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Zeit, zu springen

Zeit, zu springen

Nach einer Zeit des Niedergangs ist eine Wiedergeburt Europas möglich — wenn wir die Kraft haben, unsere ausgehöhlten Werte wieder mit Inhalt zu füllen.

Die westliche Welt-Bereicherungsdominanz hat verloren

In dem, vor allem von ihr selbst provozierten Krieg um den Sieg der Unipolarität (3) hat die westliche Welt-Bereicherungsdominanz verloren. Die gescheiterte mörderische „Idee“ war: Zuerst gegen Russland, bis es daniederliegt, und dann gegen China, um endlich das „Ende der Geschichte“ (4) zu erreichen, in dem das Schlaraffenland der ewigen neoliberalen Ausbeutung der ganzen Welt durch eine unbesiegbare Bereicherungselite existiert. Das Modell der Unipolarität ist mit dem verlorenen Krieg gegen Russland jedoch gescheitert. Auch wenn es noch keinen tatsächlichen Frieden in der Ukraine gibt, kann die USA, selbst dann, wenn es zu keinem Frieden kommen solle, ihr altes neokonservatives Ansinnen nicht wieder aufnehmen.

Das Prinzip des Bereicherungs-Steigerungsspiels ist jedoch bisher nicht gebrochen. Nicht gebrochen ist die Herrschaft einer Klasse der Reichen (5) in ihrem „finanzialisierten“ Ausbeutungsparadies. Allerdings spaltet sich der kollektive Westen zusehends angesichts seiner Niederlage. Die USA versuchen, auf einem eigenen Weg „great again“ zu werden. Europa schlägt mit dem Kopf gegen die Wand und wundert sich über die Kopfschmerzen und den berauschenden Schwindelanfall, an dem „natürlich“ die Russen und nun — welch Aberwitz der Geschichte — auch die verräterischen USA schuldig sind. Nur die europäischen Eliten haben mit der Sache nichts zu tun, weshalb auch der künftige deutsche Kanzler heroisch nachäfft: „Deutschland ist zurück“ (6), und im Chor mit Ursula von der Leyen und BlackRock suggeriert, in vier Jahren — wie einst 1936 (7) — wieder zum Krieg gegen Osten bereit sein zu müssen (8).

Wir tanzen für die Reichtumskaste

Seit Jahrtausenden geht es darum, dass eine sich bereichernde Kaste „ihre“ Welt gestaltet. Mit der Entstehung dessen, was Karl Marx als „Kapitalismus“ definierte, begann vor rund fünfhundert Jahren ein europäischer Siegeszug rund um die Welt. Es war wohl auch ein Siegeszug von Innovation, Erkenntnis und Gestaltung der Welt zugunsten eines guten Lebens, aber weder in Europa noch auf der Welt ging es dabei um die Menschen, die alles erarbeiteten. Vielmehr ging es bei dem ungleichen Tanz immer nur um das gute Leben der Gewinner des neuen Steigerungsspiels.

Die europäischen Jahrhunderte waren daher begleitet von einem gewaltsamen Siegeszug der Konquistadoren, der Kolonisatoren, der imperialistischen Weltaufteilung und der verheerenden Kriege und Weltkriege. (9) Alles abgestützt auf der Umwandlung von Sklaverei und Fronarbeit in Lohnsklaverei und einem allumfassenden Geld-Betrug, der uns heute eine „finanzialisierte“ Geisterwelt des arbeitslosen Reichtumsanspruchs von Milliardären (11) beschert.

Doch gegen diese Entwicklungen gab es vielfältigen Widerstand und Revolutionen. Zuerst, zur Abschüttelung der Feudalherrschaft, die aufgeklärten demokratischen Revolutionen, vor allem die Französische und die Amerikanische Revolution. Diese ließen sich jedoch von Anfang an in den Zug des „kapitalistischen“ Steigerungsspiels setzen, das die bestimmenden Kräfte in Amerika direkt aus der Sklaverei und in Europa direkt aus der Feudalherrschaft des Ancien Régimes entwickelten. Das erneute Erblühen und der Schutz einer Reichen-Kaste waren wichtiger als die Demokratie. Dann die sozialistischen Revolutionen, die Oktoberrevolution in Russland 1917 und die Revolution in China mit ihrem Sieg 1949.

Diese Revolutionen jedoch beendeten das Steigerungsspiel und „das Eigentum an Produktionsmittel“ so radikal und diktatorisch, und ohne demokratische Abstützung, dass schließlich doch der „Kapitalismus“ weltweit obsiegte. Als „Sieger“ des Kalten Krieges setzten in der Folge die westlichen Bereicherungs-Oligarchen (11) vor allem auf einen auserwählten Staat und seine Medien-, Geheimdienst- und Militärmacht: auf „God‘s own country“, auf die exzeptionale Unipolarität des Imperiums USA. (10)

Die Unipolarität ist beendet

Aber die USA als Mutterland der „goldenen Milliarde“ (11) und mit ihr der ganze „kollektive Westen“ haben im selbst angezettelten Stellvertreterkrieg (20) in der Ukraine, der alles andere als „unprovoziert“ war (12), verloren. Damit ist die Chance auf Exzeptionalität, auf die weltdominierende westliche Machtentfaltung und auch schon das Ansinnen auf Unipolarität nicht mehr aufrechtzuerhalten. Es müsste schon sehr Unerwartetes passieren, dass diese These vor der Geschichte nicht standhält (13). Alles war jedoch im alten Europa entstanden, das nun an sein imperiales Ende kommt. Fünfhundert Jahre Weltvorherrschaft des europäischen Bereicherungs-Spiels gehen zu Ende. Wir stehen mitten in diesem Prozess und erkennen ihn, oder auch nicht.

Und Russland, China und die BRICS?

