Es ist eine alte Streitfrage, ob es früher besser war als heute. Auf jeden Fall war es übersichtlicher — nicht nur auf den Gebieten Technik und Technologie, sondern auch auf dem politischen Terrain. Rechts war rechts, links war links, und selbst dazwischen konnte man ziemlich zuverlässig unterscheiden in Mitte/Rechts, Mitte, und Mitte/Links.
Und heute? Da dienen diese Begriffe hauptsächlich dazu, politische Gegner negativ zu etikettieren und zu diffamieren — und meist, damit auch jedem klar wird, dass deren Position nichts Gutes ist und am besten mit dem Zusatz „radikal“ versehen werden sollte. Und die Abwertung wird noch dadurch unterstrichen, dass man sich selbst als „Partei“ bezeichnet, was solide klingt, und „die anderen“ als „rechtsradikale oder linksradikale Gruppierung“.
Welche Partei denkt noch über die Bedeutung der Kürzel ihres Parteinamens nach? F = frei, C = christlich, S = sozial, D = demokratisch — ist wirklich noch alles drin, was der Name verspricht?
Früher hatte jede Partei ihre Stammwählerschaft, die sich relativ leicht in der Gesellschaft verorten ließ: Man war zum Beispiel sozial und trat an der Seite der Gewerkschaften für die Belange der Arbeiter ein, oder man stritt für freies Unternehmertum. Doch heute muss es globaler, allumfassender sein: Die Rettung des ganzen Planeten ist überall Programm — kleiner geht es nicht!
Und so, wie es treue Anhänger eines Sportvereins gibt, die ihrem Club auch von der 1. in die 3. Liga folgen — „Einmal Löwe — immer Löwe!“ —, hängen Wähler oft an ihrer alten Identität. Der Unterschied: Ein Verein betreibt immer das gleiche Spiel, nämlich den Ball ins Tor zu befördern, während sich die Programme einer Partei ziemlich grundsätzlich wandeln können. Allerdings bleibt ihr wahres Ziel immer das gleiche: Macht!
Auch wenn ich nie einer politischen Partei angehört habe, fühlte ich mich früher als Linker. Doch heute nehme ich mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung zur Kenntnis, wie traditionell bekennende Linke einen inneren Kampf austragen, der beinahe biblische Ausmaße hat! Ihnen mangelt es an Identifikationsfiguren: „Warum hast du mich verlassen!?“ Deshalb stürzen sie sich auf jedes kleine Fünkchen Hoffnung, das in ihnen zum Beispiel eine Sahra Wagenknecht entfacht. Vielleicht könnte ja daraus wieder eine echte Linke erwachsen, so wie früher …
Doch was viele Parteimitglieder nicht sehen wollen: Links ist nicht tot! Es ist nur nicht mehr das vertraute Sozi-Links eines Willy Brandt oder Helmut Schmidt, sondern ein durch mehrfache Umetikettierungen schwer erkennbares kommunistisches Links geworden. Wie bei einem Chamäleon sticht mal die eine, mal die andere Farbe hervor. Derzeit ist es weniger rot, sondern hauptsächlich grün — nahe an olivgrün …
Während nun also die uns vertrauten Sozi-Linken sich in im Grab umdrehen, gibt es einen, der dies ebenfalls tut — allerdings nicht um die Längsachse, sondern eher in Form eines Purzelbaums! Wer sich vor Vergnügen gar nicht mehr einkriegt, ist Mao Tse-Tung! Endlich trägt seine Arbeit Früchte! Geduld zahlt sich offenbar aus!
Mao (1893 bis 1976) erlebte ein von Japan unterdrücktes und ausgebeutetes China. Idealisten, die dies ändern wollten, wurden Kommunisten, verfolgt von der Volkspartei der Kuomintang. Mao war Mitgründer der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) 1921. Sein „Langer Marsch“ war eher eine verlustreiche Flucht vor den Kuomintang in den Norden Chinas.
Nach internen Auseinandersetzungen dominierte Mao die KPC ab 1935. 1943 wurde er Vorsitzender des Zentralkomitees, 1949 rief er die „Volksrepublik China” aus, 1954 verkündete er die erste Verfassung und wurde 1. Staatspräsident. Doch was hat das alles mit dem Rest der Welt zu tun, und vor allem mit uns in Europa, in Deutschland? Nun, wer davon überzeugt ist, das Rezept für eine gerechte Gesellschaft und damit eine bessere Welt gefunden zu haben, sieht sich leicht dazu berufen, auch die ganze Welt damit zu beglücken.
