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Die Gemeinwohllüge

Die Gemeinwohllüge

Mit Hilfe der ideologischen Überhöhung „des Menschen“ wird dessen Zähmung und letztlich Auflösung in gelenkten Kollektiven vorangetrieben.

Wir sind ja alle Menschen, das vereint uns, tönt es von allen Seiten. So punktet man heute ideologisch — und nicht mit jenem Citoyen, den Karl Marx als aufgeklärten Bürger im Auge hatte. Auch als „Weltbürger“ gilt dieser klassische Typ heute nicht mehr als satisfaktionsfähig, denn nichts garantiert den Erfolg des Framing „Mensch“ gegenwärtig so sehr wie seine gehypte Integration in eine weltweite Community. Mit dem buntscheckigen Zusatz „Social network“. In so eine Geschichte der bewussten Täuschungen und Totalisierungen passt ein Bill Gates natürlich glänzend hinein — und auch die Willigen, die ihm abnehmen, dass er mit seiner Impfkampagne das Gute durchsetzen will.

Der „geframte“ Mensch wird indes sichtbar als Subjekt in einem evolutionären Prozess, an dessen Ende dieses schillernde Wesen zwischen Kant und Hölderlin, Einstein und Kafka, überwunden werden soll. Das verbindet die traditionelle Lehre des Transhumanismus, die sich noch irgendwie im Schlepptau der Aufklärung sah, mit den Bemühungen der Coronabeschwörer: Der neue und zugleich auf Reset zurückgestutzte Mensch soll mit den Mitteln einer technologisch verengten Wissenschaft in seine eigene Überflüssigkeit überführt werden. Das könnte man auch so formulieren:

Die Menschheit hat gesiegt, wenn der Mensch überwunden ist — wenn er im devoten Status des Befehlsempfängers endet oder als Gleitmittel hin zur künstlichen Intelligenz.

Wie geht all das zusammen? An das konkrete, leidende aber auch zum Glück fähige Individuum denken die medial gedungenen Herrscher über die Begriffe dabei kaum noch, eher an ein Systemgeschehen, wie es vor einigen Jahrzehnten in seiner unvergleichlichen Art der Soziologe und Philosoph Niklas Luhmann schon beschrieben hatte:

Die Umsetzung der gesellschaftlichen Systemdifferenzierung in ein sachlich und zeitlich je einmaliges Rollenmanagement — das ist der Mechanismus der Individualisierung.

Hupps: Was für eine zwiespältige Ehrung des Individuellen versteckt sich in diesem Verwaltungs- und Bretterdeutsch.

Das Coronageschehen hat indes noch ein anderes Patent für den neuen und zugleich auf Null zurückgestuften Menschen auf den Markt gebracht. Dessen vorrangige Bestimmung ist nicht das vielfältig gestaltete individuelle Leben, das irgendwann auch mal zu Ende geht, sondern ausschließlich die bedingungslose Selbsterhaltung des Lebens. Auf Teufel komm raus.

Es hat den Anschein, dass dieses Prinzip der abstrakten Selbsterhaltung im Corona-Narrativ eine entscheidende Rolle spielt, inzwischen gar den Marktplatz der Bedürfnisse reguliert und den Kosmos des Menschen auffüllt, wobei jede menschliche Sinnsuche gnadenlos abgewürgt wird. Grenzüberschreitend final soll der Mensch sich nicht bewegen — auf keinen Fall; sein „Move“ ist das „Auf der Stelle treten“, das ihm allein die unbedingte Selbsterhaltung garantiert. Ein Wesen in Sesselhaft — in rasendem Stillstand, so Paul Virilio.

Derlei Vorgaben an die „korrekte“ Positionierung des Menschen knüpfen erstaunlicherweise an die traditionelle Vorstellung vom Homo sapiens als einem metaphysischen Wesen an, das sinnfällig wird in der Ähnlichkeit zwischen dem „Meta“ des Physischen und dem „Trans“ des Humanen, hier also gewissermaßen die alte Metaphysik und Religion eine Renaissance erfährt; man könnte deshalb glauben: Die gierigsten Faktenchecker und Davoser Logenbesitzer erweisen sich in der „Pan-Demie“ (!!) auf ihre Art als Metaphysiker allererster Sahne. Allerdings mit diesem Unterschied: Wo einst das Metaphysische, vielfach auch die Religion, regierten, da hat nun das Transhumane Platz genommen am Schaltpult der Geschichte.

Die Frage ist: Wie kriegt man es hin, dass möglichst viele bei dieser Auslagerung, Überwindung und zombiehaften Ruhigstellung des Menschen mitmachen?

Es müsste dies eine Strategie leisten, die auf Ganzheit zielt: psychologisch, mental, auf die körperlich äußere und innere Substanz des Menschen — bis in seine DNS.

