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Die nukleare Gefahr

Die nukleare Gefahr

Trumps Kamikaze-Politik droht die Welt in einen neuen großen Krieg zu stürzen.

Die Trump-Regierung kündigte vor einigen Tagen an, einen der wichtigsten Abrüstungsverträge aller Zeiten aufzukündigen. Dank dieses Vertrages wurden von 1988 an fast 3.000 nukleare Kurz- und Mittelstreckenraketen verschrottet. Die Drohungen aus Washington können, wenn ihnen Taten folgen, auf die nächste Eskalation der Weltgefahren durch die USA nach dem Ausstieg aus dem Pariser Klima-Abkommen und dem Zerriss des Atom-Vertrages mit dem Iran hinauslaufen. Aktuell droht die US-Regierung mit der Kündigung des INF-Vertrages zwischen der Sowjetunion und den USA über die Abrüstung nuklearer Mittelstreckenraketen. Böse Erinnerungen werden nicht nur auf Seiten von Experten, sondern auch auf Seiten vieler friedensbewegter Menschen wach:

„Unterlegenheit“ erfordert „Nachrüstung“

Am 12.Dezember 1979 beschloss die NATO, knapp 600 nukleare landgestützte Mittelstreckenraketen in Europa aufzustellen. Sie begründete das mit einer von ihr diagnostizierten sowjetischen Überlegenheit vor allem durch sowjetische SS 20-Raketen, denen keine landgestützten Mittelstreckenraketen auf NATO-Seite gegenüberstünden. Die britischen und französischen Systeme hatte die NATO damals nicht mitgezählt. Zwar waren diese dann im Rahmen von Genfer Gesprächen mit dem Vorgänger von Michail Gorbatschow, Juri Andropow, doch Thema, die Verhandlungen führten jedoch noch nicht zu einer Vereinbarung (1).

Neben den französischen und britischen Systemen kamen damals in den Darstellungen der NATO auch die US-Atom-U-Boote nicht vor, darunter die Polaris-Klasse der US-Navy im Mittelmeer. Diese waren bestückt mit je circa 12 Mittelstreckenraketen mit Mehrfachsprengköpfen, die ihr Ziel selbstständig in der Schlussphase ihres Fluges suchen sollten. Mit dieser Darstellung ihrer vermeintlichen Unterlegenheit verband die NATO ihr Vorgehen mit dem Propaganda-Begriff „Nachrüstung“.

Neue atomare Aufrüstung

Aktuell geht die US-Administration ähnlich vor und beschuldigt Russland, mit neuen Marschflugkörpern eine neue Bedrohungslage herbeizuführen, auf die die USA gezwungen seien zu reagieren. Die neuen Systeme würden, so Trump, den Vertrag dadurch brechen, dass sie eine Reichweite erzielten, die der INF-Mittelstreckenraketen-Vertrag verbietet. Selbst vielen westlichen Beobachtern drängt sich hier der Verdacht auf, dass die US-Administration die NATO-Hochrüstung und -Militärpolitik mit ungedeckten Argumenten legitimieren könnte. Der Zürcher Tages-Anzeiger dazu: „Weil der US-Präsident das Abkommen mit Russland kündigen will, droht eine neue atomare Aufrüstung (2)“.

Seit dem Ausbruch der Ukraine-Krise mit der illegalen Installierung der pro-westlichen Jazenjuk-Regierung und der Aufnahme der Krim in das Territorium des russischen Staates – beides sind Rechtsbrüche – haben die USA ihre Marine-Präsenz alleine im Schwarzen Meer verdoppelt (3).

Die NATO hat gleichzeitig ihre militärische Präsenz unter anderem mit schwerem Gerät in der direkten Nähe zur russischen Grenze auf- und ausgebaut. Russland hatte vorher schon das US-Raketenabwehrsystem in Polen und Rumänien als Bruch des Vertrages über ein Verbot des Besitzes landgestützter nuklearer Mittelstreckenraketen – gemäß INF-Vertrag – kritisiert. Ein Raketenabwehrsystem ließe sich unschwer zu einem Offensivsystem umrüsten.

Der INF-Vertrag war im Dezember 1987 vom damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow und dem US-Präsidenten Ronald Reagan unterzeichnet worden. Beide Staaten vereinbarten, sämtliche Raketen mittlerer – 1.000 bis 5.500 Kilometer – und kürzerer Reichweite – 500 bis 1.000 Kilometer – zu verschrotten und keine neuen mehr zu produzieren und aufzustellen. Mitte 1991 war die Vernichtung der entsprechenden Nuklearsysteme abgeschlossen. Der Vertrag ist unbefristet, jede Seite ist dann berechtigt, aus ihm auszusteigen, wenn sie dafür triftige Gründe vorlegt.