Nachdem Mao immer mehr zu einer Lichtgestalt in China verklärt wurde mit dem Ehrentitel „Überragender Führer“, wurden Zitate aus 40 Jahren seiner Laufbahn in einem Büchlein zusammengefasst, die — ähnlich wie Hitlers Mein Kampf — in keinem Haushalt fehlen durfte. Das Besondere: Die „Worte des Vorsitzenden Mao Tse-Tung“ erschienen nicht nur 1965 in China, sondern bald darauf in immer mehr Sprachen — die weltweite Auflage erreichte über 1 Milliarde. Die 1. deutsche Ausgabe erschien 1967 im Verlag für fremdsprachige Literatur Peking. Und erreichte eine große Verbreitung besonders in der Studentenbewegung ab 1968!
Joschka Fischer (geboren 1948) dürfte ein eifriger Leser der roten „Mao-Bibel“ gewesen sein, gründete er doch 1970 in Frankfurt die Karl-Marx-Buchhandlung. Ein weiterer Grüner, Jürgen Trittin (geboren 1954), war seit seinem Studium 1977 aktiv in linksradikalen Gruppierungen, bis 1980 Mitglied des vom Verfassungsschutz beobachteten Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW). Danach holte ihn seine spätere Frau zu den Grünen.
Der aktuelle Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (geboren 1956) las Mao wohl auch — er schrieb nach 1976 für ein linkes juristisches Magazin, das in einem Verlag erschien, der von der DDR finanziert wurde. Und wie es scheint, haben viele der Marx-, Lenin- und Mao-Studierenden anschließend erfolgreich ihren langen Marsch in die Institutionen angetreten, der unter anderem auch zur Gründung der neuen grünen Partei führte, die sich gegen Krieg und Atomkraft und für ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit aussprach …
Was aber waren die Lehren des großen Polit-Weisen, und wirken sich diese heute noch aus — auch auf uns? Nun, ein erstaunliches Kunststück, das scheinbar der Quadratur des Kreises gleicht, war Maos „Demokratische Diktatur des Volkes”. Wie sieht so etwas konkret aus? Offenbar wie Zuckerbrot und Peitsche. Mao schrieb 1950:
„Den Feinden gegenüber bedient sie sich der Methode der Diktatur, das heißt, für eine notwendige Zeitspanne gestattet sie ihnen nicht, sich politisch zu betätigen, zwingt sie, die Gesetze der Volksregierung zu befolgen (…) und erzieht sie durch Arbeit zu neuen Menschen. Den Volksmassen gegenüber wendet sie umgekehrt nicht die Methode des Zwangs an, sondern die der Demokratie, das heißt, sie muss ihnen die politische Betätigung gestatten, zwingt sie nicht, das oder jenes zu tun, sondern führt mit demokratischen Mitteln eine Erziehungs- und Überzeugungsarbeit unter ihnen durch.“
Kommt einem irgendwie bekannt vor, oder nicht? Wenn die Bevölkerung sich „freiwillig“ impfen lässt, also sich durch unsere Propaganda überzeugen lässt, brauchen wir keinen Impfzwang …
Der Unterschied zwischen „Feinden“, bei denen die Diktatur angewendet werden darf, und den „Volksmassen“, die man nur „demokratisch erziehen” muss, ist von zentraler Bedeutung! Es geht bei den „Feinden“ um Menschen, die sich als Individuen verstehen — und auf der anderen Seite um die Ideologie des Kollektivismus: Der Einzelne ist nichts — das Kollektiv ist alles!
Ein weiteres Mao-Zitat aus 1938:
„Zu keinem Zeitpunkt und unter keinen Umständen sollte ein Kommunist seine persönlichen Interessen in den Vordergrund stellen. Er sollte sie den Interessen der Nation und der Massen unterordnen. Selbstsucht, Nachlassen, Korruption, das Rampenlicht und so weiter sind daher am verächtlichsten, während Selbstlosigkeit, die Arbeit mit aller Energie, die uneingeschränkte Hingabe an die öffentliche Pflicht und ruhige harte Arbeit Respekt erfordern.“
Dem entsprach auch die „Revolution in der Gesellschaftsordnung, nämlich der Übergang vom Privateigentum zum Gemeineigentum“, und in der „Landwirtschaft der genossenschaftliche Zusammenschluss“.
An anderer Stelle ging der Kollektiv-Gedanke aber verloren — während Mao 1948 noch die Führung in den Händen des Parteikomitees für essentiell ansah, und innerhalb des Komitees alle Meinungen gehört werden sollten, riss er später alle Macht an sich.
