Liebe Alexandra, warum ist Meditieren ein Thema für Euch? Und warum ist das relevant für andere?
In unserer schnelllebigen Zeit sehen wir einen großen Bedarf an der „Rückkehr zu sich selbst“ – eine Rückbesinnung auf die eigenen Grundwerte und vor allem auf die eigenen Bedürfnisse. Meditation ist eine jahrtausendealte Praxis, die seit einigen Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt, nicht zuletzt durch die hohen Anforderungen der modernen Arbeitswelt.
Allein in Deutschland ist die Anzahl der Fehltage aufgrund psychischer Belastungsstörungen von 10,5 Millionen Tagen im Jahr 2011 auf 16,9 Millionen im Jahr 2016 gestiegen, Tendenz steigend.
Menschen, die zum Beispiel vom Burnout-Syndrom betroffen sind, fühlen sich aber nicht nur überfordert, sondern auch ihrer Vitalität und Lebensqualität beraubt. Diese Alarmzeichen unserer Gesellschaft sollten wir sehr ernst nehmen, denn wer keine Energie für ausreichende Selbstfürsorge hat, kann sich ebenso wenig für das Allgemeinwohl, die Umwelt oder seine Angehörigen einsetzen.
Studien konnten bereits nachweisen, dass Meditation stressbedingten Krankheiten entgegenwirkt. Nicht, weil sie uns stressresistenter macht, damit wir noch mehr leisten können, sondern indem sie uns beibringt, die inneren Grenzen und Bedürfnisse schneller wahrzunehmen und im Ernstfall die Stopptaste zu drücken.
Wir glauben, dass mentale und körperliche Gesundheit die wichtigste Ressource eines jeden Organismus ist und wieder zur obersten Priorität ernannt werden sollte, privat, aber auch für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Unsere Welt wird immer kriegerischer, die Kluft zwischen Arm und Reich nimmt immer mehr zu. Ist der Appell „Meditiere für inneren Frieden“ da nicht eine große Gefahr – dass Menschen etwa denken könnten, mit „Ich-Optimierung“, „innerer Einkehr“ und Individualismus sozioökonomische Probleme lösen zu können, die durch Meditation allein, durch Individualismus gar nicht zu lösen sind?
Wir sind uns bewusst, dass Meditation nicht alle großen Probleme unserer Zeit lösen kann. Wichtig ist, dass jeder in erster Linie schaut, was er oder sie zu einer besseren Vision unserer Gesellschaft beitragen kann. Für manche Menschen bedeutet das, sich vegetarisch zu ernähren, seinen Lebensstil nach der Zero-Waste-Philosophie umzugestalten oder eine Notunterkunft für geflüchtete Menschen in der eigenen Umgebung zu unterstützen.
Was es auch ist, die meisten Menschen würden behaupten, sie hätten keine Zeit für solche Dinge. Zeitknappheit ist ein großes Phänomen in allen Altersklassen, dabei muss man sich bewusst machen, dass wir täglich im Schnitt zwei Stunden und mehr auf Social-Media-Plattformen verbringen.
Regelmäßige innere Einkehr unterbricht das tägliche Durcheinander und ermöglicht Momente der Klarheit.
Was ist wichtig? Was brauche ich? Ist der Griff zum Smartphone Automatismus oder wirklich notwendig?
Meditation kann dabei helfen einen Raum zwischen Reiz und Reaktion zu schaffen. Ein wichtiger Moment, in dem wir Routinen und eingefahrene Handlungsmuster durchbrechen können. So auch in Situationen, auf die manche Menschen mit Wut und Gewalt reagieren. Es ist nicht möglich, plötzlich den Weltfrieden „herbeizumeditieren“, doch Frieden fängt bei jedem Einzelnen an.
Dabei geht es in erster Linie um das „Frieden schließen mit sich selbst“, in einem Moment der Ruhe und liebenden Akzeptanz sich selbst gegenüber. Damit ist der ideale Ausgangspunkt geschaffen, diese Liebe nach außen zu tragen und für andere aktiv zu werden.