Ob das bei Trumps Argument der Fall ist, ist selbst unter westlichen Experten strittig: Der Friedensforscher Sascha Hasch erklärte zur Frage, ob Trump Recht haben könnte: „Das ist schwer zu sagen (4)“. Das renommierte schwedische Friedensforschungs-Institut SIPRI sei von den US-amerikanischen Argumenten nicht überzeugt, denen zufolge die russischen Marschflugkörper auf die von den Amerikanern angegebene Reichweite getestet wurden. „Die russische Regierung hat dies stets dementiert und mit Verweis auf schwer bewaffnete amerikanische Drohnen und die in Rumänien stationierte NATO-Raketenabwehr den USA selbst Vertragsbruch vorgeworfen (5)“.

Jede beteiligte Regierung hat laut Artikel IX des INF-Vertragstextes die Möglichkeit, kritische Fragen in Konsultationen in sogenannten Zentren zur Reduktion nuklearer Risiken zu klären. Nach Artikel XI haben die Seiten sogar das Recht zu „on-site inspections“, also zur direkten Überprüfung der Vertragseinhaltung durch die jeweils andere Seite vor Ort (6).

Die USA haben vor der aktuellen Situation weder das eine noch das andere getan. Wenn es zu einer erneuten Mittelstreckenraketen-Aufrüstung in Europa kommt, dann steigert dies unmittelbar die Atomkriegsgefahr.

Atomkrieg aus Versehen

Im Aufruf der ersten großen Bonner Demonstration 1981 gegen die Aufstellung nuklearer Mittelstreckenraketen in Europa erklärte die Friedensbewegung, die 1980er Jahre werden zum gefährlichsten Jahrzehnt der Geschichte. Ein Grund für diese Warnung war die Tatsache, dass diese Systeme die Vorwarnzeit für den Gegner im Falle eines Angriffs auf wenige Minuten reduzieren. Wenn also die Gegenseite, damals die Sowjetunion, in einer solchen Situation einen Alarm auf ihrem Radarschirm wahrnimmt, dann haben die Militärs praktisch keine Zeit mehr zu überprüfen, ob ein Fehlalarm vorliegt. Sie müssten schon aus diesem Grund einen unmittelbaren „Gegenschlag“ auslösen, da sie im Falle eines realen Angriffs ansonsten Gefahr laufen, durch den Erstschlag der NATO außer Gefecht gesetzt zu werden und nicht mehr entsprechend zurückschlagen zu können. Dadurch werde der Atomkrieg „aus Versehen“ auf fahrlässige Weise wahrscheinlicher.

Die Lüge über die Nachrüstung und die Angst vor einem Inferno als Resultat der nuklearen Hochrüstung auf dem europäischen Kontinent brachte die Friedensbewegung der 1980er Jahre auf die Straßen, in den Bonner Hofgarten, in die Jugend- und Kulturzentren, in viele Familien, vor allem in Deutschland, aber immer mehr auch weiter verbreitet in Europa.

Daran ist heute wieder anzuknüpfen, denn die Pläne der USA und der NATO sind auch durch die vorgesehenen Nuklear-Potentiale Namens B 61-12 brandgefährlich (7).

Damals wie heute gilt: Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen!

Das 21. Jahrhundert darf nach dem schrecklichen 20. Jahrhundert mit den zwei Weltkriegen und vielen weiteren Gewaltexzessen nicht zum gefährlichsten Jahrhundert werden. Irgendwann kann man nicht mehr darauf hoffen, am Rande des Abgrunds ewig vorbeischrammen zu können. Wenn die Menschheit eine Zukunft hat, dann kann das nur eine des Friedens und der Abrüstung sein. Anfang November wird mit dem neuen Bundeshaushalt auch über die weitere Aufstockung des jetzt schon zweitgrößten Einzeletats – der Verteidigung – beraten. Engagieren wir uns dagegen! Das Engagement gegen diese Aufrüstungspläne kann viele Friedensbewegte im Zusammenhang mit anstehenden Friedensaktionen motivieren, denn: Wer die Zukunft gewinnen will, muss in die Zukunft und nicht in den Krieg investieren (8).


Quellen und Anmerkungen:

(1) http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14357851.html
(2) Zürcher Tages-Anzeiger, 22.10.2018: "Die Kälte kehrt zurück"
(3) http://www.voltairenet.org/article200990.html
(4) https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/internationale-politik/id_84655116/aus-fuer-inf-atomwaffenvertrag-erstes-opfer-einer-eskalation-waere-europa-.html
(5) ebenda
(6) https://www.acq.osd.mil/tc/inf/INFtext.htm
(7) http://www.bits.de/public/researchreport/rr12-1-1.htm
(8) https://www.friedenskooperative.de/aktion/aktionstage-abrustung-november2018


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