Meinungsvielfalt gab es nicht, auch das Volk hatte sich seinen großen Plänen zu fügen. Selbst wenn diese Millionen Menschen ins Elend stürzten oder sie das Leben kosteten — wie seine Ausrufung der „Ausrottung der vier Plagen“ im Jahr 1958. Ratten, Stechmücken, Fliegen und Spatzen sollten vernichtet werden, weil sie dem Volk große Schäden zufügten.
Die Zero-Spatzen-Strategie — wie man dies heute nennen würde — verlief zum Beispiel so: Alle Chinesen machten drei Tage lang solchen Lärm, dass sich die Spatzen nirgendwo niederlassen konnten und reihenweise tot vom Himmel fielen. Die Folge: Die Heuschrecken nahmen drastisch zu und fraßen den Menschen weit mehr weg als Spatzen und Ratten zusammen. Mao nahm das alles gleichgültig hin, ihm zu widersprechen oder ihn zu kritisieren wagte niemand. Er lebte abgehoben im Luxus und von Vermögen auf geheimen Konten.
Das moderne China hat sein Wirtschaftssystem zwar staatskapitalistisch umgestaltet, doch die Konzentration der Macht in den Händen einer zentralen Führungsfigur besteht fort.
Und Karl Marx (1818 bis 1883)? Wie geht es dem heute? Der ruht in sich, er thront über allem — zu seiner Linken sitzt natürlich Lenin —, und er fühlt sich wie der Vater im kommunistischen Himmel, dessen Lehren seine getreuen Heerscharen mit großer Ausdauer auf dem Globus verbreiten. Gelegentlich wundert er sich, dass es immer noch Menschen gibt, die partout nicht in einem Paradies leben wollen, wo bald eine künstliche Intelligenz alle ihre Wünsche entschlüsselt, nach sinnvoll und unnütz oder schädlich sortiert, und dementsprechend erfüllt — oder eben nicht. Immer mit dem Blick auf das große Ganze, das ein normal Sterblicher ja gar nicht überschauen kann…
Es ist immer das gleiche Spiel: Eine kleine Minderheit, die sich als Elite versteht und oft auch vom Großteil der „Masse“ als solche akzeptiert wird, nutzt diese Masse immer schamloser aus — bis ein Punkt erreicht ist, an dem es zu einer Revolution kommt. Doch das Ergebnis ist nach einiger Zeit immer das gleiche und ebenfalls das viele Leid– nur dass jetzt neue Figuren die Rolle einer dominierenden Schicht übernommen haben.
In einer Demokratie wählt das Volk seine Repräsentanten — in einer Diktatur setzt sich eine Gruppe selbst an die Spitze. In beiden Fällen sieht sich die Spitze der Pyramide dazu berufen, denen darunter zu sagen, was gut und was schlecht ist. Sie selbst vertreten somit das Gute, folglich ist jeder, der gegen sie ist, ein Böser. Und das Böse gehört bestraft — klingt simpel, ist simpel. Rechtsprechung gerät zur Rechtzurechtbeugung, der heilige Zweck rechtfertigt jedes Mittel.
Die Masse folgt zum einen aus Angst vor Sanktionen, zum anderen aus Bequemlichkeit — wenn jeder weiß, weil es überall verkündet wird, was gut und richtig ist, dann kann man doch nichts falsch machen, wenn man sich in die große Masse einreiht. Und ist man dann gar ein Funktionsträger im Dienste des Guten, erhält man noch Belohnungen und Vorteile! Warum sich also auf „Umstrittenes“ einlassen, zum Außenseiter werden, Sanktionen ertragen?
Wie kommen wir da wieder raus?
Wo aber ansetzen mit der Veränderung? Ganz klar: weit vorne! Überall wird uns Vielfalt gepredigt — warum wird dann die Betreuung und Erziehung der Kinder immer stärker monopolisiert? Raus aus den Familien — rein in staatliche Normierungsinstitutionen, wo die Kinder lernen, gut funktionierende Rädchen zu werden, ohne zu verstehen, zu welchem Zweck. Sie erfahren sich nicht als soziale Wesen, die von gegenseitiger Hilfe profitieren, sondern lernen von Klein auf, dass sie in Konkurrenz zu den anderen stehen.
Hinzu kommt die zunehmende Verunsicherung: Zu dem Zweifel, ob man gut aussieht, kommt neuerdings noch die Frage, welchem Geschlecht man angehört! Fixierung auf den Körper, statt die eigene innere Stimme zu erleben, die einem Orientierung geben kann. Im Gegenteil — man lernt, dass jeder auf „Experten“ angewiesen ist. Und gleichzeitig werden einem in den Medien „role models“ vorgeführt, die suggerieren, man könne es auch mit Unfähigkeit zu etwas ‚Berühmtheit’ bringen — der Ersatzwährung für echte Zuwendung.
