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Die Selbstaufgabe des Geistes

Die Selbstaufgabe des Geistes

In der Coronakrise beschränken sich die Aktivitäten der Intellektuellen auf einen verkürzten „Antifaschismus“, der der Agenda der Regierung in die Hände spielt.

Es ist ein sonst eher selten vorkommendes Phänomen: Die schweigende Mehrheit in Deutschland sieht sich gegenwärtig gespiegelt im Schweigen derer, die sich dieser Mehrheit sonst eher selten anschließen: der Intellektuellen. Andererseits können sich viele Intellektuelle einmal wortlos zurücksinken lassen in den Pool der all-gemein-en Meinung.

Erstaunlich bleibt gleichwohl: Warum äußern sich die Intellektuellen nicht — oder nur selten — zur gegenwärtigen Situation, in der die Gesellschaft zu zerreißen droht? Was treibt die Intellektuellen um, lässt sie stumm, übervorsichtig oder zynisch werden? Die Faktenlage? Die Angst? Ein lang gehegtes Ressentiment? Oder doch eine unter Schmerzen gewonnene Einsicht, die ihnen diesen Sound of Silence auferlegt? Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass sich geistige Eliten einschwören lassen auf diesen Gleichklang von kaum auf Argumenten basierten Meinungen — dies gegenüber einer Protestbewegung, die sich allein durch zwei historische Großdemonstrationen als politischer Faktor ersten Ranges erwiesen hat und in ihrer übergroßen Mehrheit ganz sicher nicht unterwandert wird von rechten Ideologien?

Selten gab es so viele reflektierte undogmatische Linke zu bestaunen wie im August auf den Straßen Berlins. Was man indes der Demokratiebewegung dagegenhält, sind selten mehr als peinliche Reflexe, mündend zumeist in dieses Mantra: Das sind Nazis, sie paktieren mit den Rechten, sie leugnen Corona, regen sich auf über ein bisschen Maskenpflicht.

Ist das alles? Noch einmal gefragt: Was bewegt die Intellektuellen und lässt sie auch nach einem Jahr als merkwürdig gereizte und diffuse Gruppe erscheinen? Vielleicht am Ende doch nur eins: ihre eigene letztlich unverdaute Geschichte.

Geschichten aus der Geschichte

1932, kurz vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten, veröffentlichte der Philosoph Karl Jaspers ein Buch mit dem Titel: „Zur geistigen Situation der Zeit“. Jaspers sagte darin das kommende Geschehen voraus, im Stile eines genialen Seismographen, der Stimmungen, Haltungen und Mentalitäten erspürt und offenlegt.

Etwa 50 Jahre später publizierte Jürgen Habermas als Herausgeber zwei Bände mit dem gleichen Titel „Zur geistigen Situation der Zeit“. In zahlreichen Artikeln meldete sich damals eine in die Jahre gekommene intellektuelle Linke zu Wort und leckte sich angesichts des Niedergangs einstiger Utopien und konfrontiert mit heftigem politischem Gegenwind die Wunden. Lang ist es her — und doch liefert uns dieses Momentum in der Zeit einen Schlüssel zum Verständnis der Situation heute. Es geht um geistig-psychologische Wendepunkte, die zäher nachwirken als historische Ereignisse sonst. Allein, diese Turn arounds sind schwerer zu fassen und bedürfen eines dekonstruierenden Blicks, der auch das scheinbar Beiläufige nicht außer Acht lässt. Gerade dies lässt einen in die Eingeweide des Zeitgeistes blicken.

Eine Lesung in Berlin

Der ungarische Essayist Lázló Földényi berichtete in einem Gespräch mit mir davon,wie der inzwischen verstorbene jüdische Autor und Literaturnobelpreisträger Imre Kertész Mitte der 1990er Jahren in Berlin aus seinem autobiografischen „Roman eines Schicksallosen“ vorlas. Als er die Stelle zitierte, wo er als vierzehnjähriger Junge im Arbeitsvernichtungslager Buchenwald angesichts einer roten Abendsonne so etwas wie Glück empfand, wurde es merklich unruhig im Saal.

