Berlin im April 2020. Es ist kälter, kälter als es das Thermometer anzeigt. Trotz Sonne. Anspannung liegt in der Luft. Ebenso ein bedrohliches Knattern, das einem dunklen Helikopter entspringt, der wie ein Adler auf der Suche nach Nahrung über dem Rosa-Luxemburg-Platz kreist. Eben jener Platz kommt an diesem Frühlingstag einem Hexenkessel gleich.
Menschen mit und ohne Uniform haben sich an diesem Ort versammelt. Beide eint der Glaube, eine Ordnung zu schützen. Die einen, die ohne Uniform, sehen den Fortbestand ihrer im Grundgesetz verbrieften Rechte und Freiheiten bedroht. Und die anderen Menschen, die in Uniformen, die sehen sich in der Pflicht, eine Hygieneverordnung umzusetzen.
Abstand halten! Nicht mehr als zwei Personen, die zusammenstehen dürfen. Versammlungen sind nicht gestattet. Artikel 8 des Grundgesetzes ... derzeit in Quarantäne.
Der Platz und die angrenzenden Straßen sind von BürgerInnen jeder Couleur bevölkert. Junge, Alte, Punker, seriös Gekleidete, sommerlich Gekleidete, Empörte, Euphorische, Schweigende. Alle stehen und gehen sie über Straße und Bürgersteig. Manche mit Exemplaren des Grundgesetzes in Händen, andere mit Handys oder Kamera, die das Geschehen aufzeichnen. Etwa, wenn die Menschen in Uniform sich wie ein Schwarm ihren Weg durch die Menge bahnen und — so scheint's — arglose TeilnehmerInnen in ihren erbarmungslosen Griff nehmen. Mitgenommen werden die TeilnehmerInnen, begleitet von einem Orchester aus empörten Buhrufen und Pfiffen.
Mit unserem Handy auf dem Gimbal und dem Mikrofon in der Hand bahnen wir uns unseren Weg durch das Getümmel und die dicke Luft. Letztere ist nicht allein dem Tragen der Mundschutzmaske geschuldet.
Zwei Mädchen Anfang zwanzig sprechen uns an, ob uns denn bewusst sei, welche Leute hier zusammenkommen würden? Sie beziehen sich auf einen Flyer, mit dem die umliegenden Hausfassaden beklebt sind und auf denen steht: „Hygiene-Demos am Rosa Luxemburg-Platz? Rechte VerschwörungsideologInnen in Mitte!“
Diese Hetzflugblätter sind eine Aneinanderreihung haltloser, infamer Denunziationen der übelsten Sorte gegenüber allen direkt und indirekt Beteiligten. Des Weiteren rufen sie dazu auf, diese Spaziergänge zu stören und zu verhindern.
Diesen Diffamierungen zum Trotz wuchs die Zahl der TeilnehmerInnen immer weiter, genauso deren Vielfalt, die die Vorwürfe ad absurdum führten. Viele von ihnen trugen das Grundgesetz bei sich und hatten ein gemeinsames Ziel: dieses Grundgesetz zu verteidigen.
Von der Wiese des Rosa-Luxemburg-Platzes ertönt im Chor ein Ausruf:
„Wir sind das Volk! Wir sind das Volk!“
Man kommt nicht umhin, dass sich der Magen verkrampft, ob der negativen Assoziation dieses Ausrufs! Hatte diese Aussage in der Geschichte der deutschen Wende eine tragende Rolle für das Zustandekommen der Wiedervereinigung gespielt, so verbindet man diesen seit Mitte des letzten Jahrzehnts mit Fremdenfeindlichkeit.
Denkt man eine Weile darüber nach, ist es doch bedauernswert, birgt dieser Ausruf in diesem Kontext doch eine wichtige Botschaft: Eine Regierung, die nicht über dem Grundgesetz steht, installiert ungeachtet des Bürgerwillens ein Notstandsregime. Die BürgerInnen werden nicht gefragt. Aber sind wir, die BürgerInnen, nicht jene, die in einer Demokratie das letzte Wort haben sollten? Wenn auch nur über unsere gewählten VertreterInnen. Sollten nicht VertreterInnen mit einem Wählerauftrag an diesen strikt gebunden sein? Die Realität spottet der Theorie — besonders in diesen Tagen.
So hat dieser Ausruf doch tatsächlich eine Daseinsberechtigung, wenngleich ihm noch ein Zauberwörtchen fehlt: das Wort „alle“.
„Wir alle sind das Volk!“
Das Wort „alle“ entschärfte die negativen Aspekte dieses Ausrufs und inkludiert zugleich alle Gruppen. „Alle“ meint alle: Almans, Achmeds, Asiaten, Afrikaner, Amerikaner, Australier, Angeber, Arbeitslose, Andersdenkende.
Vor König Bill Gates globalem Impfwahn sind wir alle gleich. Religiöse, ideologische, sexuelle und ethnische Unterschiede spielen hierbei keine Rolle mehr.
Dazu auch:
KenFM am Set: „Hygiene-Demo“ für Grundrechte am 18. April 2020 in Berlin
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