Ich gestehe, ich gehöre zu den Menschen, die von sich behaupten, nicht meditieren zu können. Wenn ich aber zum Beispiel male, konzentriere ich mich so auf diese Tätigkeit, dass ich an nichts anderes denke. Ich bezeichne das Malen oft als meine Art der Meditation. Kann es das tatsächlich sein?
Das ist eine spannende Frage. Wir sind der Meinung, dass jeder Mensch meditieren kann. Das setzt natürlich voraus, dass man sich von den Vorstellungen – oder vielleicht auch Vorurteilen – lösen kann, die mit Meditation assoziiert werden.
Beim Meditieren geht es nicht darum, stundenlang still zu sitzen und an nichts zu denken, sondern lediglich um die Ausrichtung des eigenen Fokus über einen längeren Zeitraum.
Bei der Achtsamkeitsmeditation kann man sich zum Beispiel auf körperliche Vorgänge fokussieren, wie die Atmung. Aber auch malen oder Sport machen kann einen in den Zustand der Meditation versetzen, denn man versinkt voll und ganz im Moment und geht in seiner Tätigkeit auf. Diese Wahrnehmung vom Hier und Jetzt ist alles, was man braucht, um zu meditieren. Wie Du siehst, hast Du also schon oft meditiert.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Menschen gelingen soll, sich einfach hinzusetzen und zu sagen, so jetzt denke ich eine Zeit lang nichts mehr und schalte ab. Wenn ich das versuche, passiert das Gegenteil. Frei nach dem Prinzip „Denke nicht an einen rosa Elefanten“ – und genau das tut man dann. Wie entkommt man diesem Dilemma?
Viele Meditationseinsteiger berichten, dass sie es nicht schaffen, ihren Kopf leer zu bekommen. Dieser Frust hält viele davon ab, es überhaupt zu versuchen. In einem ersten Schritt sollte man sich von diesem Druck befreien, denn man muss die Gedanken gar nicht abschalten.
Unter uns gesagt, gelingt das kaum jemandem – nicht mal erfahrenen Meditationslehrern. Wie schon erwähnt, geht es nur um die Wahrnehmung.
Statt krampfhaft die Gedanken zu unterdrücken, kann man einfach wahrnehmen, wie sie kommen und gehen. Wenn man eine Beobachterperspektive einnimmt, wird man automatisch viel ruhiger und lernt vor allem, sich nicht ständig mit seinem eigenen Geist zu identifizieren.
Wichtig ist, dass man nicht auf die Gedanken aufspringt und eine eigene Geschichte aus ihnen spinnt. Wenn ein Gedanke kommt, nimmt man ihn einfach wahr und lässt ihn wieder ziehen. So als würde man an einem Fluss sitzen und Treibgut beobachten.
Ich habe einige Menschen erlebt, die von sich behaupten, jeden Morgen zu meditieren, aber dann im Alltag gestresst und teilweise aufbrausend sind. Tun die nur so? Machen die etwas falsch? Oder reduzieren sie mit einmal Meditieren am Morgen tatsächlich ihr Stressniveau, obwohl es nach außen nicht so wirkt?
Achtsamkeit ist mittlerweile ein Trendbegriff und wird leider häufig als Wunderpille verstanden, die man bei Bedarf einwerfen kann und die einen stressresistent und leistungsfähiger macht.
Zu Hause kann jeder entspannen, ob man aber auch in hektischen Situationen gelassen bleibt, zeigt sich erst im Alltag. Wer meditiert, wird bei gleichem Arbeitspensum trotzdem erschöpft und gestresst sein.
Bei regelmäßigem Training entwickelt man aber nach und nach ein besseres Gefühl für seine eigene Belastungsgrenze. Im Alltag muss man es dann natürlich trotzdem schaffen, sich diese einzugestehen und sich Auszeiten einzuräumen, um sich vom täglichen Durcheinander zu erholen.