Die Erschließung eines neuen semantischen Raums

Schon bemerkt: Von genbasierten Impfstoffen, Pandemie und Panik reden wir hier noch gar nicht — vielleicht auch später nicht. Es geht einfach darum, ein Phänomen wie das Coronaszenario an den Wurzeln zu fassen — dort, wo nicht nur Cliquen an der Wallstreet und Dystopisten im Krisenmodus agieren, sondern der Ausdruck „Moderne Subjektivität“ als schwüler Dunst durch uns alle — durch unser Bewusstes und Unbewusstes — hindurchgreift, und so seine Radikalität und hohe Effektivität beweist.

Wobei sich die daraus erwachsene ideologische Verblendung nicht nur in Überzeugungen einschleichen kann, sondern in unsere Handlungen; im, wie Husserl es ausdrückte, „Geradehin“ des Alltags, im Clash zwischen unserer Fantasie, der normbildenden Sozialität und der Fakten-Wirklichkeit. Wir müssen wohl dorthin zurück, um das Coronageschehen wirklich zu verstehen.

Der Mensch Woyzek — ein frühes Objekt der Wissenschaften

Was passiert da gerade mit uns und was passierte vorher, dass eine so prekär aufgeladene Corona-Wirklichkeit entstehen konnte? Was ist der Mensch?, könnte man hinzufügen. Die Wahrheit einer Sache ist ihr Werden, gibt uns der Philosoph Hegel als Zielrichtung vor. Frage: Was wurde, was vorher noch nicht war?

Erstmals komme ich der Bestimmung des Menschen auf die Spur, wenn ich an das Drama „Woyzek“ von Georg Büchner denke. Woyzek ist im Stück Büchners eine tragische Figur, in der Meinung der einen ein Looser, in der Perspektive des ihn manipulierenden Arztes eine Kreatur, ein „er“, kein „ich“, letztlich ein Objekt und Untersuchungsgegenstand der medizinischen Forschung. Auf eine so einfache wie abgründige Weise liebt er Marie, die es aber lieber mit einem blitzblanke Stiefel tragenden Soldaten hält.

Woyzek indes kann anderes, er kann im nächtlichen Mond ein Abbild seines Schicksals erblicken, ja vermag es, die Nacht so intensiv wahrnehmen wie der Shakespearsche Mc Beth den entscheidenden Tag in seinem Leben: „So foul und fair a day I have not seen.“ Er scheint als leidende Kreatur damit ein Gegenentwurf zu jenem Wesen zu sein, dem man heute Wert, ja Aura zuspricht.

Aber wie falsch das ist, gibt uns Walther Benjamin zu verstehen, der am modernen planfest gemachten Systemmenschen, dem Phänotyp der Stunde also, gerade das vermisst: Aura. Denn die wäre das Gegenteil jenes Wesenszuges, das die Moderne wie kein zweites Muster generiert hat: die Reproduzierbarkeit allen Seins.

Die Wiederholung des Immer Gleichen im Zeichen des kapitalistischen Mehrwerts: Sie macht den Gegenstand zur Ware und den Menschen zum modernen Massenmenschen oder zum Zombie — zum letalen Objekt seiner selbst.

Sie raubt dem Menschen jeden Anflug von individueller Leuchtkraft. So verliert er seine Widerstandsfähigkeit, die heute so unendlich wichtig wäre; so büßt er auch die Komplexität seiner naturhaften und sozialen Bezüge ein, die ihn vor Unterwürfigkeit und Panik schützen.

Dolly — längst vergessen?

Sind wir damit ein bisschen näher ans Thema gerückt?

Es war einmal ein Schaf. Das hieß Dolly. Es verschied mit sechs Jahren und steht heute ausgestopft in einem schottischen Museum. Damals beherrschte es für kurze Zeit die Schlagzeilen. Damals ging auch ein Rauschen durch die Wissenschaften vom Menschen und eine hellhörige Schar von Konstrukteuren der Zukunft; schön aufgeteilt zwischen Befürwortern und Gegnern dieses Eingriffs in die Erbsubstanz. Scheinbar zu Ende gedachte Frankenstein- Illusionen wurden in wissenschaftlichen Zirkeln und Ethikkommissionen erneut diskutiert. Vor allem da, wo das Stichwort Eugenik die Runde machte. Zu nah schien da vielen die Nähe zu Praktiken in Auschwitz, zu verlockend für die anderen die Aussicht auf ein Designerbaby. Insgesamt wurde das Thema auf die lange Bank geschoben.

