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Klartext im Bräustüberl

Klartext im Bräustüberl

Ein Plädoyer für mehr Demokratie und mehr Ethik in unseren großen Medienhäusern. Teil 1 von 2.

Seit vier Uhr morgens sind die Fernsehstudios des Bayerischen Rundfunks in Unterföhring blockiert, erfahre ich am 2. Februar 2024 in einem Kurzvideo auf Telegram. Zu sehen sind friedliche Demonstranten und eine ganze Reihe Traktoren mit Schildern.

Zugleich kursiert eine ausführliche Analyse von Achgut zu Struktur und Finanzierung des angeblichen investigativen Recherchenetzwerks Correctiv.

Das vielzitierte Netzwerk mit mittlerweile über 70 Mitarbeitern erhielt demnach circa 2,9 Millionen Steuergelder seit 2015, circa 2,8 Millionen von 2018 bis 2023 von den Stiftungen des Ebay-Gründers Pierre Omidyar, circa 700.000 Euro von 2017 bis 2023 von Google und weiteren Großspendern. Facebook spendet über die gewerbliche Tochterfirma Correctiv UG. Correctiv bekam zudem 3,8 Millionen Euro von der Brost-Stiftung, „deren Vorstandsmitglied Bodo Hombach früher SPD-Kanzleramtsminister, Bundesminister für besondere Aufgaben und Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe war“. Um Correctiv herum habe dessen Gesellschafter-Geschäftsführer Schraven zudem ein Geflecht von mehreren Unternehmen geschaffen, das sich jeglicher Transparenz entzieht.

Wie funktioniert Journalismus in den öffentlich-rechtlichen Sendern?
Was alles verkauft man uns hier als seriöse Quellen? Platzt jetzt die Meinungsblase der gebündelten transatlantischen Interessen?

In den vergangenen Jahren haben jedes große Narrativ und jeder Krieg erneut Spaltung in unserer Gesellschaft erzeugt.

Mephistopheles, das personifizierte Böse in Goethes Faust, bezeichnet sich selbst als einen „Teil von jener Kraft, / die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“ Das „Böse“ wird heutzutage offensichtlich durch Kriegspropaganda, die Spaltung zum Machterhalt, die Kontrolle durch Digitalisierung und die Bereicherung einiger weniger sowie der Waffenindustrie.

Tatsächlich beobachte ich währenddessen jedoch zeitgleich ein Aufbrechen aller Filterblasen in unserer Gesellschaft und teilweise ein böses, aber zugleich auch befreiendes Erwachen daraus. Die erneute Zersplitterung der Opposition führt letztlich bei allen zu Fragen. Jeder hat inzwischen schon einmal erlebt, wie es ist, der Ausgegrenzte zu sein oder diejenige, die die „falsche“ Meinung hat. Und jeder stellt sich dann zwangsläufig auch irgendwann die Frage, wer denn die „richtige“ Meinung vorgeben zu müssen glaubt und warum und in wessen Interesse.

Es geht um eine Bewusstwerdung von Machtstrukturen, die sich seit Jahrzehnten vertieft haben, und vor allem um deren friedliche Auflösung. Machtstrukturen aufzulösen bedeutet mehr Demokratie, und das betrifft auch die Ebene der Konzerne, der Thinktanks, der Vereine und Bewegungen. Demokratie bedeutet zugleich die Selbstermächtigung aller, und diese fängt in uns selbst an.

Propaganda als Religionsersatz

Wir leben in einer Zeit des spirituellen Vakuums. Der Blick nach innen, Zeiten für Neuorientierung und Neuausrichtung oder die Frage nach einem Sinn im beruflichen Handeln sind nach wie vor wenig angesehen. Während sich die Weltreligionen in institutionalisierten und weiterhin patriarchalischen Strukturen verloren haben, können sie wenig Innovatives einbringen und verlieren Zulauf. Zugleich sitzen Deutsche täglich noch immer volle drei Stunden vor dem Fernseher (1).

Das Fernsehen und die großen Zeitungen haben also in mehrerlei Hinsicht eine besondere Hebelwirkung. Teilweise beanspruchen sie, verbunden mit der staatlich und transatlantisch geförderten Wissenschaft, sogar Bereiche, die früher die Kirche für sich beansprucht hat. Dazu zählen sinn- und identitätsversprechende Narrative, moralische Vorgaben, der Anspruch auf die Deutungshoheit über alle Fragen und der dementsprechend inszenierte, zu enge Debattenraum.

