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Das Ende des Kapitalismus

Das Ende des Kapitalismus

Die Kapitalismuskritik der Autorin Ulrike Herrmann weist einige blinde Flecken auf.

Es ist schon verwunderlich, dass eine Autorin, die noch vor wenigen Jahren mit dem Titel „Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung“ einen Bestseller landete, auf einmal ein Buch schreibt, welches das genaue Gegenteil proklamiert, und damit ebenfalls Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste erreicht. Genau das hat Ulrike Herrmann mit dem Buch „Das Ende des Kapitalismus“ geschafft. Ihre Ausgangsthese: Aufgrund des menschengemachten Klimawandels können wir uns als Menschheit den Kapitalismus nicht länger leisten. Denn diese Wirtschaftsform emittiert notwendigerweise Kohlenstoffdioxid, das den Klimawandel anheizt. Schon zu Beginn bezieht sie sich auf die Fridays-for-Future-Bewegung, die von eben dieser Prämisse ausgeht und einen radikalen Systemwandel fordert. Wie dieser aussehen könnte, thematisiert die Bewegung indes nicht. Ulrike Herrmann versucht, diese Lücke zu füllen.

Zur Geschichte des Kapitalismus

Doch zunächst erklärt sie, was Kapitalismus ist und wie er entstanden ist. Sie zeichnet die historische Entstehung der modernen Industrie nach und räumt auch mit einigen Ideologien von Ökonomen auf. So war in der Anfangsphase kein sonderlicher Kapitalaufwand erforderlich, um den Kapitalismus in Gang zu setzen. Auch waren für viele Produkte noch nicht einmal Märkte vorhanden.

Die ersten Maschinen sind nicht von Wissenschaftlern und Ingenieuren aufwändig gebaut und dann verkauft worden; einfache Menschen, zumeist Handwerker, haben sie ohne Vorkenntnisse konstruiert, um ganz konkrete Probleme damit zu lösen. So wurde die erste automatische Wasserpumpe gebaut, um ein Kohlebergwerk zu entwässern. Sie lohnte sich auch nur an dieser Stelle, da sie enorm viel Kohle verbrauchte, die im Kohlebergwerk natürlich vorhanden war. Die unverkäufliche Bruchware konnte einfach in der Pumpe verfeuert werden. Erst später wurden Wasserpumpen effizienter, sodass sie auch in anderen Industriezweigen zum Einsatz kommen konnten. Die meisten Fabriken wurden mit geringen finanziellen Mitteln eingerichtet, welche die Unternehmer sich zudem in der Regel von ihrer Familie liehen.

Die Industrialisierung begann in England, und viele Historiker rätseln noch immer, warum ausgerechnet dort. Ulrike Herrmann findet hier eine schlüssige Erklärung: Pestepidemien, die kurz zuvor über das Land hereingebrochen waren, hatten hauptsächlich die Unterschicht getroffen und zum Tod vieler armer Menschen geführt. Weil somit weniger Arbeiter für bislang schlecht bezahlte Stellen verfügbar waren, wurden die Löhne stark angehoben — und selbst eine arbeitende Familie der Unterschicht konnte sich mit dem, was sie verdiente, recht gut versorgen. Und nur dort, wo die Löhne der Arbeiter hoch sind, lohnt es sich, menschliche Arbeitskraft durch Maschinen zu ersetzen. Denn die hohen Anschaffungskosten rentieren sich erst, wenn dadurch langfristig Löhne eingespart werden. So habe das hohe Lohnniveau in England zu einer Ausbreitung der Industrialisierung geführt.

Das erklärt auch die Zwickmühle, in der sich Entwicklungsländer heute befinden. Denn in diesen ist das Lohnniveau so niedrig, dass es sich nicht lohnt, Maschinen einzusetzen. Stattdessen wird auf billige, menschliche Arbeitskraft gesetzt.