Die Gemeinde der Wohlgesonnenen empfand es offensichtlich als unangemessen und peinlich, ja — wie die heruntergezogenen Mundwinkel verrieten — als empörend, dass Kertész sich mit dieser doch bewegenden Beschreibung vom Glück eines jüdischen Jungen aus dem herrschenden Diskurs damals verabschiedete, und das hieß: aus der ihm zugeschriebenen Rolle des puren Opferjuden. Ein guter Jude hat sich — so äußerte sich ein verbitterter Kertész später mir gegenübert — auf diese verengende Fall-Identität zurückzuziehen. Diese schließt offensichtlich aus, dass er sich als konkret lebender Mensch mit Gefühlen wie Trauer, Glück. Auch in Erinnerung rufen darf.

Keine Widerrede

Der Vorfall zeigt, wie schon vor etwa 25 Jahren ein halblinkes intellektuelles Milieu entstanden war, das auch das Publikum an diesem Abend bot, angeführt von zahlreichen Gutmeinenden, die in einer Art rigider Gesinnungsethik, wie Max Weber sie Jahrzehnte vorher beschrieben hatte, die Verfügungsgewalt über die Zuweisung von korrektem Verhalten in die Hand genommen hatten und da keine Widerrede duldeten — selbst von Juden nicht. Ein ähnlicher Vorfall hatte sich einige Jahre vorher ereignet, als der damalige Bundestagspräsident Philipp Jenninger in einer schmerzlich ehrlichen Rede an das totale Versagen der schweigenden Mehrheit — und wohl auch der Intellektuellen — im Nationalsozialismus erinnert hatte und dabei Empörung im Plenarsaal hervorrief, am heftigsten übrigens vorgelebt von Abgeordneten der Grünen, während zahlreiche jüdische Autoren dieser authentischen Rede Jenningers höchste Anerkennung zollten.

By the way noch ein weiteres historisches Ereignis, das die Bildung eines intellektuellen Milieus vorantrieb. Während des Sechstagekrieges 1967 hatte es angesichts der Kriegsereignisse im Nahen Osten in Deutschland einen spürbaren Mentalitätswandel gegeben. Während damals die aufkommende studentische Linke ihre einstige Begeisterung für sozialistisch inspirierte israelische Kibuzze über Nacht gegen den Palästinenserschal eintauschte und damit erstmalig gegen Israel votierte, zeigten sich große Teile der noch stark faschistisch infizierten deutschen Mehrheitsgesellschaft begeistert von dem israelischen Kriegsheld Moshe Dajan, der — so die Altvorderen — wie einst der deutsche Kriegsheld Erwin Rommel einen erfolgreichen Blitzkrieg zu führen verstand.

Diese teutonische „Trialektik“ muss man sich einmal durch den Kopf gehen lassen: Während die einen so ihren immer noch schwelenden Antisemitismus und Nazismus durch die Liebe zum Staat Israel aufzuwiegen versuchten, die linken Studenten das Problem in einem Großen Ganzen — dem Weltsozialismus — verorteten, entwickelte sich unter der Hand in deutschen Landen eine weltweit betrachtet einmalige Form des Philosemitismus; ein Philosemitismus, der allerdings in all seiner Abstraktheit und tönernden Gestimmtheit und Abgründigkeit ohne wirklich konkrete Aufarbeitung der Vergangenheit blieb. Jüdische Autoren wie Theodor. W. Adorno, Imre Kertész, Georg Arthur Goldschmidt, Barbara Honigmann und der Lyriker Paul Celan wussten um diese Ungereimtheiten in der deutschen Seelenlandschaft.

Seither sollten die Gefühlsturbulenzen das intellektuelle Klima hierzulande wesentlich bestimmen. Es blieb bis heute ein Reizklima — und führt nun zu derlei Absonderlichkeiten:

Da bläst seit Monaten eine sogenannte Antifa, die einem vorkommt wie die Schutzgarde der Regierung, zum Angriff auf die „Nazis“ — in vielen Fällen sind das die Physiotherapeutin aus Schwäbisch Gemünd oder der Lehrer aus Rostock —, als wolle man so Sieger in einem Shooterspiel werden, offensichtlich klammheimlich protegiert von schweigenden Geistesarbeitern, Künstlern und Kabarettisten.