Russland und China wiederum haben aus ihren Versuchen, den westlichen Kapitalismus, Kolonialismus und Imperialismus durch ein sozialistisches Modell zu ersetzen, gelernt. Vornehmlich wohl, dass es so nicht geht. Aber trotzdem wollen sie aus gutem Grunde nicht erneut den über fünfhundert Jahre ausgetretenen Weg des völlig zügellosen „Kapitalismus“ gehen (14). Sie wissen noch, vor allem China, dass sie selbst auf diesem leidvollen Weg auf das Schwerste misshandelt wurden. Und das wissen auch — in der einen oder anderen Form — die weiteren Staaten, die sich als BRICS oder in vergleichbaren Organisationen zusammengeschlossen haben.

Ob die Kräfte, die sich nun erfolgreich wider die Vorherrschaft des kollektiven Westens stellten, eine neue Zukunft erfinden können, ist offen. Keineswegs jedenfalls haben sie schon gänzlich gesiegt. Dafür fehlt ihnen auch viel zu sehr eine klare gemeinsame Linie. Diese kann sich aber herausbilden — zum Beispiel bei den BRICS mit einem neuen Schritt in der Organisation eines weltweiten Geldsystems.

Jedenfalls, die Ansage an die Welt der „Goldenen Milliarde“ und ihre willkürliche „regelbasierte Ordnung“ ist ausgesprochen. Lassen wir die ehemals zu „Hauptfeinden“ erklärten (15) Präsidenten, Wladimir Putin und Xi Jinping, sprechen. Hier ein kurzer Ausschnitt aus der Erklärung nach ihrem Treffen in Peking im Mai 2024:

„Wir arbeiten gemeinsam an der Schaffung einer gerechteren und demokratischeren multipolaren Weltordnung, die auf der zentralen Rolle der UNO und ihres Sicherheitsrats, dem Völkerrecht, der kulturellen und zivilisatorischen Vielfalt sowie einem ausgewogenen Interessenausgleich aller Mitglieder der internationalen Gemeinschaft basiert“ (16).

Und Wladimir Putin formulierte bereits im Juni 2022:

„Die Wirtschaft des eingebildeten Reichtums wird unweigerlich durch die Wirtschaft der realen und harten Vermögenswerte ersetzt (werden)“ (17).

Als Marker für den, hier von Putin angesprochenen „eingebildeten Reichtum“ kann man das im Westen primär hofierte Primat der Finanzmärkte verstehen. Die „Finanzialisierung“ der Ökonomie und die uneingeschränkte Vorherrschaft der Klasse der Reichen, die sich hinter der proklamierten „Demokratie“ versteckt, ist vor allem ein westliches Muster, auf den Gipfelpunkt getrieben von BlackRock und Konsorten (18). Auch der Staat und die Politikergilde sind, anders als in Russland und China, klar an deren Gängelband.

Aber die Fassade des potemkinschen Dorfs der schrankenlosen Geldschöpfung zugunsten einer unproduktiven Reichenklasse wird in weiteren Krisen abbröckeln, wobei die Ursachen der Tendenz zum Zusammenbruch letztlich fast immer im Inneren der Systeme (19) zu finden sind.

Aufatmen vor dem Zusammenbruch?

Tatsächlich können die Menschen in Westeuropa zuerst einmal aufatmen, wenn die Gefahr eines Dritten Weltkrieges, die von der Haupt-Konfrontationsstellung USA-Russland ausging, in den Hintergrund tritt.

Trump scheint bereit zu sein, zu einem anderen Konzept überzugehen: Sei die Welt nunmehr aufgeteilt in Machtblöcke, Hauptsache, die USA werden dabei der stärkste Block sein — am besten mit einem einverleibten Grönland, Kanada und Panama und weiterer Teile Lateinamerikas und ja, auch mit einem staatsterroristisch planierten Nahen Osten. Das ist unverkennbar in Wahrheit der alte Imperialismus und es ist keine grundsätzliche Aufgabe von Herrschaftsanspruch zu sehen — aber eben bei Anerkennung, dass der Anspruch auf Unipolarität nicht haltbar ist (21).

Immerhin, mit dem Eingeständnis, dass die Exzeptionaliät nicht aufrechterhalten werden kann, geht einher anzuerkennen, dass Russland auch seine Existenzberechtigung hat. China, dem einst der Westen aus reiner kapitalistischer Profitgier (70 Cent pro Arbeitsstunde) selbst half, groß zu werden, bleibt zwar der Hauptkonkurrent, aber auch dieses China ist als eigenständige Größe anzuerkennen. Es kann noch weniger ruiniert werden, ebenso wie Russland. China kann und soll über Zölle eingedämmt werden. Aber Krieg? Ja, damit kann weiter gedroht werden, aber nicht mehr zur Sicherstellung der Unipolarität.

Und angeblich will Trump sich sogar für Abrüstung einsetzen. Mal sehen! Mögen die Absichten zum Teil ehrlich gemeint sein, das Risiko einer unkontrollierbaren Eskalation, die sich hinter einer „bewussten“ Steuerung Bahn bricht, bleibt bestehen. Ein Mix aus Zähneknirschen, Größenwahn, Gier, Aufputsch- und Beruhigungsversuchen wird mit Sicherheit nicht reichen, die Welt dauerhaft in friedliche und kooperative Bahnen zu lenken.

Nein, der allgemeine Frieden wird noch nicht ausbrechen, leider keineswegs. Ein Faktor dabei sind auch die noch immer verrückt agierenden Politiker Europas. Ein Kampf gegen die Wahnvorstellung der Militarisierung kommt bisher nicht breit in Bewegung (33). Und zudem nimmt die Schärfe des Konkurrenzkampfs auf der Welt um Ressourcen und Absatzmärkte zu und nicht ab.