Meditation kann einem genau diese zehn Minuten Raum schenken, die den Arbeitstag entschleunigen und so neue Kraft und auch Kreativität freisetzen. Zwei bis drei tiefe Atemzüge können schon Wunder bewirken, wenn man mal nicht weiß, wo einem der Kopf steht.
7mind ist eine App, mit der das regelmäßige Meditieren leichter fallen soll. Warum ausgerechnet eine App? Einfach, weil es die User gerade über das omnipräsente Smartphone oder Tablet daran erinnert, sich eine kleine Auszeit zur Besinnung zu gönnen? Und weil es sie an die Hand nimmt? Sind es geführte Meditationen? Was macht die Meditationen von 7mind aus?
7Mind ist Achtsamkeitstraining, das in jeden Alltag passt. Das Smartphone hat man immer in der Tasche; es bietet vor allem Anfängern und Skeptikern einen einfachen Einstieg. Die Meditationen lassen sich von überall aus starten und unterstützen den Nutzer in ganz alltäglichen Situationen.
So bieten wir, neben unserem kostenfreien Grundlagenkurs, zum Beispiel auch Einzelmeditationen an zu Themen wie Warten, Aufwachen oder Einschlafen. Ansonsten umfasst die App geführte Meditationskurse zu verschiedenen Schwerpunkten.
Besonders beliebt sind Stressmanagement, Schlaf, Gesundheit und Selbstvertrauen. Wer schon etwas sicherer ist, kann zusätzlich Stille- oder Gongmeditationen ausprobieren oder einfach nur zu Naturklängen entspannen.
Ich lebe seit mehreren Jahren im Ausland. Erst Frankreich und jetzt Spanien. Wenn ich zu Besuch in Deutschland bin, stellte ich vor allem eines fest: In Deutschland wird das Wort „Stress“ extrem oft verwendet. Ich höre es ständig. Selbst, wenn zum Beispiel meine Familie oder Freunde sagen wollen, dass alles ganz entspannt ist und dass ich mir Zeit lassen kann, sagen sie „kein Stress“. Natürlich sind bestimmt auch viele Franzosen und Spanier gestresst, dennoch habe ich den Eindruck, das „deutsche“ Pflichtbewusstsein und unsere Art zu denken und die Welt zu sehen sind sehr auf „Stress“ fokussiert. Es scheint Deutschen schwerer zu fallen, das Leben locker zu sehen und sich zu entspannen. Meint Ihr, dass Meditation den Deutschen vielleicht sogar aus diesem „typisch deutschen“ Verpflichtungen- und Vernunft-Lifestyle heraushelfen und im Allgemeinen zu mehr Gelassenheit führen kann?
Die Deutschen sind sehr gewissenhaft und verantwortungsbewusst. Bei der jüngeren Generation beobachten wir allerdings ein anderes Phänomen: „FOMO“ (Fear Of Missing Out). FOMO wirkt sich erheblich auf das Stresslevel aus.
Die ständige Angst, etwas zu verpassen, ein trendiges Facebook-Event abzusagen oder nicht genug Zeit und Geld für den verrückten Backpacker-Urlaub zu haben, stresst viele junge Menschen mehr als der Job.
Meditation kann dabei helfen, herauszufinden, was einem wirklich wichtig ist. Die regelmäßige Fokussierung nach innen entspannt nicht nur den Körper, sondern löst auch im Gehirn eine Entspannungsreaktion aus.
Je bewusster wir die ständigen Anreize und Herausforderungen um uns herum wahrnehmen und je klarer wir sie bewerten können, desto leichter fällt es uns, gelassen zu bleiben. Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben diesen Zusammenhang zwischen Meditation und Gelassenheit belegt.