Um dieser Zwickmühle zu entkommen, müsste der Staat massiv intervenieren und die Finanzierung von Maschinen übernehmen, wie es in China geschehen ist. Damit widerlegt die Autorin einen weiteren Mythos der Ökonomie, nämlich jenen des freien Marktes. Diesen hat es nie gegeben, und dieser ist auch für die Entstehung und Ausbreitung des Kapitalismus eher ein Hindernis. Stattdessen setzten Großbritannien und auch die USA zu Beginn — und China bis heute — stark auf Protektionismus mittels hoher Zölle und des teilweisen Verbots von Importen.

Sklavenarbeit im Kapitalismus

Zudem argumentiert Ulrike Herrmann, dass weder Sklavenarbeit noch Kolonien für die Entstehung des Kapitalismus von Relevanz gewesen seien. Denn die Kolonien waren von Anfang an nicht rentabel, für die Wirtschaft an sich auch nicht notwendig, da dort hauptsächlich Luxuswaren produziert wurden. Dies mag zwar auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene stimmen; dennoch übersieht die Autorin hier, dass einzelne Unternehmer und Großgrundbesitzer durchaus viel Geld mithilfe der Luxusgüter erwirtschaften konnten, welches wiederum in industrielle Unternehmungen investiert werden konnte. Zudem ist die Bedeutung privater Handelskompanien wie der Ostindienkompanie in diesem Kontext unterbelichtet.

Sklavenarbeit wiederum sei die teuerste aller Arbeiten, weswegen sie sich nicht lohnte. So konnten im Norden der USA, wo hauptsächlich unrentables Getreide angebaut wurde, keine Sklaven beschäftigt werden, sondern nur Lohnarbeiter, die zwar auch teuer waren, aber eben im Unterhalt nicht so teuer wie Sklaven. Diese fand man nur im Süden der USA, wo Luxuswaren wie Baumwolle und Zuckerrohr so rentabel waren, dass man sich die Sklaven leisten konnte. So sei es logisch, dass sich ausgerechnet der Norden der USA industrialisierte, der Süden aber eben lange Zeit nicht. Doch auch hier muss berücksichtigt werden, dass die Landwirtschaft — aus deren Rentabilität Herrmann ja zuvor die teure Haltung von Sklaven abgeleitet hat — sich nicht zuerst zum Zwecke niedrigerer Erzeugungskosten industrialisierte. So passt hier einiges nicht wirklich zusammen.

Die Autorin misst der Sklaverei für den Kapitalismus keinerlei Bedeutung bei, weil die Volkswirtschaften, in denen Sklaven auf Plantagen eingesetzt wurden, nichts zur Industrialisierung beitrugen. Damit verkürzt sie den Kapitalismus zu sehr auf die reine Industrie, anstatt den Kapitalmarkt dahinter miteinzubeziehen, der die Produktion von Luxusgütern auf Plantagen ebenso wie das Profitinteresse des einzelnen Plantagenbesitzers oder Sklavenhändlers erklärt. Sie betrachtet Kapitalismus zu sehr auf der Makro- und zu wenig auf der Mikroebene, wo er allerdings auch seine Wirkung entfaltet: im Zwang, Geld zu verdienen, dem Mantra des (persönlichen) Wachstums und schließlich auch in ganz normaler Gier.

Weiter schreibt Herrmann, dass, da Sklaven keinen Lohn erhalten, sie keinen Markt für Massenkonsum darstellten. Das ist zwar einerseits richtig, blendet andererseits aber die globale Dimension des Kapitalismus aus. Denn die in den Kolonien produzierten Güter wurden nicht in erster Linie für die Kolonien selbst, sondern für den heimischen Markt hergestellt. Die Sklaven waren in diesem Modell nie als Konsumenten vorgesehen. Dies änderte sich erst mit der Etablierung des Massenkonsums, der zum Ende der Sklaverei in der westlichen Hemisphäre geführt hat. Es scheint, dass die Autorin zu stark vom heutigen Stand des Kapitalismus ausgeht und einige Entwicklungen und Veränderungen nicht berücksichtigt.