„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen“ (22),

formulierte schon vor dem Ersten Weltkrieg der französische Philosoph, Historiker und Abgeordnete Jean Jaurès (1859 bis 1914). Und dieser Kapitalismus ist nicht überwunden, auch nicht in einer neuen Form.

Und gewiss, in den Hinterköpfen der Milliardärskönige von Donald Trump über Elon Musk, abgestützt auf Peter Thiel und Konsorten, und auch gewiss in den Hinterköpfen der anderen Fraktion mit Namen wie Bill Gates, George Soros und Konsorten, wird der Traum von der finanziellen und technologischen Übermacht und der digitalen Kontrolle nicht begraben sein.

Auch kann ganz aktuell die Gefahr eines Dritten Weltkriegs schnell wieder aufflammen, wenn der westlich unterstützte Völkermord gegen die Palästinenser und das Morden in Syrien und der Krieg gegen den Jemen auf den Iran ausgedehnt werden sollte. Trump unterstützt Israel offen in seinen Verbrechen ohne Wenn und Aber. Der Iran ist mit Russland und China strategisch deutlich fester verbunden als noch vor dem Ukraine-Krieg. Es ist nicht wirklich vorstellbar, dass Russland und China den Iran als Verbündeten fallen lassen, zugunsten der USA und Israels (31).

Die Welt ist keine monokausale Wirkkette der Milliardärskaste

Mit dem erzwungenen Ende des geopolitischen Anspruchs auf Unipolarität wird auch das Ansinnen der „Globalisten“ auf der Weltbühne in Bedrängnis kommen. Universelle Macht kann totalitär angestrebt werden, aber der Widerstand ist groß. Es ist falsch, sich die Welt monokausal in einer Wirkkette vorzustellen, bei der die Kaste der Milliardäre beliebig alles zu steuern vermag (23). Ökonomische und staatliche Macht mag enorm groß sein, aber sie kann nicht alles kontrollieren und vorausschauend planen. Das ist eine gigantische Überschätzung von Macht.

Man kann das zum Beispiel leicht sehen an der Angst der Herrschenden vor der „öffentlichen Meinung“. Alleine in dem kurzen Chat in der Signal-Gruppe von US-Befehlsgebern zum militärischen Angriff auf den Jemen kommt sechsmal diese Sorge vor der Frage vor: „Wie wird es die öffentliche Meinung beeinflussen?“ (34). Es gibt weltweit großen Widerstand, es gibt nicht erkennbare innere Widersprüche, es gibt persönliches Psychopaten-Dasein, Dummheit und Unfähigkeit. Das alles macht es unmöglich, dass es ein alles dominierendes stabiles Gebäude der Unterdrückung geben kann.

Schauen wir auf Europa: Es ist offensichtlich, dass es gemeinsam mit den USA nicht gelang, Russland zu stürzen beziehungsweise zu ruinieren — so sehr man auch die Opferung der ukrainischen Bevölkerung in den Schützengräben im Osten gesetzt hatte und den Ruin der eigenen Wirtschaft in Kauf zu nehmen bereit war. Nun will es Europa alleine versuchen.

Der Wahnsinn mag ja großspurig daherkommen, aber da ist von rationaler Planung einer „Neuen Weltordnung“, eines „Great Reset“, keine Rede — soviel man auch hektisch an den Stellschrauben drehen mag. Von der digitalen Zentralbankwährung, über erzwungene „Mobilisierung“ von privatem Vermögen, über gigantische Kreditaufnahmen und erzwungene Verarmung, über lächerlich-irre Kriegsvorbereitungen, über die Re-Definition faschistoider Herrschaftspraktiken, nichts davon wird einen „globalistischen Endsieg“ hervorbringen!

In einem Gespräch mit Pascal Lottaz, dem Herausgeber des Podcasts Neutrality Studies, hat der Europa-Abgeordnete Michael von der Schulenburg seine Einschätzung so getroffen:

„Wir (die EU) werden nur 4,5 Prozent der Bevölkerung ausmachen und nur 9 Prozent des globalen BIP erwirtschaften. (…) Wir wollen eine Supermacht werden und verhalten uns bereits so, als wären wir eine. Nein, ich denke, die Europäische Union wird an ihrer Ukraine-Politik scheitern. Ich glaube, wir stehen kurz vor dem Zusammenbruch und der Zusammenbruch wird von den Finanzen kommen. (…) Deshalb denke ich, dass die Europäische Union den Bezug zur Realität völlig verloren hat. (…) Aber, (schränkt er ein) das Beruhigende an der ganzen Sache ist, dass Europa nichts tun kann, (…), weil sie nicht die Mittel haben, irgendwelche Dummheiten zu begehen. Aber was sie tun, ist natürlich, Europa zu untergraben“ (24).

Mehr vom Gleichen — bis zum Wandel

Nehmen die inneren Krisenerscheinungen zu, so steuert alles auf Untergang oder auf einen „fulgurativen“ Sprung (25) zu: das plötzliche Umschlagen in eine neue Qualität.

Da Europa alleine das Kriegsross nicht über die Hürden zwingen können wird, wird es scheitern. Europa wird nackt dastehen, aber die wirtschaftliche Kraft, der Ideenreichtum, die Offenheit, das Streben nach besseren Lösungen, geboren aus der inneren Kraft der europäischen Bevölkerungen, wird nicht so schnell untergehen.

Zusammenarbeit der Menschen kann auch auf andere Art funktionieren, als sie die Bereicherungs-Eliten organisieren. Eine freundliche Kooperation mit China und Russland können wieder ins Lot gebracht werden. Eine faire Zusammenarbeit mit dem globalen Süden ist möglich.

