Diese Methoden wenden sie weltweit an, so zum Beispiel auch auf den Philippinen, wo das Cyberspace & Information Operations Study Centre 2009 ein Konzept zur Strategischen Kommunikation, den Stratcom Conplan, veröffentlichte. In der Einführung liest man, es sei das Erste, „dass effektive Strategische Kommunikation vital zum Einsatz kommt, um den ,Informationskrieg, zu gewinnen“ (2).
Diese Vorgehensweise wenden sie in allen Staaten an, die mit den USA als Partner oder direkt in der NATO kooperieren. Das gilt auch für Deutschland und seine Medien.
Alte Vorgaben für die öffentlichen Medien
Das ZDF hat am 1. August mit seiner Sendung „Alte Bündnisse, neue Bedrohungen“ ein selten klares Beispiel für psychologische Kriegsvorbereitung geliefert, die nicht nur dem Rundfunkstaatsvertrag widerspricht, sondern auch den Anforderungen der Präambel des Vertrages zur Deutschen Einheit, auf dessen Grundlage unser Land existiert. Im Rundfunkstaatsvertrag heißt es:
„Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.“
Bei Fragen von Krieg und Frieden gilt als grundlegender Bezugsrahmen das Friedensgebot des Völkerrechts, das das Grundgesetz übernommen hat (3). Völkerrecht, Frieden und Menschenrechte unterliegen demnach nicht einer neutralen Pro-/Contra-Ausgewogenheit, sondern sind Auftrag auch für Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag über die deutsche Einheit ist in diesem Zusammenhang nicht weniger deutlich: In der Präambel legt sich Deutschland darauf fest, auf eine Friedensordnung in Europa hinzuwirken, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten berücksichtigt, also auch die von Nicht-EU- und Nicht-NATO-Staaten, wie zum Beispiel Russland.
Diese Anforderung lässt sich aktuell weder im Rahmen des Militärpaktes NATO noch im Rahmen der EU erfüllen; die EU bereitet sich mit ihrer ,Militärischen Mobilität, für 6,5 Milliarden Euro auf einen Waffengang mit Russland vor (4).
ZDF: Alte Bündnisse, neue Bedrohungen
Die ZDF-Sendung vom 1. August 2019 mit dem Untertitel „Deutschlands Rolle in der NATO und in der Welt“ hatte offensichtlich das Ziel, am Vorabend vor dem Austritt der USA aus dem INF-Vertrag zum Verbot landgestützter Nuklearraketen in Europa die Zuschauerschaft auf ihren Eskalationskurs gegen Russland einzustimmen.
Das ist ein Spiel mit dem nuklearen Feuer, eine unverantwortliche Vorgehensweise, dies nicht nur aus rechtlichen Gründen, sondern auch inhaltlich, da ein solcher Kurs mit den Überlebensinteressen der Menschen in Deutschland und Europa unvereinbar ist.
Der Filmtitel „Alte Bündnisse, neue Bedrohungen“ unterstellt zunächst, es gäbe neue Bedrohungen, auf die eine Politik, die Schaden abwenden will, reagieren müsse. Die Bedrohung wird sogleich klar: Der Film beginnt mit Bildern von tschechischen und Bundeswehrsoldaten in Litauen, die dort den Ernstfall proben.
O-Ton:
„Wir versuchen, den Feind mit allen Mitteln, die wir haben, aufzuhalten. (...) Wir müssen stark sein.“
Den Grund steuert der CDU-NATO-Politiker Peter Tauber aus dem sogenannten Verteidigungsministerium bei: Russland nehme sich erstmalig seit dem 2. Weltkrieg in Europa Land. Er sagt das, während hinter im die Fahnen der EU, Deutschlands und der NATO zu sehen sind. Und er lügt.
Was die NATO Russland seit 2014 vorwirft — Annexion fremden Landes —, das hat der NATO-Staat Türkei zum ersten Mal 1974 auf Zypern exerziert, aber das soll ja niemand erinnern — strategische Kommunikation.
Dass es sich beim Eintritt der Krim in die Russische Föderation 2014 nicht um eine gewaltsame Landnahme — Annexion —, sondern um eine Sezession gehandelt hat, sollte jedem, der sich tatsächlich mit den Verhältnissen auf dieser Halbinsel beschäftigt, mittlerweile klar sein.