Kapitalismus und Demokratie

Die Geschichte des Kapitalismus wird notwendigerweise kurz gehalten, aber durchaus konsistent dargestellt, und viele Aspekte werden beleuchtet, die sonst in der Regel unerwähnt bleiben. Dennoch unterwandert die Autorin schon auf den ersten Seiten ihr eigenes Anliegen, denn die Einleitung geht nicht ohne eine Huldigung des Kapitalismus vonstatten. Dieser, so behauptet sie, habe überhaupt erst Wohlstand möglich gemacht. Man darf einwenden: Wenn die britische Unterschicht schon hohe Löhne erhalten hat, bevor es den Kapitalismus gab, und auch Bauern und einfache Feldarbeiter sich Luxusgüter wie Tee leisten konnten, dann war der Wohlstand schon da, bevor es den Kapitalismus gab. Die Frage ist also, was genau die Autorin unter Wohlstand versteht, und ab wann für sie dieser erreicht ist.

Auch ist sie der Ansicht, der Kapitalismus habe Demokratie ermöglicht. Da stellt sich die Frage, in welchem Land sie zu leben glaubt, dass sie Demokratie irgendwo auf der Welt voll verwirklicht findet. Das, was allgemein Demokratie genannt wird, ist in der Regel kaum mehr als eine Oligarchenherrschaft durch Parteiensysteme, die lediglich Demokratie genannt wird. Weiterhin vertritt sie die Ansicht, Kapitalismus sei ein System, das Frieden und Stabilität benötige, anstatt den Krieg zu bringen. Dies begründet sie mit der starken Vernetzung der Industrien und dem Handel, die nur in Friedenszeiten möglich seien. Als Beispiel nennt sie den Beginn des Ersten Weltkrieges, von dem Unternehmer nicht glaubten, dass er ausbrechen würde, und durch den sie vollkommen überrascht wurden. Weiterhin führt sie aus, dass die Stahlindustrie in Zeiten des Krieges keine nennenswerte Innovation hervorgebracht hätte.

Dabei übersieht sie, dass diese das auch nicht musste, da sie mit ihren Gütern in Zeiten des Krieges auch ohne Innovation genug verdiente. Zudem wurden die ersten Panzer während des Ersten Weltkrieges erfunden, allerdings nicht in Deutschland, sondern in Großbritannien. Mangelnde Innovation ist kein Argument gegen den kriegerischen Kapitalismus, und auch die Vernetzung hat die Industrie nicht davon abgehalten, in Krieg zu investieren.

Zudem übersieht Herrmann einen ganz anderen Aspekt: Beide Weltkriege sind von der Finanzindustrie, namentlich der Wall Street, massiv finanziert und mit angeschoben worden, wie der Ökonom Ernst Wolff herausgearbeitet hat. Zudem hat die Industrie in beiden Weltkriegen enorm profitiert und zahlreiche Innovationen produziert. Man denke nur an die chemische Industrie, die Kampfstoffe wie Gas für Krieg und Konzentrationslager erfunden hat. Es mag sein, dass die Unternehmer in den Fabriken diesen Krieg nicht notwendigerweise brauchten oder wollten.

Es ist jedoch seltsam, dass eine Autorin, die sich mit dem Kapitalismus beschäftigt, die Möglichkeit ausblendet, dass Krisen durch Kapiteleigner ausgenutzt werden, um sich zu bereichern und neue Märkte zu erschließen.

Immerhin geht Ulrike Herrmann in einem späteren Abschnitt auf das Geldsystem ein, in dem Geld durch Kredite aus dem Nichts geschöpft wird. Dabei bügelt sie jede Kritik an diesem System jedoch ab, indem sie behauptet, dass nicht der Zins schuld am Wachstumszwang sei; dieser werde lediglich gebraucht, um die Kosten der Banken zu bezahlen. Zudem gäben die Mitarbeiter dieses Geld wiederum aus, was bedeute, dass das Geld in Umlauf bleibe. Das durch den Zins entstehende Missverhältnis zwischen fiktivem Buchgeld und realem Geld, das letztlich für alle Krisen verantwortlich ist, thematisiert sie nicht.