Mit den heutigen Eliten ist all dies völlig unvorstellbar, aber es kann sich ändern, wenn der Souverän selbst spricht. Gewiss, dieser muss erst klar sprechen lernen. Eine wirkliche Befreiung von den Zwängen, die sich Europa selbst auferlegt hat, indem es mit der Demokratie letztlich nie ernst machte, weil es die Herrschaft der Klasse der Reichen nie zu brechen bereit war, wird es erst geben, wenn gemeinsam das Ende ebendieser Bereicherungsökonomie angestrebt wird (27).

Jedenfalls wird Europa, in welcher Zerfalls- oder Einigungsform auch immer, über seinen Schatten springen müssen. Hic Europa, hic salta (32). Wird Europas Erfahrung und Weisheit nicht mehr von gierigen, verbrecherischen, morbiden Eliten blockiert, so kann es sich auf seine reiche, kämpferische, demokratische, sozialistische, liberale (28) und vor allem auch aufklärerische Tradition besinnen (29). Daraus kann es einen neuen Weg einschlagen, einen Weg der Neutralität, der Abrüstung, von Höchsteinkommen, von Kontrolle der Geldmacht und anderes mehr. So ist die Chance auf eine Katharsis gegeben (30), die nicht wieder in eine Herrschaft der Superreichen mündet.


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Quellen und Anmerkungen:

(1) Ulrike Guérot und Hauke Ritz, „Endspiel Europa“, Westend Verlag 2022 Seite 168
„Der europäische Moment im 21. Jahrhundert wäre dann genau das: der Friedensschluss der Ukraine wird gekoppelt an eine Europäische Staatsgründung und eine kooperative, föderale Friedensordnung mit Russland.“
Man mag mit einer „europäischen Staatsgründung“ einverstanden sein oder nicht. Darum geht es zuerst gar nicht, solange die innere Ordnung, die ökonomische Ordnung, die demokratische Ordnung nicht neu ausfällt, zuerst natürlich in den einzelnen Staaten, aber vielleicht auch gleichzeitig in mehreren europäischen Staaten. Bemerkenswert ist der Hinweis allemal, dass es sich um einen „europäischen Moment“ handeln könnte.
(2) In einer alt-griechischen äsopischen Fabel heißt es: „Hic Rhodus, hic salta“. Wörtlich: „Hier ist Rhodos, hier springe.“ Wer erzählte, dass er auf Rhodos einen gewaltigen Sprung gemacht habe, der kann es, wenn er nun vor Ort ist, auf Rhodos beweisen. Wenn Europa behauptete, der beste Ort der Zivilisation, der Demokratie und der Menschlichkeit zu sein, so ist es dieses Europa, das nun zeigen kann, dass es diesen gewaltigen Sprung, von dem es erzählte, nun auch tatsächlich machen kann.
(3) 2019 formulierte der Thinktank RAND-Corporation ganz offen und ungeniert:
„Überspannung und Störung des Gleichgewichts in Russland - Bewertung der Auswirkungen kostenintensiver Optionen: … Dieser Kurzbericht fasst … zusammen, (welche) gewaltfreien, kostenintensiven Optionen die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten in allen wirtschaftlichen, politischen und militärischen Bereichen verfolgen könnten, um Russlands Wirtschaft und Streitkräfte sowie das politische Ansehen des Regimes im In- und Ausland zu belasten (um es) zu überfordern und aus dem Gleichgewicht zu bringen.“
(4) Francis Fukuyama: „Das Ende der Geschichte“, Hoffmann und Campe Verlag, 1989
Vergleiche auch beispielsweise: Berliner Zeitung: https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/analyse-francis-fukuyama-kapitalismus-sozialismus-das-ende-der-geschichte-warum-niemand-je-wirklich-daran-geglaubt-hat-li.271507
(5) Die „Klasse der Reichen“, wie sich Warren Buffet ausdrückte, führte beständig einen „Klassenkrieg“ gegen die, von ihr abhängige werktätige Menschheit. Warren Buffett: „There’s class warfare, all right,” Mr. Buffett said, „but it’s my class, the rich class, that’s making war, and we’re winning.” https://www.nytimes.com/2006/11/26/business/yourmoney/26every.html?_r=0%20Referenz:%20https://beruhmte-zitate.de/zitate/126606-warren-buffett-es-herrscht-klassenkrieg-richtig-aber-es-ist-mei/
Vergleiche auch, gut für das Gemüt, und sehr beeindruckend: Der Kabarettist und Kleinkunstpreisträger Georg Schramm bei 3-Sat – Die Anstalt, 2013: https://www.youtube.com/watch?v=U46bbmFaq74
(6) Die Welt: „DEUTSCHLAND: Durchbruch bei Schuldenplan!“ („Deutschland ist zurück“) https://www.youtube.com/watch?v=cqcBPgx7uRw
(7) Lebendiges Museum online: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/wirtschaft
„NS-Regieme: Vierjahresplan und Aufrüstung: Im September 1936 kündigte Hitler auf dem Reichsparteitag in Nürnberg einen Vierjahresplan an. .... Die Wehrmacht sollte ‚in vier Jahren einsatzfähig’ und ‚die deutsche Wirtschaft in vier Jahren kriegsfähig sein’. Als ‚Beauftragter für den Vierjahresplan’ war Hermann Göring gegenüber allen Wirtschaftsbehörden weisungsbefugt und kontrollierte den gesamten Devisenverkehr. Der Vierjahresplan beendete die Phase der relativen Autonomie der Wirtschaft. Staat und Partei griffen nun dirigierend in den Produktionsprozess ein. Die Privatwirtschaft passte sich den staatlichen Vorgaben an. Der Rüstungsboom brachte den Betrieben hohe Renditen. Während die Produktion von Rüstungsgütern stark anstieg, schränkte der Vierjahresplan die Konsumgüterindustrie deutlich ein. Lukrative Rüstungsaufträge und kontinuierliche Verbesserung der Arbeitgeberrechte gegenüber den Arbeitnehmern hatten der NS-Regierung die Zustimmung weiter Teile der Industrie gesichert. Vor allem Großunternehmer aus der Schwerindustrie wie Emil Kirdorf, Albert Vögler, Fritz Thyssen, Robert Bosch und Gustav Krupp von Bohlen und Halbach profitierten von der NS-Wirtschaftspolitik und der forcierten Aufrüstung. Der Anteil für Rüstung und Militär an den Gesamtausgaben des Staatshaushalts stieg zwischen 1933 und 1936 von vier auf 39 Prozent. 1938 wurden schließlich die Hälfte aller Staatsausgaben für Rüstung und Kriegsvorbereitung verwendet.“
(8) Nachdenkseiten, Marcus Klöckner: „‚Großkrieg in Europa’: Eine Schlagzeile dokumentiert den Weg in die Katastrophe.“ https://www.nachdenkseiten.de/?p=130484
(9) Vergleiche: Fabian Scheidler: „Das Ende der Megamaschine – Geschichte einer scheiternden Zivilisation“, Promedia Verlag, 2015 Seite 149.
(10) Vergleiche Daniele Ganser: „Imperium USA – Die skrupellose Weltmacht“ Orell Füssli Verlag, 2020
(11) „Goldene Milliarde“, so nennen die Russen den reichen Westen. Dieser Westen hat rund 70 Prozent des weltweiten Milliardärs-Vermögens bei sich gebündelt, während er nur 14 Prozent der Weltbevölkerungen ausmacht. In den USA alleine hat dabei die Bereicherungsoligarchie 40 Prozent des Milliardärs-Vermögens der Welt angehäuft, bei nur 4 Prozent der Weltbevölkerung. Europa hat weitere 22 Prozent bei einem Welt-Bevölkerungsanteil von nur 7 Prozent. Eine weitere Auswertung der Zahlen ergibt, dass China 9 Prozent des weltweiten Milliardärsvermögen auf sich zieht und dabei 17 Prozent der Weltbevölkerung aufweist. Für Indien sind es 7 Prozent des weltweiten Milliardärsvermögens bei ebenfalls 17 Prozent der Weltbevölkerung. Und Russland beherbergt 4 Prozent des weltweiten Milliardärsvermögens bei einem Anteil an der Weltbevölkerung von 2 Prozent. Nimmt man eine grobe Aufteilung in „Westen“ und „Nicht-Westen“ vor, so entfallen auf eine Million Menschen der jeweiligen Staaten im Westen 8,6 Milliardäre. Im Nicht-Westen sind es 0,9 Milliardäre pro eine Millionen Menschen. Der Westen ist dem Nicht-Westen so gemessen also um fast das 10-fache „überlegen“. Die Beschreibung des Westens als „die goldene Milliarde“ trifft also ziemlich gut zu.