Von vielen Zuschauern wurde dieser noch nie verlassen und wird so zur lebensprägenden Orientierung.

Was wurde im ZDF-heute-journal von der Moderatorin Marietta Slomka über Kriegstüchtigkeit gesagt? Hier wird auf subtile Art sogar die Kriegspropaganda von Boris Pistorius in ein scheinbar noch zu friedliches Licht gerückt. Durch die Interviewführung der Moderatorin wird die Kriegstreiberei des Verteidigungsministers als scheinbar zu moderat inszeniert. Das ist zwar kaum fassbar, aber relativ einfach machbar.

Welche moralischen Vorgaben macht Präsident Joe Biden zum neuen US-Kriegspaket in Höhe von 100 Millarden Dollar? Wie böse ist währenddessen Donald Trump? Wovor müssen wir aktuell Angst haben?

Durften neben den bekannten Podcasts der Herren Drosten und Kekulé auch Sendungen der diffamierten Kritiker unter den Wissenschaftlern angehört werden? Oder sind diese dann doch eher Ketzer? Wie schlimm ist es, wenn unsere Kollegen uns dabei erwischen?

Wie lange muss ich meinen CO2-Verbrauch reduzieren, bis ich die tatsächliche Ausbeutung und Zerstörung von Pflanzen, Tieren und globaler Mitwelt durch unsere konzernabhängige Wirtschaft verdrängen und vergessen kann?

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Bildschirmfoto des Artikels „Skrupelloser als je zuvor: Eine Trump-Diktatur wird zum realen Risiko“ vom 8. Dezember 2023 im Handelsblatt

Egal wie klar eine Analyse ist, egal wie renommiert kritische Wissenschaftler sind — teilweise fanden und finden wir uns in einer Art mittelalterlichen Glaubenskrieg wieder, und es scheint zu gelten, was die Macht um Acht verkündet hat. Die Gewalt spielt sich dann überwiegend nicht physisch ab, sondern verbal und auf unsere individuellen beruflichen Existenzen bezogen.

Es ist offensichtlich, dass unsere Medienlandschaft einer grundlegenden Reform bedarf. Grundlegend bedeutet, dass der alte Filz, Drehtürkarrieren, die Jahresgehälter in Höhe einer halben Million und die damit verbundenen Top-Down-Strukturen gänzlich verschwinden müssen.

Weg mit der GEZ?

Sollte man nicht einfach die Rundfunkgebühren streichen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gänzlich verabschieden? Manch einer mag sagen, das Fass ist voll. So hat Dänemark seine Rundfunkgebühren 2018 abgeschafft und finanziert die entsprechenden Sender nun über Steuern. Im August 2022 folgte Frankreich und im Juni 2023 die Slowakei.

Staatliche Gelder für unsere Medien sind in Deutschland allerdings seit dem Dritten Reich ein Tabu. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist kein Staatsbetrieb und darf das in Deutschland auch nicht sein. Ein staatlich geregeltes Gebührenfestsetzungsverfahren würde der politischen Einflussnahme Tür und Tor öffnen. Eine Steuerfinanzierung wäre hierzulande verfassungswidrig (2). Gemäß dem Bundesverfassungsgericht obliegt dem Staat die Aufgabe, den Rundfunk sowohl vor staatlicher Einflussnahme zu schützen als auch vor den Interessen anderer gesellschaftlicher Gruppen, etwa politischer Parteien, Wirtschaftsunternehmen oder Religionsgemeinschaften.

In der Zeit des Nationalsozialismus waren die Medien in Deutschland zentralisiert. Sie wurden der staatlichen Propaganda unterworfen und für die Zwecke der Nazis missbraucht. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Neuaufbau des Rundfunks auf dem Gebiet der späteren Bundesrepublik maßgeblich von den Westalliierten USA, Großbritannien und Frankreich bestimmt. Zunächst sendeten sie ihre eigenen Programme über die verbliebenen deutschen Sendeanlagen. Deutsche Mitarbeiter erhielten genaue Anweisungen und wurden streng überwacht. Dann sollte das Medium in die Verantwortung der Deutschen übergehen. „Ich bin hier, um mich überflüssig zu machen“, sagte einst Hugh Carlton Greene, damals Leiter der deutschen Abteilung der BBC (3).