Kapitalismus und Klimawandel

Die Autorin spricht von einem notwendigen Ende des Kapitalismus aufgrund des Klimawandels, wobei sie — wie es heutzutage in der öffentlichen Debatte fast alle tun — Umwelt und Klima gleichsetzt. So betont sie die Notwendigkeit für entwickelte Länder, den Lebensstandard zu senken, indem sie den Verbrauch von Industriestaaten wie Deutschland, den USA oder Australien in „verbrauchten Erden“ angibt: So würde die ganze Welt, wenn sie so lebte wie die US-Amerikaner, die Ressourcen von fünf Erden benötigen. Gleich darauf wechselt sie jedoch die Bezugsgröße, indem sie dieser Zahl die Kohlenstoffdioxidemissionen eines Entwicklungslandes gegenüberstellt.

Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Die Gesundheit der Umwelt wird allein auf das Klima reduziert, und damit wird Umweltzerstörung mit einem hohen CO2-Verbrauch gleichgesetzt. Das sind ungeschickte Vereinfachungen, die ihre Argumentation angreifbar machen. Zudem erwähnt sie mit keiner Silbe, dass die Erzählung vom menschengemachten Klimawandel zumindest umstritten ist. Sie setzt sie stattdessen als Dogma fest, und leitet von diesem ihre gesamten weiteren Ausführungen ab.

Dabei kommt sie zu dem Schluss, dass es ein grünes Wachstum nicht geben kann. Sie nimmt dabei auch die Atomkraft ins Visier, die für viele angesichts des Klimawandels zu einem Hoffnungsträger geworden ist, und arbeitet heraus, dass sie nur einen verschwindend geringen Anteil des weltweiten Energiebedarfs deckt. Zudem handelt es sich bei Atomkraft um Investitionsgräber, die horrendes Geld verschlingen, ohne dass sich diese Ausgaben jemals rentieren. Hinzu kommt, dass die Kosten für die Entsorgung des radioaktiven Abfalls der Allgemeinheit aufgebürdet werden, anstatt den Energiekonzernen. Dieser belastet die Umwelt jedoch noch für Jahrtausende, wobei es kein einziges Endlager gibt, in dem der Atommüll sicher untergebracht werden kann.

Grünes Schrumpfen

Doch schon wenn es um das Thema angeblich erneuerbarer Energien geht, interessiert sie der Abfall nicht weiter. Wie die öffentliche Debatte es derzeit vorsieht, geht Herrmann davon aus, dass mehr Windräder und Solarpaneele gebaut werden müssen, ohne die katastrophalen Folgen für die Umwelt in Rechnung zu stellen. Hier gilt dann wieder das Motto Klima = Umwelt, und so muss zum „Schutz“ des „Klimas“ alles getan werden, egal, wie viel Umwelt zerstört wird. Dabei räumt sie jedoch mit dem Mythos auf, dass die Energiewende billig werden und im Endeffekt jedem einen Geldsegen bescheren würde. Das Gegenteil ist der Fall, die Energiewende wird sehr teuer. Gleichzeitig räumt sie ein, dass es gar nicht genug Kapazitäten an „erneuerbaren“ Energien geben kann, um die Wirtschaft anzutreiben. Ihre Lösung: Grünes Schrumpfen.