Reicht Meditieren tatsächlich aus, um den Stress des Alltags ausreichend zu mindern? Ich frage mich oft, warum Menschen nicht ihren Lebensstil ändern? Oder kann die Meditation, wie du es gerade beschrieben hast, sogar das Sprungbrett zu einer wirklichen Veränderung sein, weil die Menschen so endlich zu sich finden und herausfinden, was ihnen wirklich wichtig ist?
Genau richtig. Wie eben schon erwähnt, ist Meditation ein guter Ausgangspunkt, um sich immer wieder die Frage zu stellen: Wie geht es mir gerade wirklich? Die Antwort auf diese Frage ist hoch individuell und vor allem nicht immer positiv.
Manche Menschen denken, dass Achtsamkeitstraining das Leben plötzlich besser macht, das stimmt aber nur bedingt. Wer meditiert, wird weiterhin Konflikte und Herausforderungen meistern müssen, kann sich aber einen wertvollen Raum schaffen, um kreative Lösungen zu finden und den Teufelskreis von Reiz und automatischer Reaktion zu durchbrechen.
Wie sieht denn Euer Arbeitsalltag in einem Unternehmen aus, das sich der Vermeidung von Stress widmet? Seid Ihr alle entspannter als Angestellte in anderen Firmen? Oder ist das eher Angelegenheit eines jeden Einzelnen und jeder nimmt das anders wahr?
Das Wohlbefinden eines jeden Einzelnen ist uns sehr wichtig. Der Tag startet zwischen 9 und 10, außerdem setzen wir uns jeden Mittag zusammen und meditieren gemeinsam im ganzen Team. Das ist ein festes Ritual. Anschließend hat jeder Zeit und Raum, um zu erzählen, woran er gerade arbeitet, ob es Probleme gibt oder ob er Unterstützung braucht. Wie in jedem anderen Unternehmen gibt es auch stressige Phasen, das lässt sich wohl nie ganz vermeiden.
An solchen Tagen freuen wir uns ganz besonders, dass unser kleines Büro mitten im Berliner Prenzlauer Berg liegt. So sind fantastische Donuts und Kuchen nie zu weit entfernt, um ein kleines Mittagstief zu überbrücken.
Das ist ja schon ein besonderes Arbeitsumfeld, wo Mitarbeiter gemeinsame Rituale pflegen und jeder auf seine Ausgeglichenheit achtet und von seinen Projekten erzählt. Das klingt sehr menschlich und ließe sich ja auch in fast jedem anderen Unternehmen umsetzen. Ich danke Dir für das Gespräch.
Verlosung: Rubikon liegt es am Herzen, seine Leser zum Handeln anzustoßen. Schicken Sie uns eine Liste mit zehn Dingen, für die Sie dankbar sind, an mut@rubikon.news. Unter allen Einsendungen verlosen wir mit freundlicher Unterstützung von 7Mind fünf Jahresabos für die Achtsamkeits-App. Ausgewählte Beiträge möchten wir veröffentlichen.
Alexandra Gojowy wurde vor 30 Jahren in Berlin geboren. Ihre Ausbildung führte sie zunächst nach Dänemark, wo sie 2009 ein Bachelorstudium als Sprach- und Kulturmittler abschloss. Nach einem längeren Aufenthalt in Kanada, zog es sie wieder zurück nach Skandinavien, wo sie für zwei Jahre die Stockholm Universität besuchte und 2015 erfolgreich ihren Master in Medienkommunikation beendete. Nach einem kurzen Sprung in die Agenturwelt, ist sie nun seit eineinhalb Jahren für das Marketing von Deutschlands beliebtester Meditationsapp verantwortlich. Gemeinsam mit ihrem Redaktionsteam, schreibt sie für das Online Magazin von 7Mind über Achtsamkeit, Gelassenheit und alles, was das gute Leben ausmacht. Mehr Artikel und Informationen über 7Mind unter www.7mind.de und www.7mind.de/magazin.
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