Was ist da nur los? Was geht da eigentlich ab? — Welche Verbissenheiten und Gesinnungsmauscheleien sind da im Spiel?

Bei genauerem Hinsehen war indes schon 20 Jahre vorher dieses gesinnungsfixierte halblinke Milieu entstanden. Es war eines, das zuließ, dass die alten linken Überzeugungen trotz sozialem Aufstieg und unverhohlenem Renegatentum quasi weitertradiert werden konnten, weil in der abendlichen Kneipe in Berlin Kreuzberg der promovierte Taxifahrer, der Studienrat und der potente Erbe aus Tübingen sich unter Einhaltung größter Coolness ein Stelldichein gaben. Man war unter sich, hörte die gleiche Musik, entwarf gemeinsam ein narzisstisches Abbild vom richtigen Leben. Vor allem aber: Man stattete sich eben mit noch mehr Gesinnung aus.

Die Ethisierung aller Verhältnisse

Noch ein weiterer Blick zurück in der Zeit: Vor 40 Jahren nämlich fand ein Paradigmenwechsel statt, von teutonischer Wucht. Damals erschien das Buch von Hans Jonas mit dem Titel „Das Prinzip der Verantwortung“ — ein durchaus lesenswertes Werk, das aber schnell von prägenden Agenten des Zeitgeists instrumentalisiert wurde. Wie einige noch wissen, erhob selbst Kanzler Helmut Kohl damals den Anspruch auf eine geistig moralische Wende, gerichtet bewusst gerichtet an das Individuum — und nicht an den Bürger als teilhabenden Citoyen im Sinne der Aufklärung.

Das Entscheidende an diesen Vorgängen: Es kam darüber zu einer moralisierenden Verengung aller Verhältnisse. Bildeten vorher noch kritische Soziologie und kritische Psychologie das Paradigma des tragenden Diskurses, so erhob man nun die Ethik, bewusst an den Einzelnen gerichtet, zum Allheilmittel. Damals erschien eine große Anzahl von Büchern mit ethischem Ausschlag. Von der Ethik eines Managers war da die Rede; und es wunderte auch bald nicht mehr, dass sich ein Ethikrat etablierte, der uns gerade heute aufgedrückt wird: Eine Versammlung von Intellektuellen und Machern fanden sich darin ein. Und man fragte sich: Gibt es wirklich Experten für Ethik? Und wie verhalten sie sich in Corona-Zeiten?

Wie aber nicht anders zu erwarten, waren die aufsteigenden Gruppen aus dem links-alternativen Milieu diejenigen, die dieses Profil erst wirklich in ein gesinnungsethisches umwandelten. Der Hintergrund: Man sprach sich fortan im Zeichen zunehmender Globalisierung für eine universalistische Moral aus, die sich aber bei genauerem Hinsehen als eine interessegeleitete selektive entpuppte. Diese Moral tat den einen nicht wirklich weh, beruhigte gar deren Gewissen, und die anderen bekamen sie zu schmecken als Verpflichtung im Rahmen einer Sklavenmoral, wie Friedrich Nietzsche sie einst genannt hatte. Fischen in diesem Umfeld nicht viele Intellektuelle heutzutage ?

Seither jedenfalls leben wir in einem intellektuellen Umfeld, das dieses Ansinnen unter dem Deckmantel der Political Correctness und des erfolgreichen Framing umsetzt.

Der klassische Intellektuelle — der Intellektuelle heute

Was zeichnete einst den klassischen Intellektuellen aus — was ist aus ihm heute geworden? Es sind Bilder und Vorstellungen, die zu Bildern werden, die hier weiterhelfen.