Denn grünes Wachstum, von dem die Ökonomen ausgehen, kann es nicht geben. Schon der Rebound-Effekt macht jede Bemühung zunichte. Dieser besagt, dass eben nicht weniger Rohstoffe verbraucht werden, wenn Güter effizienter produziert und Waren oder Dienstleistungen günstiger werden. Das Gegenteil ist der Fall, da die gesunkenen Preise es ermöglichen, in höherer Stückzahl zu produzieren und diese Produkte auch abzusetzen. Durch sinkende Preise für Reisen wiederum unternehmen die Menschen eben mehr davon. Doch auch die CO2-Steuer hat keinen Effekt, denn es ist nicht zu beobachten, dass Menschen weniger konsumieren oder ihre Autos abschaffen. Zudem fließt die Steuer an den Staat, der das Geld gleich wieder ausgibt, um damit Arbeitsplätze zu schaffen oder Subventionen zu bezahlen.

Daher müsse die Wirtschaft grün geschrumpft werden. Ein normaler Abschwung geht jedoch mit massivem Chaos einher, wie die historischen Beispiele zeigen. So hat die große Depression von 1928 letztlich den Aufstieg des Nationalsozialismus begünstigt. Stattdessen soll die Welt das Modell der britischen Kriegswirtschaft ab 1939 nachahmen. In dieser Zeit hat die Regierung viele wirtschaftliche Prozesse an sich gezogen. Sie hat bestimmt, was in welchen Mengen hergestellt werden soll, hat die Industrie dazu gezwungen, kriegswichtige Güter herzustellen, und hat auch die Verteilung aller für das Leben der Menschen notwendigen Waren übernommen. Auf diese Weise standen den Briten auch in den harten Zeiten des Krieges genügend Nahrungsmittel zur Verfügung, sodass niemand hungern musste.

Stattdessen haben vor allem die unteren Schichten enorm profitiert, denn sie waren so gut genährt wie lange nicht mehr. Luxusgüter und Waren, von denen zu wenige hergestellt wurden, um sie gleichmäßig zu verteilen, wurden nach einem Punktesystem abgegeben. Zudem konnte sich die reiche Oberschicht viele dieser Güter auch weiterhin leisten.

Um all dies zu erreichen, hat die britische Regierung erstmals messen lassen, welcher Bedarf im Land herrscht und welche Waren, Güter und Ressourcen zur Verfügung standen. Danach hat sie errechnet, wie viel benötigt wird, um die Kriegswirtschaft zu bedienen. Dafür wurde auch das Bruttoinlandsprodukt erfunden. Dieser Wert, der sich bis heute gehalten hat, ist also ein Mittel des Krieges, was viel über unsere heutige Gesellschaft aussagt, die das BIP zu einer gottähnlichen Instanz erhebt.

Grüne Diktatur

Diese Kriegswirtschaft will die Autorin umsetzen, um die deutsche Wirtschaft „klimaneutral“ zu gestalten. Dabei soll der Staat zur zentralen Instanz werden, die Ressourcen und Güter bis hin zu Lebensmitteln nach einem festgelegten Budget pro Person verteilt. Dabei soll, laut der Autorin, der Lebensstandard der Menschen zwar sinken, aber Smartphones und Urlaub sollen weiterhin möglich sein. Nur Flugreisen und privater PKW-Verkehr finden nicht mehr statt. Wie stark der Lebensstandard genau sinken soll, hängt davon ab, wie viel „grüne“ Energie für die Wirtschaft zur Verfügung steht. Denn an dieser hält die Autorin fest und ignoriert die verheerenden Folgen für die Natur.

Die Wirtschaft selbst soll zwar weiterhin in privaten Händen liegen, jedoch vom Staat gelenkt werden. Damit redet sie einer Mischung aus staatlicher und privater Wirtschaft das Wort, einer öffentlich-privaten Partnerschaft, wie sie sich das World Economic Forum ebenso für die Zukunft vorstellt. Wenn man die Verschmelzung von Wirtschaftsmacht mit politischer Macht bedenkt, welche die Autorin überhaupt nicht anspricht, wird dadurch der Staat zum Sachwalter der westlichen Oligarchie. Auch scheint es für sie keine Notwendigkeit zu geben, Instanzen zu schaffen, die dafür sorgen, dass der Staat auch tatsächlich zum Wohle der Menschen tätig wird. Sie setzt eine bestehende und funktionierende Demokratie einfach voraus, die es aber tatsächlich nicht gibt. So fehlt die Idee eines Weges zu dieser staatlich gelenkten Schrumpfwirtschaft zum Nutzen der Menschen.