Man merkt erst heute, wie sehr die damalige Aufbruchsstimmung, getragen natürlich auch von Bedenkenträgern, einen Unterschied aufweist zu der heutigen Praxis der genbasierten Impfung. Damals wurde recht locker diskutiert und Perspektiven wurden aufgewiesen — die heutigen Impfungen jedoch sind zutiefst politisch und ideologisch unverblümt in ein Katastrophenzsenario eingebunden; es geht auch nicht um medizinischen Fortschritt oder Verirrung — es geht um eine Strategie der Neuausrichtung der Welt, die nicht nur in Davos vorgenommen wird, sondern auf Vorgaben, Konditionen und unbegriffenen Maximen beruht, die in den letzten Dekaden dazu beitrugen, dass wir andere wurden, als wir waren.

Nur als Stichworte seien hier erwähnt: die bisher eher salopp diskutierte Gleichzeitigkeit von analoger und digitaler Konstruktion von Wirklichkeit; die oftmals in Gewalt ausartende Beschleunigung der Zeit; die sich verschärfende Kluft zwischen der Antiquiertheit unserer Gefühle und den rasanten technologischen Entwicklungen; dazu die dramatische Abnahme von Naturbeziehungen und — vielleicht am meisten zu beklagen: die Entfremdung von unserem Körper.

Der Körper und die Impfung

Der Schriftsteller Bodo Kirchhoff machte in einem Gespräch mit mir anlässlich seines zuletzt erschienen Romans „Dämmer und Aufruhr“ darauf aufmerksam, dass Literatur und auch Philosophie eines in all den Jahrhunderten grob vernachlässigt hätten: den Körper und dessen Geschichte. Wir hätten dafür bisher keine Sprache gefunden. Gemeinhin wird da ein bisschen von Leib und Seele geredet, von Geist und Körper — aber all dies bleibt oft stecken im Belanglosen eines gediegenen Spruchs: Mens sana in corpore sano.

Vielleicht liegt es an dieser Belanglosigkeit, dass wir heute eingeschworen werden auf Dispositive wie System. Funktion und Information, in denen sich die Verwissenschaftlichung des Menschenkörpers geradezu verhängnisvoll anzeigt.

Dabei geht auch unter, was an finaler Orientierung den Menschen prägt. Weil diese Finalität verloren gegangen ist — so hat es der Philosoph Robert Spaemann gesehen — wird der Mensch als metaphysisches Wesen entleert. Die Folge davon:Es geht heute direkt auf die Knochen jenes Körpers, von dem wir uns entfremdet haben. Oder in die Blutbahnen. Oder die Gene, die sprachlich ideologisch eingedampft werden auf Information. Kann das gut gehen?

Das entscheidende Framing dazu liefert im Umkreis des Coronageschehens eine dazu kommende Kriegsmetaphorik, die an Gewalt und Zynismus kaum zu überbieten ist.

Es geht beim Virus um die Bestimmung eines Feindes, der dann dazu beitragen soll, dass alle Aktivitäten und Maßnahmen zu seiner Bekämpfung gerechtfertigt sind.

Diese Fixierung auf den Feind und den nackten Selbsterhalt wird medizinokratisch umgesetzt und durch eine ohnehin schon prekäre Körperkultur unterfüttert: der Körper wird ja heute als gestählter zum Ideal gewählt, aber er kann sich nicht in die Seele des Individuums eingrooven, bleibt ein Objekt — und zuletzt ein schwer abzuschätzender Faktor permanenter Verunsicherung. Er ist schließlich in der Coronaerzählung der Wirt, der den Feind, das Virus anlockt — kaum jedoch als ein Freund verstanden, der eine Gegenwehr organisiert.

Insofern bleibt es den Laboren überlassen, das Virus auszumerzen, nicht dem an Erfahrung so reichen Immunsystem des Menschen. In dieser Absonderung geht alles verloren, was dieses Virus- Geschehen in unsere Geschichte, unser gelebtes Leben, integrieren könnte. So viel Misstrauen war nie!

Gefährlich wird es, wenn diese Entwicklung in das Zukunftsprojekt Transhumanismus hineinragt.

Kurzer Einblick in die Berliner Charité

Die Charité — die Heimstatt von Herrn Drostens Eingriff in die Welt. Aber neben diesem Labor gibt es ein Museum, worin in Vitrinen aufbewahrte menschliche Organe den Besucher in einen Dialog ziehen — ja mehr noch zu einer Andacht und Besinnung anregen. Der Lyriker Durs Grünbein hat dafür eine Sprache gefunden — eine poetische, die uns vermuten lässt, dass es „zwischen Himmel und Erde“ mehr gibt, als das Corona-Narrativ uns dazu sagt.

Denk von den Wundrändern her, vom Veto
der Eingeweide, vom Schweigen
der Schädelnähte. Das Aufgehen der Monde
über den Nagelbetten führt
andere Himmel herauf, strenger gestirnt.


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