Der klassische Intellektuelle hatte sein Vorbild bekanntlich in Émile Zola im Rahmen der Dreyfus-Affäre. Mir kommt indes ein anderes Bild in den Sinn, genauer gesagt ein Foto, das seine ganze Wirkung erst entfaltet in einer fototechnisch bewusst vorgenommen Stilisierung: Darauf sehen wir in brauner Nostalgie-Tönung den Schriftsteller Heinrich Böll inmitten einer Schar von Mitdemonstranten in Mutlangen, wo er mit Aufrüstungsgegnern quasi darauf wartet, dass die Polizei ihn wegschleppt. Das tat die dann allerdings nicht.

Oder ein anderes Foto: Darauf sieht man Alexander Kluge, wie er mit dem Soziologen Oskar Negt zusammen an einem Tisch sitzt — und beide an einem Werk schreiben mit dem Titel „Geschichte und Eigensinn“. Sie wirken auf dem Bild wie zwei zukunftsfrohe Handwerker des Geistes, denen man abnehmen könnte, dass sie an konkreten Utopien basteln.

Das dritte Bild liefert uns die Uckermark, wo ein publikumsscheuer Botho Strauß an der Remythisierung der Welt werkelt.

Ist die Zeit dieser sendungsbewussten Bastler-Intellektuellen vorbei? Was ist aus ihnen geworden? Wer folgte ihnen? Ein Richard David Precht ? — Eine Carolin Kebekus ? Eine Svenja Flaßpöhler? Ein Kabarettist wie Max Uthoff gar?

Die Medien und die Intellektuellen

Klaus Theweleit schrieb schon vor fast 40 Jahren in seinem „Buch der Könige“, wie das damals noch harmlos auftretende Medium Fernsehen einen Schriftsteller und klassischen Intellektuellen wie Elias Canetti allein durch ein Interview regelrecht zerstört. Gegen einen versierten Moderator bekommt ein Schriftgelehrter wie er in diesem Medium keinen Stich. Er sollte sich also tunlichst heraushalten aus dem Moloch Medien.

Was aber passiert heute, wo die modernen Medien auf vielfältige Weise das Leben der ihnen zuarbeitenden Intellektuellen prägen — die Freelancer, Anbieter und ausführenden Kräfte einer Programmatik und eines Formats. Sie treffen auf Redakteure, die sich ja als intellektuelle Mittler und Verbreiter verstehen. Gerade deren Stellung, ja Schicksal steht hier zur Debatte.

Was geschieht da, wo das Programm gemacht, Ziele abgesteckt werden?

Nur einige Skizzen und Impressionen dazu. Es herrscht auf den Fluren der Medienanstalten inzwischen eine Kultur des mulmigen Gefühls, der geduckten Haltung. Neue steile Hierarchien läuten das Ende des klassischen Redakteurs ein; der trat früher auch als ein unabhängiger Geist auf, war oftmals selbst Schriftsteller und Autor und ließ sich nicht von oben dreinreden. Heute dringen Manager und Technokraten in diese Hierarchie ein, oftmals gar Juristen, die den Fluss des Geistes ins Stocken bringen. Intellektuelle Substanz ist hier schwer auszumachen, wo von Funktionären bis in die Ästhetik hineindirigiert wird.

Und die Uni.....?

Etwas tritt hinzu, was besonders schmerzt. Zur Topografie der Intellektuellen zählt heute nicht mehr die Universität, obwohl doch die zehnfache Anzahl der 68er Studenten den Campus durchhetzen. Von dort kommt an Impulsen nichts mehr, kein diskursiver Output, wohl aber haben sich zahlreiche gefrustete Dozenten in Autoren und außeruniversitäre Einzelkämpfer verwandelt; sie schreiben Bücher — meist aus der Abteilung Lebenshilfe e V — sind dabei aber auch dem medial journalistischen Druck ausgesetzt. So verliert der Geist immer mehr seine Vielfalt und richtet sich nach dem Markt aus. Ein geradezu wildes Treiben herrscht hingegen da, wo die Lebensläufe der mediatisierten Intellektuellen ihre Duftmarken setzen. Da wechselt der TAZ-Autor plötzlich zur Welt und der von der Bild zum Spiegel Und dann noch der Dschungel der Freelancer im Internet.

Anything goes. Die Grenzen zwischen den Überzeugungen schwinden.

