In der Poesienote dieser Woche wollen wir allerdings nicht den großen philosophischen Kontext des Wortes „frei“ oder von „Freiheit“ behandeln, sondern ein wenig über die Freiheit in der Sprache im Allgemeinen und beim Übersetzen von einer in die andere sprechen — denn wer Lyrik, Prosa oder gar Romane übersetzt, sollte die Fähigkeit haben, das in der anderen Sprache Gesagte in die eigene so zu übertragen, dass die Stimmung, das Gefühl, der Gedanke und die Geschichte des Autors so authentisch wie möglich wiedergegebenwerden.
Ein Übersetzer sollte daher einfühlsam, kreativ und mutig sein. Unter anderem kann das heißen, umzuformulieren, wegzulassen und hinzuzufügen, um dem Geschriebenen in der neuen Sprache gerecht zu werden. So sprach ich neulich mit einem Musikerkollegen, der auch Übersetzer ist, und schnell waren wir uns einig, wie leider oben Gesagtes oft nicht zutrifft. Wer einmal so wie mein Kollege und ich die Dolmetscherschule besucht hat, kann sich das auch erklären, denn Sprache wird dort ähnlich rigide behandelt wie schon meist zuvor in der Regelschule.
Im besten Falle nämlich sollte sich Sprache mit dem System, in dem sie vorherrscht, entwickeln, denn sie trägt zu einem großen Teil dazu bei, dass wir an alten und oft auch schädlichen Strukturen festhalten. Sprache hat enorme Macht, vor allem wenn sie gezielt und im Gleichklang gelenkt und manipuliert wird. Ganze Gesellschaftsgruppen werden mit einem oder mehreren Wörtern diskriminiert und ausgegrenzt. Einmal implementiert, verschwinden Wörter — wie zum Beispiel Schwurbler, Querdenker, Rechtsverschwörer und Schlimmeres — auch nicht mehr einfach so. Sie bilden ein Narrativ, das auf festen Füssen steht, einzig durch die andauernde Wiederholung. So ist Sprache leider auch oft sehr gefährlich und freiheitseinschränkend.
Im Umkehrschluss heißt das selbstredend, dass auch eine neue und veränderte Sprache, so gut die Intention auch sein mag, niemals aufgezwungen werden darf; vielmehr sollte an die Menschlichkeit appelliert werden. Es muss nachvollziehbar erklärt werden, wie viel Einfluss Sprache haben kann, im Positiven wie im Negativen.
Dialog, Kommunikation und Grenzen sind hier gefragt; das allerdings wird viel zu wenig gelehrt, so wenig, dass es eigentlich schon sträflich ist. Man könnte sogar vermuten, dass dies mit Vorsatz geschieht. Wer sich nicht mitteilen oder mit anderen austauschen kann, ist eindeutig isolierter und vielleicht eben auch anfälliger für diverse Ersatzstrukturen, die ihm zum Beispiel von einer im Schafspelz agierenden, totalitären Staatsmacht aufgezwungen werden sollen.
Wer aber gelernt hat, seinem Gegenüber aktiv zuzuhören, es wahrnimmt und auch dessen vielleicht komplett konträre Ansicht stehen lassen kann, sogar darüber nachsinnt, darauf eingeht, der wird ohne Zweifel den größten Wert darauf legen, die eigene und allen voran die Freiheit des anderen zu verteidigen und zu bewahren.
So gesehen ist auch Übersetzen eine Art der respektvollen Kommunikation; wie oben erwähnt, braucht es viel Einfühlungsvermögen, achtsames Lesen, ein sich Hineindenken in das Geschriebene, ähnlich dem konstruktiven Dialog und Gespräch. Wer all das missachtet, wird dem Autor und seiner Geschichte wohl kaum gerecht werden können.
Meinem Kollegen Helmut „Sinclair“ Schmickler ist das jedoch, wie ich finde, in seiner Übersetzung des Stevie-Wonder-Songs „Free“ enorm gut gelungen. Kompakt und in einem lyrischen deutschen Flow gibt er die Aussage des englischen Songs sensibel wieder.
Für euch heute hier beide Versionen, habt viel Spaß dabei und bleibt selbst wachsam, kreativ und frei in der Sprache und im Leben.
Love and Peace
Eure Alexa
F R E I
(nach Stevie Wonder)
Helmut „Sinclair“ Schmickler
Frei, wie das Wasser ewig fließt und strömt im Überfluss
Frei, und ich weiß jetzt, was ich bin und wer ich nicht sein muss
Frei, von Bedrängnis, von den Leiden eines Menschen Geist
Freier als ein Uhrwerk, das die Zeit vertreibt
Freier als das Wort, das Freiheit sonst beschreibt
Sein, unermesslich, und sein Ruf dringt stetig an mein Ohr
Ich, ohne Luxus, hab doch mehr in mir als je zuvor
Frei, hier und nirgends, doch an jedem Ort zu seiner Zeit
Freier als die Sonne, die erwärmt und strahlt
Frei von Licht und Schatten und von der Kälte Qual
Frei, ohne Anfang, und unendlich wie das Sternenmeer
Ich geh, doch ich bleibe, in des Lebens Kreis und Wiederkehr
Frei, wie Gedanken, formuliert allein in deinem Geist
Freier als der Regen, der vom Himmel fällt,
Freier als das Lächeln, das ein Gesicht erhellt
Frei, wie das Wasser ewig strömt und fließt im Überfluss
Frei, und ich weiß jetzt, was ich bin und wer ich nicht sein muss
Und auch freier als Gedanken, als das Wort, das Freiheit sonst beschreibt
Frei, wie der Fluss treibt, bleibt mein Leben in Unendlichkeit
F R E E
(Stevie Wonder)
Free like the river, flowin' freely through infinity
Free to be sure of what I am and who I need not be
Free from all worries, worries prey on oneself's troubled mind
Freer than the clock's hands tickin' way the times
Freer than the meaning of free that man defines
Life running through me till I feel my father God has called
Me having nothin' but possessing riches more than all
And I'm free to be nowhere but in every place I need to be
Freer than a sunbeam shinning through my soul
Free from feelin' heat or knowing bitter cold
Free from conceiving the beginning for that's the infinite start
I'm gone — gone but still living, life goes on without a beating heart
Free like a vision that the mind of only you can see
Freer than a raindrop falling from the sky
Freer than a smile in a baby's sleepin' eyes
I'm free like a river flowin' freely to infinity
I'm free to be sure of what I am and who I need not be
I'm much freer - like the meaning of the word free that only man defines
Free — free like the vision that the mind of only you are ever gonna see
Free like the river my life goes on and on through infinity
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