Die illegale Sezession Kroatiens und Sloweniens, mit der die Zerlegung Jugoslawiens in den 1990er Jahren begann, wurde von der Bundesregierung unterstützt. Der UNO-Generalsekretär sagte dazu, Deutschland untergrabe die Friedensbemühungen (5). Wenig später begann der völkerrechtswidrige Angriffskrieg von NATO-Staaten gegen Jugoslawien. Aber weiter im ZDF-Film:
Auf Herrn Tauber folgt ein NATO-Stratege, der vor der Kamera in freundlichem Ton ausführt, ein Verzicht auf Nachrüstung durch die NATO sei brandgefährlich. Die Kritiker an der Vorgabe, man müsse zwei Prozent der Wirtschaftsleistung fürs Militär ausgeben, warnt er: Deutschland drohe, zerrieben zu werden.
Doch schon das Wort Nachrüstung ist eine Lüge, denn der auserkorene Feind Russland hat nach Angaben des renommierten schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI (6) Rüstungsausgaben, die sich auf ein Vierzehntel der NATO-Militär-Ausgaben beziffern.
Den Eindruck zu erwecken, es sei umgekehrt und Russland liege im Vergleich vorne — das ist massive strategische Manipulation.
NATO als Wohlstandsquell
Dann folgt ein Bericht aus Munster, wo eine Panzerdivision ihre Verlegebereitschaft übt. Es geht um 600 Fahrzeuge, darunter 70 Panzer. Sie sollen nach Polen. Mit einer derartigen atmosphärischen Einstimmung folgt das Mantra, die NATO stehe für 70 Jahre Frieden, Freiheit und Wohlstand.
Die NATO ist also auch noch eine Wohlstandsquelle, die Militärausgaben verwandeln sich in Wohlstand für die Menschen. Man kann die Milliarden also offensichtlich zweimal ausgeben: Einmal für Waffen und dann für Brot und Butter. Dass dieser Wohlstand in den Händen einer kleinen Schicht von Rüstungsgewinnlern landet und die Gelder an vielen anderen Stellen dringend fehlen, wird geflissentlich ignoriert.
US-Vizepräsident Pence kritisiert in einer dokumentierten Rede zum NATO-Jubiläum, Deutschland bleibe hinter seinen Versprechen zu den Militärausgaben zurück und müsse mehr tun. NATO-Generalsekretär Stoltenberg legt diesbezüglich nach und versteht, dass es Länder gebe, die mehr für Gesundheit, Bildung und Infrastruktur ausgeben wollen, aber Deutschland müsse sich an die Zwei-Prozent-Vorgabe halten, „weil wir das alles beschlossen haben“.
Dann bringt der Film wieder Manöverszenen mit Panzerfahrzeugen. Hauptfeldwebel Helge Timm äußert, wir „sind bereit und warten darauf, dass das Schießen losgeht“. Ein Führungsmilitär namens Zorn spricht so, als hätte er die hinführenden Worte des Films im Bewusstsein und betont, ein „hochintensives Gefecht“ sei ein „denkbares Szenario“.
Dass dies allerdings die Gefahr des Untergangs Europas bedeuten würde, scheint ihm nicht bewusst zu sein: Dieser Kontinent weist über 200 Atomreaktoren und eine Vielzahl weiterer hochgefährlicher und toxischer Industrieanlagen auf; die Infrastruktur im digitalen Zeitalter ist anfälliger denn je, was zum Beispiel das Erfordernis einer stabilen Stromversorgung für das Gesundheits-, Finanz- und Versorgungssystem angeht.
Aber Militärs sind nun einmal Kräfte, die nicht für Frieden, Freiheit und Wohlstand stehen — außer für die Besitzer von Waffenfabriken in Friedenszeiten.
Danach kommt der Film noch einmal auf den INF-Vertrag zurück. Die USA werfenRussland vor, mit neuen Marschflugkörpern den Vertrag gebrochen zu haben, weshalb man sich nicht mehr daran halten wolle.