Die Zahlen beziehen sich auf die Angaben von Forbes vom 1. März 2025: Vergleiche auch eine Statistik von „Altrata“ über die Superreichen, die UHNWI (Ultra-High-Net-Worth-Individuals), die „nur“ mehr als 30 Millionen Dollar ihr Vermögen nennen: https://altrata.com/reports/world-ultra-wealth-report-2024
(12) Professor Jeffrey Sachs im Europaparlament: „Die Geopolitik des Friedens“ https://www.nachdenkseiten.de/?p=129862 YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=_Lg1vewDf1c&t=12s
(13) Gewiss könnten sich die USA und Europa wieder finden, vor allem nach dem Ende einer Präsidentschaft Donald Trumps. Gewiss ist die Geschichte nicht vorherbestimmt. Aber die Kräfte gegen einen westlichen Weltherrschaftsanspruch werden nach dem, was man heute erkennen kann, weiter wachsen. Und die Welt wird gegenwärtig auf andere Schienen geleitet. Es wird sich nicht alles zurückdrehen lassen, selbst wenn sich die innerwestliche Spaltung überwinden lässt. Wenn wir nicht von Ereignissen wie einem Atomkrieg oder unerwartete wirtschaftliche Katastrophen in Russland oder China ausgehen, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass der „kollektive Westen“ seine Vormachtstellung wieder uneingeschränkt zurückerhalten kann, äußerst gering.
(14) Wäre dem so, dass China und Russland einfach Teil einer einzigen „globalistischen“ Ordnung wären, so wäre ja die Unipolarität, die vorangetrieben wurde von den größten Finanz- und Geldmächten der westlichen Welt, nicht im Krieg mit China oder Russland gekommen. Dann wäre es gerade so, wie es zu Zeiten von Boris Jelzin war, als der Westen noch zufrieden war, wie sich sein neuer Vasall zu entwickeln schien.
(15) Wolfgang Effenberger weist 2016 in seinem Buch „Geo-Imperialismus: Die Zerstörung der Welt - Die geheimen Ziele der US-Geostrategen und warum sie für die Welt so gefährlich sind“, Kopp Verlag, auf dieses offen ausgesprochene Feindkonzept hin:
„Das jüngste US-Strategiepapier TRADOC 525-3-1 ist überschrieben mit ‚Win in a Complex World, 2020-2040‘. Darin geht es um nichts weniger als die amerikanische ‚Full Spectrum Dominance‘ zu Land, zu Wasser und in der Luft. Als wichtigste Gegner werden in dem Papier die (eurasischen) Konkurrenzmächte China und Russland genannt. Auch Deutschland spielt dabei eine wesentliche Rolle.“
Vergleiche auch:
Jo Biden, 2014 in einer Rede an der Harvard Kennedy School in Cambridge/Massachusetts:
„Wir haben Putin vor die einfache Wahl gestellt: Respektieren Sie die Souveränität der Ukraine, oder Sie werden sich zunehmenden Konsequenzen gegenübersehen. Dadurch waren wir in der Lage, die größten entwickelten Staaten der Welt dazu zu bringen, Russland echte Kosten aufzuerlegen. Es ist wahr, dass sie (die EU) das nicht tun wollten. Aber wiederum war es die Führungsrolle Amerikas und die Tatsache, dass der Präsident der Vereinigten Staaten darauf bestanden hat, ja, Europa des Öfteren in Verlegenheit bringen musste, um es dazu zu zwingen, sich aufzuraffen und wirtschaftliche Nachteile einzustecken, um Kosten (für Russland) verursachen zu können. Und die Folgen waren eine massive Kapitalflucht aus Russland, ein regelrechtes Einfrieren von ausländischen Direktinvestitionen, der Rubel auf einem historischen Tiefststand gegenüber dem Dollar und die russische Wirtschaft an der Kippe zu einer Rezession.“
Zitiert nach Wolfgang Bittner, Apolut: „Deutschland und die EU planen Krieg gegen Russland“: https://apolut.net/deutschland-und-die-eu-planen-krieg-gegen-russland/ „Zit. wie newscan, Zeitdokument: Wir zwangen die EU zu Sanktionen gegen Russland, 5.1.2015, www.youtube.com/watch?v=JLO7uKVarB8 (19. März 2025)“
(16) Gemeinsame Presserklärung vom 16. Mai 2024 http://en.kremlin.ru/events/president/news/74049
(17) Wladimir Putin zitiert nach Ulrike Guérot, Hauke Ritz, „Endspiel Europa“, Westend Verlag 2022 Seite 146; nach Anti-Spiegel: „Putins Abrechnung mit dem Westen. Der wirtschaftliche Blitzkrieg ist gescheitert“ https://anti-spiegel.ru/2022/putins-abrechnung-mit-dem-westen-der-wirtschaftliche-blitzkrieg-ist-gescheitert/
(18) Die russische Staatsverschuldung beträgt etwa 22 Prozent des BIP. In den USA sind es 122 Prozent! Die privaten Haushalte sind in Russland mit etwa 20 Prozent im Vergleich zum BIP verschuldet. In den USA sind es 75 Prozent. In China sind die Zahlen: circa 88 Prozent Staatsverschuldung und circa 63 Prozent private Verschuldung.
Geldschöpfung aus dem Nichts wird gewiss nicht nur im Westen betrieben und stellt unter gewissen Bedingungen auch kein Problem dar, ja ist eigentlich immer der Standardfall. Die Frage ist aber stets: Wohin geht das frische Geld? Dient es nur dazu, eine Reichen-Klasse noch reicher zu machen, so ist das etwas gänzlich anderes, als die Investition in Infrastruktur oder in die Verbesserung der Situation der breiten Masse der Menschen.
(19) Was meine ich mit System? Die Art und Weise, wie die Menschen zusammenleben, wie die Wirtschaft organisiert ist, wie der Staat in die Wirtschaft und ins gesellschaftliche Leben eingreift, wie Bildung, Kooperation, Konfliktlösung, wie politische Entscheidungsfindung und so weiter und so fort ablaufen, all diese Fragen sind nicht überall gleich. Es bildet sich ein bestimmtes gesellschaftliches System heraus, das für Länder oder Regionen bestimmend ist. Bei weitem der bedeutendste Faktor scheint mir ist, wie mit der Herausbildung und der Begrenzung von Reichtum umgegangen wird und wer den Staat kontrolliert, im Spannungsfeld zwischen den mächtigen Reichtumsgewinnern und der Bevölkerung, dem demokratischen Souverän. Meine These ist: Ein gesellschaftliches System ist vor allem durch das Spannungsdreieck: Staat — Eigentum — „Zivilgesellschaft“ geprägt.
