Es duftet. Ein frischer Morgenhauch zieht durch die Luft. Das Zwitschern der Vögel in den Bäumen vor dem Haus erfüllt den Platz und verbreitet gute Laune. Weich flimmern die Sonnenstrahlen über meine Haut. Er ist da, der Sommer, die Zeit der langen Tage und kurzen Nächte, der Schwalben und der Zikaden, der Grillen und der blühenden Wiesen. Warm zieht der Tee durch meine Kehle. Ich atme tief ein und tue, was ich jeden Tag tue: Ich setze mich an den Computer.
Ohne ihn kann ich mir das Leben kaum noch vorstellen. Ein großer Teil meiner Arbeit wäre ohne ihn nicht möglich. Erst recht jetzt nicht, in der Zeit der virtuellen Klassenräume, des Homeoffice, des Homeshoppings und der Telemedizin, des Zoomens, Skypens und Streamens. Während draußen die Natur singt und swingt, sitze ich unbeweglich vor meiner Maschine und hefte meine Augen auf virtuelles Flimmern und Schimmern.
Immer geschickter bin ich geworden im Tippen und Wischen, und gleichzeitig immer unbeholfener darin, Pflanzen und Tiere zu erkennen und mit Spaten und Hacke umzugehen.
Unablässig bediene ich mich der Künstlichen Intelligenz und habe doch nicht die geringste Ahnung, was sich hinter den Benutzeroberflächen verbirgt.
Vorsorglich klebe ich das Auge der Kamera meines Laptops ab und halte mein Smartphone auf Distanz. Ich bin misstrauisch geworden, seit Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft die Welt beherrschen und alles über uns wissen. Unsere verstecktesten Wünsche und geheimsten Ängste kennen sie, unsere Vorlieben und Abneigungen, unsere Gedanken und Träume.
Das Leben ist eine Serie
Ihnen begegnen wir in den Serien, die in den vergangenen Jahren wie Pilze aus dem Boden schießen. Neunzig durchschnittliche Filmminuten reichen nicht mehr aus, um uns in andere Welten zu entführen. Stunden müssen es sein, Tage, Wochen, Monate. Seit die Kinos geschlossen sind, haben Netflix und Amazon reichlich nachgelegt, um uns in ihren Bann zu ziehen. Über den guten alten Fernseher werden so gut wie keine sehenswerten Filme mehr ausgestrahlt, die es doch aus mehr als 100 Jahren Filmgeschichte reichlich gibt. In unserer Welt mangelt es nicht an cineastischen Meisterwerken, die es wert sind, dass man sich an sie erinnert oder sie neu entdeckt. Doch statt Qualität gibt es Quantität und statt Kunst Soap.
Ich habe es versucht, in die Serienwelt einzusteigen. Eine Zeit lang lebte ich mit Jamie und Claire im matschigen schottischen Hochland und, ja, ich habe es geliebt! Mittlerweile bin ich wieder in den Olivenhainen und Lavendelfeldern meiner französischen Wahlheimat gelandet und keiner weiteren Serie zum Opfer gefallen, obwohl ich’s versucht habe, wirklich! An langen Winterabenden habe ich geforscht und gestöbert nach spannenden Welten und mitreißenden Geschichten, nach Inspiration für Herz und Seele, Kopf und Hand. Ich habe Umfragen bei Freunden veranstaltet und auf glückliche Zufallstreffer gehofft. Doch ich bin nicht fündig geworden.
Vieles sah super aus, war toll aufgenommen und gut gespielt — aber der Funke wollte einfach nicht springen. Nichts entflammte mein Herz. Keiner der Serienhelden wurde mir zum Freund und keines der Szenarien zu einer Zuflucht, um einem Alltag zu entkommen, der seit den Corona-Maßreglungen immer fader und ereignisloser geworden war. Wenn draußen die Welt stillsteht, so soll es doch zumindest drinnen krachen. Es war mir nicht vergönnt. So blieb mir nichts anderes übrig, als daran zu wirken, mein eigenes Leben in ein Abenteuer zu verwandeln.
Schlachtfelder vor der Haustür
Gelegenheit dazu habe ich reichlich. Wir erleben immerhin gerade den Sprung in eine neue Epoche. Das ist mindestens so aufregend, wie durch einen Steinkreis zu gehen. Hier gibt es alle Hände voll zu tun. Um mich herum tobt ein versteckter Krieg. Man kann ihn nicht recht sehen, doch spürbar ist er überall. Alles steht kopf. Lügner kämpfen gegen Leugner, Rechtschaffene gegen Rechtsesoteriker, Impfbefürworter gegen Impfverweigerer. Nicht mit Kanonen und Schwertern wird gekämpft, sondern mit Stofffetzen und mit Nadeln, mit scharfen Worten und mit Verachtung, mit Verrat und mit Beleidigung, mit Ignoranz und mit Indifferenz.
In diesem Kugelhagel zu überleben, kommt der Schlacht von Culloden gleich, der die schottische Clan-Kultur zum Opfer fiel. Hier bleibt mir nur, die weiße Fahne zu hissen und Frieden anzubieten. Was für eine Herausforderung! Um mich herum knallt und explodiert es. Während schon die Kriegslügen ans Licht kommen und niemand, der des Lesens kundig ist, behaupten kann, er hätte davon nichts gewusst, wird immer weiter und immer heftiger bombardiert. Mehrmals pro Woche muss getestet werden. Peng. Auch die Kinder müssen geimpft werden. Baff. Nur diejenigen, die sich den Maßnahmen beugen, bekommen ihre Grundrechte zurück. Wumm.
