Die wenigen vielen
„Wir sind viele“ lautete das Motto der bunten, lebendigen Aktionswoche in Berlin vom 30. Juli bis 6. August 2022 in Berlin. Und es stimmt, viele sind gekommen, viele haben einmal mehr ihr Gesicht gezeigt und sind mutig und unerschrocken für eine offene, menschliche und tolerante Gesellschaft auf die Straße gegangen.
Sie tun dies nicht nur in Berlin zu besonderen Anlässen, sondern überall in diesem neuen Deutschland, dem sie eben nicht folgen wollen. Da gibt es Demonstrationen am Wochenende in vielen Städten und Orten, montags spazieren Unermüdliche durch Innenstädte und Wohngebiete, sonntags im Park trifft man sich zu Austausch und Kaffee und Kuchen, Gruppen und Parteien wie dieBasis organisieren Stände und machen Gesprächsangebote für ihre Mitbürger.
Diese zeigen sich von solchen Bemühungen allerdings immer weniger beeindruckt. Sie scheinen in diesem Sommer zu jener Normalität zurückgekehrt zu sein, in der sie vor dem März 2020 gelebt zu haben glaubten.
Das Säbelrasseln zukünftiger Maßnahmen vernehmen offenbar nur die ohnehin Erwachten; die große Mehrheit will das alles nicht wissen, will es noch weniger glauben, und noch viel weniger wollen diese vielen Menschen in sich gehen und sich fragen, was mit ihnen und ihrer Welt geschehen ist.
Tatsächlich finden sich auch deutlich weniger Aktive zu den oben aufgeführten Spaziergängen und weiteren Aktionen ein. Die verbleibenden Aktiven fragen sich, wie das sein kann, angesichts einer Welt, die immer mehr aus den Fugen gerät, der wachsenden Zahl von selbst in den woken Mainstreammedien genannten Impfschädigungen, der geleakten Vertuschungs- und Schmieraktivitäten der Pharmaindustrie.
Sind sie unerreichbar?
Es scheint ganz so, als wollten die allermeisten Menschen mit der düsteren Zeit, die sie hinter sich wähnen, nichts mehr zu tun haben wollen. Sie mögen auch keine Verbindung herstellen zwischen dem, was angeblich vorüber ist, und der ebenso schändlichen wie bedrohlichen Kriegstreiberei, die das neue Steckenpferd unserer angeblichen Volksvertreter geworden zu sein scheint. Sie wollen von alldem nichts hören, nichts sehen, nichts dazu sagen.
Kann man, können wir diese unsere Mitmenschen gar nicht mehr erreichen? Oder nur, wenn sie selbst hart von der Neuen Normalität getroffen werden, durch Betretungsverbote, Impfschäden, einer nicht mehr zu ignorierenden Inflation, einem heißen Krieg? Dabei brauchen wir unsere Mitmenschen doch neben uns auf der Straße, und eben wirklich „aufgewacht“ — nicht schlafwandlerisch „woke“ —, um dem sich zuspitzenden Wahnsinn Einhalt zu gebieten!
Frode Burdal Klevstul und sein Werk
Wenn sich die meisten Menschen also der Wirklichkeit verschließen, vielleicht sind sie dann offen für ein Märchen, eine Fabel, wie sie der Norweger Frode Burdal Klevstul mit „Bill Goats and the Forest“ — zu beziehen über Mpathic publishing, — 2022 im Selbstverlag veröffentlicht hat (eine deutsche Fassung ist in Arbeit).
Auf knapp 50 Seiten entfaltet Klevstul eine märchenhafte Welt, in der alles den Regeln des ewigen Gleichgewichts gehorcht, dem schöpferischen Zyklus der Natur. Das tun auch die Bäume im Wald, die in ihrer altersgemäß wachsenden Weisheit erkennen, dass aller Vergänglichkeit der Keim neuen Lebens innewohnt. So wachsen und leben sie zufrieden in ihrem Tal, bis eines Tages die von Bill Goats angeführten Bergziegen von den Bergen hinab ins Tal steigen, um diesen Wald vor einer bisher allen Bäumen unbekannten, aber verheerenden Krankheit zu schützen. In ihrer vorgeblichen Selbstlosigkeit befleißigen sich die gehorsamen Ziegen, vermeintlich kranke Bäume zu isolieren, sie einem Lockdown zu unterwerfen, jenen, die es wollen, die von Bill Goats ersonnene „Marvellous Repairing New Acid“ zu verabreichen, um am Ende eine Neue Normalität herbeizuführen.
Klevstul verleiht seinem Erzähler eine klare, ausdrucksstarke Sprache, die in ihrer Leitmotivik und rhythmischen Harmonie an bekannte englische und norwegische Märchen wie das von „Three Billy Goats Gruff“ anknüpft und die Fabel so der unmittelbaren Realität entrückt, wobei eine Vielzahl von gut gesetzten und doch spielerisch daherkommenden Anspielungen keinen Zweifel über die Erzählintention aufkommen lassen.
Sich beeindrucken lassen
Dabei bleibt die Aussage durchaus offen, und es geht um viel mehr als um eine märchenhaft verspielte Bloßstellung klanglich verwandter Philanthropen. So entdeckt der Leser gesellschaftliche Zusammenhänge, menschliche Hybris, natürliche Harmonie und ethische Prinzipien. Schließlich handelt es sich ja um eine märchenhafte Fabel und nicht um ein Agitprop-Pamphlet.
Die Fabel ist durchaus für Kinder geeignet. Möglicherweise erkennen diese mit ihrem noch unverstellteren Blick auf die Welt die darin enthaltenen Lehren sogar besser als ihre medial überversorgten Eltern.
In jedem Fall bietet Klevstuls Geschichte eine ganze Reihe von Gesprächsanlässen und könnte auch die vielen erreichen, die sich inzwischen selbstzufrieden oder resigniert aus dem öffentlichen Diskurs zurückgezogen haben und alle gesellschaftspolitischen Entwicklungen nur noch abzunicken scheinen. Lehrer könnten sie als Lektüre in Fächern wie Englisch, Philosophie, Biologie heranziehen, um ihren Schülern Diskussionsräume zu eröffnen, die das herrschende Narrativ zugenagelt hat. Darüber hinaus laden die in Schwarz-Weiß gehaltenen Zeichnungen des Verfassers nicht nur Kinder zu bunter Kreativität ein.
Frode Burdal Klevstuls Märchen von „Bill Goats and the Forest“ könnte also einen neuen Impuls für jene dringend benötigte gesamtgesellschaftliche Diskussion setzen, der sich die große Mehrheit seit langem hartnäckig und reflexhaft verweigert. Sie könnte zum Nachdenken anregen, könnte ein Verständnis dessen anbahnen, was auf dem Spiel steht, und so am Ende einigen Menschen die Augen öffnen und sie aus ihrer phlegmatisch-bequemen Passivität erwecken.
Es ist höchste Zeit.
PS: In der Episode „Fairy Tales and Children‘s Stories“ (#Solutionswatch vom 21. Juni 2022) führt James Corbett ein Gespräch mit dem Autor Frode Burdal Klevstul. Hierin legt der Autor seine Beweggründe für das Verfassen der Fabel offen, gibt Einblicke in den aktuellen Zustand der norwegischen Zivilgesellschaft und spricht über seine persönliche Situation.
Hier können Sie das Buch bestellen: „Bill Goats and the Forest“.
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