(20) Selbst Außenminister Marco Rubio formuliert dies heute so. Zum Beispiel: Times Of India: „Shocking U.S. Admission Gives NATO Heartache; Rubio Says ‚We're Fighting Proxy War In Ukraine'” https://www.youtube.com/watch?v=FyBZARx-HwA
(21) Alexander Jakowenko: „Putin und Trump starteten russisch-amerikanische Achterbahn“: https://ria.ru/20250319/diplomatiya-2005915646.html
(22) Jean Jaurès (1859 bis 1914): https://www.zitate.eu/autor/jean-jaures-zitate/203600
(23) So sehr ich die Analysen von Ernst Wolff schätze, ist es doch notwendig, das Augenmerk mehr auf die Schwächen und die Bruchlinien unter den „Globalisten“ zu lenken und die Allmacht dieser Leute nicht zu überschätzen. Vergleiche beispielsweise: https://www.youtube.com/watch?v=5bviA74gxqg
(24) Die Wahrheit über den EU-Wahnsinn: Ukraine kapituliert, Michael von der Schulenburg https://www.youtube.com/watch?v=2XcW7HV1Dko ; pascallottaz.substack.com https://www.youtube.com/playlist?list=PLt7v9LPd4AZF9ek2SW0wdsbq1kPekqsUJ
Vergleiche auch: Pepe Escobar: „A hard rain’s a gonna fall – from the West down to the East” A hard rain’s a-gonna fall — from the West down to the East, by Pepe Escobar — The Unz Review :
„Was Europa betrifft, haben wir es jetzt mit faustischen Männern zu tun, die nicht einmal als T. S. Eliots hohle Männer gelten können, da „Europa vergessen hat, wie man Eroberer hervorbringt“. Die Spengler'sche Metapher vom „Ersticken einer jungen Zivilisation durch den Leichnam einer alten“ trifft zu. Doch Russland war nie faustisch, sondern eher tolstoid.“
(25) Eine Fulguration ist eine unvermutete sprunghafte Veränderung hin zu einem neuen Ganzen, einer neuen Lösung. Der Druck zu solchen Veränderungen kommt von der Dialektik des „Mehr vom Gleichen“. Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht, sagt ein Sprichwort. Die Dinge schaukeln sich auf, bis innere Widersprüche ein System zerbrechen lassen. Bei einer Fulguration geschieht mehr als das Zerbrechen: Es werden alte, schon bekannte Dinge neu zusammengesetzt, und plötzlich entsteht ein neues System. Konrad Lorenz, der den Begriff aus der mittelalterlichen Mystik übernahm, zeigte das an einem sehr einfachen technischen Beispiel: Fügt man einen Kondensator und eine Spule richtig zusammen, so entsteht ein Schwingkreis. Dieser ist die Grundlage von Funk, Radio, TV, Satellitenübertragung, kurz, er ist die Grundlage eines großen Teils unserer modernen Technik, mit der wir als Menschheit heute unsere Kommunikation gestalten. Kondensator und Spule für sich haben nicht im Geringsten Eigenschaften, die etwas mit funktionierenden Funkwellen zu tun haben, und trotzdem entsteht aus ihnen etwas Höheres, ein neues Ganzes mit ganz neuen Eigenschaften. Fulgurationen kennzeichnen aber vor allem lebendige Prozesse. Sie sind ein nicht begriffenes oder nicht begreifbares, aber entscheidendes Element der Evolution und des Daseins. Wörtlich leitet sich der Begriff Fulguration vom lateinischen „fulgur“, Blitz, ab. Wenn Menschen die Dinge neu zusammenfügen, dann ist eine Fulguration wohl der „Blitz der Erkenntnis“. Ich denke, einen solchen Blitz der Erkenntnis gibt es als intersubjektiven Prozess auch in ganzen Gesellschaften, heute wohl vornehmlich einer Weltgesellschaft oder Menschheitsfamilie, wie Daniele Ganser es nennt. Allein, wer mitten in diesen sprunghaften Veränderungen steckt, vermag vielleicht nicht zu sehen, was mit ihm und der Gesellschaft geschieht. Es geschieht trotzdem, und zwar durch das Denken und Wirken des Einzelnen und vor allem durch das kooperierende Denken und Wirken, das sich aus dem Druck des „Mehr vom Gleichen“ formt. Evolution verläuft immer auch in Sprüngen, bei denen aus Krisen heraus plötzlich Neues entsteht. Die Redewendung von der „Krise als Chance“ soll dies andeuten; aber es ist mehr als eine Chance. Eine große Zahl nicht genutzter Chancen führt zur letzten Alternative: notwendiger Vollzug des Wandels oder Untergang. Die neue „Not-Wendigkeit“ greift dabei zurück auf neue Eigenschaften oder Strukturen eines Systems infolge des Zusammenspiels seiner Elemente, die sich unter dem Deckmantel des Alten entwickelten hatten. So definiert es der Begriff [Emergenz}(https://de.wikipedia.org/wiki/Emergenz). Ich ziehe den Begriff Fulguration vor, weil er das Sprunghafte, das plötzlich aus der Selbstorganisation Auftauchende, betont. Vergleiche Konrad Lorenz: „Die Rückseite des Spiegels“, Piper Verlag 1973.
(26) https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_26.html
(27) Einige Anregungen dazu habe ich in meinem Artikel: „Demokratie oder Untergang“ Teil 3 dargelegt.
Bertram Burian, Manova: „Demokratie oder Untergang“, Teil 3: https://www.manova.news/artikel/demokratie-oder-untergang-3
(28) Ich nenne die gegensätzlichen Konzepte, Sozialismus und Marktfreiheit, bewusst in einem Atemzug. Beides haben europäische Denker favorisiert. Eine Lösung auf einer höheren Stufe des Widerspruchs ist noch nicht ausreichend klar auf dem Tisch. Das aber brauchen wir.
(29) Ulrike Guérot und Hauke Ritz versuchen zu definieren, was die positiven europäischen Werte sind:
„Die Begriffe, die den Wesenskern des Europäischen beschreiben, sind: Subsidiarität, Kultur und Diversität. Solidarität, Regionen und Bürger, Autonomie, Genossenschaft und Gemeinwohl, Laizismus und Glaube. Rebellion und Revolution. Föderation und Republik. Ästhetik und Vernunft. Gemeinschaft. Frieden, Freiheit und Gleichheit. (…) Europa ist (…) die Überwindung der Guillotine, nicht der Todesstrafe; es ist die Mutter der Aufklärung und nicht der Sprechverbote. Europa ist die Erfindung der Republik von Platon bis Kant. In Europa wurden 1789 aus Untertanen Bürger und politische Subjekte, Europa ist das Land der kleinen Leute, der ältesten Weinreben der Welt, der regionalen Biere und der Gitanes, des seufzenden Akkordeons und der Orgel, von Warschau bis Messina. Es ist Pasolini nicht Hollywood. Europa ist Solidarnosc, nicht das ‚Jawohl‘ der Gestapo. Europa ist nicht Brzezinskis Schachbrett, es ist kein geostrategischer Akteur, aber auch kein Territorium für die geostrategischen Gelüste anderer. (…) Europa ist Revolte, ja Mutter der Revolution. (…) Europa, das ist freie Rede von Voltaire bis Rosa Luxemburg. (…) kein Europa ohne Dostojewski, das Bolschoi-Theater oder Tschechow. (…) Jeder, der zwischen Dublin und Athen in Europa aufgewachsen ist, egal wo, weiß, was Europa ist, hat die Einheit in Vielfalt eingeatmet.“