Unter Aufsicht der Alliierten wurde ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk nach britischem Vorbild aufgebaut. Gemäß dem Föderalismusprinzip wurde jedem Bundesland eine eigene Rundfunkanstalt zugeordnet, was deren Unabhängigkeit von politischen und wirtschaftlichen Interessen gewährleisten sollte. Der Rundfunk wurde in Form von selbstständigen Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert.

Wie tief greift diese Struktur? Wie gut abgesichert ist das Modell gegen Drehtürkarrieren und Korruption? Wieviel Geld fließt, und wie sind die Machtbefugnisse tatsächlich verteilt? Ich meine: Die Idee ist gut, aber sie braucht ein Update.

Die Schweiz stimmte 2018 gegen die Abschaffung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Befürworter des gebührenfinanzierten Rundfunks argumentierten, ein unabhängiger Rundfunk sei essenziell für eine funktionierende Demokratie.

Wo stehen wir heute?

Die Grundidee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks halte ich für wertvoll und durchdacht. Wie in so vielen Angelegenheiten sind wir jedoch aufgerufen, auf dieser zu bestehen und sie selbst demokratisch zu gestalten und weiterzuentwickeln.

Demokratie ist ein aktiver Prozess, und ein unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist es sicherlich auch.

„Der Rundfunk, wie wir ihn haben, dient also strukturell der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“, fasst Harald von Herget das Potenzial zusammen. „Er übt als vierte Gewalt eine Kontrollfunktion gegenüber den anderen drei Gewalten aus. Jene Medien sollen dem Bürger zuarbeiten, damit er sich mittels freier Meinungsbildung seinen freien politischen Willen bilden kann“ (4).

Das große Geld aus privaten Stiftungen der Superreichen würde dem opportunistischen Journalisten seine Arbeit sicherlich noch tiefgreifender vorgeben können als das im gegenwärtigen System bereits möglich ist. Dieser Weg würde einen Rückschritt bedeuten, hinein in noch größere inhaltliche Abhängigkeiten von Großkonzernen und transatlantischen geopolitischen Interessen.

„Wir hätten dann vermutlich eine von privaten Konzernen beherrschte Medienlandschaft. Es würde der Shareholder-Value regieren, im schlimmsten Fall ausländische Konzerne“, schlussfolgert Harald von Herget zutreffend (5).

Mehr Demokratie in unserer Medienlandschaft

Der Dreh- und Angelpunkt einer zukunftweisende Medienreform scheint mir, die Grundidee des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beizubehalten und die Umsetzung demokratisch zu reformieren. Journalisten und Wissenschaftler haben sich bereits tief mit dem Thema auseinandergesetzt. Im Herbst 2022 sprach der unabhängige Journalist Dirk Pohlmann (6) mit Martin Ruthenberg vom Südwestrundfunk (SWR) über Veränderungsmöglichkeiten im gegenwärtigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Die Besetzung der Posten im Rundfunk müsse unabhängig vom Einfluss bestimmter Gremien oder Parteien sein, legt Ruthenberg dar. Gegenwärtig würden „die Rundfunkräte durch Parteienproporz bestimmt“, zudem seien Gewerkschaften und Religionsgemeinschaften beteiligt. Man verhandele darüber, wer welchen Posten bekommt. Dies setze sich dann nach unten weiter fort, daher müsse man etwas ganz Neues aufsetzen. Eine Möglichkeit dazu seien Schöffen. Man könne beispielsweise mit 300 Leuten aus der Bevölkerung einen Rundfunkrat bilden, welcher rotiert. Wenn nach drei Jahren gewechselt wird, werden Korruptionsversuche schwierig.

„Wir Journalisten sollten uns messen an der Öffentlichkeit, nicht an unseren Chefs“, erinnert Dirk Pohlmann in seinem Vortrag „System-Medien“ im Juni 2019. Das ZDF könnte beispielsweise jeden Monat erfassen, ob die Bevölkerung mit der Arbeit der Macher zufrieden ist, ob man ausgewogen, pluralistisch und mutig berichtet.

Parteilinientreue dürfte keine Karrieren in den Medien zur Folge haben. „Stellen Sie sich vor, Sie würden bestimmen, wer Chefredakteur beim ZDF wird.“ Das Publikum solle diese Möglichkeit bekommen, nicht der von Parteien besetzte Fernsehrat. Zudem müssten Möglichkeiten realisiert werden, um sich zu verteidigen, wenn man ungerecht angegriffen wurde.