Es wird so getan, als unterlägen diese Rechte irgendwelchen Bedingungen und als könnte nur derjenige von ihnen Gebrauch machen, der ein bestimmtes Verhalten an den Tag legt.
Alle Macht bündelt sich an oberster Stelle — doch wehe dem, der das Wort Faschismus in den Mund nimmt! Mit dem Missbrauch der Wissenschaft für politische Zwecke wird die Propaganda auf die Spitze getrieben und wie giftige Pfeile auf die Bevölkerung abgeschossen (1). Viele lassen sich von ihnen durchdringen und sich Augen und Ohren verschließen. Sie wollen nichts hören von der Wahrheit auf der anderen Seite und nicht sehen, was hinter dichten Rauchschwaden verborgen ist.
In Resonanz gehen
Während die Flammen der Zwietracht lodern, versuche ich festen Stand zu behalten und den Himmel nicht aus den Augen zu verlieren. Ich atme tief ein. Das kann ich. Ich trage keine Maske. Mein Gehirn wird mit ausreichend Sauerstoff versorgt und ist so gut durchblutet, dass ich noch klare Gedanken fassen kann. Ich bin ungetestet und ungeimpft. Meine Blut-Hirnschranke ist intakt und meine DNA unmodifiziert. Mein Schutzschild ist meine Offenheit. Ich verstecke mich nicht. Ich leiste keinen Widerstand. Alles, was ich tue, ist, das auszustrahlen, was meine Wahrheit ist.
Es ist eine Schlacht, die selbst einem Highlander das Plaid vom Leibe zu reißen droht. Denn hier geht es bedingungslos für und nicht gegen etwas. Soll, wer mag, Gewalt anwenden. Mag beschimpft werden, diffamiert und denunziert und nicht zugehört. Mag das heiße Pech der Angst, der Ignoranz und der Selbstverlogenheit von den Zinnen gekippt werden und mag jeder glauben, denken, sagen und tun, was er will: Hierum muss ich mich nicht kümmern. Jeder wird ernten, mit was er in Resonanz geht — früher oder später. Es gibt immer eine ausgleichende Gerechtigkeit. An mir ist es dafür zu sorgen, mich nicht verderben zu lassen von dem Geifer der systematischen Verzerrung und vom Gestank der Lüge.
Rauch brennt mir in den Augen, Kälte greift nach meinem Herzen. Der Schreck erfasst mich: Wo sind sie geblieben, die Gefährten, die die weiße Fahne tragen und das Gewand der Ehrlichkeit und der Aufrichtigkeit? Einen bitteren Moment lang kann ich sie nicht sehen. Doch dann spüre ich sie erneut vertraut an meiner Seite. Ich sehe, wie sie mutig und unverzagt voranschreiten und sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. Niemand kennt den Ausgang der Schlacht, doch jeder weiß, dass ein totalitäres System stets dem Untergang geweiht ist.
Im eigenen Garten
Das ist selbst einer Claire Fraser würdig. Es erfordert Mut und Abenteuerlust, sich immer wieder neuen Überraschungen zu stellen und den Arm nicht sinken zu lassen, der die weiße Fahne hält. Nur die Kraft der Liebe ist stark genug, diesen Weg zu gehen. Die Liebe zum Leben, die Liebe zur Natur, die Liebe zu den Menschen, die trotz allem ungebrochen ist. Mag es einige wirklich dunkle Energien geben auf dieser Welt — die meisten sind im Herzen gut geblieben. Wir haben uns bezirzen lassen, einwickeln, beirren, betrügen, doch im Grunde wollen wir nach wie vor, immer noch und immer wieder, Harmonie und Frieden und ein glückliches Miteinander.
Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben. Pandora hat die unheilvolle Büchse verschlossen, bevor die Hoffnung als Letztes entfleuchen konnte. Sie ist noch da. Es ist an uns, die Büchse vorsichtig zu öffnen und den zarten Vogel nicht zu verletzen.
Erschrecken wir ihn nicht mit Schlachtenlärm, sondern räumen wir das Feld frei und schaffen einen Garten, in dem er sich wohlfühlen und frei bewegen kann. Lassen wir ihn dort nicht allein. Laden wir seine Brüder und Schwestern ein: die Zuversicht, die Heiterkeit, den Lebensmut, das Vertrauen, den Trost, die Freude, die Sanftmut, das Verzeihen und all die guten Mächte, die das Leben wieder schön machen.
Hiermit habe ich alle Hände voll zu tun. Ich brauche Inspiration, um das begonnene Werk weiterzuführen. Doch ich brauche keine Serienhelden, die mich daran hindern, mein eigenes Leben zu leben, und die mich vergessen lassen, was meine Realität ist. Ich brauche keine Ablenkung und keinen Zeitvertreib, keine schönen Kulissen und keine spannenden Szenarien. Ich brauche eigentlich nicht viel. Ich brauche nur die Entscheidung, mich für das Abenteuer zu öffnen und die Bereitschaft, mich dafür in Bewegung zu setzen.
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Quellen und Anmerkungen:
(1) Hierzu das Gespräch zwischen Gunnar Kaiser und Michael Esfeld, Professor für Wissenschaftsphilosophie an der Universität Lausanne und Mitglied der Deutschen Akademie für Naturforscher Leopoldina: https://www.youtube.com/watch?v=DmnMoUH3Gpc
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