Ulrike Guérot und Hauke Ritz: „Endspiel Europa“, Westend Verlag 2022, Seite 146
Die Schwierigkeit bei dieser schönen Zusammenfassung ist, dass die ökonomische Frage nicht direkt angesprochen und aufgerollt wird. Europa ist zudem die Quelle des Sozialismus, wie es ebenfalls die Quelle des Liberalismus war. Auch wenn die sozialistische Idee in gewisser Weise gescheitert ist, wie die Idee der Aufklärung in gewisser Weise gescheitert ist und ebenso viele andere Ideen in gewisser Weise gescheitert sind, wie die des Christentums, des Islams, des Liberalismus und so weiter und so fort, haben doch all diese Ideen trotzdem das Denken und Fühlen der Menschen emporgehoben. Dahinter bleibt jedoch die Frage, warum hat sich diese „großartige“ „europäische Menschheit“ zu solchen unfassbaren Verbrechen hinreißen lassen und sich solchen inneren Widersprüchen hingeben müssen? Es liegt vor allem an der Bereicherungsökonomie. Sie verhindert, dass das gute Leben in einer Gemeinwohlökonomie organisiert werden kann und die kulturellen und zivilisatorischen Errungenschaften zu echter Breitenwirkung kommen können. Das gilt für die ganze Welt, erst recht deshalb, weil erst der Siegeszug des „Europäischen“ rund um die Welt – in Form von Kapitalismus, Kolonialismus und Imperialismus diese Bereicherungsökonomie zur dominierenden Belastung des Menschlichen machte.
(30) Markus Krall im Interview mit Flavio von Witzleben am 26. Februar 2025 (& Andreas Popp) „Über die Folgen der Bundestagswahl, das Ende des Ukraine-Krieges & Trump“: https://www.youtube.com/watch?v=kbGgg6j7pjY
„Euphorie wird damit (…) nicht einhergehen, wenn der Kaiser nackt ist, und zwar deswegen, weil die Leute feststellen werden, wenn der Kaiser nackt ist, sind sie es auch. Ja, also, die haben bald nur noch das, was sie am Leib tragen, die Verarmung wird ungeheure Ausmaße annehmen und sie wird viel schneller gehen, als die Leute sich das im Moment noch vorstellen können. Das heißt also, Euphorie kommt erst dann, wenn der nackte Kaiser ins Exil geschickt ist, also abgewählt ist, mit anderen Worten. Das wird allerdings, glaube ich, sehr schnell passieren und zwar deswegen, weil, wir werden jetzt in kurzer Folge sehen: Den Bruch aller Wahlversprechen des Herrn Merz, dann die Fortsetzung der Ampelpolitik unter anderer Marke, dann die Beschleunigung des wirtschaftlichen Verfalls, die Eskalation der außenpolitischen Konflikte, und das Ganze kulminiert auch in einer Gleichzeitigkeit an einem Punkt, nämlich im Lauf der nächsten, sagen wir mal, 10 bis 12 oder 18 Monate. Irgendwo in diesem Korridor werden die Dinge dann aufeinanderprallen, und zwar alle zeitgleich. Und das hält keine Gesellschaft ohne Katharsis aus. Und dann wird's zur Katharsis kommen. Die einzige Frage ist noch, welche Form die dann annimmt. Aber Euphorie wird's erst geben, in zwei Jahren, wenn die Leute merken, dass eine echte Reformpolitik den Wohlstand wiederherstellen kann.“
Anmerkung Bertram Burian hierzu:
Die meisten Menschen haben allerdings ihre eigenen Vorstellungen von so einem gravierenden, plötzlichen Wandel. Manche glauben immer noch an einen totalen Sieg der Marktradikalität, die uns aber erst in diese heutige Sackgasse der Herrschaft der Monopole und der Reichen-Herrschaft gebracht hat. Andere sehen noch im Sozialismus einen Ausweg, der aber die Macht des Staates mit der ökonomischen Macht verband und so der Bevölkerung kaum demokratischen Eingriffe zubilligte. Ein wirklich neuer Weg wird entwickelt werden müssen: Gemeinwohlökonomie mit freiem Markt verbinden – bei klaren Obergrenzen für Einkommen und Steuerung der Wirtschaft nicht alleine über die Profitchance. Aber eine Katharsis wird kommen. So oder so.
(31) Vergleiche: acTVism Munich: „Trump bombardiert Jemen und bringt die USA näher an einen Krieg mit dem Iran“ https://www.youtube.com/watch?v=82qynxOJG3E und: „Syrien am Scheideweg“, Karin Leukefeld im Interview mit Flavio von Witzleben auf Apolut: https://apolut.net/im-gespraech-karin-leukefeld-2/
(32) Vor drei Jahren, als der Ukraine-Krieg begann, schrieb ich einen Artikel mit dem Titel, „Neutralität oder Untergang“ und formulierte damals schon: „hic Europa, hic salta“. (https://www.manova.news/artikel/neutralitat-oder-untergang) Es war leider klar zu erwarten, dass Europa nicht springen würde, dass es keine Neutralität annehmen würde. Nein, dieses Europa warf sich ganz im Gegenteil mit aggressiver Energie und erbarmungswürdiger Unterwürfigkeit in den Kampf um die Rettung des Vorherrschaftssystems der „Goldenen Milliarde“. Heute hat sich die Haltung Europas nicht geändert. Aber die Geschichte hat sich weiterentwickelt und es wird zunehmend eng für dieses Europa.
(33) Vergleiche: Leo Ensel, Manova: „Die Schlafwandler“ https://www.manova.news/artikel/die-schlafwandler zwei Teile.
(34) Signal — Chatverlauf von Spitzenpolitikern der USA zu Angriff auf Jemen: Veröffentlicht auf X am 26. März 2025 von Krassenstein: https://x.com/krassenstein/status/1904881368988864620
Vergleiche: Der Standard: https://www.derstandard.at/story/3000000263018/us-magazin-veroeffentlicht-gesamten-inhalt-von-jemen-angriffsplaenen-aus-signal-chat

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