Pohlmanns Fazit: „Wenn wir den Marktplatz von Athen im Fernsehen hätten, im Radio und in den Zeitungen — dann kommen wir auch zu anderen politischen Entscheidungen.“

Staatsferne und Wahlen der Rundfunkteilnehmer

Der Jurist Harald von Herget (7) beschreibt in der Epoch Times (8) einige zentrale Punkte für einen zeitgemäßen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Man müsse der Besetzung der Rundfunkräte und des ZDF-Fernsehrates die Parteienmacht entziehen: Regierungsvertreter sind Vertreter der zweiten Gewalt. Diese hätten in Aufsichts- und Steuerungsgremien der vierten Gewalt nichts zu suchen. Staatsferne und geringe Regelungstiefe müssten umgesetzt werden, und den Rundfunkanstalten sei volle Autonomie zuzubilligen.

Die Rechte der Rundfunkteilnehmer seien in den Gesetzen sowie im Medienstaatsvertrag zu verankern. Rundfunkteilnehmer sollten an Rundfunkwahlen teilnehmen und die Rundfunkräte wählen. Die gewählten Vertreter müssten die „bisher entsandten Staatsvertreter“ ersetzen.

Die Kontrolle der Rundfunkteilnehmer über die Rundfunkbeiträge müsse gestärkt werden. Die gewählten Vertreter der Beitragszahler müssten dementsprechend die Kontrolle über das Budget der Rundfunkanstalten ausüben.

„Die Lösung der Krise ist also in der Demokratisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu finden“, fasst Herget zusammen. Daher sei es konsequent, die Rundfunkteilnehmer demokratische Grundentscheidungen unmittelbar und mehrheitlich treffen zu lassen. „Die Rundfunk-Wahl ist die Lösung, die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sichern — der auch zukünftig ein Gegengewicht zu den privaten Medienkonzernen bildet“.

Im zweiten Teil meiner Abhandlung werde ich die Themen Demokratisierung, Finanzierung und Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk beleuchten und über den Mediendialog der Bürgerinitiative „Leuchtturm ARD“ berichten, beispielhaft an einer Podiumsdiskussion der CSU im Bräustüberl in Aldersbach.


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Quellen und Anmerkungen:

(1) Laut Media Activity Guide war das Fernsehen im Jahr 2023 in Deutschland mit durchschnittlich über drei Stunden Nutzung am Tag das Medium mit der längsten täglichen Nutzungsdauer. Das Radio und Onlineaktivitäten folgten mit rund 77 Minuten und 52 Minuten auf den Plätzen zwei und drei. Die Nutzungsdauer von Fernsehen und Radio ist seit 2014 gesunken, während die Nutzungsdauer des inhaltlich genutzten Internets im selben Zeitraum von 61 Minuten auf 83 Minuten anstieg (Quelle: Statista.com.
(2) Vergleiche Gebührenurteil vom 22. Februar 1994 / Bundesverfassungsgericht (BVerfGE) 90, 60
(3) Vergleiche „Demokratie aus dem Äther: Die Wurzeln des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (Teil 1)“, WDR, Stand: 5. Juli 2005
(4) Harald von Herget: Rundfunkwahl — Eine Lösung des Dilemmas von ARD &ZDF. Epoch Times, 13. August 2022.
(5) Ebenda
(6) Dirk Pohlmann studierte Publizistik, Philosophie und Jura und realisierte als Drehbuchautor und Filmregisseur zahlreiche Dokumentationen für Arte, ZDF, ARD und Spiegel-TV, etwa die sehenswerte Doku „Täuschung - Die Methode Reagan“. Er moderiert mit Robert Fleischer und Mathias Broeckers den Videokanal „Das 3. Jahrtausend“.
(7) Harald von Herget ist Rechtsanwalt und promovierte 2004 über „Rundfunk und Grundgesetz — Die Auswirkungen der Digitalisierung elektronischer Massenmedien auf den Rundfunkbegriff und die Folgen für die Rundfunkhoheit und die Rundfunkordnung in Deutschland und Europa“.
(8) Harald von Herget: Rundfunkwahl — Eine Lösung des Dilemmas von ARD &ZDF. Epoch Times, 13. August 2022.

Gespräch der Autorin mit Oliver Schindler und Jimmy Gerum.

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