Möglich wurde das, weil Künstler, Akademiker, Fachleute, darunter der Erfinder des World Wide Web Tim Berner Lee, Gruppen der Zivilgesellschaft und Hunderttausende von Einzelpersonen, eine Petition gegen das Vorhaben wurde von fast einer Million Menschen unterzeichnet, sich mit E-Mails, tweets und Telefonanrufen gegen das Vorhaben ausgesprochen haben (1).
Bemerkenswert ist, dass sich auch (Schwester-)Parteikollegen des federführenden Politikers hinter der Reform, des CDU-Abgeordneten Axel Voss, gegen das Projekt in der jetzigen Form ausgesprochen haben.
Selbstverständlich sind die Lobbyisten für die Urheberrechtsrichtlinie nicht untätig geblieben: So suggeriert Dietmar Wolff, der Hauptgeschäftsführer des Zeitungsverlegerverbandes BDZV, dass hinter den Aktivitäten nicht nur Menschen, sondern auch Bots stecken: „Ganze Heerscharen an Netzaktivisten und Roboter erledigen die Lobbyarbeit für die US-Konzerne“, schreibt er im „Kölner Stadt-Anzeiger“ und der „Welt“ (2).
Bemerkenswert ist ja, dass die Menschen immer dann als verführt oder uninformiert bezeichnet werden, wenn sie einem Projekt nicht zustimmen. Wenn sie zustimmen, sind sie wohl immer informiert und nicht verführt.
Zur Erinnerung: Worum geht es?
Da ist einmal das in Artikel 11 wiederauferstandene Leistungsschutzrecht: Demnach sollen Suchmaschinen, Aggregatoren und andere Plattformen keine Überschriften oder kurze Ausschnitte von Pressetexten anzeigen dürfen, ohne eine Genehmigung dafür einzuholen, und das heißt im Zweifel: dafür zu bezahlen. Anders als von Verlegerseite behauptet, geht es keineswegs darum, dass vollständige Texte ohne Genehmigung und Bezahlung veröffentlicht werden sollen. Das war und bleibt verboten (2).
Gefährlicher sind die Regelungen in Artikel 13. Danach soll vor einer Veröffentlichung eines Materials im Internet automatisch durch Filter geprüft werden, ob das Material dem Urheberrecht unterliegt. Da die Filter schon bei Ähnlichkeit anschlagen sollen und, wie Erfahrungen zeigen, unzuverlässig arbeiten, wird es häufig zu Fehlentscheidungen kommen, die nur sehr aufwendig korrigiert werden können. Auch hier wird von den Befürwortern behauptet, das sei doch gar nicht vorgesehen. Die hier zu findende ausführliche Analyse des Artikels 13 belegt das Gegenteil.
Wie geht es weiter?
Durch die Entscheidung am 5. Juli 2018 ist die Möglichkeit eröffnet worden, den Vorschlag für die Urheberrechtsrichtlinie wieder öffentlich zu diskutieren und Änderungsvorschläge einzubringen bis hin zur Streichung des Artikels 13. Es ist deshalb wichtig, spätestens im Verlauf des Septembers 2018 auf die EU-Abgeordneten einzuwirken und sie für Verbesserungsvorschläge im Sinne der Kritik zu gewinnen, da dann über die Empfehlung des Rechtsausschusses erneut beraten wird. Gelingt das, kann über einen besseren Text im nächsten Schritt des Verfahrens verhandelt werden (3).
Zum Jahresende 2018 oder zu Beginn des Jahres 2019 wird dann nach im November stattfindenden Verhandlungen im sogenannten Trilog, also zwischen Parlament, Rat und Kommission, über einen neuen Text entschieden. Die Zeit bis zur endgültigen Abstimmung sollte intensiv genutzt werden, um die Parlamentarier dazu zu bringen, insbesondere die Uploadfilter, falls noch im Vorschlag enthalten, abzulehnen.
Wenn das gelingt, sollte man sich allerdings nicht der Illusion hingeben, dass dann keine neuen Vorschläge erarbeitet werden, die das freie Internet bedrohen.
Dass die Mehrheit der Menschen in der EU derartige Regelungen ablehnen, ist für den EU-Apparat kein Grund, diese nicht dennoch anzustreben. Wachsamkeit ist also auch weiterhin geboten.
Quellen und Anmerkungen
(1) https://edri.org/
(2) https://uebermedien.de/29533/der-endkampf-der-verleger-fuer-ihr-leistungsschutzrecht/
(3) https://edri.org/strategy-against-the-first-obligatory-eu-internet-filter
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