Diese Darstellung ist erneut strategische Manipulation, da sie eine unbewiesene Behauptung zum Fakt erhebt. Dan Smith von SIPRI erklärte am 01.02.2019 in der Tagesschau, aus „der Ferne können die Forscher kaum klären, wer Recht hat. Das lässt sich nur mit Inspektionen der Raketen ändern.“
Der Spiegel berichtete am 20. Januar 2019, die „Russen hatten den USA am Dienstag in Genf angeboten, ihren Marschflugkörper SSC-8 vor Ort zu begutachten“. Doch daran waren die USA nicht interessiert.
Im ZDF-Film wird das damit erklärt, dass die USA einen solchen Vertrag nur noch unter Einbezug von China, Pakistan und Indien wollen. Im Ergebnis droht der Welt ein neues atomares Wettrüsten aufgrund der Eskalationspolitik der NATO. Der ZDF-Film spekuliert im Weiteren unter anderem damit, dass China versuchen könnte, Taiwan einzuverleiben, auch dafür müsse man gerüstet sein...
Die NATO stimmt die Menschheit mit solchen Propaganda-Machwerken auf kriegerische Auseinandersetzungen mit der Atommacht Russland und auch mit China ein, also auf den Untergang der Menschheit.
Die Kräfte, die das verhindern können, haben die Verantwortung, sich dem gemeinsam entgegenzustellen — das sind vor allem die Friedens-, Umwelt- und Gewerkschaftsbewegung, da sie aus ihrer Ausrichtung heraus das Ziel haben, das Leben für die Menschen zu schützen und zu bewahren.
Die NATO widerspricht den Zukunftsinteressen der Menschheit, ebenso auch eine Militarisierung der EU.
Fernsehsendungen öffentlich-rechtlicher oder privater Sender, die die NATO-strategische Manipulation verbreiten, verletzen ihren Auftrag, die Menschen objektiv zu informieren. Ein einziger Satz soll Objektivität vermitteln. Hier fließt ein, dass Russland sich durch die NATO-Osterweiterung provoziert fühlt.
Parlamentarisches Haushaltsrecht als Gefahr
Dann aber folgt ein Interview-Ausschnitt mit dem sozialdemokratischen Politiker Rolf Mützenich. Seine Position wird als brandgefährlicher Hemmfaktor für die Rüstungsbeschlüsse der NATO präsentiert.
Mützenich erklärt, es sei nun einmal nur der Bundestag, der das Haushaltsrecht besitze und niemand sonst. Deshalb könne auch niemand anderes solche Beschlüsse fällen. Diese rechtlich verfassungsentsprechende Position quasi als gefährlich darzustellen, ist einer der Höhepunkte der Propaganda dieser Sendung — so geht man weder mit Menschen noch mit dem Recht um!
Wir leben im Angesicht der immer gefährlicheren Waffen und weiter eskalierender Spannungen. Wir erleben den Zerfall ganzer Regionen, die von NATO-Staaten mit Krieg überzogen wurden — Irak, Afghanistan, Libyen ... — und sehen kompromissunwillige Politiker und Strategen in der gefährlichsten Epoche der Menschheit.
Es bleibt zu hoffen, dass Friedenskräfte und Umweltbewegung gemeinsam mit allen weiteren möglichen Partnern ihre Verantwortung und ihre Kraft erkennen und einsetzen.
Quellen und Anmerkungen:
(1) Dafür hat das Pentagon am 30. Oktober 2003 eine Konzeption für Informations-Operationen vorgelegt: Information Roadmap, das Vorwort unterschrieb Donald Rumsfeld. Seite 33 erklärt psychologische Operationen zur Beeinflussung der Öffentlichkeit zu einem Element der Kriegsführung
(2) Cyberspace & Information Operations Study Centre: https://de.scribd.com/document/19795450/Stratcom-Alpha, Übersetzung des Zitats: B. T.
(3) http://archiv.friedenskooperative.de/ff/ff10/2-81.htm
(4) Zitat: „Angesichts des angespannten Verhältnisses zu Russland schlägt die EU-Kommission vor, im kommenden Jahrzehnt 6,5 Milliarden Euro in panzertaugliche Straßen zu investieren.“ Quelle: Frankfurter Rundschau, 06.06.2018
(5) Deutsche Drängler, Der Spiegel, 06.09.2004
(6) https://www.sipri.org/media/press-release/2019/world-military-expenditure-grows-18-trillion-2018
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