenen Inneren zuwenden, Bewusstheit entwickeln, uns selbst heilen und damit auch unser Umfeld positiv beeinflussen. Dazu gehört das, was der Künstler und Autor Raymond Unger „Nachreifen“, wirklich Erwachsenwerden nennt — und aus meiner Sicht ist das Erkennen und Aufarbeiten eigener Bindungs-, Entwicklungs- und transgenerationaler Traumata einer der Haupt-Schlüssel dazu. Viele von uns können sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, in welchem Umfang zum Beispiel Kindheitserfahrungen ihre heutige Sicht auf die Welt und ihr heutiges Denken, Fühlen und Handeln bestimmen. So vieles, was wir tun, ist getrieben von Angst, vom Streben nach Sicherheit und Bestätigung von außen — beruhend auf Prägungen aus unserer Kindheit.
Erwachsenwerden bedeutet auch, unsere alten Verletzungen und unsere Bedürftigkeit zu erkennen und zu heilen — und in der Folge akzeptieren zu können, dass es im Außen keine Sicherheit gibt, ohne dies als Bedrohung zu empfinden.
Sich selber beim Denken zuzuschauen kann sehr erhellend sein, getreu dem Spruch: „Glaube nicht alles, was du denkst.“ Unsere Gedanken beeinflussen unsere Gefühle und unsere Gefühle wiederum unsere Gedanken — und aus diesem so oft angstgesteuerten Teufelskreis heraus handeln wir häufig vollkommen unbewusst. So oft versuchen wir mit allen Mitteln, uns von unseren negativen Gefühlen abzulenken, die wir als so belastend empfinden, da wir nie einen gesunden Umgang mit ihnen gelernt haben.
Keine Corona-Aufarbeitung, keine Änderung des politischen Systems, keine Verurteilung der Verantwortlichen wird für eine bessere Welt so hilfreich sein wie unsere eigene innere Heilung. Ich möchte jedem, der sich noch nicht in dieser Richtung auf den Weg gemacht hat, Mut machen: Je mehr wir dadurch in unsere Kraft kommen, umso weniger werden wir abhängig von den äußeren Umständen, von der Meinung anderer Leute, von allem, was uns vermeintlich Sicherheit gibt. Anstatt eines „Hundeverstandes“, der jedem Stöckchen nachspringt, das man ihm hinwirft, können wir einen „Löwenverstand“ entwickeln, der in sich ruht, abwartet und beobachtet. Wir werden unabhängig davon, ob unser Tun ein direktes Ergebnis hat, da unsere Zufriedenheit nicht länger davon abhängt — wir handeln um des Handelns willen.
Und je weniger unsere Seelenruhe, unsere Zufriedenheit und unser Glück von anderen Menschen abhängen, umso entspannter und nachsichtiger werden wir mit ihnen — und dieser innere Friede strahlt nach außen und wirkt weit über das hinaus, was wir direkt selber erfahren. So können wir die Welt verändern.
„Ich lasse mein Licht leuchten“, sagte der Stern, „und werde nicht fragen, ob es hilft, die Dunkelheit zu vertreiben.“
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