Diese Niveauabsenkung setzt sich dann im Bildungssystem fort. Alle sollen/wollen Abitur machen, immer mehr anschließend auch studieren. Dadurch bläht sich der Wasserkopf einer Gesellschaft auf, während das Erlernen praktischer Tätigkeiten zu kurz kommt. In der Konsequenz müssen dann „Fachkräfte“ importiert werden. Und wenn es so viele „Akadämliker“ gibt, wächst der Drang, sich durch Erwerb eines Dr.-Titels etwas abzuheben — und sei es durch nutzen der copy&paste-Taste …
Das Schlimmste ist allerdings, dass von staatlicher Seite für diese sich so wichtig vorkommenden „Nichtskönner“ Spielwiesen eingerichtet werden, wo sie so tun können, als würden sie etwas sinnstiftendes für die Gesellschaft tun… Was dabei heraus kommt, ist heiße Luft, ist Chaos, ist Sand im Getriebe bei denjenigen Tätigkeiten, die für eine funktionierende Gesellschaft von existenzieller Bedeutung sind! Da werden mit Steuergeldern, also dem Geld, das andere durch sinnvolle Arbeit erwirtschaften, „Studien” bezahlt, die die Realität auf den Kopf stellen — so zum Beispiel zum Klima, zu Gender, zur Landwirtschaft ... Alles wird neu gedacht, Erfahrung zählt nichts — weil nicht vorhanden?
„Weniger ist mehr“ sollte vielleicht auch hier gelten: Wenn durch Produktivitätszuwachs weniger Arbeitskräfte benötigt werden, sollte man lernen, die gewonnene Zeit für Kunst, Poesie, Musik, Tanz, Meditation et cetera zu nutzen — und nicht in die Konstruktion von Wolkenkuckucksheimen zu stecken, die dann zu Bauverordnungen für die Allgemeinheit werden …
Vor allem gilt es, zu erkennen, dass zwischen den Ideen von Kommunismus beziehungsweise Sozialismus und ihrer Umsetzung ein riesiger Spalt klafft — in dem unter Stalin, Mao und anderen Ideologen Millionen Menschen ihr Leben verloren. Unterdrückte zu befreien, indem man andere unterdrückt, ist keine Lösung. Und allen Linken, denen es schwer fällt, sich nicht mehr als Linke verstehen zu können, sei in Erinnerung gerufen, dass das „S“ in NSDAP „sozialistische“ bedeutete!
Das waren also Linke, wenn auch — im Unterschied zur Internationale — mit Fixierung auf das eigene Volk. Was Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus gemeinsam hatten, sieht man am besten an den Aufmärschen: Der einzelne Bürger wurde zu einem uniformen Statisten in einer Massenchoreographie degradiert, zu einem unbedeutenden Dekor in einem gigantischen Arrangement, das er nicht verstehen sollte, in dem er nur seine Funktion zu erfüllen hatte.
Die anderen Gemeinsamkeiten sind die Verbreitung von Angst und das ausufernde Bedürfnis nach Kontrolle über das Volk, das wie unmündige, von Vater Staat zu erziehende Kinder behandelt wird.
Sozial ohne ISMUS!
Vielleicht versuchen wir es einfach mal ohne politisches Rechts-Links und orientieren uns an dem, was uns als Menschen wirklich ausmacht: soziale Wesen zu sein. Dafür brauchen wir keine Partei und keine Ideologie, es reicht, den eigenen inneren Kompass wiederzufinden. Der entscheidende Unterschied besteht nicht zwischen Rechts-Mitte-Links, sondern zwischen Oben und Unten.
Solange sich jemand über andere stellt und meint, über sie verfügen zu dürfen, solange gibt es keine Freiheit, keine Menschenwürde, keine Demokratie. Alle Ansätze, das zu ändern, schrieben immer Menschenwürde, Grundrechte und Gleichberechtigung als Basis an erster Stelle in ihre Verfassungen. Und Grundrechte gelten ohne Vorbedingung für die Bürger, für die Individuen eines Staates gegenüber dem Kollektiv, gegenüber der Staatsmacht. Wenn ein Staat meint, sich gegenüber seinen Bürgern verteidigen zu müssen, liegt das daran, dass eine Clique den Staat für ihre Interessen gekapert hat. Es spricht doch Bände, wenn angebliche Vertreter des Volkes sich nicht mehr unter das Volk wagen!
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