Das ganze Buch hindurch argumentiert die Autorin sehr flach und oberflächlich. Sie reduziert den Kapitalismus hauptsächlich auf die Industrie und die Energiegewinnung, hält aber an vielem davon für eine angeblich grüne Zukunft fest. Die Pharmaindustrie etwa hält Herrmann für einen wichtigen Teil der Zivilisation, auf den nicht verzichtet werden dürfe. Ihre Vorstellung ist, dass, wenn nur alles mit „grüner“ Energie betrieben wird, die Wirtschaft schon „klimaneutral“ sein werde, was sie dann mit „ökologisch“ gleichsetzt.

Wie es der herrschenden Debatte zum Thema entspricht, übersieht Herrmann vollkommen, welche zerstörerischen Auswirkungen auf die Natur diese angeblich grünen Technologien haben. Denn die Natur kommt in der Gleichung, in der es einzig um die Reduktion der „Treibhausgasemissionen“ geht, überhaupt nicht vor.

Auch spricht sie die tieferliegenden Verflechtungen des Kapitalismus und die vielfältigen Ursachen der Umweltzerstörung überhaupt nicht an. Weder geht sie auf die Verwerfungen des Geldsystems ein, noch auf den Zwang zur Lohnarbeit, der zu einer absurden Mobilität führt. Zwar redet sie vom Verlust von Arbeitsplätzen durch Schrumpfung; anstatt Arbeit aber gesamtgesellschaftlich zu verringern, will sie die Arbeitskräfte einfach umschulen. Mit Verboten meint sie, dem Automobilverkehr entgegensteuern zu können, anstatt den Fokus darauf zu legen, die Notwendigkeit der Mobilität einzuschränken.

Auch Rationierungen von Nahrungsmitteln und CO2-Budgets sollen den Weg in die grüne Wirtschaft ebnen. Diese wiederum bleibt weiterhin in privater Hand und wird nur durch den Staat gelenkt. Ein wirkliches Ende des Kapitalismus, wie es der Titel des Buches suggeriert, strebt Hermann damit überhaupt nicht an.

Lediglich die Verteilung von Ressourcen und Erzeugnissen soll geändert und der Wachstumszwang beendet werden, wobei Ulrike Herrmann sogar schreibt, dass nach einer Phase der Schrumpfung weiteres, wenn auch geringeres, Wachstum wieder möglich sein soll. Die Autorin traut sich nicht an die tatsächlichen Ursachen für Umweltzerstörung heran und will grundlegende Strukturen nicht überwinden, sie will sie nur reformieren.

Fazit

Herrmann ist zuzustimmen, dass der Kapitalismus für große Ungerechtigkeit auf der Erde verantwortlich ist, unfassbare Armut produziert und die Umwelt zerstört. Dieses System müsste tatsächlich überwunden werden, wollten wir den Weg in eine gerechte und umweltfreundliche Gesellschaft finden. Eine wirkliche Lösung oder einen Weg dorthin vermittelt Ulrike Herrmann aber nicht, obwohl sie auf viele wichtige Aspekte hinweist, mit einigen Mythen und Ideologien aufräumt und die verflachten Idealvorstellungen von grünem Wachstum oder der unsichtbaren Hand des Marktes widerlegt. Leider lenkt sie wortreich von den Hauptproblemen ab und redet einem paternalistischen Staat das Wort, dem die Macht über Verteilung und Versorgung zur Gänze übertragen werden soll.

Das sozial und ökologisch verträgliche Wirtschaften bleibt ein Thema, das über unser aller Zukunft entscheidet.


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