Der Mensch — der gefährlichste Frame

Medien suchen nach erfolgversprechenden Frames, die auch den Freelancer angehen. Aber Vorsicht: Der erfolgreichste Frame im Bereich der Medien und ihrer intellektuellen Zulieferer ist heute der Begriff Mensch. Wer den Menschen anruft, will ihn als Zeugen einer universellen Moral und global in Haftung nehmen und ihn gleichzeitig, wie es heute heißt: wie ein Kind an die Hand nehmen und abholen. Man lese dazu Nietzsche. Wer sich in diese Rollen fügt, braucht keinen nennenswerten Gegenwind zu fürchten.

Früher hat man die Menschen als Fernsehzuschauer angesprochen. Heute regiert dagegen ein tönernes Gemenschel, das sich selbst im Bereich der Ökonomie durchsetzt: im Stakeholder, der nun als vielgestaltiger Zulieferer für das Ziel kämpft, das indes immer den Vorrang hat: Machtsicherung und Profitmaximierung.

Skizzenhafte Überlegungen zu einem tiefenpsychologischen Ansatz

Es scheint zurzeit, als ob beide — der Medienarbeiter und der Intellektuelle — verbunden sind, nicht im Intellekt, aber in der Angst.

Was indes die Sache für den Intellektuellen schwieriger gestaltet: Er muss gegen bessere Einsicht an Positionen festhalten, die ihn wütend gegen sich selbst machen; eine Wut, der er begegnen will, indem er sie in Hass verwandelt und gegen andere richtet — vor allem gegen die, die ihm gegenüber die systemisch verordnete Wahrheit in Frage stellen — und sich darob eine Freiheit erlauben, die man selbst verspielt hat.

Es muss ja wie Hohn klingen, wenn der nette Nana im Duett mit Demonstranten die Begriffe Friede, Freiheit als Sound-geladene Losungen vorgibt. Sicher, das ist naiv — aber es stört nicht. Und auch das peinigt die wunde intellektuelle Seele: Wenn ich schon Maske trage — weniger aus Überzeugung, mehr aus infantilem Trotz —, dann soll auch der Freigeist daran leiden und möglichst noch mehr. Ähnliches hatte Siegmund Freud in seinen Theorien vom Narzissmus und dem Doppelgänger zum Thema gemacht. Es handelt sich um eine Projektion, die auch Rimbauds berühmter. Satz anspricht: „Ich — das ist ein anderer. “

Diese Schizophrenie deutet die heutige Situation recht plastisch: Der Intellektuelle schweigt — weil er das Andere seiner selbst nicht preisgeben möchte. Es würde ihm schlicht sein Weltbild, ja seine Identität niederreißen.

Ein letzter Tango — ein Angebot

Im fünfzehnten Jahrhundert gibt der Maler Bernd Notke eindrucksvolle Darstellungen vom Totentanz. — Da bilden sie Hand in Hand einen bewegten Kreis: die Lebenden und ein in unterschiedlichen Gestalten auftretender Tod. Bischof, Kaiser, Bauer, Edelfräulein, Priester, Bettler. Der Todesreigen betrifft sie allesamt. Dabei ist es der Tod, der den Tanz antreibt, mit sehnig wirkenden, beinahe ausgelassenen Bewegungen. Hingegen wirken die Menschen seltsam starr, wie gefangen in ihren Rollen, von der Erkenntnis gelähmt: Das Spiel ist aus, ja die ihnen anhängenden Insignien ihrer gesellschaftlichen Stellung und Geltung, Zeichen ihrer Macht, versteifen noch mehr ihre Präsenz. Vital erscheint der Tod, maskenhaft erstarrt die menschlichen Rollenträger.

Wer heute in die maskierten Gesichter der Corona-Geduckten blickt, sieht sprichwörtlich in erstarrte Augenpaare. Sie legen Zeugnis ab von einer wahnhaften Verengung des Lebens, die auch den Diskurs der Intellektuellen betrifft, die diesen Diskurs nicht führen können oder wollen. Dabei wäre das jetzt die Stunde der Intellektuellen.


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